AW: Die deutsche Antwort auf Savage World?
Savage Worlds ist toll. Aber hält es, was es verspricht?
Dieses Thema hatten wir schon an anderer Stelle - im SW-Unterforum - und das Fazit war:
JA! Savage Worlds hält ALLES, was es verspricht. Es verspricht aber nicht alles.
Alles das, was an Entwurfszielen von Shane Hensley beabsichtigt war und womit SW auch auf dem Rollenspielproduktmarkt angetreten ist, wird auch von SW umgesetzt - und sogar mehr als das!
Was möchtest Du denn mit Deinen Zweifeln daran, daß Shane Hensley das Spiel in der Art, die ER SELBST für SEINE ART zu spielen gut findet, nicht "erfolgreich" genug umgesetzt haben könnte, zum Thema "Die deutsche Antwort auf Savage Worlds" beitragen?
Mir ist nicht klar, ob Du jetzt als "deutsche Antwort" für ein miniaturenloses, ansonsten aber von den SW-Mechanismen und den SW-Entwurfsmustern kopiertes Regelsystem plädierst, oder was Du eigentlich sagen willst.
Daß DU mit Miniaturen nicht umgehen kannst?
Daß DU Miniaturen - im Gegensatz zu Shane und den Savages - NICHT für FFF hältst? (Und wenn schon - was hätte das nun als "deutsche Antwort" für Konsequenzen?)
ich habe massig Plastik- und Zinnminis, Battlemats, Flip-Mats, Map-Packs und Dungeon Tiles. Panzer gehören aber zB nicht zu meinen Miniaturen.
Shane Hensley geht von "NORMALEN US GAMERN" aus. Die haben halt Figuren rumliegen oder können sich diese im 99cent-Store im Hunderter-Pack kaufen. Maßstab? Egal! Man skaliert halt die Papp-Schablonen runter. Oder auch nicht (solange dieselben Schablonen für ALLE SCs und NSCs gleichermaßen verwendet werden, bleibt es ja fair). Und dann spielt man halt.
Ich hatte, als ich mit Deadlands anfing auch KEINE Steam-Tanks und KEINE Ornithopter und Autogyros. - Und hat mich das gestört? - NEIN!
Dann macht man das, was man schon IMMER gemacht hat: Dann ist halt der dicke W20 ein Whirlygig, dann ist der Bleistiftanspitzer ein Schützenpanzer und dann ist der kleine Stapel Butterkekse der Brückenlegepanzer.
Man braucht ja nicht einmal "massig Plastik- und Zinn-Minis", sondern Halma-Pöppel, bunte Würfel, Glassteine, Gummibären, oder zerschnippelte Monatskarten der städtischen Nahverkehrsbetriebe (so haben wir für Midgard 2 unsere Counter erstellt) reichen auch aus. - Und man braucht kein Bodenplan-Raster, wenn man mit einem Maßband oder Lineal arbeitet. Und man kann Szenerie auch mit Pokerchips für Anhöhen und mit Würfelstapeln und mit Knabberzeugs nachstellen.
Und das alles ist so SCHNELL und so UNVERKRAMPFT und so SPASSIG, daß Dein Gemäkel tatsächlich "Die Deutsche Antwort (tm)" darstellt: ALLES ZERREDEN, bis keiner mehr weiß, worum es eigentlich ging. - DAS ist "Die Deutsche Antwort (tm)" auf ALLES.
Und wenn das die EINZIGE "Deutsche Antwort" auf Savage Worlds ist, dann kann sich Prometheus Games auf seinen mit der SW-GE erworbenen Lorbeeren sogar AUSRUHEN, denn dann kommt NICHTS VERGLEICHBARES und schon lange NICHTS KONKURRENZFÄHIGES mehr als "deutsche Antwort" heraus.
Trotzdem kann nur ein verblendeter Fanboy ruhigen Gewissens behaupten, dass ein Kampfaufbau - an dieser Stelle nochmal der Hinweis: SW stützt Kämpfe mit vielen Kampfbeteiligten - ein FFF-Rollenspielerlebnis wäre.
Das behaupten interessanterweise nicht "nur die verblendeten Fanbois", sondern das behaupten DIE MEISTEN SW-Spieler.
Sind die etwa ALLE "verblendet"?
Bist NUR DU auf der "Richtigen Spur (tm)" unterwegs, und die Savages sind alles Zigtausende von "Falschfahrern"?
Ich weiß nicht, wie es um Deine manuelle Geschicklichkeit bestellt ist. - Ich habe aber Spielrunden mit den typischen ("internationaler Standard") beleibten, bärtigen, breitfingerigen Spielern geleitet. Mit Leuten, denen man diffizile Montage-Arbeiten im Akkord sicherlich NICHT zumuten könnte. - Und da gab es KEINERLEI "Verzögerungen" oder "Un-FFF"-Momente beim Wechsel der Szenerie oder der Truppen.
Beispiel aus einer kleinen Necropolis-Runde mit nur 7 SCs, 13 NSCs und 4 Fahrzeugen, die maximal gegen 50 NSCs, von denen aber zu Szenenbeginn nur ca. 20 sichtbar waren, antraten. - Als Spielleiter baut man seine 20 NSCs auf. Das dauert wesentlich weniger lange, als es dauerte deren Postionierung für JEDEN der 7 Spieler klar und deutlich verständlich verbal zu beschreiben. - Die Spieler bauen GEMEINSAM ihre 24 Figuren auf, wobei ein Spieler seinen SC und die je nach gruppeninterner Zuständigkeitsverteilung zugeteilten NSCs bzw. Fahrzeuge verwaltet und somit auch aufbaut. Das findet parallel zum Aufbau der gegnerischen NSCs durch den Spielleiter statt. - Gesamtdauer des Aufbaus: 2-4 Minuten.
Ich WEISS aus eigener Erfahrung mit den von mir STETS miniaturenlos gespielten Rollenspielen Engel und HeroQuest, daß das BESCHREIBEN von einem Aufbau mit 40 - 70 Beteiligten (wie im Beispiel oben) LAAAAAANGE dauert, und daß man in Rückfrage-Zyklen mit den einzelnen Spielern gerät.
Über die VORTEILE einer KLAREN Visualisierung der Positionsinformationen (was auch an einem Whiteboard ginge oder an der Wand mit Post-Its usw. - Möglichkeiten gibt es viele, Miniaturen nimmt man halt, weil sie praktisch sind, schnell sind und am besten von allen Alternativen aussehen) brauchen wir nicht mehr zu reden. Das wurde andernorts schon mit klarem Start-Ziel-Sieg FÜR die Visualisierung vor der "Krücke" des rein verbalen Beschreibens entschieden.
Ich plädiere daher für ein Alternativkampfsystem ohne Minis, Schablonen und Mats/Gelände.
Du "plädierst" für ein Alternatives Kampfsystem IN SAVAGE WORLDS ohne Miniaturen und ohne Schablonen? - Aber das GIBT es doch schon! - Eigentlich sogar DREI!
Für den normalen Kampf SOLLTE man Miniaturen verwenden, man MUSS es aber NICHT! - Und lebt dann mit allen Nachteilen des Miniaturenvermeidens.
Für die Verfolgungsjagden verwendet man ein abstraktes Bewegungs- und Kampf-System, welches eh ohne Miniaturen auskäme, wenn man nicht auf der Inkrement-Skala doch lieber Miniaturen plazieren wollte, weil es besser aussieht und die Identifikation mit dem Geschehen leichter fällt, wenn es die EIGENE Figur ist, statt einer anonymen Schoko-Linse.
Für den Massenkampf (den RICHTIGEN Massenkampf, wo wir von TAUSENDEN Beteiligten sprechen) gibt es ein abstraktes Kampfsystem, welches nicht einmal Bewegungsregeln beinhaltet und was nur eine Art "Zählmarken" verwendet, die man aber auch als Strichliste führen könnte.
Wie sollte denn ein VIERTES Kampfsystem für SW aussehen?
Ich hab keine Ahnung, ob es sowas schon gibt.
Siehe oben: Du hast die Wahl - je nach Situation - zwischen DREI Kampfsystemen schon "ab Werk".
Und ich habe keine Ahnung, ob man dann noch SW spielen will,
Wenn ich die Chase-Regeln und das Massenkampfsystem verwende, dann WILL ich nicht nur SW spielen, dann TUE ich das auch.
Andererseits ist das "Normal-Kampfsystem" für kleinere Kampfszenen bis zu wenigen Hundert Beteiligten ohne Miniaturen Unübersichtlich, Unhandlich und Unendlich langsam. - Einen Kampf wie im obigen Necropolis-Beispiel OHNE Miniaturen oder äquivalente Visualisierung nur mit sprachlichen Mitteln darzustellen, und dabei NICHT UNFAIR zu werden, weil hierbei ja jede Menge Schablonen (Granatwerfer, Necromantie-Effekte, Minenexplosionen, Gas-Wolken, Nebelwerfer, usw.) zum Einsatz kommen, ist UNMÖGLICH.
SW bietet ALLEN am Spiel Beteiligten dieselbe taktische Informationslage zur Positionierung. Ohne diese, würde man das in den Zielsetzungen von SW GEWOLLTE Spiel für Buttkicker und Taktiker nie spielen können.
Wenn die ERZÄHLUNG wirklich im Vordergrund steht, dann treten die Spaß-Träger für den Taktiker im Rollenspiel zurück. - Daher spiele ich HeroQuest auch meist mit anderen Leuten und auf alle Fälle ANDERS als SW.
Zum Vergleich ein Regelsystem, das weit weniger taktisch ausgerichtet ist, und auch nicht sein soll: Cinematic Unisystem. - Dort gibt es nicht einmal eine echte Initiativ-Regelung, Positionierung ist immer die für die jeweiligen Stunt-Einlagen PASSENDE, und die Geschichte ist es, die die Charaktere (und die Spieler) treibt; bei SW treiben die Spieler aufgrund der geschilderten Lage die Geschichte. - Cinematic Unisystem hat auch ein Massenkampf-System (in Army of Darkness RPG). - Und das ist (nicht von ungefähr) fast IDENTISCH zum SW-Massenkampf-System (nicht von ungefähr, weil Shane Hensley der Autor des Army of Darkness RPGs ist).
oder lieber gleich zu einem schnellen "Wischi-Waschi"-Storytelling-System greift, weil eben genau das das einlöst, was Shane Hensley in seinen Designgedanken verspricht.
Was Shane Hensley in seinem aus einem reinen Miniaturen-TAKTIK-Spiel, The Great Railwars, entwickelten Savage Worlds verspricht, das HÄLT er auch in Savage Worlds!
Und ein "Wischi-Waschi"-Storytelling-System hat NICHTS, aber auch rein GAR NICHTS mit "schnell" zu tun. - In der Praxis sogar ganz im Gegenteil!
Schnell und einfach in der Spielregelanwendung und der Spielmechanikabwicklung. Das ist versprochen und das wird gehalten.
Savage Worlds ist ja sogar auch für diejenigen noch schnell, die sich selbst die "Falschparkerkralle" angelegt haben und ohne Miniaturen spielen. - Aber nicht WEGEN des Miniaturenvermeidens, sondern TROTZ dessen!
Ich geh ja noch mit, dass eine Battlemat + Minis Sinn macht, wenn man ein Kampfsystem fährt in dem Positionen relevant sind.
Aber dass da oben sprengt denn Anspruch der "Minimalen Vorbereitung" den SW propagiert.
Es geht bei SW um minimale Szenario-Vorbereitung für eine Spielsitzung. - Das geht davon aus, daß man Figuren oder andere geeignete Visualisierungsmittel bereits BESITZT.
Wenn man davon ausgeht, daß das Aussuchen, Kaufen, Herrichten, Anmalen von Zinnminiaturen, die dann - einmal im Jahre 1982 so vorbereitet - in HUNDERTEN Szenarien eingesetzt werden, zur "Szenario-Vorbereitung" gehört, dann kann man den Aufwand pro Figur ja auf die einzelnen Szenarien bzw. Spielsitzungen herunterbrechen.
Bei Faltfiguren sieht das so aus: Man druckt sich ganze Bögen an Figuren aus. Die werden ausgeschnitten und zusammengeklebt und kommen in eine Falt-Box (so lagere ich meine immer in 200er Packs).
Für einen Bogen mit 18 Figuren braucht es somit die Zeit, die ein Drucker für das Drucken einer A4-Seite braucht (max. halbe Minute inklusive aller Mausklicks), plus das Schneiden mit der Schere (sehr sorgfältig sind das 3 Minuten, geht auch mal schneller), plus das Falten der Faltfiguren (nach Vorritzen des gesamten Bogens vor dem Schneiden (1 Minute) dauert das Falten noch ca. 20 Sekunden pro Figur (Aufnehmen, Falten, Anschauen, wegstellen) also bei 18 Figuren 6 Minuten), plus das Kleben (immer in 6er Blöcken, pro Block inklusive Ausrichen 3 Minuten, also 9 Minuten). Das macht somit ca. 20 Minuten für 18 Figuren, rund etwas über eine Minute pro Figur.
Im obigen Beispiel aus Necropolis habe ich ca. 80 Figuren plus noch aufstellbare, einfache 3D-Elemente (Ölfässer, Rohre als Deckung, usw.), somit etwa 100 Teile eingesetzt. Macht somit ca. 110 Minuten für ALLE Teile.
Jedoch: Ich hatte für das Szenario NICHT EIN EINZIGES Teil angefertigt! - Die habe ich einfach alle aus meinem Fundus an bereits fertigen Teilen zusammengestellt. Und da sind diese z.T. schon SEIT JAHREN wieder und wieder im Einsatz. - Meine ersten SW-Faltfiguren sind seit 2004 im DAUER-Einsatz (nur wenige sind im Eifer der Gefechte beschädigt worden, daß sie ausgeschieden sind).
Das bedeutet, die Zeit, die ich in das Basteln von Faltfiguren stecke, investiere ich NICHT in EIN Szenario, sondern in das Erschließen von SPIELMÖGLICHKEITEN quer über viele verschiedene Settings! (Das ist bei Gelände-Elementen sogar noch mehr der Fall.)
Savage Worlds kommt aus einer AKTIVEN, MINIATURENFREUNDLICHEN Umgebung und ist VON Miniaturenfreunden FÜR Miniaturenfreunde geschaffen worden.
Wer keine Miniaturen mag, der hat die OPTION ohne Miniaturen zu spielen eh schon eingebaut. Er muß sie nur verwenden. (Und daß es ohne Miniaturen LANGSAMER und UMSTÄNDLICHER geht, ist einfach ein Fakt.)
Die SW-Entwurfsziele haben NICHT die Miniaturen-Präparationszeiten einbezogen. Miniaturen HAT man einfach, weil man sie MAG. - Und wer da kaum Aufwände reinstecken will oder kann, der KAUFT sich fertig vorbereitete Miniaturen einfach. (Oder nimmt "Miniaturen-Ersatz" wie M&Ms oder Pöppel.)
Die 110 Minuten, die ich in das Basteln der 100 Teile oben gesteckt habe, die sind ja NICHT AM STÜCK angefallen, sondern das mache ich beim Fernsehgucken nebenher (wie meine Oma, die beim Fernsehgucken immer Socken gestrickt hat).
Die Szenario-Vorbereitung sieht anders aus. Da liest man sich 10 Minuten lang aufmerksam seine Savage Tale durch, sucht sich die notwendigen Figuren-Boxen aus dem Regal, geht nochmal aufs Klo, um das Szenario sich "setzen" zu lassen, und dann können die Spieler auch schon kommen.
Und Massenkämpfe sind NIE FFF. Selbst Brettspiele bei denen mit stupidest simplen Regeln größere Truppenverbände verwurstet werden und Position keine Rolle spielt (Axis&Aliies oder Risisko, z.B.) sind Massenschlachten totlangweilig.
Komisch. - Die SW-Massenkampfregeln liefern einem FFF-Massenschlachten, die EXTREM SPANNEND, konsequenzenhart (bis zum Bittersten, was einem ein Aufreiben riesiger Truppenverbände aufgrund schlechter Führung so bringen können), und unter VOLLEM EINSATZ der Spieler mittels ihrer Charaktere, die "mittendrin, statt nur dabei" sind!
Und genauso gut (wegen der gleichen Herkunft) sind die Massenkampfregeln im Army of Darkness RPG für Cinematic Unisystem. - Da stimmt einfach ALLES.
Wenn Savage Worlds seine eigenen, seine SELBSTGESTECKTEN Ansprüche in puncto Fast! Furious! Fun! nicht erfüllt, ja sogar ÜBERTROFFEN hätte, dann hätte es wohl kaum den Erfolg gehabt, der es zu einem inzwischen längst nicht mehr nur als Geheimtipp gehandelten, soliden Spiel für bestimmte Spielertypen und Spielweisen gemacht hat. - Als Nischen-System gestartet, AUSGEBUHT (unter anderem von MIR!) dafür, daß es eine grobschlächtige Übersimplifizierung gegenüber dem wunderbar detaillierten Deadlands-Classic-System ist, und mit einer den Verkauf wohl kaum fördernden Titelbild-Gestaltung der 1st Ed. geschlagen, hat sich SW RASANT und ungezügelt zu einem soliden generischen Regelsystem nicht nur seine eigene Nische erobert, sondern auch schon jede Menge Lizenznehmer zur weiteren Verbreitung dieser Regelbasis gewinnen können. Und zwar Lizenznehmer, die davon LEBEN müssen, SW-Produkte zu verkaufen (wie Triple Ace Games).
Was ist denn die "Deutsche Antwort" auf DIESE ERFOLGSGESCHICHTE?
Hier geht es ja um "Die Deutsche Antwort auf Savage Worlds" und nicht - auch wenn das manche nicht wahrhaben wollen - darum darzulegen, warum ihnen Miniaturen keinen Spaß machen.
Wie könnte denn ein DEUTSCHES Rollenspielprodukt aussehen, daß einen ähnlichen Erfolg durch eine OFFENE Kommunikation mit den Fans, eine entwaffnende EHRLICHKEIT im Umgang mit Fans und Autoren und eine klare KUNDEN-ORIENTIERUNG in den Produkten haben könnte?
Eine "Deutsche Antwort" bräucht einen Verlag, der so ziemlich ALLES ANDERS macht, als es üblicherweise deutsche Verlage machen.