AW: Das Vergewaltigungsthema
Ist aber Geschmackssache und keine moralische Pflicht.
Geschmackssache ist es aus Sicht der Käufer/Spieler von AC und aus Sicht der NICHT-Käufer/NICHT-Spieler.
Moralische "Pflicht" ist es hingegen TATSÄCHLICH. Und zwar für den AUTOREN.
Wer etwas in ein Regelwerk schreibt, der will, daß das auch BENUTZT wird. - Würde er das nicht wollen, würde er es ja auch nicht hinschreiben, durch Spieltests, Lektorat, Layout usw. gehen lassen. Etwas, was ein Autor NICHT in seinem Spiel haben will, das schreibt er NICHT hin und das verursacht ihm somit auch keinen Aufwand, keine Kosten und das muß der Kunde auch nicht bezahlen.
Klar kann JEDE Spielgruppe Regeln ändern oder einfach weglassen (oder neue hinzufügen). - Das ist in der alleinigen Verantwortung der Spielgruppe.
Die Verantwortung des Autoren betrifft aber ALLES das, was ER SELBST ins Regelwerk aufzunehmen ENTSCHEIDEN konnte. - Und das ist dann nicht mehr eine "Geschmacksfrage", sondern eine Frage der Ethik, damit also eine Frage der Moral.
Was auch immer jemand tut, er tut es NIE im "sozialen Vakuum".
Das Handeln hat IMMER Konsequenzen (wie auch das Nicht-Handeln) auf ihn selbst und auf den Rest der Welt. Sich so zu verhalten, daß man die Folgen seines Handelns oder Nicht-Handelns abschätzt und daraufhin die VERANTWORTUNG für sein Handeln übernimmt, ist DIE BESTIMMENDE Eigenschaft menschlichen Verhaltens, die soziale Gruppen, soziales Leben erst möglich macht.
Wenn jetzt also ein Autor eines Rollenspiels einen bestimmten Aspekt für so interessant, so wichtig, so passend für sein Spiel hält, daß er dafür eigens Regeln ersinnt (egal ob diese als optional gekennzeichnet sind oder nicht: auch optionale Regeln sind zum Benutzen da!), dann WILL er somit GANZ BEWUSST diesen Aspekt in seinem Regelwerk haben.
Somit haben wir es hier mit einer BEWUSSTEN Aufnahme von Regeln für das Vergewaltigen, für das Antun sexueller Gewalt, die vom Opfer auch nicht gewollt werden darf, zu tun, welche konkrete Vorteile für den Ausübenden dieser sexuellen Gewalt im Spiel bieten.
Rein von den Regeln ist das eine Regel wie jede andere. - Gut, schlecht - wie will man das beurteilen?
Bei Regeln ja eher danach, ob diese Regel die Grundkonzepte des Rollenspiels unterstützt, ob sie sich in den sonstigen Regelmechanismus einfügt, ob sie das, was der Autor damit beabsichtigt hat, auch tatsächlich regeltechnisch umzusetzen weiß.
Die Regel an sich ist für diese Diskussion EGAL.
Interessant ist hier, daß hier die moralische PFLICHT eines jeden, der sich an die Öffentlichkeit wendet, über sein Handeln zu reflektieren und die Verantwortung für sein Handeln und die daraus entstehenden Konsequenzen zu übernehmen, der eigentliche Kern des Problems ist.
Jeder kann (und darf) Regeln für Rollenspiele schreiben.
Jeder kann (und darf) über Vergewaltigung im Rollenspiel schreiben.
Jeder kann (und darf) Regeln für Vergewaltigung in Rollenspielen schreiben.
Was ist aber, wenn jemand das tatsächlich TUT? Wenn er also so HANDELT?
Welche Folgen hat das?
Was KOMMUNIZIERT er denn mit solch einer EXPLIZITEN Regel für etwas, was in unserem Kulturkreis, somit in unserem sozialen Leben als MORALISCH VERWERFLICH (und erst daher überhaupt nach Grundgesetz und allen darauf aufbauenden Gesetzen, die unser Zusammenleben regeln auch noch RECHTLICH verwerflich) ist?
Wer ein Rollenspiel schreibt, der kommuniziert mit seinen Lesern/Spielern.
Wer zu bestimmten Aspekten Regeln aufstellt, der zeigt, daß IHM, dem AUTOREN SELBST, diese Aspekte wichtig und interessant erscheinen und daß sie
FÜR DEN PRAKTISCHEN EINSATZ IM SPIEL GEWOLLT sind.
Nochmal: Die Aufnahme von Vergewaltigungsregeln in einem Rollenspiel stellt eine Äußerung des Autoren an die Leser/Spieler dar, die folgendes beinhaltet:
- Seine
Position als Autor gegenüber einem Leser. (Er hat es geschrieben, er "gibt", der Leser liest nur, er "nimmt". Das stellt die Autor-Leser-Beziehung her.)
-
Sachinformation darüber, wie Vergewaltigungen regeltechnisch umgesetzt werden sollen. (Das ist der rein technische und für sich genommen auch erst einmal unkritische Teil der Thematik.)
- Die
Selbstdarstellung und Bekundung des Autoren über sich selbst, daß er es für interessant und wichtig hält, daß Vergewaltigungen im Spiel ausgespielt werden. (Sonst hätte er diesen Teil sich nicht erst überlegt.)
- Die
Aufforderung an die Spieler seine Regeln zu benutzen - somit auch Vergewaltigungen nach den entsprechenden Regeln in ihr Spiel einzubauen. (Sonst wäre diese Regel ja nicht im Regelwerk vorhanden, wenn sie die Spieler nicht auch verwenden sollen.)
Das alles sagt ein Autor, der solch eine Regelpassage schreibt und dafür sorgt, daß sie es auch bis ins gedruckte Werk schafft (d.h. allen Aufwand, der dafür nötig ist, erbringt).
Zwei Punkte sind dabei für diese Diskussion relevant:
- Die Ansicht des Autoren zu Vergewaltigungen im Rollenspiel (ob und wie so etwas im Rollenspiel vorkommen uns umgesetzt werden sollte).
=> Das ist eine persönliche Sache des Autoren. Wenn er als Vergewaltigungsbefürworter auftreten möchte, so ist das seine persönliche Sache. Seine moralische Pflicht gilt in diesem Falle nur sich selbst gegenüber, da er damit auch nur sich selbst mit den Konsequenzen betreffen wird. - Sobald aber auch allen anderen Autoren von AC hier mit reingezogen werden - was ja der Fall sein kann - ist das NICHT MEHR seine eigene, persönliche Angelegenheit, sondern in diesem Falle betrifft seine Selbstoffenbarung auch andere Leute, die zum Vergewaltigungsthema vielleicht sogar völlig andere Ansichten haben mögen, aber durch ihre Mitgliedschaft in der Gruppe der AC-Autoren mitbetroffen von solchen öffentlichen Darstellungen eines der ihren sind. In diesem Falle wäre seine moralische Pflicht gegenüber seinen Mit-Autoren sein Handeln so zu tätigen, daß er die Verantwortung für die Konsequenzen, die auch seine Mit-Autoren betreffen können, zu tragen imstande ist.
-
Die AUFFORDERUNG an die Spieler die Sicht des Autoren zu teilen, indem sie seine Spielregeln verwenden sollen.
=> Das ist KEINE PERSÖNLICHE Sache des Autoren mehr. Hier sind die anonymen Käufer des Regelwerks die Betroffenen. Sie sind die Addressaten des Appells die publizierten Regeln auch zu verwenden. - Daß einzelne Spieler für sich die Entscheidung treffen können, diese Regeln zu ignorieren, ist diesen ungenommen, schmälert aber NICHT die VERANTWORTUNG des Autoren hier eine Aufforderung in Regelform zum Ausspielen von Vergewaltigungen publiziert zu haben.
NUR darum geht es hier.
Ein Autor, der publiziert wird, somit an ein breites, ihm auch persönlich zwangsläufig unbekanntes Publikum geht, der HAT eine moralische Pflicht diesen von seinen Texten Betroffenen gegenüber.
Das schlimme bei der Kleine Ängste Thematik war, daß sich Autor, Übersetzer, Verlag eben NICHT dieser ihrer moralischen Pflicht stellen wollten. Sie handelten jenseits dessen, was soziales Handeln erst möglich macht. Das ist nicht soziales Handeln.
So auch bei Arcane Codex.
Statt sich der Verantwortung für das Geschriebene zu stellen, die Verantwortung ebenso bewußt zu übernehmen, wie man bewußt diese Regelpassage eingebaut und publiziert hat, wird auf die Fanboi-Nebelwerfer vertraut, die das Thema durch ABLENKEN vom eigentlich verwerflichen Punkt unter den Teppich zu kehren versuchen.
(Über das moralische Handeln dieser Nebelwerfer, wie ja auch hier in diesem Thread anzutreffen, kann man sich somit auch sehr gut einen Eindruck verschaffen: Sie drücken mit dem Nebelwerfen ihre ZUSTIMMUNG zur Aufforderung nach Vergewaltigungen im Rollenspiel aus. Würden sie nämlich nicht zustimmen, dann würden sie sich ja mit ihrer EIGENEN Meinung und EIGENEM Rückgrat GEGEN dieses Vergewaltigungsthema aussprechen. - Man kann immer noch ein treuer Fan eines Rollenspielverlages sein, auch wenn man dessen Mißgriffe klar und deutlich benennt und aufzeigt und somit eine AUFFORDERUNG an den Verlag ausdrückt, sich seiner Verantwortung bei diesem und bei zukünftigen Produkten stärker bewußt zu machen. Man ist dann immer noch ein loyaler Fan und hilft dem Verlag sogar viel mehr als durch willfähriges "Kleinreden" von kritischen Punkten.)
Wenn man Regeln für Fahrzeugverfolgungsjagden einbaut, dann nur, wenn sie auch als NOTWENDIG angesehen werden. In einem reinen Pride&Prejudice-Laber-Herz-Schmerz-Rollenspiel braucht es keine Regeln für Hochgeschwindigkeits-Autobahn-Verfolgungsjagden.
Wenn man aber in einem modernen Kriminal-Setting spielen möchte, dann sind solche Regeln nützlich, je nach Ausprägung sogar notwendig.
KEIN Rollenspielautor und erst recht KEIN Verlag macht sich die Mühe und steckt Zeit und finanzielle und materielle Aufwände in Rollenspielteile, die AUS SICHT DES AUTOREN bzw. aus Verlagssicht KEINER benutzen soll.
Wenn man in einem Fantasy-Setting, nachdem es ja eine Vielzahl anderer Fantasy-Settings OHNE Vergewaltigungsregeln gibt und man ganz offensichtlich seit über 30 Jahren Fantasy-Rollenspiele auch OHNE Vergewaltigungsregeln spielen kann, nun solche Regelpassagen aufnimmt, dann WEIL MAN WILL, daß diese auch BENUTZT werden.
Dieser Wille von Autor und - letztlich - Verlag ist hier ganz eindeutig der, daß man explizite Vergewaltigungsszenen mit Vorteilen für den Vergewaltiger im Rollenspiel HABEN WILL.
Und damit sind wir bei der moralischen Pflicht eines Autoren und eines Verlages.
Können denn Autor und Verlag WIRKLICH SICHERSTELLEN, daß die Konsequenzen ihrer Veröffentlichung von Vergewaltigungsregeln NIEMANDEM Schaden zufügen?
Das war der Kern der Diskussion rund um Kleine Ängste. - Es gibt weit mehr vergewaltigungstraumatisierte Menschen hier im Land, auch unter Rollenspielern, als man meint. Ich war SEHR überrascht, wieviele in meinem direkten persönlichen Bekanntenkreis in Rollenspiel und Sport entsprechende Erfahrungen machen mußten.
Rollenspiele ziehen einen Spieler TIEF ins Geschehen. Man identifiziert sich mit seiner Figur, seinem Charakter. Man lebt und erlebt die Spielwelt.
Und dann holt sich ein SC durch eine regelkonforme bestialische Vergewaltigung mal eben einen Power-Up in einer Runde, in der ein Mitspieler oder eine Mitspielerin dabei sind, von denen KEINER VORHER WUSSTE, daß sie entsprechende psychische Empfindlichkeiten haben. Und der oder die bekommt einen Nervenzusammenbruch, weil diese Szene etwas angesprochen hat, was er oder sie seit über zehn Jahren mittels längerer Therapie gut genug im Griff glaubte, daß wieder ein normales Leben zu führen möglich schien.
Welcher Autor übernimmt dafür die Verantwortung?
KANN man denn ÜBERHAUPT in der Konstellation "Autor schreibt etwas" - "Verlag veröffentlicht es" - "Leser liest es" - "Spieler wendet Gelesenes an" - "Mitspieler bricht zusammen" die Verantwortung übernehmen?
Moralische Pflicht eines jeden Mitgliedes einer sozialen Gemeinschaft ist es, sich so zu verhalten, daß andere nicht zu Schaden kommen.
Das ist in der obigen Konstellation der Vergewaltigungsthematik sowohl dem Autoren möglich, als auch dem Verlag, und dem Spieler, der die entsprechende Lektion im Spiel anwendet. - Der Autor ist hierbei die HÖCHSTE Instanz, denn er entscheidet, ob solche Regelpassagen ÜBERHAUPT geschrieben werden. Der Verlag kann auch noch einiges tun, indem im Lektorat Passagen als für die Veröffentlichung ungeeignet, für das Verlagsimage schädigend, usw. auffällig werden und gestrichen, gekürzt, umgeschrieben werden. Der Spielleiter und der Spieler, die das im Regelwerk Stehende AUSFÜHREN, haben hierbei die schlechteste Einflußmöglichkeit.
Durch die AUFFORDERUNG im Regelwerk die darin enthaltenen Regeln auch zu verwenden (sonst gäbe es sie ja nicht), wird nicht nur gesagt "Los, verwende diese Regel!", sondern auch noch "dieser Regel funktioniert" und "diese Regel wird Dich und Deine Mitspieler nicht schädigen". (Letzteres ist eine GRUNDANNAHME, die sich aus der grundlegenden moralischen Pflicht eines jeden in sozialen Gruppen lebenden Menschen ergibt!)
Und nun kann sie aber DOCH schädigen.
Und nicht nur die nicht die Mehrheit der Rollenspieler darstellenden Menschen mit Vergewaltigungstrauma, sondern auch den Ruf des Rollenspielhobbys allgemein, den Ruf eines Rollenspielvereins, in welchem solche Runden mit "Vergewaltigungs-Kaffee-Pause" angeboten werden, usw.
Wenn man sich das BEWUSST macht, dann kann man Regeln für Vergewaltigung im Rollenspiel immer noch veröffentlichen. - Aber dann wird man, wenn man sich seiner moralischen Pflicht stellt, genau überlegen WIE man diese formuliert, wie man deren Umsetzung anlegt, und was man alles zur Aufklärung der ANWENDER über mögliche Gefahren beim Einsatz unternimmt.
Ich könnte mir vorstellen, daß - wenn man schon die betreffende Passage in AC nicht gleich streichen will - eine andere Formulierung, direkte Hinweise auf potentiell psychisch schädigende Wirkungen bei Ausspielen von Vergewaltigungen im Rollenspiel etc. von vorneherein die immer wieder aufkommenden Diskussionen zu "AC, das Vergewaltigungsrollenspiel" vermieden hätten.
Hier haben Autor und Verlag (und willfährige Fanbois) alles getan, um sich den entsprechend schlechten Ruf (aufgrund un-moralischen Handelns!) zu VERDIENEN.