AW: Back to the Roots!
Ich sehe keinen vernünftigen Grund, warum man die Spielleiterrolle über den Regeln stehen sollte. In jedem guten Spiel hat jeder einzelne Teilnehmer bindende Regeln, auf die er auch vertrauen kann.
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"Back to the roots" ist das übrigens auch nicht (das hieße nämlich eher Dungeoncrawling), sondern nur so ne DSA-Kacke.
Das ist die VOLLE WAHRHEIT!
Es handelt sich bei Rollenspielen um Spiele. Diese sind seit URZEITEN mit REGELN versehen. Regeln müssen jedoch nicht immer in geschriebener und kaufbarer Form vorhanden sein. Hausregeln entwickeln sich aus Ad-Hoc-Entscheidungen und der Erwartung an solche Entscheidungen, daß sie konsistent und somit auch in ähnlichen Situationen wiederkehrend getroffen werden. Ob man diese nun aufschreibt oder "es einfach immer so macht" ist egal. Aber diese Regeln - seien sie auch im Laufe einer "back to the roots"-jahrelang laufenden Kampagnen immer wieder im Fluß - sind nun einmal die Basis für das gemeinsame SPIEL.
Erst DSA machte hierzulande das BESCHEISSEN-DÜRFEN für eine einzelne Person am Spieltisch zur üblichen, zur "erlaubten" Vorgehensweise "für eine schöne Geschichte".
Und was für eine "Geschichte" das dann ist, bei der genau EINER bestimmt, und der Rest pariert!
Also ein Regelsystem, das alle Proben gleich ablaufen lässt, egal unter welchen umständen?
Du meinst so etwas wie das "back to the roots"-Rollenspiel Traveller in seiner Little-Black-Book-Fassung? Zwei D6 plus Modifikatoren größer/gleich Mindestwert. Für ALLES!
Das reicht trotzdem nicht aus, um Lücken zu vermeiden, die von Hausregeln geschlossen werden. - Ein auf einen einzigen, verständlichen Mechanismus aufgebautes Regelsystem ERLEICHTERT aber das Treffen von Ad-Hoc-Entscheidungen und das Finden von Hausregeln!
Solche Systeme wie Traveller, BRP, und andere der "back to the roots"-Ära der ausgehenden 70er und frühen 80er hatten solche einfachen Mechanismen. Aber ALLE hatten mehr als genug Lücken, die SCHON IMMER und INSBESONDERE in den "back to the roots"-Zeiten von jeder Menge Hausregeln geschlossen wurden.
Ganze Regelsysteme wie RoleMaster sind aus einem niedergeschriebenen Haufen an Hausregeln für D&D entstanden. - Ebenso wie D&D aus Hausregeln für nicht mehr historisches Tabletop-Wargaming entstanden ist.
Und die absolute Wertemenge, die einen Charakter definiert, ist abhängig vom gewünschtem Detailgrad?
Und dann bekommt man die Diskussion zum Thema "Wozu Optional-Regeln?" mit solchen Aussagen wie "Ich will, daß mir ein Regelautor gefälligst sagt, was ich für eine Regel für eine bestimmte Situation nehmen soll, und mir nicht drei verschiedene Optionen hinschreibt, so daß ich selbst auswählen muß." - Klingt bescheuert? Ist aber tatsächlich die Meinung von Rollenspielern zu Optionalregeln.
Midgard mindestens ab Midgard 2 (aber ich glaube schon bei Midgard 1 - mag nur jetzt mitten in der Nacht nicht in Bücherschränken wühlen gehen) hat unterschiedliche Detaillierungsgrade bei der Abwicklung unterschiedlicher Spielsituationen als Optionalregeln oder Fortgeschrittenenregeln aufgeführt.
Diese konnte man BEI BEDARF (den meist der Spielleiter ermittelt hat, bisweilen aber auch durch Zuruf aus der Spielergruppe festgestellt wurde) "zuschalten". Man wußte, beim Abwickeln eines Kampfen in 1-Sekunden-Runden wird das alles etwas länger dauern, aber da es hier gerade besonders wichtig, besonders heikel, besonders spannend ist, machen wir diese Szene mit mehr Detail. Solch eine Regel wurde nicht einmal jede zweite Spielsitzung angewandt. Man wußte aber, falls man sie bräuchte, wäre sie da.
Wer sich von zu umfangreichen Regelwerken erschlagen fühlt, der sollte das Problem, welches er offensichtlich damit hat, nicht nur beim Regelwerk suchen. - Wenn man gewohnt ist sich ein umfangreiches Regelwerk zu erschließen, dann hat man binnen kurzer Zeit tatsächlich eine "Landkarte" über viele Hundert Seiten Regelmaterial im Kopf. Früher konnte ich die Waffenliste mit all den vielen Polearms von AD&D 1st Ed. AUSWENDIG, ohne daß ich sie eigens gelernt hätte. Das kommt einfach, wenn man ein paar Jahre ein Rollenspiel mit ganzem Herzen spielt.
Heute kommen weitaus schneller NEUE Rollenspiele und NEUE VERSIONEN alt-eingeführter Rollenspiele hintereinander auf den Markt. Hier mit dem ständigen Umlernen Schritt zu halten ist nicht einfach. Man hechelt den neuesten Versionen hinterher und setzt sich selbst ständig unter Druck.
Es geht auch anders. Im Verein spielen einige AD&D. Sie haben viel Geld in die Bücher gesteckt, kennen die Regeln, haben für alles, was ihnen nicht paßt, mindestens eine Hausregel gefunden, und sind somit völlig gelassen im "produktiven Spielbereich". Sie lassen sich nicht im Geringsten von 3E, 4E, was auch immer danach kommen mag, erschüttern. - Wer sein Regelwerk kennt, wer darin vertraut ist, der hat ja auch nicht wirklich einen GRUND ein anderes Regelwerk zu verwenden, wenn er mit seiner Spielgruppe im alt-vertrauten einfach glücklich ist.
Ich erlebe das bei Deadlands Classic ebenso. Hier kommt nichts Neues zu Regeln mehr heraus. Braucht es auch nicht, wenn ich mir den knappen Meter gelb-orange bzw. gift-grün leuchtender Buchrücken im Regal anschaue. Deadlands hat ein ziemlich weit auf einzelne Bände verstreutes, schlecht organisiertes, oftmals widersprüchliches, schlecht geschriebenes, lückenhaftes und in der Anwendung zähes Regelwerk. - Aber wir kennen das alle. - Und wir kennen die Macken. Und für die störendsten Macken haben wir Hausregeln. Und bei anderen gibt es je nach Bedarf eine Ad-Hoc-Regelung. - Und in dieser Vertrautheit mit dem an sich katastrophalen Ausgangsmaterial spielen wir locker, entspannt und ohne regelverständnisbedingten Streß.
Deadlands: Reloaded ist einfacher. Es ist auf einem klarer strukturierten Regelkern aufgebaut. Es hat weniger Details, weniger Widersprüche, und der Regelumfang ist mit wenigen hundert Seiten inklusive Settingbeschreibung im Vergleich zu DL Classic geradezu lächerlich gering. - Trotzdem finden manche selbst diesen geringen Umfang schon als zu viel, was sie als Spieler - und erst recht als Spielleiter - verstehen müßten.
Daher liegt hier wohl zunächst einmal eine Geschmackssache vor.
Die wird man nicht entscheiden können.
Netterweise gibt es aber FÜR JEDEN Geschmack heutzutage Rollenspiele, die unterschiedliche Regelkomplexität (was ja längst nicht die einzige Komplexität im Rollenspiel darstellt!) bieten, die unterschiedlich schnell erlernt und souverän beherrscht werden können, die mehr oder weniger breite Abdeckung von Spielsituationen bieten, usw.
Und IMMER, wirklich IMMER wird es jemanden geben, der genau an dem Spiel, was aktuell gespielt wird, etwas auszusetzen hat. - "Das ist unrealistisch!" - "Wieso gibt es hier keine Initiative-Regeln?" - "Wieso sind die Initiative-Regeln so kompliziert?" - "Wieso gibt es hier drei verschiedene Regeln für die Initiative-Bestimmung?"
So ist das nun einmal.
Selbst mit Optionen, mit Baukästen wird man es niemals allen recht machen können.
Es gibt ja auch die Auffassung, daß man durch ein möglichst viele Situationen abdeckendes Regelsystem, also ein möglichst vollständiges, möglichst ausführliches Regelsystem dem Spielleiter die Aufgaben ERLEICHTERT. - Im Midgard-Forum wurde genau das von den Autoren des Perry-Rhodan-Rollenspiels vorgebracht. Und ich kann das nachvollziehen: Dort erweckte der Autor, welcher eben komplette oder gar überkomplette Regeln gut findet, den Eindruck, daß jede nicht abgedeckte, nicht geregelte Situation den Spielleiter aus der eigentlichen Handlung des Abenteuers herausreißt, indem sie ihn zum Improvisieren und Ad-Hoc-Entscheiden ZWINGT. - Kennt der Spielleiter hingegen die Regeln (eigentlich eine Minimalanforderung für jemanden, der ein Spiel leitet), dann hat er den SICHEREN RÜCKHALT einer verläßlichen Regelbasis um die Situation abzuwickeln.
Wer das Hohe Lied des Spielleiters als Improvisations-GENIE singt, sollte sich vor Augen führen, daß es "da draußen" auch jede Menge mittelmäßig bis schlecht mit Improvisations-Szenen zurande kommende Spielleiter gibt. Es gibt Spielleiter, die sind regelrecht DANKBAR für alle Hilfestellung, die man ihnen via Regelwerk gibt, die das "ins Schwimmen geraten" bei einer ungeregelten, unvorhergesehenen Handlung vermeiden hilft.
Sollen die sich von den "back to the roots"-Rollenspielen überfordert fühlen?
Beispiel: Traveller wurde von souveränen Spielleitern mit Ad-Hoc-Modifikatoren für alles nur irgendwie im Spielgeschehen Auftauchende locker und ohne Bruch, ohne Zeitverzögerung geleitet. - Weniger souveräne Spielleiter wußten an diesen Stellen nicht, was sie tun sollten! - Mit der Einführung der UTPs (Universal Task Profile - einer Art Schablone für Handlungen, die auch Abweichungen und Wege zum Improvisieren aufzeigte) konnte vielen dieser Nicht-Gerne-Improvisierer geholfen werden. Das habe ich selbst in mehreren Traveller-Gruppen so erlebt. - Und MICH hat das UTP angekotzt! Ich hatte schon Jahre vorher alle Modifikatoren freihändig festgelegt, nur daß ja nicht der Spielfluß, das Tempo unter zu langer Überlegungspause leiden möge. Mit dem UTP mußte ich mir für jede Handlung VORGEZEICHNETE Wege anschauen, die dort angegebenen Einflüsse einbeziehen und die Abwicklung nach den Regeln vollziehen. Und das dauert! Das dauert länger als einen Ad-Hoc-Modifikator aus dem Bauchgefühl heraus zu vergeben.
ICH war mit den UTPs unglücklich, aber viel mehr Traveller-Spielleiter, die nicht einfach so einen Modifikator aus dem Arsch ziehen konnten, waren geradezu BEGEISTERT vom UTP.
Was ist nun der "richtige" Weg?
BEIDE Regelvarianten - mit und ohne UTP - sind "back to the roots"-Varianten.
Woher kommt bloß diese Annahme, dass ein Rollenspiel bis auf kleinste Detail geregelt sein muss, um zu funktionieren und so das Risiko von Spielleiterwillkür zu verringern?
Deine Formulierung impliziert als GRUND für eine gewisse Regeltiefe die Verringerung des Risikos von Spielleiterwillkür.
Das ist vermutlich der einzige Grund, der GARANTIERT NIEMALS einen Einfluß auf das Regelvolumen und die Regeltiefe hatte und haben wird!
Wenn man mehr Auswahl bieten will (z.B. an Zaubersprüchen - Komplexität der Wahlmöglichkeiten), dann bedient man damit ein Bedürfnis von Rollenspielern nach dieser Auswahl, nach Entscheidungsmöglichkeiten. - Somit ist eine Fülle von Kampfmanövern, Vorteilen/Nachteilen, Fertigkeiten, Zaubern, Waffen, Fahrzeugen, Ausrüstungsgegenständen, usw. nur dazu da, den SPIELERN mehr Wahlmöglichkeiten zu bieten - auf Kosten erhöhter "gefühlter" Komplexität. - Was hat diese, für ein enormes Regelvolumen in manchen System verantwortliche "Wunscherfüllung" für Spieler nun mit dem Verringern des Risikos von Spielleiterwillkür zu tun?
Nichts.
Wenn man mehr "Realismus" bieten will, dann führt man 1-Zehntel-Sekunde-"Ticks" auf einem multiparallelen Zeitstrahlsystem in einem Westernrollenspiel ein. Die Komplexität dieser Regeltechnik ist so enorm, daß dagegen Deadlands Classic wie ein TWERPS wirkt. Es gibt aber augenscheinlich begeisterte Spieler dieses Rollenspiels, die gerade dieses MEHR an Detailgenauigkeit (trotz der enorm langwierigen Kampfhandlungsabwicklung) zu schätzen wissen, so daß inzwischen Folgeprodukte auf den Markt gebracht werden konnten! - Was hat dieses Ausufern an Regelkomplexität mit dem Verringern des Risikos von Spielleiterwillkür zu tun?
NICHTS und NOCHMAL NICHTS!
Du hast eine total verrannte Vorstellung von einer nicht existenten Verbindung von Regelumfang/Regelkomplexität/Regeltiefe und der Vermeidung der - mit allem Recht negativ gesehenen - Spielleiterwillkür.
Es ist jedoch so, daß GERADE in Regelsystemen mit MEHR Regeln ein Spielleiter auch MEHR Gelegenheiten zum BESCHEISSEN seiner Spieler bekommt, da er noch viel mehr Mechanismen nicht, oder durch Würfeldrehen und anderen Beschiß eben unfair anwenden kann.
Das Bescheißen VERHINDERN kann KEINE Spielregel!
Menschen, die sich zusammenfinden um nach gemeinsam vereinbarten Regeln miteinander zu spielen, die haben die implizite ERWARTUNG, daß sich ALLE an die gemeinsamen Regeln halten. - Wenn ein Spieler seine Würfel "nicht richtig abliest" oder wenn ein Spielleiter Würfelergebnisse ignoriert, so ist das in BEIDEN Fällen ein BRUCH der gemeinsamen Vereinbarung, ein BESCHEISSEN der Mitspieler.
Diesen Bruch zu verhindern kann nur die SELBSTDISZIPLIN der Spielenden beitragen. Der gegenseitige Respekt von den anderen Mitspielern, die man eben NICHT bescheißen wird, auch wenn sie den Pet-NPC durchlöchert haben oder den einzigen "Flaschenhals-Informanten" nicht überzeugen konnten die Infos auszuspucken.
Beschissen wird immer dann, wenn die Bescheißer HILFLOS sind. - Und das sind sie unabhängig von den verwendeten Regeln!
Wieso kommt es eigentlich dauernd zu dieser Willkür?
Die Hilflosigkeit ist ein Ausdruck der mangelnden Eignung für die Aufgaben eines Spielleiters. - Es gibt jede Menge mieser, hilfloser, überforderter, unkreativer, sprachlich lahmer, uninspirierter Spielleiter, die es trotzdem LIEBEN ihren Mitspielern Rollenspielabenteuer zu bieten.
Und um das tolle Abenteuer, welches sie sich ausgedacht, oder - schlimmer noch - welches professionelle DSA- oder andere verkappte Roman-Autoren, die besser nie ein Rollenspielabenteuer schreiben sollten, abgefaßt haben, TROTZ der kreativen(!) Ideen der Spielergruppe, ENTGEGEN dem Würfelglück, der tollen Taktik, der genialen, überraschenden Lösung, die zwei Drittel des Abenteuers umgehen lassen würde, DURCHZUZIEHEN, wird eben BESCHISSEN!
Denn diese WOHLMEINENDEN, aber HILFLOSEN Spielleiter sind eben von zuviel Freiheit, zuviel Kreativität der Spieler überfordert. Das setzt sie unter Streß, unter Druck - und der wird beim Kaufabenteuer verstärkt, weil man ja GELD ausgegeben hat für ein Abenteuer, dessen größten Teil die schlaue Vorgehensweise der Spieler nun umgehen würde.
Was sollen diese Spielleiter denn machen?
Wie "zaubert" man ihnen die nötige Kreativität, das nötige Selbstbewußtsein, die nötige Souveränität an, die andere Spielleiter, welche mit solchen Situationen vertraut sind, ja, welche GERADE diese Unwägbarkeit, wie ein Abenteuer wohl verlaufen wird, MÖGEN, eben in ausreichendem Maße haben?
Man wird es IMMER mit unterschiedlichen Persönlichkeiten als Spielleiter zu tun haben.
Was DU als "back to the roots" auffaßt, das ist das nicht einmal "ur-alte", sondern nur das ALTE DSA-Vorlese-und-zurück-in-die-Gleise-Schubs-Spielleiten. - "Wozu Regelsicherheit, wenn mir die Spieler unter Beachtung aller Regeln, den Endgegner in der ersten Kampfrunde wegpusten. Das finde ICH als Über-Spielleiter nicht spannend. Ist mir doch egal, ob sich die Spieler über einen zur Abwechslung mal schnellen Sieg freuen! Ich verdreifache mal schnell die Lebenspunkte von dem Gegner, damit wir einen "schönen" 50-Runden-Endkampf über die nächsten Stunden auswürfeln können."
Diese Art "Kreativität" ist es, die den klassischen, negativen Ruf der Spielleiter-Willkür begründet. Hier werden die Spieler nicht mit Respekt behandelt, denn Respekt wäre, wenn die Regeln beachtet würden, sondern sie werden um ihren glücklichen Sieg BESCHISSEN, weil nur genau EINER am Spieltisch einen anderen Ausgang für besser hält und diesen den Spielern aufzwingt.
Das ist nicht "back to the roots". Diese "Wurzeln" sind FAULIG!
Wenn man sich im Internet umhört, hat man das Gefühl jeder zweite Spielleiter sein ein kleiner Diktator, dem es nur darum geht seine Geschichte durchzuprügeln. Ist das so?
In D(SA)-Land schon. Auf Cons und bei Schilderungen im Internet kommt dieser Anteil von ca. 50% Bescheißern durchaus hin.
Oder sind die Spieler unter sich so Spinne-Feind, dass das oberste Gebot absolute Balance ist?
Das ist ein idiotischer Versuch eines Seitenhiebes auf das Balancing in D&D 3E und 4E. - Das Balancing hat dort ganz besondere Gründe: D&D war und ist ein SPIEL! - D&D ist nicht eine verkappte Romanlesung mit Würfelmöglichkeit, wie hierzulande gerne von den deutschen Autoren, die in der Mehrzahl an der "Deutschen Krankheit" leiden, das Rollenspiel MISSVERSTANDEN wird.
Ich leite inzwischen sogar kaum noch Shadowrun (4), weil ich kein Bock habe mir die ganzen Kampf/Magie/Fahrzeug/ usw-Regeln zu merken und obwohl mich D&D 4 eigentlich schon anspricht, bekomme ich echt Kopfschmerzen, wenn ich dran denke, mir die ganzen Powers, Feats usw in den Schädel zu prügeln.
Wenn Du zu faul bist umfangreiche Regeln zu lernen, dann such Dir halt weniger umfangreiche Regelsysteme. - Ich mag auch nicht mehr ständig NEUE Regelsysteme, die auch nichts anders und schon garnichts besser machen als mir altbekannte, lesen und neu lernen. Daher konvertiere ich Settings meiner Wahl auf das Regelsystem meiner Wahl.
Versuche mal Savage SR. D&D - egal welche Versionsnummer - spiele ich schon lange nur noch mit SW. Weniger Regelfett, gleicher D&D-Geschmack!
Wer braucht so einen Scheiß eigentlich?
Versuche nicht Leute, die gerne die "Slow Food"-Variante des Rollenspiels genießen wollen, die gerne aus dem Vollen schöpfen wollen, die gerne die Üppigkeit von manchen Rollenspielen lieben, mit dieser blöden Killerphrase herabzusetzen.
Wer zu doof ist sich die 4E reinzuziehen und die paar Regeln darin zu merken, der soll halt weiter Konsolenspiele daddeln gehen!
Na?
Auch nicht besser, nicht wahr?
Also: Es gibt tatsächlich Leute - nicht mich, garantiert bei meiner knappen Zeit nicht mich - die umfangreichste Regelwerk- und Quellenband-Regalmeter MÖGEN. Die WOLLEN das. - Auch wenn Du sie nicht verstehen kannst und das nicht Dein Interesse ist, so ist das eben deren gutes Recht und verdient keine Herabsetzung!
Im übrigen: "back to the roots" ist es auch, daß man sich Regelwerke, die auf 5 Boxen aufgeteilt sind und zudem ohne Index (welch Luxus) und mit chaotischer (Des-)Organisation des Inhalts reinzieht, merkt und damit spielt. - Basic Set bis Immortals Set. Midgard 3. Traveller LBBs. RQ3 (ganz schlimm!).
So hat man damals das genommen, was an SELTENEN Rollenspielpublikationen mal in die hiesigen Läden kam, und hat das Beste daraus gemacht, was ging. DAS ist "back to the roots"!
Hat das nicht mal irgendwann auch mit 4 Attributen und ein paar Lebenspunkten funktioniert?
NEIN. Es hat mit wenigen Attributen und ein paar Lebenspunkten und JEDER MENGE HAUSREGELN erst funktioniert!
Ich kann mich erinnern, dass ich einige meine tollsten Abenteuer in Systemen hatte, in denen nicht jede Kleinigkeit genauestens definiert wurde, sondern der Spielleiter entschied, wie was zu laufen hatte. Betrogen, kamen wir uns damals nie vor.
Genau! - Wenn man das VORHER weiß, daß es Lücken geben wird, oder - mehr noch - daß man sich vollständig für jede Entscheidung in die Hände eines anderen, des Spielleiters, begeben wird, dann kann das dabei herauskommen.
Auf diese Art habe ich die BESTEN und INTENSIVSTEN Rollenspielerlebnisse gemacht, und die KATASTROPHALSTEN, die menschlich WIDERWÄRTIGSTEN ebenso!
Ohne Regeln kann ALLES, und WIRD ALLES (Schlimme) passieren!
Deswegen ist meine Forderung: BACK TO THE ROOTS!
"Back to the Roots"? Du kannst doch mit "Back to the Roots" nichts anfangen!
Zurück zur Einfachheit, in der die Kreativität der Spieler gefragt war und nicht ihre Optimierungsfähigkeiten.
Du redest hier von einem Zeugen-Jehovas-Paradieslein, wo die veganischen Löwen mit den Zicklein und Kindlein Blumenkränze winden!
Was Du alles unter "Einfachheit" zu schieben versuchst, ist nur der Versuch das BESCHEISSEN Dir "legalisieren" zu lassen.
Und hier einen Gegensatz von Kreativität und Optimierungskönnen aufzuspannen, ist sowieso unterste Schublade.
Zum einen ist eine Optimierung ohne Kreativität überhaupt nicht möglich. Und jemand, der kreativ ist, der optimiert seine Charaktere und seine Abenteuer hinsichtlich seiner kreativen Ziele. - Den Schein-Gegensatz, den Du hier zu konstruieren versuchst, den GIBT ES NICHT!
Wie gesagt: Unterste Schublade. - Woher der ganze Haß auf die "Bösen Optimierer"? Was für schlimme Runden hast Du denn mit Optimierern ausgestanden?
Zurück in die Zeiten, in denen es zwischen den Spielern und dem Spielleiter noch ein Vertrauensverhältnis gab.
Also zurück nach gestern Abend?
Vor allem: Wenn man sich die Leserbriefe in den uralten Dragon-Magazinen anschaut, dann gab es auch schon früher die Bastarde von "Killer-DMs", die ihre Spieler ständig niedergemacht haben und deren Charaktere durch den Reißwolf geschickt haben. - Vertrauensverhältnis?
Damals wie heute gehört für eine NICHT-GESTÖRTE Spielgruppe solch ein Vertrauensverhältnis einfach dazu.
Gibt es das nicht, ist die Gruppe gestört und hat ein echtes Problem.
Was Du hier an Idyll zu malen versuchst, das ist eine dumm-naive idealisierende "Früher war alles Besser"-Sicht, die ICH als Alter Sack (tm), der dabei war, haben DARF, aber die Du besser nicht vertreten solltest, wenn Du nicht als "früh vergreist" rüberkommen willst.
Wo man wusste, dass der Spielleiter kein Gegner ist, sondern ein Mitspieler, dem es darum geht den Leuten einen tollen Abend zu bereiten.
Siehe oben: Killer-DM. - Du alterst mit solchen Sätzen um 1d4 mal 10 Jahre!
Zurück zu den Zeiten, wo die Geschichten in den Vordergrund standen, Geschichten, die von der ganzen Gruppe geschrieben wurden.
Los! Save-or-Die!
Was für ein UNSINN!
Die "Geschichten", die im VORDERGRUND stehen, sind die "Worst Practice" aller DSA- und deutscher Cthulhu-Autoren und die WORST NIGHTMARES von Rollenspielern, die im Spiel auch mal selbst was bewegen können wollen.
Geschichten sind das, was man sich NACH dem Spiel erzählt.
Die "back to the roots"-Zeiten hatten das Rollenspiel als SPIEL gespielt. Nicht als verkapptes Laientheater, nicht als Autorenlesung mit Würfelgeklapper (was, weil mit Geräusch verbunden, oft als störend wird empfunden)!
Strenge Regeln, die für alle gelten. Alle spielen gemeinsam ein SPIEL. Und das Spiel läßt einen Sachen erleben, die man nachher als tolle Geschichte erzählen kann.
Wenn ich das öde "erzähl mir nicht von Deinem Charakter"-Abwehr-Geplärre auf manche Cons nur höre, da kriege ich das Grausen. - ICH will von DEINEM Charakter wissen, was er alles kann und was er damit erlebt hat. Ich MAG die Geschichten der Helden, die mit den leuchtenden Augen und dem sprühenden Geist der Spieler, die es erlebt haben, die direkt dabei waren, vorgetragen werden.
Actual Play Beiträge in Foren lese ich genauso gerne, doch geht denen oft die persönliche Note ab, die man bekommt, wenn man direkt erzählt bekommt, wie ein Spieler mit seinem Charakter übermenschliche Taten vollbracht hat.
DAS sind die Geschichten, die haften bleiben!
Was man erzählen kann, das hat einen BERÜHRT!
Vorgezeichnete Schein-Romane in Abenteuer-Verkleidung sind keine Geschichten, die einen berühren, sondern welche, bei denen man "nur dabei, statt mittendrin" war!
Was bleibt von den zwei Seiten Vorlesetext, heruntergelesen wie im Deutschunterricht in der 6. Stunde, an spannenden Eindrücken haften? Nichts! - Aber von der einen Szene, als sich vier von fünf Charakteren im Town Jail befanden und sich in die Freiheit zu reden versuchten, da bleibt einiges haften. Das hinterläßt einen bleibenden Eindruck. Das ist etwas PERSÖNLICHES.
Und das bekommt man völlig unabhängig davon, ob man mit einem "regelleichten" oder "regelschweren" Rollenspiel gespielt hat. Das bekommt man vom Rollenspielen der Spieler! Und zwar ohne zu Bescheißen, ohne Eisenbahn-Zugzwang!
Und das bekommt man WEGEN des Optimierens der Charaktere! - Wie schön sind die Szenen, wo ein für eine bestimmte Richtung optimierter Charakter sich genau in seinem schwächsten Feld einer Herausforderung stellen mußte! Hier werden alle Register gezogen um irgendwie durchzukommen. Und das macht eben auch Spaß. Mehr Spaß als nichtoptimiertes Mittelmaß - kann alles so la la. Und dafür darf sich der Spieler aber auch der hohen Kompetenz seines Charakters erfreuen, wenn dieser auf seinem Optimierungsgebiet einer Herausforderung begegnet. - JEDER Optimierer setzt sich nämlich für seinen Charakter viel klarere Zielsetzungen und befaßt sich viel intensiver mit seinem Charakter, als ein Wischi-Waschi-"Spielen-wir-mal-irgendwie-drauflos"-Uninteressierter.
Zurück zu den Zeiten, in denen nicht der Spieler die Arschkarte hat, der nicht alle Regelbücher hat und sie auswendig kennt.
Es muß nur einer die Regeln wirklich gut kennen: Der Spielleiter. Denn solange er NICHT bescheißt, solange kann man ihm vertrauen, und solange ist er auch der glaubwürdige Regelberater für seine Spieler.
Und dann kann man immer noch ein paar Jahre spielen, und - wundersamerweise - alle Spieler, auch die, welche sich NIE ein Regelbuch anschauen, beherrschen die ständig gebrauchten Regeln AUSWENDIG! - Ist das etwa etwas Schlechtes?
Das, was im Spiel gebraucht wird, zu beherrschen - sich "eingespielt" zu haben - wirfst Du Spielern vor?
In meinen Gruppen und bei uns im Verein hat NIEMAND eine "Arschkarte", der nicht alle Regelbücher hat. Die BRAUCHT er nicht, wenn die Gruppe gesund ist.
Zurück zu den Zeiten, in denen man lediglich ein bisschen Fantasie und nicht 400 Quellenbücher brauchte, um eine Welt lebendig darstellen zu können.
Also zurück zu den Zeiten VOR DSA? - Oder zurück zu den Zeiten von Savage Worlds, wo - auch hier im Forum - Leute meinen die Savage Settingbände wären zu knapp an Weltinformation, da würde ja nur das Nötigste drinstehen und kein Stückchen mehr?
Old School. - Das bedeutet auch Do-it-yourself!
Man bekommt eine Spielwelt mit insgesamt ganzen drei (3) Seiten Weltbeschreibung, ein knappes Regelwerk, und ein paar Tips, wie man den Start in die Erkundung dieser Welt hinbekommen kann, und dann spielt man los. Und spielt weiter. Jahrelang.
Das war bei Gamma World 1st Ed. so und ist bei Evernight für Savage Worlds auch noch so.
Du scheinst nur die ausführlichsten Produktreihen in Deine Betrachtung aufgenommen zu haben. Aber damals wie heute gibt es knappe und schmale Settings mit viel Raum und mit der Aufforderung selbst etwas draus zu machen, ebenso wie "Rundum-Sorglos-Pakete" mit allem und noch mehr in hohem Detail beschrieben.
Das nennt sich Produktvielfalt. - Was ist daran schlecht?
Ich will zurück zur Einfachheit!
+2d4 mal 10 Jahre und Save vs. Death oder verliere 1d6 Punkte Int, Wis, Con, Dex, Cha, und 2d6 Punkte Str.
Du gehst kaputt und fragst "geht ihr mit"?
Nein, danke.
Deine Einfachheit ist die Einfachheit der frühvergreisten Falscherinnerungen an eine "Damals war alles besser"-Heile Welt, die es weder damals gab, noch heute gibt. - In dieses verblendete Jammertal wird Dir keiner folgen.