AW: Athanor, das Rollenspiel
Ah, ist das so etwas wie eine offizielle Kampagne? Das wäre toll, weil man an so einer Kampagne eben auch sieht, wie man das Spiel spielen soll.
Und deshalb fände ich es auch gut, wenn du ein bisschen über den "Plot" plaudern würdest.
Richard kann natürlich recht schlecht über den plot plaudern, schließlich sind wir ja noch nicht am Ende. Gern greife ich den Punkt jedoch auf, um vor dem preview etwas über das „wie“ zu erzählen
Bei Athanor sollte die Charaktererschaffung immer mit der Hintergrundgeschichte beginnen. Für meinen Lautenspieler sah diese wie folgt aus:
A Meine Familie
1. Es gibt in Möhra bereits einen kleinen Gasthof, in dem Hans unterkommt. Er wird von einem alten Ehepaar geleitet. Die Bewirtung der Gäste übernimmt Margarethe, die von auffallender Schönheit ist.
2. Er beauftragt Beate mit der Leitung des Gasthauses und verheiratet sie mit Thomas, einem alten Veteranen und hervorragendem Bogen-schützen. Dieser wird mein Vater, ich bin ihm allerdings nicht ähnlich.
3. Meine Mutter ist immer noch eine auffallende Schönheit. Der Gasthof ist fast immer gut frequentiert, da meine Mutter beinahe immer sehr fröhlich ist, mit den Gästen schäkert und singt.
Ich selber bin ihr Liebling und von klein auf kennen ich ihre Lieder und verbringe meine Tage in der Wirtschaft.
4. Mein Vater ist ein sehr ernster Mann, der den Gasthof führt und die kleine Garnison im Bogenschießen ausbildet. Mich und meinen kleinen Bruder bildet er aus, sobald wir groß genug sind einen Bogen zu halten.
5. Er hat von Hans auch das Jagdrecht erhalten und so geht er so oft wie möglich jagen, auch hier begleiten wir ihn.
6. Ich habe noch zwei Geschwister, eine vier Jahre jüngere Schwester und einen sechs Jahre jüngeren Bruder. Drei weitere Geschwister haben die ersten drei Monate nicht überlebt.
B Ich
1. Ich bin inzwischen 16 und komme sehr nach meiner Mutter; sprich, ich sehe gut aus, bin immer fröhlich und sehr verträumt.
2. Ich habe mit drei angefangen, die Gäste mit meiner Musik zu unterhalten und habe inzwischen gelernt, die Flöte und die Laute zu spielen.
3. Bei den Gästen war ich immer sehr beliebt und sie haben mir die Gesänge ihre Heimat(en) beigebracht. Hierdurch kann ich auch recht gut dunisch, ricardisch und horisch sprechen.
4. Mein Vater hat mich eher soldatisch erzogen. Er hat mich dem Bogen (Kann ich gut), sowie Lesen und Schreiben gelehrt.
5. Er bevorzugt meinen Bruder, weil ich immer wieder in Träumereien verfalle, auch beim Jagen oder der Wache.
6. Ich bin aus Möhra noch nie herausgekommen aber die zahlreichen Gespräche mit Händlern und Gesandten haben das Fernweh geweckt.
Soweit so gut. Ja, dieser Charakter könnte tatsächlich genau so bei DSA, (A)D&D, Warhammer etc. entstehen. Wir haben nie behauptet oder die Intention gehabt, einzigartige Charaktere entstehen zu lassen, wie man sie nirgends sonst findet. Wie auch? Warum auch?
Zurück zu Erstellung: Im Laufe seiner Entwicklung haben sich bei Jörg eben aufgrund dieser Triebe und Bedürfnisse sowie ein gewisses Grundverhalten ergeben, er hat eine Erziehung sowie Ausbildung genossen und hieraus haben sich Attribute und Fertigkeiten ergeben. Wir legen großen Wert darauf, daß der Spieler erklärt, warum sein Charakter sich wie entwickelt und was er erlernt hat. Nachdem ich einige Punkte für die Attribute erwürfelt und andere frei verteilt hatte, habe ich in den einzelnen Entwicklungsstufen meine Fertigkeiten gewonnen. Einige weitere Dinge werden dann noch errechnet, so ergeben sich aus den gewählten Werten einige Pools, die es erlauben, Proben auf die verschiedensten Bereiche zu würfeln.
Dann sind Richard als SL und ich in das Spiel eingestiegen. Da in der Herberge meiner Eltern zahlreiche Händler absteigen, habe ich ein kleine Gruppe gefragt, ob ich mich ihnen anschliessen kann. Hierzu habe ich über den Pools „Analysieren“ die Offenheit der Gruppe zu erforschen versucht und dann über den Pool „Interagieren“ und die Fertigkeit „Beredsamkeit“ versucht, mich der Gruppe positiv darzustellen. Ich habe die Gruppe überzeugen können. Dennoch haben sie am folgenden Tag nicht damit gerechnet, daß ich rechtzeitig reisefertig bin, was ich aber war. Durch meine freundliche und offene Art, sowie meine Musik, habe ich die Gruppe während meiner Reise mehr und mehr für mich gewonnen und so sind wir in Freihafen, einer Stadt des Städtebundes, fast als Freunde geschieden. Ich habe sie verlassen, weil sie wieder nach Norden reisen und ich weiter in den Süden will. Der SL hat es bei drei, vier Gelegenheiten geschafft, mich mit den beiden anderen SC zusammenzubringen. Allerings sind unsere Ziele nicht kompatibel, so daß ich den Charakter in dieser Kampagne erst einmal aufgebe und morgen mit dem zweiten Charakter einsteige.
Dieser sieht wie folgt aus:
Zydrunas wurde geboren als achtes Kind von Urte und Rimgaudas, zwei Händlern, die ihr Geschäft etwas außerhalb von Liudvinavas, im Westen des kaskidischen Zarenreiches besaßen.
Als ich etwas über 8 Jahre alt war, überzog Zar Konstantin den Westen seines Landes mit einer Strafexpedition, davon überzeugt, daß seine dortigen Untertanen ihm nicht gewogen waren. Um ein Exempel zu statuieren, wurde u.a. Liudvinavas dem Erdboden gleichgemacht und alle seine Einwohner hingerichtet. Ich selbst habe nur überlebt, weil ich mich in einem unteririschen Verschlag, in dem die wenigen Habseligkeiten untergebracht waren beim Spielen mit meinen Geschwistern versteckt habe. Meine Geschwister kennen dieses Versteck nicht, nicht einmal meine Eltern wissen, daß ich das Versteck kenne.
Erst mehrere Tage nach dem Greuel, nachdem ich sämtliches Wasser und die wenigen Vorräte verbraucht hatte, habe ich mich wieder hervor getraut, konnte ich doch in meinem Versteck die Schreie der Mörder und ihre Opfer hören. Nun, alle waren tot, das Dorf verwüstet. Die Leichen aller Dorfbewohner waren auf einem großen Haufen verbrannt worden. Der Zar hatte seinen Männern befohlen, den 10 ältesten Überlebenden die Arme und Beine zu brechen, auf Mulis binden und in die Nachbardörfer zu senden, um sein Botschaft zu verbreiten.
Ich kenne nur das Dorf, bin katatonisch und irre tagelang im Dorf umher, ich von den Essensresten meiner ehemaligen Mitbewohner versorgend. In diesem Zustand trifft mich Lanfranc, ein umherziehender Bettelmönch von 56 Jahren, der durch ganzUldlan reist, um den Menschen das Wort des Herrn zu verkünden und Trost zu spenden.
Kurzentschlossen nimmt er mich mit und ich verbringe die folgenden 7 Jahre mit ihm. Er hilft mir, meinen Rucksack mit dem Wichtigsten zu packen und erlaubt mir, je ein Besitztum als Erinnerung an meine Eltern mitzunehmen. Von meiner Mutter nehme ich eine Kette mit einem Medaillon, von meinem Vater einen kunstvoll verzierten Jagddolch. Das Geld, welches wir finden, stiften wir dem nächsten Kloster.
Wir verlassen das kaskidische Zarenreich und reisen durch Ungrod und Tutonien bis hoch nach Dunen. Wir reisen langsam und er lehrt mich alles, was er weiß. Er ist zu jedem Menschen freundlich und bietet seinen Trost und sein Wissen sowie seine medizinische Hilfe. Im Gegenzug erbittet er nichts. Bekommt er etwas zu essen, so ist er dankbar; bekommt er nichts, so beklagt er sich nicht.
Häufig genug kommen wir in Gegenden, in denen man vom Allmächtigen nichts wissen will und so werden wir nicht mit offenen Armen empfangen, sondern mit Schmähungen und Schlimmeren. Zu Beginn prügel ich mich häufig mit der Dorf-jugend, er lehrt mich jedoch, das zu lassen und so weiche ich zu Beginn den geworfenen Steinen aus. Da Lanfranc jedoch immer wieder getroffen wird, lerne ich, diese Steine sogar zu fangen. So vergehen die Jahre und ich lerne Demut und Hunger aber auch die Welt kennen. In mir ergibt sich ein persönliches Gott- und Menschenbild.
Mit 62 schließlich stirbt Lanfranc im hohen Norden Dunens und läßt mich alleine zurück. Ich begrabe ihn und mache mich wieder auf den Weg nach Süden. Um zu überleben, ziehe ich seine Mönchskutte über meine Kleidung und mime tagsüber den Bettelmönch. Dörfer, die mich freundlich empfangen, verlasse ich nach 2 oder 3 Tagen wieder. Dörfer, die mich verspotten, bedrohen oder gar angreifen, besuche ich wann immer möglich noch einmal in der Nacht. Dann versuche ich Beute zu machen. Erscheint mir das Risiko zu groß, die Wache zu aufmerksam, das jeweilige Haus zu gut geschützt, so breche ich ab. Bin ich erfolgreich, so spende ich ein Viertel dessen, was ich erbeutet habe, entweder an die heilige Mutter Kirche oder den nächsten Bedürftigen. Natürlich bete ich auch immer zum Allmächtigen wobei ich den toten Lanfranc immer noch als meinen Beichtvater ansehe.
Auf dem Weg in den Süden bin ich im Spätsommer des Folgejahres verhaftet worden. Man hat mich – zu Unrecht des Taschendiebstahls verdächtigt. Nach 3 Monaten in einem Turm im Westen Dunens wurde mir schließlich der Prozeß gemacht. Da ich die Kutte eines Bettelmönches und auch sämtliche Litaneien, Liturgien etc. kannte hat man mich nicht nur wieder freigelassen und meine Besitztümer wieder an mich übergeben. Nein, aufgrund des außerordentlichen Druckes des örtlichen Bischofs wurde ich sogar meine Flicken befreit und neu eingekleidet. Ich habe noch bis zum Ende des Winters bei dem Bischof verbracht und von diesem ein neues Gewand und Geld erhalten. Dann bin ich weitergezogen.
Allerdings habe ich mir den Turm mit einigen echten Galgenstricken geteilt und so diverse dreckige Kampfstile gelernt. Auch wie man mit einfachen Mittel Türen und Fenster öffnet und andere praktische Handgriffe. Letztlich konnte ich noch zinken lernen und habe einige gute Tricks für Betrügereien beim Karten- und Würfelspielen gelernt. Dieses neue Wissen wende ich auf dem Weg in den Süden vermehrt an.
Dank Lanfranc glaube ich tatsächlich an den Allmächtigen, jedoch haben meinen Erfahrungen mit den Menschen mir gezeigt, daß nur die wenigsten ein ihm gefälliges Leben führen. Daher – und weil ich nicht genügend Demut in mir trage – kann ich auch nicht als „echter“ Bettelmönch weiterreisen, auch wenn ich weiß, daß Lanfranc sich das gewünscht hätte. Ich versuche zwar, seine Weisheiten und Güte anzuwenden. Auch sehne ich mich nach einer gewissen Gemeinschaft, wie ich sie durch meine Eltern kennengelernt hatte. Durch das lange einsame Reisen hatte ich dieses Gefühl beinahe vergessen. Erst in meiner Gefangenschaft habe ich dieses Gefühl durch die Verbundenheit der Diebe und Betrüger wieder kennengelernt.
Daher entscheide ich nach Freihafen aufzubrechen, einer Stadt, die ich mit Lanfranc kennengelernt und aufgrund ihres interkulturellen Flairs schätzen gelernt habe. Dort will ich mir eine neue Zukunft aufbauen; entweder indem ich mich einer Handelskara-wane anschließe oder einer der ansässigen Diebesgilden. Solange ich diese Entscheidung nicht getroffen habe, bleibe ich der unscheinbare Bettelmönch, um die Optionen auszuloten.
Wie bereits erwähnt, gibt es ähnliche Charaktere natürlich auch in anderen Rollenspielen, auf Athanor ist die Entstehung nur einen andere. Zudem ergeben sich die Berufe durch den Charakter und nicht umgekehrt. Und zuletzt können wir durch unsere Pools eine Menge Proben abdecken, auch wenn man auf die einzelnen Fertigkeiten keine Spezialisierung hat. Diese helfen natürlich, die Proben besser zu bestehen.
Ich hoffe, die Antwort war hilfreich und beantwortet mehr Fragen als sie aufwirft.