AW: Anfängerfragen (Bennies, Statisten)
Wenn man anfängt, PB realistischer gestalten zu wollen, müsste man auch Kugeln, die in Tischen oder Türen steckenbleiben, abschaffen.
WARUM sollte man denn anfangen NUR bei Feuerwaffen ansetzend NUR eine Waffeneigenschaft "realistischer" zu gestalten?
Das WARUM ist hier entscheidend!
Savage Worlds ist ein cinematisches Regelwerk, das versucht GENRE-Konventionen abbilden zu lassen, und KEINE "Realitätssimulation" für Wehrtechnikingenieure.
Genre-Konventionen besagen z.B. bei einem typischen US-Western-Kino-Setting, daß Kugeln von einem flimsigen Fensterrahmen, von einem Marshal-Stern, von einer Gürtelschnalle, usw. komplett schadensfrei GESTOPPT werden. - In DIESEM Setting ist das so. Und spielt man in diesem Setting, dann ERWARTET man das als Spieler auch so!
Die SW-Regeln geben die Regelelemente, mit denen man bestimmte Aspekte in solchen Settings für das SW-Regelsystem anwendbar modellieren kann. So z.B. Panzerungswerte für Türen oder Tische und Panzer-Brechend-Werte für Schußwaffen.
ABER: Revolver, um mal ein Beispiel zu nehmen, verursachen 2W6 Schaden. Ein Durchschnitts-Mensch hat Konstitution W6 und somit Robustheit 5. Bei einem Volltreffer (Treffer mit Steigerung) macht man ja noch +1W6 Zusatzschaden. - Ergeben diese 3W6 Schadenswürfel eine Summe von 3 oder 4, so hat man den in seinem rosa Unterwäscheeinteiler dastehenden Menschen VOLL getroffen, aber dieser VOLLTREFFER macht so wenig Schaden, daß der Mensch nicht einmal Angeschlagen ist!
Wie jemand mal sagte: Bei solchen Ergebnissen PRALLEN die Kugeln von der Brust des Getroffenen AB oder er fing die Kugel mit den Zähnen und spuckte sie aus.
Wie SINNVOLL ist es nun, in einem solchen, ausgesprochen GROBGRANULAR und mit hohem ZUFALLSEINFLUSS entworfenen Regelsystem mit "Realismus-Begründungen" zu kommen?
Dieses "Denn" ist für einen simulativen Ansatz auch schon nicht hilfreich, da man nämlich nur SEHR SCHWER "Legenden" über Waffen und Waffeneigenschaften anhand konkreter Materialforschung und Wehrtechnikentwicklung ausmerzen kann. - So gilt "Ein Katana ist sooooooo überlegen, daß man damit auch Panzerstahl durchschneiden kann." - Das ist natürlich völliger UNSINN, aber weder die erste noch die letzte Legende, die für "seltsame" Spielwerte von Waffen und anderen Gegenständen in Rollenspielen gesorgt hat.
Ein "Denn..." ist in einem CINEMATISCHEN und auf SPIELFLUSS optimierten Regelsystem wie SW garantiert KEIN "Denn...." gefolgt von wehrtechnischer Analyse. - Bei SW ist ein "Denn..." gefolgt von den KONVENTIONEN des jeweiligen GENRES bzw. SETTINGS.
Beispiel: Bei den Pulp-Abenteuer der Daring Tales of Adventure gelten Settingregeln, nach denen ein Statist gegen einen Spielercharakter nur nicht-tödlichen Schaden machen kann. Und dieser Schadenswurf darf auch nicht explodieren. Ein Wildcard-Schurke darf aber tödlichen Schaden verursachen, der auch explodieren kann. - In einem Kampf schießt ein narbengesichtiger Scherge auf Tick Dracy, Private Dick, aus seinem Revolver, trifft und verursacht, weil der Schaden nicht explodieren kann, so wenig Schaden, daß Tick Dracy nicht einmal Angeschlagen ist und den Schergen einfach KO boxt. Der geht zu Boden, seine Waffe entgleitet seinen schwieligen Händen ... und wird aufgehoben von seinem Big Boss Bugs Broslovsky. Und der schießt auf Tick Dracy, trifft, würfelt in der Größenordnung von 8 Wunden und schickt Dracy zu seinen Ahnen. - Die Waffe war DIESELBE! Doch unterscheidet sich die GEFÄHRLICHKEIT enorm, je nachdem, WER sie gerade führt!
An der Waffe im Beispiel hat sich nichts geändert. Die Gefährlichkeit ist eine REINE SETTING-Konventionsfrage.
Diskussionen darüber, ob historisch akkurat recherchierte Revolver der 30er Jahre die korrekte Abbildung in Spielwerten erfahren haben, sind fruchtlos, wenn die Setting-Vorgaben nicht die Umsetzung von historischer Waffentechnik waren, sondern die Umsetzung von KINOFILMEN der 30er, in denen kein Blut fließt und Erschossene keine Löcher im Anzug haben.
Wenn man einen NICHT-historisch akkuraten Western, der sich an den Vorbildern großer Kinofilme orientiert, spielen will, dann ist SW eine SEHR GUTE Wahl des Regelsystems. - Will man eine historisch akkurate Waffentechniksimulation im Spiel haben, dann bietet SW zu wenig DETAIL und zu wenig feingranulare STELLSCHRAUBEN, um den hier im Thread angeklungenen Simulationsgrad zu erreichen.
Aber es ist insgesamt möglicherweise nicht gerade im Sinne des Spieles, Schußwaffen so tödlich zu machen...
Es kommt auf die ART des Spiels an, das Du spielen willst.
Savage Worlds ist NICHT EIN Spiel, sondern als generisches Regelwerk VIELE SPIELE.
In DTA sind Schußwaffen eher "mindergefährlich", wenn sie von Statisten geführt werden. In Deadlands:Reloaded sind Schußwaffen mit mehr Armor Piercing ausgestattet, um den oftmals GEPANZERTEN Monstern der Abrechnung ein wenig zuleibe rücken zu können. - BEIDE Settings verwenden SW als Regelwerk. Beides sind UNTERSCHIEDLICHE Spiele!
Im übrigen kommt die Tödlichkeit bei Schußwaffen NICHT von deren PB-Werten, sondern von der Größe und Anzahl der Schadenswürfel und den EXPLODIERENDEN Würfeln. - Beschränkt man das Explodieren, wie bei DTA, dann wird es gleich weniger tödlich (und über die Tödlichkeit des SW-Kampfsystems kann ich mich als Spielleiter nicht beklagen. Als Spieler habe ich JEDESMAL Schiß um meinen Charakter, wenn es wieder bitter, bennie-los und blutig wird).
Und was den Plattenharnisch im Western angeht:
So ist dies ein passendes Trapping für die Mad Science Ghost-Steel-Full-Body-Protection. - Im Weird West springen weit schrägere Vögel herum, als nur solcherart Gerüstete!
Von Hohn und Spott, den ein Charakter im Western-Setting durch seine Mitbürger erleiden müsste, mal ganz zu schweigen.
Mit eingeschlagenen Zähnen spottet es sich gleich weniger locker. Außerdem: Es ist verdammt blöde über den Typen mit der Ganzkörpergeisterstahlpanzerung herzuziehen, wenn der jede Menge Knarren und noch wüsteres Zeug dabei hat und das Drecksnest vermutlich im Alleingang entvölkern könnte.
Und ein Typ, der im Westen mit Plattenbrust rumrennen würde, würde vermutlich nicht im Duell, sondern eher aus dem Hinterhalt erschossen werden... der Kopf kuckt ja noch raus...
Oder er wird vergiftet. Oder in Treibsand gelockt. Oder beim Scheißen aus der Nähe weggepustet.
Aber das (und auch das aus dem Hinterhalt Erschießen) macht man ja auch bei ungerüsteten Gegnern.
Kaum einer ist so blöde, sich im Duell umlegen zu lassen, wenn er den anderen OHNE Chance auf Gegenwehr umpusten kann. - Außer es geht um was anderes als nur ums Töten. Und das sind dann GANZ ANDERE Leute, die so etwas unter sich nach dem Gesetz des Westens ausmachen.
Die erwähnte Stahlplatte ist imho übrigens ein netter dramaturgischer Effekt, den man aber auch nicht überstrapazieren sollte.
In KEINER meiner Deadlands Classic und DL:R-Runden ist bislang so etwas aufgetaucht. - Mad Science Körperpanzerung hingegen schon - nur hat die keiner der Träger bislang überlebt.
Jo, hängt Euch gern an den Details auf.
Also, nach MEINEM Eindruck bist DU es, der hier mit einer Detail- und Realismus-Diskussion begonnen hat, die bei SW ziemlich fruchtlos sein MUSS.
Trotzdem bleibe ich dabei, daß die PB-Wirkung von Schußwaffen in Savage Worlds (zu Recht) nicht realistisch abgebildet ist, was den Kern meiner Aussage bildet.
In WELCHEM Setting-Kontext BRAUCHST Du eine "realistische Abbildung"?
Bei den aktuellen Settings mit Schußwaffen, braucht man so etwas nicht einmal bei den "historischen" Settings wie Tour of Darkness ooder Weird Wars II. - Das eine ist an Vietnamkriegsfilmen orientiert (NICHT an Vietnamkriegs-DOKUMENTARFILMEN!) und das andere ist an der Fülle von 2. Weltkriegsfilmen (NICHT an DOKUMENTARFILMEN, sondern an so etwas wie "Gargoyles" - Horror, Monster und Nazis.).
Wenn Du für Deine Runden mehr "Realismus" brauchst (warum, würde mich immer noch interessieren), dann mach Dir doch eine einfache HAUSREGEL und dann hast Du Deine PB-Werte, wie sie Deiner Meinung nach sein sollten. - Das ist ganz einfach..