[20.05.2008] Im Fuchsbau

Willi klappte eifrig den Laptop auf und rief die Bilddatei mit zitternden Fingern auf. Seine Augen flogen zwischen Michael und dem Bildschirm hin und her. Was dann zu Tage gefördert wurde war ein Bild einer dunklen Gasse mit einer völlig unkenntlichen Silhouette die sich über eine formlose Figur beugte...zumindest eins konnte Michael auf Grund dieses Bildes sagen: Willi war kein begnadeter Photograph. Reiner hatte die Wahrheit gesagt...da konnte man wirklich garnichts erkennen.
 
Ok, sollte dies das einzige sein, haben wir schön Zeit vertrödelt.

Von einem Bild würde Michael sicherlich auf die Qualitäten von Willi als Photograph schließen. Michael schaute sehr intensiv das Bild an, ob man wirklich nicht erkennen könnte.

Und fragte dabei beiläufig. " Willi, was machst Du denn beruflich?"
 
Vicente verfolgte das Gespräch auf der Halbdistanz aufmerksam. Michaels Reaktion zeigte eine Gewisse Entwarnung an was das Bild betraf, allerdings waren auch Geschichten, vielleicht nicht schlecht, dennoch nicht gut.
Einen Moment war er versucht so dazu zustossen, einfach so. Allerdings erinnerte er sich an Willis letzte Reaktion. Der Italiener nahm einen Flachmann hervor, öffnete ihn und sog kurz den Geruch des mit Fruchtaromen versetzten Weinbrand auf. Ein kurzer Stich, er träufelte etwas Blut rein. Nicht genug um Willi zu ghulen, aber vielleicht genügte es um ihn etwas aufgeschlossener zu machen. Wenn es galt sich dazu zugesellen. Die Flasche wurde wieder verschlossen während er sah wie sich das Gespräch weiter entwickelt.
 
Willi schien über so viel Interesse an seiner Person ebenso verblüfft wie entzückt zu sein. "Ich arbeite bei Edeka...da ist immer was zu tun, Lager aufräumen, Ware annehmen und in die Regale räumen, die Gänge putzen, Ware neu auspreisen, Angebote platzieren, kassieren und den Kunden helfen...nur fragen die irgendwie immer die anderen Verkäufer...aber Mama kann dort auf meinen Mitarbeiterrabatt günstig einkaufen. Das spart Geld und was machst Du so?"
 
" Mal dies mal das, meine Familie bezeichnet mich sicherlich als das schwarzes Schaf der Familie," wahrscheinlich sogar im doppelten Sinn. " Willi darf ich fragen wie alt Du bist? Also hast Du Einzelhandelskaufmann gelernt."

Michael brauchte kein Interesse zu meucheln, da Willi ihm wirklich leid tat.
 
"Ich bin 23 und ja ich hab eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann abgeschlossen. Wie ein schwarzes Schaf wirkst Du garnicht. Ich mein Du bist so...selbstbewusst...aber wenn Du nicht immer das gleich machst, was arbeitest Du denn heutzutage? Oder bist Du so reich das Du nicht arbeiten musst?" Willi wirkte gespannt, die Augen weit offen, kleine Speichelbläschen sammelten sich auf seinen Lippen.
 
"Was jeder als schwarzes Schaf bezeichnet ist von Familie zu Familie sehr unterschiedlich."

Es folgte ein kurze Pause. Andreas war es wohl unangenehm darüber zu sprechen, was er so machte. War wohl einer der bei Papa die Hand aufhielt.

Mal unvermittelt zurück zum Bild. "Was soll man eigentlich auf den Bild erkennen können?"
 
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"Siehst Du das denn nicht?"Willi war offensichtlich schwer enttäuscht von seinem neuen bekannten und merkte auch irgendwie das der ihn nur ausfragen wollte und nichts von sich preisgab...aber das würde er schon noch rausbekommen.
"Das is nen Vampir über sein Opfer gebeugt...da um den Mund sind Blutspuren...ich hab gesehen wie er einen großen kräftigen Mann angegriffen und umgebracht hat. Auch vor einer Pistole hatte der keine Angst und da Nacht war und der andere weder Pfahl, Feuer noch Kreuz hatte hat der ihn umgebracht und sein Blut getrunken..."
 
Das Gespräch wurde schweigsam verfolgt. Arbeitsplatz, Alter und dergleichen mehr es erschien dem Bestatter sinnlos, die allgemeine Existenz eines wohl gescheiterten Verkäufer nicht interessant. Scheinbar dennoch eine valide Strategie um schließlich auf das eigentliche Thema zurück zu kommen.

Als es schließlich wieder zurück auf den Tathergang ging gönnte sich Vicente kurz einen sehr kleinen Schluck aus der Pulle. Lügner!
Willis Beschreibung des Geschehen entsprach nicht dem was war, was er gesehen haben konnte. Es widersprach einem ordentlichen Studium!
Bildlich gesprochen, fiel Vicente wohl gerade das von frischen Blut befleckte Messer aus der Hand als er sah wie sich jemand in der besoff.

Er braucht wohl die Aufmerksamkeit. Er verstaute die Flasche wieder, nahm etwas mehr Abstand. Gerade so auf Hördistanz, im Rücken von Willi.
Ihn zu korrigieren wäre schlicht dumm und das verletzte Ego aufzupolieren und auf die eigene Statur hinzuweisen. Er wartete weiter ab.
In Italien hätte keiner einen Mord bei einer Schießerei des Mobs photographiert und wäre anschließend damit posieren gegangen.
Dennoch, sie waren nicht in Italien. Das Land, die Menschen, Sitten waren ihm wohl einfach fremd und er mochte Michaels Werk nicht durch seine Ausstrahlung gefährden.
 
"Ehrlich Willi ich sehe da nichts," antwortet Michael aufrichtig, da man auf den Bildern wirklich nichts erkennen konnte.

"Nehmen wir mal kurz an Du hättest mit dem was Du gesehen hat wirklich recht. Was würde dann passieren?"

Mal sehen wie gut Willis Fantasy war.
 
"Weiss nicht...vielleicht auf Facebook posten oder ans Fernsehen verkaufen...man das wärs...ins Fernsehen kommen und berühmt werden. Ich könnt in Talk-Shows auftreten und stände in der Zeitung als der der die Vampire gefunden hat..." Willis Phantasie schien nicht über einen Auftritt auf RTL hinauszureichen und ob er genug Fantasy hatte um eine Karriere als Willi the Vampireslayer anzustreben bezweifelten Michael und der lauschende Vicente stark...dennoch hatte der Kerl etwas gesehen das er nicht hätte sehen dürfen und plauderte offensichtlich mit jedem darüber ob der es hören wollte oder nicht.
 
Vicentes Mine verfinsterte sich. Das Verhalten von Willi entsprach seiner Erwartung.
Natürlich würde er weiterhin Michael die Gesprächsführung überlassen. Dennoch konnte es sein das er sich einmischen mußte.
Das Problem war nur die Präsenz welche bereits im Fotoladen Probleme bereitete. Dem Bestatter kam eine Idee.
Schließlich stand er bereits die ganze Zeit, mehr oder weniger, in der Nähe. Bewusst verkürzte er etwas die Distanz.
Vielleicht half es etwas wenn die Präsenz sich etwas wie die kalte Nacht einsog, und der wenig heimligen Atmossphäre des Pavillions und der Finster zugeschrieben wurde. Wenn es den soweit kommen sollte das er sich einbringen wollte.
 
Vicente bemerkte schon nach wenigen Schritten das Willis Körperhaltung sich verspannte. Sein Blick wurde unruhig und er begann den Kopf zu drehen. Wenn Vicente nöch näher kam würde Willi ihn irgendwann unweigerlich bemerken.
"Was is denn das?Ist da jemand?" fragte Willi Michael nervös.
 
Vicente hielt ein als sich Willi deutlich nervöser bewegte und anfing sich umdrehen zu wollen. Er runzelte die Stirn wich einen halben Schritt zur Seite, so das der Pfahl eines Mast zwischen ihm und Willi war. Darauf hoffend das er ihm half sich zu verstecken. Sein Blick ging an seiner Kleidung herab, gut er sah scheiße aus, lächerlich aber er stank nicht. Ein kurzer Test bestätigte es.

Der Italiener war sich bewusst das er nicht einladend auf Menschen wirkte, die meisten sich eher zurück zogen. Dennoch, die Reaktionen heute Nacht waren wirklich alles andere als im Rahmen des normalen.
Daher hatte er auch nicht vor auf Willi zuzugehen sondern mochte diesen nur an die Präsenz gewöhnen. Gerade über die Distanz. Unentdeckt. So das die große Panik ausblieb.

Vicente wartete hinter seinem Pfahl ab. Solangsam fragte er sich doch wieso er überhaupt her gekommen war. Seine Geister verweigerten den Dienst und er kam offenbar nicht einmal nah genug an Menschen heran um sie zu manipulieren wie er es sonst gewohnt war. Sein Blick wanderte zur Armbanduhr, ein älteres, casual Modell, passend zum Lippe-Look. Eigentlich hatte er andere Dinge vor.
 
War dies etwa Vicente?

Michael dreht sich auch in die Richtung, wo Willi etwas gemerkt zu haben schien und schaute angestrengt. da wusste was er suchte musste entdeckte er Vicente. Man verpiss Dich außer Reichweite. Ich versuche es erst mal mit Argumenten und wenn dies nicht klappt, kann man immer noch zu härteren Waffen greifen. Michael war ehrlich gesagt schon froh, dass Vicente den Tod von Willi erst mal nicht als Option ansah.


"Wo soll denn was sein?" und schaute sich weiter fragend um.

"Ich glaube allerdings, dass was anderes eintreten würde."
 
Vicente war wohl nicht weit gekommen als Willi bereits reagierte und verbarg sich regungslos hinter einem Objekt.
Ob die dunkeln Umrisse die Michael entdeckte tatsächlich zu dem Nekromanten gehörten oder eine optische Täuschung darstellten blieb zumindest eine unbeantwortete Frage.
Die Gestalt bewegte sich jedenfalls nicht. Kam nicht näher und offenbarte auch nichts weiter in dem sie den Rückzug antrat. Vermied es eben weiter aufzufallen.
Es stimmte das für den Italiener die Ermordung zunächst keine Option darstellte. Das er sich nährte, wenn er es tat, mochte jedoch die Fragen aufwerfen.
Wollte er vielleicht nur reden? War er derart unzufrieden, unter Umständen gar enttäuscht? War Willis ableben Option für den Mörder, der auf dem Foto mehr schlecht als recht zu sehen war, näher gerückt?
Die Antwort des Nekromanten schien aus bewegungslosen Schweigen zu bestehen.
 
Willi stellte gerade fest das Michaels Aufmerksamkeit ihm nicht mehr uneingeschränkt zu gehören schien. Deshalb wirkte sein "wie denn?" ebenso begierig wie um Aufmerksamkeit heischend. Der kalte Hauch und das ungute Gefühl waren sofort wieder vergessen.
 
Michael Aufmerksamkeit richtete sich wieder nach Willi aus.

„Also ganz offen und schonungslos; die meisten werden Dich einfach als Spinner sehen. Die Reaktionen werden dann; von sie lassen Dich einfach stehen, bis zu sie erklären Dich für völlig bescheuert und sagen dies auch sehr deutlich., ausfallen. Ich vermute dies hast du heute schon erfahren. Im schlimmsten Fall gerätst Du an einen der an Deinem Geisteszustand zweifelt und versucht Dich einweisen zu lassen. Ich persönlich halte für 1000 mal wahrscheinlicher, dass Du anstatt bei RTL in der Klappse landest. Klar wirst Du auch ein paar Verschwörungstheoretiker finden, die Dir zustimmen. Also ich kann Dir nur meine Reaktion dazu sagen. Ich höre mir erst mal alles an und sage dann dazu meine Meinung. In Regelfall lasse ich jemanden, der mir auf den Sack gehen einfach stehen. Geht diese Person mir aber so gewaltig auf die Nerven, werde ich auch irgendwann mal sauer und zeige dieser Person dann was eine Harke ist. Ich persönlich halte die Existenz von Vampire im herkömmlichen Sinne für glatten Unsinn. Ich empfehle Dir mal das Buch von Dorothy Harbour, Achtung Energie- Vampire. Dies ist allerdings ein Praxisbuch für den psychischen Selbstschutz und kein Roman über Vampire, die Blut saufen. Der Selbstschutz wäre wirklich wichtig für Dich. Auf Deinem Bild sieht man wirklich nicht viel,“ Gott sei dank. „ jetzt stelle ich mich mal auf die Stufe eines Verschwörungstheoretikers, es gäbe Vampire, also wirklich die, wie in den Filme oder Bücher, wie sie von Anne Rice beschreiben werden, dann scheinen sie wohl nicht zu wollen, dass die anderen von ihrer Existenz erfahren und werden wohl alles dafür tun damit dies so bleibt. Redet Du andauert mit alle Person, egal ob sie die hören wollen oder nicht, triffst Du sicher mal den falschen.“ mal sehen wie viel Fantasy Willi hatte, wahrscheinlich leider nicht viel, ein schlummernder Einstein ist er wohl leider nicht.“


Michael machte sich bereit im Zweifel sofort eingreifen zu können.
 
Trotz und Wut machten sich kurz auf Willis Gesicht breit. Sagte ihm der Typ, der bisher noch so nett zu ihm gewesen war das er sie nicht alle habe? Vielleicht war er auch ein Strohmann der Vampire? Aber auf der anderen Seite sagte er das er Leute die ihn nervten einfach stehen lassen würde und er war noch da...also musste er Willi leiden mögen.
Mein neuer bester Freund schoss es dem jungen Mann durch den Kopf. "Darf ich Deine Telefonnummer haben damit ich mir den Buchtitel nochmal in Ruhe aufschreiben kann? Ich hab gerade nichts zum Schreiben dabei...vielleicht können wir ja auch mal zusammen ins Kino gehen."
 
Was hat die Telefonnummer mit den Buch zu tun fragte sich Michael. Er kramte in seiner Sackoinnentasche und zauberte einen Stift und Schreiber hervor. "Am besten Du schreibst selber, meine Sauklaue kann keiner Lesen.

Brauchst Du noch ein paar Buchtipps?" Michael wartete bis Willi soweit war und fing an zu diktieren. Ja, er gab ihm seine Telefonnummer.
 
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