Widerstrebend erhob sich Lena von ihrem Stuhl. Was sie zu sagen hatte war von großer Bedeutung, also hielt sie es für wichtig und nötig sich auf diese Weise den Blicken der anderen zu stellen. Oliver hatte sie, wie erwartet, für das Amt des Prinzen vorgeschlagen und sie hatte versprochen sich dieser Herausforderung zu stellen.
Dann mal los…
„Als erstes möchte ich Meyye dringend darum bitten, sich nicht von dieser Verhandlung zurückzuziehen. Mir ist wichtig was sie zu sagen hat und auch wenn sie mir gegenüber wohl eher negativ eingestellt ist, sollte ihre Stimme in die anstehende Entscheidung einfließen. Keine Entscheidung kann wirklich gültig oder gerecht genannt werden, wenn wir einen Clan aus dieser Abstimmung ausschließen. Sowohl Ravnos als auch Caitiff sind stimmberechtigt. Wie können wir uns anmaßen von einem fairen Urteil zu sprechen, wenn wir die kritischste Stimme von allen ignorieren? Meyye hat sich verdient gemacht um Finstertal, mehr als einmal, für mich genügt das vollkommen!
Des Weiteren möchte ich die Gelegenheit ergreifen und Helena O’Niell zu ihrer Rückkehr in den Clan beglückwünschen. Mir war es bereits bekannt, da Oliver direkt nach seiner Erweckung die entsprechenden Schriftstücke gesammelt und den beiden Archonten zur Entscheidung vorgelegt hatte. Es freut mich, dass auch Madame Guil ihr Einverständnis zu diesem Entschluss gegeben hat. Willkommen daheim!“
Natürlich war sich Lena darüber im Klaren, dass auch Helena nicht mehr zu ihren Befürwortern gehörte. Trotzdem war die Entscheidung der Archonten nur fair. Und, wenn man es genau nahm, sogar längst überfällig…
„Aber genug davon! Ich denke, Sie alle hier interessiert wahrscheinlich wesentlich mehr, wie ich dem Angebot meines Mannes gegenüberstehe!?“
Ein schüchternes Lächeln folgte.
„Ich hasse diese Idee! Aus tiefstem Herzen! Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, sind die stimmberechtigten Primogene und Ahnen untereinander zerstritten, es herrschen Uneinigkeit und Zwietracht, ich selbst habe nur wenige Befürworter und aufgrund meiner Vergangenheit wird stets ein düsterer Schatten des Zweifels über mir schweben…“
Lena gab den Anwesenden kurz Zeit den dezenten Scherz sacken zu lassen.
„Die von Monsignore Galante angesprochene Regelung, auf eine Dreiviertelmehrheit zu bestehen, war meine Idee und Voraussetzung dafür, dass ich mich für dieses Amt habe aufstellen lassen. Wenn ich das Amt des Prinzen ausfüllen soll, dann kann ich das nur mit ausreichend Rückhalt. Was macht es für einen Sinn meinem Mann das Vertrauen zu entziehen und mich dann mit den gleichen Zweifeln an seine Stelle zu hieven?
Auch ich bin der tiefen Überzeugung das Finstertal eine Stadt der Toreador ist und auch eine solche bleiben muss. Auch das ist Teil des Hintergrundes für meine Entscheidung.
Sofern ich also von meinen Anklagepunkten freigesprochen und mit der erforderlichen Mehrheit in das Amt des Prinzen gewählt werde, wird es einige umfassende Änderungen geben. So werde ich einen Teil der Verantwortung dem Ältestenrat abtreten. Zum Beispiel werde ich das Amt des Sheriffs, der Harpyie, der Hüterin und das der Geißel zur Abstimmung freigeben. Frau O'Niell, Frau deGroot, Herr Trapper und Herr BenLevi machen ihre Arbeit ganz ausgezeichnet, das möchte ich an dieser Stelle ganz besonders betonen und darum geht es auch überhaupt nicht. Es ist eher so, dass wir unbedingt Ruhe in die Stadt bringen müssen. In unsere Geschicke aber auch ganz besonders in die Geschicke der Sterblichen. Also benötigen wir nicht nur einen Prinzen mit nötigem Rückhalt, sondern auch Amtsinhaber die das uneingeschränkte Vertrauen aller genießen.
Wenn das Herrn Zieglowski betreffende Gemälde in die Hand Madame Guils überstellt wird, bin ich einverstanden. Wer außer einer Justikarin wird besser wissen, wie mit einem solchen Gemälde zu verfahren ist?“
Ein kurzer Blick, nur einen verschwindend kurzen Augenblick lang, huschte zu Lurker hinüber. Lena war nach wie vor entschlossen das Gemälde zu vernichten. Aber das würde hier vor Ort niemand gutheißen. Die einzige Möglichkeit an das Bild heranzukommen war, Oliver Buchet dazu zu bringen das Versteck preiszugeben und dann zu tun was nötig war.
„Bezüglich Herrn Zieglowski selbst bin ich der tiefen Überzeugung, dass er dort wo er jetzt ist, wo immer das auch sein mag, sehr gut aufgehoben ist. Ich hoffe und bete, dass seine derzeitigen Kerkermeister wissen wie mit einem Wesen wie ihm zu verfahren ist. Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass ich diesen Mann aus den tiefsten Tiefen meiner Seele verabscheue.
Wo wir aber gerade dabei sind, möchte ich einen letzten Punkt zur Sprache bringen. Herrn Zieglowskis Waffenkammer wird wieder eröffnet und durch die Gangrel Sarah Schmidt betrieben. Sie ist durch den Clan Ventrue erzogen und hat sich als vertrauensvoll erwiesen. Da ich gedenke, die derzeit gültigen Waffengesetze meines Mannes fürs Erste zu verschärfen, benötigen wir eine zentrale Anlaufstelle, die einen entsprechenden Umgang mit Feuerwaffen und Explosivstoffen überwacht. Frau Schmidt hat die nötigen Kenntnisse und Kontakte um ihre Kontrolle auch auf die Welt der Menschen auszudehnen und auch in dieser Richtung für weiteren Frieden zu sorgen!“
Lena setzte sich wieder.
„Das ist, was ich zu sagen habe! Nun ist es an Ihnen mich zu wählen oder einen anderen Anführer zu bestimmen. Ich danke Ihnen allen, dass Sie mir zugehört haben.“