Caitlin hatte sich lange rausgehalten und den anderen schweigsam zugeschaut. Was Galante von Ihnen verlange: Eine Anklage zu erheben, zu begründen und schließlich einig zu werden, grenzte an schiere Unmöglichkeit. Wenn sie nicht über Tage in diesem Raum eingeschlossen werden würden, mit der einzigen Möglichkeit zu entkommen: Einigt euch oder nur der Stärkste/Klügste/Charismatischste kommt heil heraus und wird dann Prinz, würde wohl nie etwas Sinnvolles passieren. Niemand war interessiert eine Lösung des Problems zu finden, bzw. es entwickelte sich gefährlich Richtung: Die Tremere sind immer an allem schuld. Es war einfach. Ein Sündenbock der verfügbar war, dem eh jeder misstraute. Und der nur dann toleriert – niemals akzeptiert – wurde, wenn er brav der Entscheidung der anderen folgte und seine machtvolle Magie zu deren Gunsten einsetze. Caitlin war es leid. Wochenlang hatte sie um Respekt und Anerkennung gekämpft, wofür eigentlich. Niemand traute ihr wirklich. Vielleicht zu Recht, aber das Mistrauen hatte den Teufelskreis erst ausgelöst: Als Caitlin keine Lust mehr hatte, sich zu beweisen, hatte sie vielleicht bewirkt, dass sie sich nicht mehr beweisen konnte. Johardo hatte ienfach zu gründlich Arbeit geleistet und die Tremere galten in Finstertal als verhasst und „Persona non Grata“. Aber war das noch wichtig? Ihre Gedanken schleiften ab…Erst das Wortgefecht zwischen Grimm und den Archonten warf sie wieder in die Realität.
Verdammt…. Du Ar…h! Von Wegen Wissen macht Weise. Was hast du mit dem Wissen getan?!? Ob das den Zielen von HuC zuträglich ist? Wenn du nach Wien zurück kehrst, hast du hier jedenfalls verbrannte Erde hinterlassen! Das wird dem Stand von HuC nachhaltig schaden, jetzt ist nichts mehr zu retten! fluchte sie innerlich, als Grimm das fehlende Blutsband an Noir thematisierte. da einzige was man ihr ansah, waren erschrocken und wütend funkelnde Augen. Ein kurzer Blick, dann hatte sie sich gefangen. Sie erwiderte nichts auf Grimms Anweisung, und das dritte Stimmrecht wurde zwar wahrgenommen, aber ob man es einklagen könnte: Recht haben und Recht bekommen waren unterschiedliche paar Schuhe. Und genau hier musste sie ansetzen.
Sie stand ganz ruhig auf und sah in die Runde. Ihre klaren, rehbraunen Augen wanderten von Person zu Person und blieben schließlich bei dem Aktuellen Prinz dieser Stadt hängen. „Was im Zusammenhand mit dem Mojo klar ist oder nicht, ist nicht unser Thema, Roxana. Dazu ist weder heute der richtige Zeitpunkt noch sind wir qualifiziert genug darüber zu entscheiden. Und ich weigere mich, mich – in Vertretung meines Clans - in die Rolle des Sündenbocks hineindrängen zu lassen. Diese Verhandlung beschäftigt sich mit den Anklagepunkten, die die Bewohner dieser Stadt gegen Oliver Buchet und seine Gattin vorbringen. Ob das Vertrauen in unseren Prinzen und in seine Fähigkeit zur Führung der Stadt noch vorhanden ist und ihm eine weitere Herrschaft ermöglicht oder ob er stark genug ist, diese auch ohne das Vertrauen der Mehrheit der Primogene fortzuführen steht auf einem anderen Blatt. Setzen wir einen Schritt vor den anderen und beginnen endlich anstelle Reden zu schwingen, sich selbst zu profilieren und gegenseitig Vorwürfe zu machen. Und dabei bitte ich im Gedächtnis zu behalten, dass keiner von uns ein ausgebildeter Anwalt ist, und die Fähigkeiten eines Staatsanwaltes oder Rechtsbeistandes nicht vorausgesetzt werden dürfen. Wir müssen also uns bekannte Fakte möglichst ohne emotionale Beimischung vorbringen und eigene Sichtweisen klar kennzeichnen.
Die Vorwürfe hat Prinz Galante in der Vorladung aufgezählt.
Beginne ich meine Sichtweise zu diesen:
Mord:
Mir ist kein Fall bekannt, wo Prinz Buchet einen anderen Kainiten persönlich oder durch direkte Anweisung ermordert oder gar diabliriert hat, was nicht im Sinne seiner Amtausführung als Prinz und damit Gesetz der Stadt geschehen ist.
Hochverrat:
Hochverrat an wem? Der Camarilla? Der Einwohner Finstertals? Hier sollte zunächst der Begriff Hochverrat definiert sein.
Rein gefühlsmaßig - und dabei handelt es sich wieder um meine persönliche Sichtweise, wobei mir evtl. das nötige Hintergrundwissen fehlt – hat Prinz Buchet die Stadt in Gefahr gebracht, als er aus welchen Gründen auch immer – dem Dämonen Azazel die Vernichtung Finstertals erlaubt hat. Fakt ist: Das mit absoluter Sicherheit nur die Kunstobjekte Finstertals diese Apokaypse über Finstertal überstanden hätten. Fakt ist aber auch, dass Prinz Buchet 2 offensichtlich versierte Teams von Finstertalern beauftragt hat, die sich des Problems annehmen sollten und auch erfolgreich waren. Und Fakt ist, dass sich Prinz Buchet und seine Gattin zu diesem Zeitpunkt in ihre Flitterwochen zurückzogen und die Nacht aus der Ferne beobachteten. Ich bitte an diesem Punkt um eine Erklärung dieser Handlung.
Amtsmissbrauch
Auch hier bitte ich zunächst um Definition. Was darf ein Prinz und was darf er nicht. Mir ist nicht bekannt, dass das jemals festgelegt oder eingeschränkt worden ist und kann aufgrund dieser Tatsache keinen Missbrauch erkennen.
Und schließlich Paktierung
Fakt ist: Prinz Buchet hat einen Vertrag mit dem Dämon Azazel geschlossen. Die Gründe sind in meinen Augen in der heutigen Verhandlung offen zu legen, damit über einen Freispruch nachgedacht werden kann.
Fakt ist: Prinz Buchet hat einen Pakt mit Zieglowski geschlossen. Dieser ist meines Wissens nach kein Dämon und damit ist dieser Pakt auch in meinen Augen nicht illegal.
Evtl. ein Fakt, da bin ich aber nicht sicher: Paktierung mit Zacharias.
Hierbei handelt es sich nun um meine Sichtweise:
In seinem Forschungsdrang den Zauber hinter dem Bild zu entschlüsseln (Ich verweise auf die Tagebücher des Prinzens) hat er Zacharias meines Erachtens nach erweckt in dem Glauben, ihn unter Kontrolle halten zu können. Aus den Tagebüchern entnehme ich eine starke Verzweiflung mit allen anderen Methoden gescheitert zu sein. Inwieweit er dabei seine eigenen Fähigkeit oder die Lord Johardos überschätzt hat kann ich nicht beurteilen. Meine Ausbildung der Psychologie lässt mich vermuten, dass er den Gedanken daran, die Situation nicht im Griff zu haben, ignoriert hat. Vielleicht ist das auch dem allseitsbekannten Problem der Rosen geschuldet, sich in einem Vorhaben zu verlieren. Ich kann hier keinen Fakt nennen.
Dann hat Prinz Galante in seiner Einleitung heute zudem folgende Anschuldigungen formuliert:
Arbeiten an hochbrisanten thaumaturgischen Geheimnissen, in dessen Folge es bis heute zu mehrfachen Gefährdungen der allgemeinen Sicherheit kam.
Es gibt kein Verbot, dass die Anwendung von Thaumaturgie untersagt. Wir Tremere geben dieses Geheimnis nur höchst selten weiter, weil uns bekannt ist, welche imense Gefahr davon ausgehen kann, wenn man nicht die nötige Sorgfalt an den Tag legt. Dennoch gibt es kein Gesetz, dass reguliert wer Thaumaturgie ausüben darf und wer nicht. Niemand wird bis dato als Bürge angesehen, wenn er Thaumaturgie unterrichtet. Vielleicht herrscht hier Handlungsbedarf, soll aber nicht unser Thema sein.
Wenden wir uns der Frage zu, inwiefern ein Prinz die Stadt gefährden darf: Wurde das je niedergelegt? Das ist mir nicht bekannt und ich sage hier das gleiche, wie zum Thema Amtsmissbrauch. Dass das Folgen für das zukünftige Regieren haben wird, steht außer Frage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zukünftige Befehle ausgeführt werden, ohne dass sie hinterfragt werden. Auch hier aber: Meine persönliche Meinung und nicht Thema der Verhandlung selbst und damit ein falscher Zeitpunkt.
Verrat an den Interessen der Camarilla
Damit wäre vielleicht der Hochverrat gemeint? Die Grundsätze der Camarilla sind festgeschrieben worden, die Traditionen bekannt und durch jedes Camarillamitglied akzeptiert. Ich kann nicht erkennen, dass die Traditionen gebrochen wurden außer: Die Tradition der Maskerade. Diese wurde definitiv durch den Krieg gegen Zacharias riskiert und leider u.a. auch gebrochen. Es gab viel aufzuräumen und noch mehr zu bereinigen. dennoch gibt es nach wie vor Zweifler unter der menschlichen Bevölkerung, wie so ein Vorfall passieren konnte. Dennoch sollte ein Kampf wie ein Kampf gesehen wird. Die Maskerade fällt unter Kollateralschaden. Höchst dramatisch aber nicht zu vermeiden. Im Gegensatz zu dem ganzen Kampf. Hier verknüpfe ich die Anschuldigung mit dem Vorwurf der Überschätzung. Ich bitte um Erklärung.
Während ihres Vortrags blickte Caitlin ruhig und selbstbewusst. Sie sah selten Buchet, Helena Enio oder Grimm an. Sie ging einfach ihren eigenen Weg.