AW: [10.05.2008] Dreh dich nicht um, Zacharii geht um...
Richard konnte gar nicht wissen wie recht er mit seiner Einschätzung hatte. Mikes Stimmungswandel waren einfach nicht mehr zählbar, denn sie kamen sekündlich. Seine Gedankengänge waren unzusammenhängend, verängstigend, kränkend und vor allem widersprüchlich, fremd und verwirrend.
##Du befindest dich in einer Ausnahme Situation. Du bist verwirrt und überreizt. Das sind temporäre Schutzfunktionen deiner Psyche.
Die Probleme mit seinen Gedanken, ließen sich aber im Vergleich zu den Problemen in seiner Umwelt, irgendwie noch verheimlichen, aufschieben und ignorieren. Auch wenn seine Sinneseindrücke wie bei jeden anderen auch von seinem Geist interpretiert werden musste. Das Besondere daran war nur das Mikes Interpretationen der Realität in letzter Zeit mit solch einer unbarmherzigen Härte, Umfang und Frequenz von seiner Umwelt als falsch, sogar offensichtlich falsch abgestempelt wurde.
++Komisch! Tut weh, wenn man die ganze Zeit mit seiner Stirn auf das Brett vorm Kopp eindrischt! Holzschädel!
Dass Mike sein Weltbild in dessen Rahmen er dachte und nach dem er sich verhielt nun ständig über den Haufen werfen und neu errichtet musste, ließ sich weder ignorieren noch verheimlichen.
Wie sollte er sich verhalten, was sollte er fühlen? Was erwarteten die Anderen nach dem Tod von Bodo? Was hätte Sabrina verdient oder gewollt? Wie würde er am besten damit klar kommen und wie die Stimmen aus seinem Kopf vertreiben?
Unter anderen Umständen hätte Richard nur Mikes übliches Image als Sonnyboy kennengelernt und ihn wahrscheinlich völlig natürlich gefunden. Aber das war im Moment völlig unangebracht. Klar konnte Mike sich zum Beispiel auch traurig und einfühlsam geben um bei bestimmten Frauen sympathisch zu wirken oder wütend und rücksichtslos um von Männern Respekt zu erhalten. Wenn er sich gerade wirklich so fühlte um so besser, aber sonst ging es keinen an wie er sich fühlte und es interessierte auch keinen.
**Deine Freundin hat sich für deine Gefühle interessiert. Sie wollte nicht nur die Liebe sondern alles mit dir Teilen. Du magst trauern, weil sie die erste war, die du an dein Innerstes gelassen hast, aber du kannst hoffen, das sie nicht die letzte war.
##Du darfst nicht zu offen sein. Der Streit mit Todesfolge wurde durch dein Geständnis ausgelöst.
++Scheiß auf Beziehungen! Oberflächlicher Sex ist eh besser und einfacher. Ladykiller!
Tatsächlich hatte er schon ungewöhnlich viel von seinem Inneren enthüllt. Es war nicht klar ob das daran lag, dass er noch die Schuld an zwei Toten und sein Coming-out als Vampir verarbeiten musste, dass er sich schlicht auf zu neuem Land bewegte um eine glaubhafte Lügenfassade zu errichten, oder vielleicht auch einfach an Richard.
Aber gerade dessen Reaktionen ließ Mike seine Ehrlichkeit zeitweise wieder Bereuen und wieder mehr auf seine Ausstrahlung achten. Richard schien jedes kleinstes Anzeichen von Niedergeschlagenheit aufzufangen und sofort verstärkt zurückzuwerfen. Mike konnte zwar jede Hilfe gebrauchen, physische wie psychische, aber er wollte trotzdem nicht wie ein dummes Kind oder eine weinerliche Memme dastehen. Für Mike war es gar nicht inkonsequent, dass er die Erinnerung an den getöteten Penner nicht lustig fand, aber Richards Trost gerade zu deprimierend gefunden hätte. Mike wollte sich auf keinen Fall eingestehen, das es ihm vielleicht so schlecht gehen konnte, dass er in den Armen von einem Blutsaugenden Monster getröstet werden musste. Er kannte Richard einfach noch längst nicht so lange genug um ihm sein Herz auszuschütten. Sich an Richards Busen auszuheulen wollte sich Mike auch nicht, da Richard eben genau der Busen fehlte, um die Sache für Mike lohnend zu mache.
++Von wegen, du Schwuchtel!
Klappe!
Als Kumpel konnte er Richard gerade viel besser gebrauchen. Irgendwo in seinem Hinterkopf merkte Mike schon, dass er sich ein bisschen komisch verhielt und er selbst teilweise über reagierte. Normalerweise wäre Mike auch auf den Gedanken gekommen, dass Richard selber noch von der Begegnung mit Jenny noch mitgenommen war, aber so feinfühlig war er im Moment einfach nicht. Gut war jedoch, dass Mike Richards Gedanken nicht lesen konnte. Hätte er gewusst, dass dieser in ihn einen Lügner vermutete, hätte er sich sofort wie üblich verschlossen und hinter einer Maske versteckt. Noch besser war, dass auch Richard nicht einen Blick unter Mikes Oberfläche werfen konnte. Er hätte es wohl nicht creepy sondern extrem beängstigend gefunden.
So wirkte Mike im Moment aber nur auf Richard wie er auch auf sich selbst wirken wollte: Zuversichtlich und vor allen voller Tatendrang, so dass er vor dem Hintergrund der Zacharias bedingten Müdigkeit fasst hibbelig erschien. Vielleicht war es auch nur die Gier nach den Getränken, alkoholischen wie eisenhaltigen.
Es war schon fasst lächerlich wie viel Gedanken sich Mike über seine Wirkung bei seinem Freund machte, dabei war Richard der Toreador von den beiden. Glücklicherweise waren die meisten davon unterbewusst und automatisch.
Während Mike probierte unauffällig ihre Schrittgeschwindigkeit zu beschleunigen ohne dabei Richard davon zulaufen schaffte er nebenbei noch einen Themenwechsel:
"Nachdem wir getrunken haben, sollten wie gleich ein paar von euren Leuten zu der Party einladen! Vielleicht können die sogar noch helfen irgendwas zu organisieren. Außerdem wollten wir doch mit denen beratschlagen, was ich in Bezug auf die Sekte unternehmen sollten."