AW: [07.05.2008] Es ist wieder soweit - Krisensitzung der Primogene
Noir wartete in aller Ruhe, bis der Zeiger ihrer kostbaren Armbanduhr 22:05 anzeigte, dann erhob sie sich von ihrem Stuhl und sah in die Runde. Anfangs klang ihre Stimme noch zögerlich, gewann aber schnell an Festigkeit und Stärke.
„Guten Abend meine sehr verehrten Damen und Herren. Erlauben Sie mir, Sie alle hier an der Akademie willkommen zu heißen. Ich denke, wir sollten die Sitzung trotz des Fehlens des Herrn Stahl und Frau Dragomirs beginnen. Wir alle stehen unter gehörigem Zeitdruck und können uns den Luxus des unnützen Zeitvertreibs nicht erlauben. Beginnen wir also.
Es freut mich außerordentlich, dass Sie alle die gestrige Nacht mehr oder weniger unbeschadet überstehen konnten und bitte in diesem Zusammenhang die werten Primogene den mutigen Streitern aus ihren Reihen, die an diesem blutigen Kampf ebenfalls ihren Anteil hatten, meinen Dank und meinen tiefsten Respekt auszusprechen. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die Kainiten Finstertals in Zeiten der Not eng zusammenstehen können und es dabei vermögen, über Stand und Hierarchie hinaus, zusammenzustehen.“
Wie so oft wenn Noir sprach, folgte eine kurze Pause. Die Seneshall wusste, dass einige der Anwesenden ihr einmal mehr einen mentalen Strick aus dieser Aussage drehen würden, aber es war ihr wichtig, auch die nicht ganz so bedeutend wirkenden Kainite zu erwähnen. Immerhin hing gerade von ihnen das gesamte Schlachtenglück ab. Ein Feldherr, der seinen Soldaten keine Beachtung schenkte, verdiente es nicht zu siegen.
„Bevor wir uns an die weitere Vorgehensweise machen, bin ich Ihnen allen glaube ich eine Erklärung schuldig. Kaum jemandem von Ihnen wird entgangen sein, welche Rolle ich selbst in dieser Sache gespielt habe und noch weniger, wie sehr meine Handeln sich von denen eines Toreador unterscheiden. Erlauben Sie mir, hierzu ein wenig weiter auszuholen.“
Ein weiterer Blick in die Runde folgte. Noir war sich absolut darüber im Klaren, wie viel von dem abhing, was sie nun sagen würde. Nichts weniger als das Schicksal der Stadt selbst. Nur sie selbst war im Stande die Stadt zu retten, dass Problem war nur, dass kaum jemand hier ihr das nötige Vertrauen aussprechen würde. Dies hielt sie jedoch nicht davon ab es wenigstens zu versuchen.
„Über die verstorbene Gemahlin des Zacharii muss ich den Anwesenden sicher nicht mehr viel erzählen. Die Frau die uns keinen brauchbaren Namen hinterlassen hat, kam dereinst aus Portugal hier her und machte schnell Karriere. Sie starb während eines Krieges gegen die Garou aus dem Süden. Der mächtige Koldune aber, weigerte sich sie gehen zu lassen. Er band ihre Seele so dass sie nicht wirklich sterben konnte, verlor aber ihren Körper an den herkömmlichen Zahn der Zeit. Was ebenfalls die meisten unter Ihnen bereits gehört haben dürften ist, dass Zacharii zu ihrer Rettung eine Salubri zu sich rief. Als diese sich weigerte seine Gattin zu erretten, erzürnte er fürchterlich und brachte sie in die grausame Situation in der wir sie unter dem Dom der Stadt vorfanden. Was der alte Tzimisce nicht wusste war, dass diese beiden Frauen einen Weg fanden, ihre Seelen miteinander zu verschmelzen. Trotzdem wurden sie unlöslich in ihrer eigenen Existenzebene gehalten. Sie waren also Eins, konnten jedoch trotzdem nicht zueinander finden. Beide litten also noch immer und vor allem anderen an grenzenloser Einsamkeit.
Wie sie sich damals fanden ist mir nicht bekannt, ich glaube genau wissen sie es selbst nicht. Ich nehme an, dass es reiner Zufall war, ein Zufall vielleicht, der sich bei der endlosen Ewigkeit ihrer beiden Schicksale kaum hätte vermeiden lassen. Die Vereinigung der beiden Frauen geschah übrigens durch die Initiative der Julia Bakova. Der Salubri Heilerin, wie Sie wissen. Nach ihrer Erlösung von ihrem schrecklichen Schicksal löste sich einer der beiden Haltepunkte und endlich war die Vereinigung vollständig. Dass die Bakova dabei starb, spielte für diese Art der Verbindung keinerlei Rolle. Nur ihr Körper verfiel und nur er war es, der sie letztendlich an dieser Welt festhielt.
Wie dem auch sei. Einige Zeit später versuchte ich eine Astralreise und wurde dabei von meinem Körper getrennt. Unfähig den Weg zurück zu finden, stieß ich auf den Hybriden, der einst zwei Frauen gewesen war. Die Salubri Bakova und die Lasombra die alle und keinen Namen ihr Eigen nannte. Ich spürte wie wichtig es war, diesen Geist zu erretten, denn es war nur allzu offensichtlich, wie sehr sich Zacharii sich vor ihr fürchtete. Warum er sie nicht gleich in eben der Existenz vernichtete, in der er der absolute Herrscher war, kann ich nicht sagen. Ich denke aber, dass er seine ehemalige Gemahlin so sehr fürchtete, wie er sie liebte. Seine Hoffung war, dass sie auf ewig unbemerkt bleiben würde. Dies aber erfüllte sich, wie Sie wissen, nicht!
Oliver Buchet, mein geliebter Mann schaffte es durch sein beachtliches Können mich wieder in diese Welt zurück zu holen. In dieser Sekunde war ich aber nicht mehr die Magdalena Cruiz die Sie alle kannten, sondern ein Hybrid aus drei Frauen. Drei Frauen, drei Wesenheiten. Die Namenlose für das Böse, die Salubri für Gute und ich selbst - die Toreador für das Neutrale. Keine Seele besitzt die Überhand, keine ist bestimmend. Ich bin ein vollkommen neues Wesen, zusammengesetzt aus dem Besten und Schlechtesten der genannten Damen. Wenn es nach mir geht, fühle ich mich auch keinem Clan mehr zugehörig. Trotzdem, oder gerade deswegen bin ich noch immer die Führerin dieser Stadt. Es mag dem ein oder anderen nicht gefallen, aber so ist es derzeit. Und so muss es sein, denn nur ich bin es, die Zacharii besiegen kann. Warum dies so ist, beantworte ich später. Ich denke der ein oder andere unter Ihnen hat einige Fragen an mich, die ich – sofern es mir möglich ist – gerne und ehrlich beantworten werden. Meine Damen und Herren, Sie haben das Wort!“
Erleichtert darüber, sich die Fakten ihrer Existenz endlich von der Seele geredet zu haben, setzte sich Noir wieder auf ihren Platz. Nun war es an der Meute zu entscheiden, wie es nun mit ihr und der Stadt weiter gehen sollte.