AW: [07.05.08] Krisensitzung
„Gut. Du wirst mich sehen sobald du aus dem Café raus kommst. Dann also bis gleich.“
Lilly blieb also stehen und wartete, sie war ungefähr fünfzig Meter vom Café entfernt, fast bei der Seitenstraße angelangt in der ihr Auto stand.
Sie dachte an Enio und Malik.
Sie mochte Malik und wollte ihm nicht schaden. Aber was, wenn er irgendwann gegen den Clan Brujah vorgehen wollte, oder gegen Enio? Sie hoffte sehr, dass das nicht passieren würde.
Enio wiederum, ihn mochte sie bisher nicht besonders, aber er war ein Brujah, und natürlich wollte sie nicht ihren eigenen Clan hintergehen.
Also würde sie sich eben bemühen ihr Bestes für Malik zu tun ohne damit ihrem Clan zu schaden.
Sie wollte weder Enio noch Malik hintergehen.
Wenn es doch möglich wäre, dass Enio und Malik friedlich koexistieren konnten, mit gegenseitigem Respekt, ohne dass man gegeneinander vorging.
Wenn Enio und Malik doch ein gutes Verhältnis zueinander hätten!
Aber im Moment war sie ja selbst noch recht weit davon entfernt ein gutes Verhältnis zu ihrem Primogen zu haben. Aber sie würde sich bemühen.
Die besten Freunde würden Malik und Enio sicherlich nie werden, aber wenn da doch wenigstens gegenseitiger Respekt wäre.
Ach Lilly, wie naiv bist du eigentlich?
Ja, es war im Moment schwer vorstellbar, dass Enio Malik irgendwann respektieren würde. Aber unmöglich war es nicht dies zu erreichen! Man sollte es doch wenigstens versuchen!
War das nicht ein neues Ziel für das es sich lohnte sich anzustrengen?
Und wenn Malik nichts Böses gegen die Domäne im Schilde führte und sich bewährte, dann würde das Misstrauen ihm gegenüber doch sicher irgendwann zerstreut sein. Aber im Moment war ja nicht einmal das Misstrauen ihr selbst gegenüber zerstreut. Wenn Enio ihr nicht vertraute, würde er dann darauf vertrauen, dass sie sich korrekt verhielt? Vielleicht hetzte er ihr einen „Kontrolleur“ auf den Hals. Irgendeinen Nosferatu, der ihr hinterherschlich, zutrauen würde sie es Enio. Verdammt!
Na dann soll er doch!
Meinte er denn, er könnte sie dann bei irgendwas ertappen?
Ich bin doch das gesetzestreueste Camarillamitglied, das es nur gibt.
Lilly grinste.
Na ja, zumindest ab jetzt.
Eigentlich war sie mit der Absicht nach Finstertal gekommen sich eventuell den hiesigen Anarchen anzuschließen, das hatte sich aber erledigt nachdem sie diese Jenny kennengelernt hatte, und stattdessen schlug sie sich also nun auf die Seite des Gesetzes, und ausgerechnet auf die Seite der Geissel, was für eine Ironie des Schicksals. Aber sie war da durchaus offen für Neues.
Dann sah sie Malik aus dem Café treten, und sie winkte ihm zu. Sie wartete bis er zu ihr gekommen war.
„Mein Jeep steht gleich dort in der Seitenstraße.“
Sie ging mit Malik dort hin, stieg ein, setzte sich auf den Fahrersitz. Nachdem auch Malik im Auto war fing sie an zu sprechen.
„Also, es gibt so einiges - erstmal nur das Wichtigste, der Rest später.“
Lilly schien sich kurz zu sammeln. Dann schaute sie Malik an, sie sprach ruhig und ernsthaft.
„Gewisse Leute sind hier allen Neuen gegenüber misstrauisch, auch uns gegenüber. Enio und Helena jedenfalls. Und im Moment ist es leider so, dass Enio nicht viel von dir hält, aber ich denke nicht, dass es unmöglich ist, dass sich das ändert. Ich werde mein Bestes dazu beitragen.
Vielleicht hättest du Interesse mich zu deiner offiziellen Assistentin zu machen? Keine Ahnung, ob du das einfach so machen könntest oder ob du erst jemanden um Erlaubnis fragen müsstest.
Und ich weiß ja nicht ob du dein Amt demnächst bekannt machen wirst - zumindest den Würdenträgern würde dann aber meine Tätigkeit bekannt sein.
Einer der Vorteile für dich wäre, dass ich dann etliches quasi von Amts wegen für dich machen würde und das also nicht als Gefallen verbucht werden müsste.“
Sie grinste ihn kurz schelmisch an, wurde dann aber wieder ernst.
„Wenn ich gewisse Befugnisse hätte könnte ich bei einer solchen Situation wie mit Asgar im Hotel sofort eingreifen ohne erst darauf warten zu müssen, dass ich angegriffen werde. Ich könnte Neuankömmlinge vorchecken, was auch immer.“
Wenn ihr jemand gesagt hätte, dass sie sich jemals als Assistentin einer Geissel „bewerben“ würde, denjenigen hätte Lilly für bekloppt erklärt. Aber jetzt wo sie es tat schien es absolut nicht abwegig zu sein. Ihrer Ansicht nach verfolgte sie damit nur die besten Absichten. Sie ahnte nicht wie negativ man ihr das Ganze auslegen mochte.
Ihr Antrieb war jedoch Idealismus. Sie wollte etwas Positives bewirken. Sie wollte Malik helfen, etwas Gutes für die Domäne tun und wäre am liebsten Vermittlerin – die Enio und Malik zusammenführte.
„Das Misstrauen mir gegenüber würde wahrscheinlich wachsen wenn ich offiziell für dich arbeite. Aber davor fürchte ich mich nicht. Nein, es schreckt mich nicht, wenn man uns für Verbündete hält. Ich wäre jetzt bereit dazu. Aber wenn du willst warten wir eben noch oder lassen diese offizielle Verknüpfung ganz sein. Wenn du aber auch bereit wärst - ich werde nicht wanken, es wird mich niemand gegen dich aufbringen können.
Sie würden es uns sicher nicht leicht machen. Sie würden vielleicht versuchen uns zu entzweien und uns vielleicht sogar bespitzeln um uns bei irgendwelchen Untaten zu ertappen, aber sollen sie doch – oder? Es wird nicht leicht für uns sein uns hier zu bewähren, ich denke, dass etliche Fallstricke auf uns warten. Es wird wahrscheinlich Rückschläge geben, aber wir werden uns so oder so bewähren, da bin ich zuversichtlich.“
Lilly hatte Durchhaltevermögen, das konnte man ihr nicht absprechen, sie hatte schon ganz andere scheinbar unmögliche Ziele in jahrelanger Kleinarbeit erreicht.
Sie konnte wirklich sehr überzeugend sein, vor allem wenn sie wie jetzt so richtig in Fahrt kam. Und sie hatte ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein, genau wie Malik.
Sie respektierte und mochte Malik, und unbewusst drückte sich das in ihrer Körpersprache aus, in ihrem Tonfall, in der Art wie sie ihn ansah.
Sie akzeptierte ihn als Boss, auch das drückte sich unbewußt aus, ohne dass sie aber deswegen im mindesten kriecherisch war, das lag einfach nicht in ihrer Natur.
„Ich will dir ganz bestimmt nichts aufdrängen, nur ein Vorschlag.
Wobei, ich bin nicht ämtergeil, ich hatte noch nie irgendein Amt.
Aber nun ja - wenn du Kapitän auf einem Schiff wärst würde ich mit dir zur See fahren, und wenn du Bäcker wärst würde ich mit dir Brot backen.“
Was sagte sie da eigentlich?? Das war ja schon fast - eine Liebeserklärung? Sowas sollte sie doch nicht zu Malik sagen, sondern zu Steven!
Erschrocken über ihre eigenen Worte hielt sie nun inne und wartete auf Maliks Reaktion.