Ioelet schrieb:
Wir wollten sicher fast alle mal mehr oder weniger Muskeln - aber sexistisch beleidigt hat mich das Aussehen des Hulk nie.
Das sind auch zwei verschieden Paar Schuhe.
Die eine Sache ist das unrealistische und daher schlechte Vorbild von Barbie und dem Hulk. Wobei der Hulk da auch ein schlechtes Vorbild ist, weil verstandloses Herumgewüte als Reaktion auf Stress in den meisten gesellschaftlichen Kreisen wohl kein positives Vorbild darstellt. In manchen natürlich schon.
Selbstreduktion auf Aussehen und Statussymbole hat dagegen schon in den meisten gesellschaftlichen Kreisen Vorbildwirkung. In manchen natürlich nicht.
So oder so beleidigt beides aber so direkt erstmal keinen. Ist nur im großen und ganzen gerade für heranwachsende (besonders in dem Alter, in dem die Eltern nicht mehr wirksam gegensteuern können, weil sie keine primäre Bezugs- und Vorbildperson mehr sind und gleichzeitig das Selbstbild der jungen Menschen so verwundbar ist wie davor und danach niemals weider- der Pubertät) trotzdem nicht ungefährlich und letztlich vor allem nutzlos.
Und da möchte ich nochmal auf einen Vergleich hinweisen, den Teylen auf der letzten Seite gebracht hat, den ich ganz gut fand. Den Vergleich von Rassismus und Sexismus. Beim Rassismus folgt der Diskurs nämlich ähnlichen Mustern. Nur sind da einige (leider bei weitem nicht alle... eigentlich nicht mal die meisten) Leute sensibler. Deshalb leuchtet da vielleicht besser ein, worum es Teylen geht. Und mir auch.
Wir haben als Gesellschaft irgendwann gelernt, dass wir keine Negerpuppen mehr herstellen und verkaufen. Weil wir uns entschieden haben, gewisse Stereotype nicht mehr uneingeschränkt zu replizieren. Irgendwann wurde darauf verzichtet, offen rassistisches und antisemitisches Spielzeug herzustellen. Natürlich kann und sollte man weiter darüber diskutieren, ob nicht gewisse Stereotype und Strukturen weiter bedient werden. Watto (aus SW Episode 1) fällt mir da ein. Könnte man kritisieren. Sollte man auch. Aber zumindest gab es bisher noch kein gritty Reboot von "Jud Süß". Dennoch könnte man ja fragen, warum der gierige, betrügerische und hinterlistige Schrotthändler nun ausgerechnet nen Buckel und eine krumme Nase (bzw. Rüssel) haben muss. Und ob die offensichtliche Anwort dass das über Jahrhunderte tradierte Bilder sind, bei denen jeder sofort die passende Assoziation aufbauen kann, wirklich ausreicht, um es zu legitimieren. Ich meine nein.
Und ähnlich verhält es sich mit dem Sexismus. Natürlich meint niemand den Kettenhemdbikini mehr ernst. Und natürlich möchte niemand (offen), dass Frauen an den Herd sollen und sich aufs Kinder gebären beschränken. Naja außerhalb der CDU/CSU-Wählerschaft zumindest. Aber dennoch könnte man ja mal fragen, warum man Spiele nun unbedingt mit fast nackten Frauen bewerben muss. Und ob die offensichtliche Antwort (Sex sells) wirklich ausreicht, um das zu legitimieren. Ich meine nein.
Ohne Teylen jetzt näher zu kennen, würde ich ihr einfach mal unterstellen, dass sie ähnliche Diskussionen schon tausend Mal geführt hat. Und dass sie immer und immer wieder festgestellt hat, dass sie nicht durchdringt. Und das nicht deshalb, weil die Leute böse Frauenfeinde wären, sondern einfach weil ihnen eine gewisse Sensibilität fehlt, die nötig ist, um sich aus der Position der gesellschaftlichen Stärke in die Position des marginalisierten zu versetzen. Und eine gewissen Analysefähigkeit in Hinblick auf Diskursstrukturen und deren Legitimation.
Damit mir nicht ähnlichermaßen die Hutschnur platzt, diskutiere ich normalerweise eher nicht über diese Themen. Manchmal schon. Ich erinnere da an unsere ähnlich hitzige Diskussion über "The Blind Side", Ioelet. Den du nur als guten Footballfilm gesehen hast (wobei ich dir auch da widersprechen würde), ohne den ganzen, gar nicht mal besonders subtilen, strukturellen Rassismus dieses Filmes sehen zu wollen oder zu können.
Mir würde es in solchen Momenten schonmal helfen, wenn mein Diskussionspartner die Möglichkeit zulassen würde, dass an meiner Sichtweise etwas dran ist und ich eben kein übersensibler Spinner bin. Dann könnte noch darüber geredet werden, ob ich nicht den einen oder anderen Punkt überbewerte.
Aber die Problematik gleich aus dem Fenster werfen zu wollen, ist eben für jemanden, der ein Problem sieht, nicht hilfreich, sondern nur frustrierend.
Besonders wenn es dann noch mit Forderungen nach Humor einhergeht. Das wirkt besonders herablassend. "Du fühlst dich beleidigt? Hab dich nicht so, ist doch alles nur ein gar lustiger Spaß." Das wirkt aus der anderen Perspektive wie: "Dein Problem ist mir scheißegal. Und nicht nur das, es ist einfach nur lächerlich. Und du damit auch."
Deshalb verstehe ich sehr gut, dass Teylen besonders Atreju gegenüber den Ton angeschlagen hat, den sie eben angeschlagen hat.
Und ich wollte noch nie weniger Muskeln.