AW: Was ist deutscher Horror?
Ich find bei den meisten deutschen Produktionen die in Richtung Action oder gar morbide gehen, dass ne ganze Menge Etat gespart wird um sie optisch ansprechend umzusetzen. In nahezu jeder Hollywood Produktion kommt so ein überstrahlter Kamerafilter zum Einsatz, der Farben farbiger aussehen lässt, Schweiß wird schweißiger, eben mehr von allem. Deutsche Produktionen sehen allzuoft wie geleckt aus, so wie es eben draußen wirklich ist und doch biederer. Schwer zu erklären ... erst Sendungen wie Alarm für Cobra 11, Der Clown und nicht zu vergessen die Pro 7 Katastrophenfilme der letzten Jahre haben auch versucht das ganze etwas zu pushen. Sowas ist aus atmosphärischen Gründen unheimlich wichtig: Überzeichnung.
Der völlig billig produzierte Film "Evil Dead" hat weitaus mehr Atmosphäre, als er als ZDF Produktion hätte mit wesentlich mehr Budget. Einfach, weil da bei der Optik schon einiges verloren geht.
Deswegen verstehe ich zum Beispiel nicht wieso hier negativ gegen Tykwer geschossen wird - Lola rennt, Das Parfum ... die sahen super aus, eben so Knockin' on Heavens door oder Manta Manta (nicht von Tykwer
). Demgegenüber stehen dann eben ZDF Produktionen der Marke "Aktenzeichen XY ungelöst".
Aus diesem Grund denke ich auch, dass es schwierig sein wird Filme wie Falling Down hier anzusiedeln. Ein Mann steigt auf irgendeinem Highway in Chicago aus und geht nach Hause. Die Sonne brennt, es ist heiß ... das merkt man in jeder Sekunde. In Deutschland steigt einer auf der A1 aus (im Stau) und läuft nach Hause ...
Bei Falling Down trifft er als Weißer auf Latinos und Schwarze die ihr Revier verteidigen wollen (erstere eröffnen sogar das Feuer mit Schnellfeuerwaffen). In der deutschen Version sinds dann Türken und Russen ... und die eröffnen dann das Feuer mit Schnellfeuerwaffen? Kommt vor in Deutschland, ist aber noch selten, wirkt also im Vergleich zu den Staaten der 90er unglaubwürdig. Man müsste das Drehbuch ganz gewaltig an Deutschland anpassen und könnte bestenfalls Schlüsselszenen 1:1 übernehmen (zum Beispiel die Szene in dem Burger Laden). Wäre das dann noch Falling Down? Bei Falling Down hat er die gerichtliche Auflage sich seiner Frau nicht mehr als 20 Meter zu nähern ... und im Kino ging ein Raunen durch die Menge. Allein das wird schon mit viel Pathos in dem Film signalisiert. Würde das im Deutschen Film, mit Deutschen Schauspielern genau so wirken? Der Durchschnittsdeutsche sieht erfahrungsgemäß nicht so aus, als wäre er ein absoluter Looser und trotzdem zeitgleich die Coolness in Person. Der Durchschnittsami in solchen Filmen kann das ruhig machen - das Land ist weit weg und wer noch nicht da war kennt sich mit den Gepflogenheiten nicht aus und auch nicht wie die Leute da aussehen. Man kriegt Idealbilder, weswegen das Filmamerika durchaus realistisch wirkt. Wir leben aber in Deutschland und wissen, dass man auch mal irgendeinem Türken blöd kommen kann ohne dass der gleich die Uzi rausholt. Allein diese Polarisierung der Ethnien funktioniert für uns (oder ich sage besser: Für mich!) einfach nicht, weil ich hier lebe und in Amiland nicht. Da bin ich eher geneigt (und sei es nur für den Moment des Films) zu glauben, dass Latinos bösartige Bastarde sind. Bei deutschen Produktionen wäre ich da weitaus kritischer. Insofern: Falling Down würde so nicht in BRD funktionieren. Wäre wahrscheinlich langweilig und ich hätte kein Interesse daran den zu sehen.
Bei The Ring würde ich dir wiederum zustimmen. Hier würden sich jene Inseln Nordfrieslands auch anbieten für den Standort des Brunnens. Ist dann halt nur wieder die Frage: Kriegt man das atmosphärisch vernünftig hin?
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Ich mag Deutschland als Handlungsort meist nicht, auch in Rollenspielen nicht. Mich ziehts in die Weite ferne - da fallen Fehler auch nicht so schnell auf. Shadowrun beispielsweise in der ADL habe ich gehasst.