AW: Was ist deutscher Horror?
Silke schrieb:
Gesucht wird also ein deutscher Horrorfilm mit Originalsprache Deutsch...
Anatomie 1+2
Flashback
Ersteres ist aber auch eher Thriller mit leichtem Psychohorror Einschlag (Leute plastinieren und dabei irre aus der Wäsche gucken, bzw. computergesteuerte Menschen zu entwerfen spricht ja nun doch nicht gerade für einen normalen Thriller). Flashback ist ein typischer Scream Verschnitt mit Alexandra Neldel. Recht blutig, stellenweise witzig, insgesamt aber farblos.
Ich finde es kann sowas wie "deutschen Horror" nicht geben. Amerika verfügt über einen riesigen Pfuhl aus verschiedenen Mythen und Legenden, die teils schon im morbiden sind. Man denke allein an Halloween. "Wir" feiern zwar jetzt auch Halloween, aber im Grunde ists was ur-amerikanisches. Ist schon ein recht morbides Fest und kann je nach Auslegung auch reichlich blutig und angsteinflößend sein. Was haben wir?
An konkret deutsche Mythen und Legenden kann ich mich als solches schon mal nicht erinnern und wenn dann sinds so Sachen wie die Heinzelmännchen oder das Wolpertinger ... die Begegnung mit letzterem soll man zwar laut Legende nicht überleben können (Süddeutsche werden da sicher mehr drüber erzählen können), aber so wirklich schrecklich find ich die Viecher jetzt nicht.
Wir haben auch kein wirkliches Äquivalent zum Ureinwohner auf dem man irgendwelche Horrorstories aufbauen kann. Indianer waren die Ausgeburt des Wilden (in den Augen der Siedler) - etwas dass man am besten auf Abstand hielt, über das man grausame Geschichten erzählte und die kulturell derart fremd waren, dass sie auf völlig anderen Werten und Ideologien aufbauten.
Alles was "uns" bleibt sind also Dinge die in allen Ballungszentren passieren können (und demnach bereits in Amerika verfilmt worden sind) oder eben das Eingeständnis, dass es sowas wie deutschen Horror als solches nicht gibt.
Ich persönlich finde, dass Deutschland aber auch wenig her gibt. Selbst wenn man sich sämtlicher Klischees bedient komme ich in Amerika immer noch auf Rednecks, Amisch-Sekten, Gated Communities (in der Hand bizarrer religiöser Kulte), Hillbilllies und vor allem eben sehr weiten wenig besiedelten Landesteilen.
Deutschland hat Ruhrpott Proleten, Asoziale, was weiß ich ... aber eben keine festen, abgeschotteten Communities, die sich als etwas eigenes verstehen. So hat Deutschland noch nie funktioniert (und auch im Zweiten Weltkrieg war das anders als in Amerika).
Amerikanische Städte sind molochartiger, größer und gleichermaßen schmutziger (aus einer Horrorperspektive), da fällt es Deutschland im Kern schon schwer mitzuhalten.
Seht euch doch mal die ganzen Pro 7 Katastrophenfilme an: Waren die schlecht, weil sie schlecht waren oder weil gewisse Sachen einfach nicht passen wollen. Der Turm am Alexanderplatz wird eben nicht von einem Wirbelsturm umgeweht. In Köln erwartet man keinen Pestausbruch mit gezogener Deadline drumrum. Und Sylt wird auch nicht die erste Bastille sein, die fällt wenn da ein Tsunami auftaucht, der das ganze Land überspült. Ich meine nicht, dass das nicht passieren kann - es wirkt gedanklich auf Deutschland bezogen einfach nicht - so aus atmosphärischen Gesichtspunkten.
Insofern: Deutscher Horror kann entweder nur abkupfern, nichts eigenes entwerfen und wirkt gleichermaßen bei den meisten Versuchen sehr unglaubwürdig. Oder aber eben Geschichten erzählen, die überall passieren können.
Als recht gut hab ich den Kurzfilm "Geteiltes Leid" (
OFDb - Inhaltsangabe zu Geteiltes Leid [Kurzfilm] (2000)) empfunden, der der ab 18 Version von The Cell beigelegt ist. Eher ein herber Psycho Thriller, könnte wirklich in jedem Land der Welt spielen, aber die Idee ist gut genug, dass sie nicht an den Haaren herbeigezogen wirkt oder versucht Verhältnisse zu schaffen die in Deutschland so nicht sind.