AW: warum Method Acting??
Kurze persönliche Stellungnahme meinerseits:
Ich liebe es, mit Ki-Kräften, nem Drohnenschwarm und nem guten Infoschieber in Konzerngebäude einzudringen, Zielpersonen gefangen zu nehmen und EPs und ne dicke Belohnung zu kassieren. (Taktisches SR)
Ich liebe es, tragische Geschichten von epischer Bandbreite zu fabulieren, mit überraschenden Storywendungen, Liebe, Herzschmerz und nem guten Schuss Melancholie. (Polaris)
Aber noch mehr liebe ich es, mich in die Hoffnungen und Ängste eines Charakters einzufühlen, Blutorgien zu feiern, paranoid die Gedanken aller Anwesenden zu kontrollieren und wie wild herumzuschreien, während ich mit vampirischer Stärke die Einrichtung zertrümmere. (Vampire: the Method Acting, simulationistisch, also kein Storytelling)
Das Alles geht nicht gleichzeitig, weil es ungeachtet des Systems völlig andere Spielweisen sind. Und natürlich muss sich die Gruppe darauf einigen, was genau sie spielen will, aber wenn ich die Wahl habe (und das habe ich, weil ich mir meine Gruppen aussuchen kann), dann wähle ich die Charaktersimulation. Es ist verdammt interessant, einen Haufen merkwürdiger Charaktere zusammen zu werfen und zu schauen, was passiert. Wenn ich einen Film schaue oder ein Buch lese, dann interessieren mich die erzählerischen Kunstgriffe des Autors nur peripher und die tollen Superkräfte der Protagonisten beeindrucken mich nicht. Ich will mit den Charakteren mitfühlen, mich mit ihnen identifizieren, sie verstehen, fühlen und die Geschehnisse erleben wie sie. Natürlich ist es Realitätsflucht, sich selbst und die eigenen Gedanken vergessen zu wollen, abzuschalten und den Blickwinkel mal völlig zu wechseln, aber genau darum geht es mir ja dabei. Erfolgserlebnisse habe ich beim Frauen Flachlegen oder beim Sport (Klischee, Klischee!) und mir Geschichten zusammenlügen kann ich RL auch genug (zynisch bemerkt: vor dem Frauen Flachlegen)... die Fesseln meines eigenen Lebens werde ich aber nur selten los und es tut so verdammt gut, mal aus dem Alltag auszubrechen und jemand ganz Anderes zu sein.
Klar kann man es auch übertreiben, indem man tagelang an Charakter-Hintergründen statt an seinen Berichtsheften schreibt, aber nicht während des Spiels, denn diese Art von Rollenspiel lebt davon, ganz und gar in dem Charakter aufzugehen und in die Spielwelt einzufließen. Das kann man mit Meditation vergleichen oder mit dem intensiven Genuss von Horrorfilmen oder Romanzen. Auch Filme machen nicht mal halb so viel Spaß, wenn man die ganze Zeit nur auf stilistische Mittel oder Filmfehler achtet, versucht, den Plot voraus zu ahnen oder Vergleiche mit ähnlichen Filmen zieht.
Method Acting hat eindeutig was von Theater, bzw. Impro-Theater, um genau zu sein. Daran ist nichts Schlechtes, denn dafür ist diese Spielweise ja da. Und wer es schafft, sich von seinem eigenen Blickwinkel zu lösen und bereit ist, all die Emotionen und Gedanken aufzunehmen, die sich durch die von eigener Hand geschaffene Figur entwickeln, wird dieses Erlebnis zu schätzen wissen und es nicht mehr missen wollen.
Darum Method Acting.
Charakterhintergründe fallen bei mir übrigens bei der Charaktererschaffung meist eher spärlich aus, weil ich gelernt habe, dass Lebensläufe nichtssagend sind und anschauliche, knappe Diagramme über Gefühle und Denkweise des Charakters deutlich besser zu gebrauchen sind... und weil mir das Darstellen weitaus mehr liegt als das Geschichten Ausdenken.