AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann
Hmm... scheint so, daß ich mit RAW etwas verwechselt habe. Ich hatte es immer so verstanden, daß RAW das Gegenteil zur Goldenen Regel und somit also auch zu Hausregeln ist und allenfalls das Thema SL-Willkür anschneidet.
Da es für RAW sehr unterschiedliche Auffassungen geben kann, war der Threadtitel ohnehin für mich nicht klar genug.
RAW könnte so aufgefaßt werden, daß dies die Regeln, EXAKT so, wie sie der Autor des betreffenden Rollenspiels geschrieben hat, betrifft. - Das wäre eine sehr strenge und gleichzeitig auch geradezu unsinnige Auslegung, da Autoren sich bewußt sind, daß sie Fehler machen, Dinge unbewußt ausgelassen haben, unklare Formulierungen verwandt haben, oder ganze Teile der Regeln vom Verlag in einen separaten Band, welcher dann auch noch fälschlicherweise als "optional" verkauft wird, ausgelagert werden (Mongoose RuneQuest für ein besonders beschämendes Beispiel dafür).
Da ein und derselbe Autor seine eigenen Regeln auch mit einzelnen Neuauflagen um Errata, um Alternativen oder um klarere Passagen ergänzen kann, ist eine strenge RAW-Auslegung sinnlos. - Oder will jemand freiwillig auf den von Errata behandelten Punkten der Rules as Written and Published, also klar auch vom Autor und Verlag zugegebene Fehler, in der Anwendung der Regeln beharren?
Da also RAW inklusive Errata und Regelergänzungen immer noch RAW ist, kann man sich noch die Frage stellen, wie das mit wirklich OPTIONALEN, aber in ihrer Formulierung sich widersprechenden Regeln zu halten ist? - Bei Savage Worlds gibt es für unterschiedliche "gewollte Tödlichkeit" des Kampfsystems mehrere Varianten für die Incapacitation-Regeln zur Auswahl, die sich gegenseitig ausschließen. Somit muß die Gruppe bzw. der Spielleiter VORHER eine Entscheidung treffen, WELCHE OPTION er nun für die aktuelle Kampagne verwenden will. - Das sind somit immer noch Rules as Written, aber diese Regeln beinhalten die Möglichkeit sich für eine Variante zu entscheiden. Die Varianten nebeneinander in derselben Kampagne zu spielen ist nicht nur nicht vorgesehen, sondern sie schließen sich gegenseitig wirklich aus. - Das fällt also auch unter RAW: offizielle Varianten und Optionalregeln.
Da hier eine Entscheidung gefällt werden muß, ob und welche Variante bzw. Option aktuell eingesetzt werden soll, muß dies irgendwie allen Spielern kommuniziert werden, und am besten auch dokumentiert werden. Das kann ganz formell per Notiz in den Kampagnen-Hausregeln geschehen, oder informell - vor allem, wenn es offensichtlich ist. - So ist bei Savage Worlds die Verwendung der Action Cards stark empfohlen, aber es gibt auch eine Variante für würfelbasierte Initiativbestimmung anstatt der üblichen kartenbasierten. Die Gruppe muß sich festlegen, da diese Variante Auswirkungen auf das gesamte Kampfsystem und auf Vorteile und Nachteile und ihre regeltechnischen Effekte hat. - Neben den Action Cards können bei Savage Worlds auch die Adventure Cards zum Einsatz kommen. Diese sind völlig optional. Das Regelsystem braucht diese nicht, sie sind eine echte ZUSATZ-Möglichkeit. Wenn die Gruppe sich gegen ihren Einsatz entscheidet, dann muß nichts dokumentiert werden, sondern die Karten kommen schlichtweg nicht auf den Tisch. Entscheidet sich die Gruppe für die Adventure Cards, so bekommt jeder Spieler bei Spielsitzungsbeginn seine Karten ausgeteilt und somit ist klar, daß sie im Spiel sind.
Wenn man bei RAW nun offizielle Varianten und Optionen beachten muß und die entsprechenden Entscheidungen über deren Verwendung festhält, dann ist der nächste Schritt die Frage nach den INOFFIZIELLEN Varianten und Optionen.
Wenn nun in einem Fanzine-Artikel ein toller Beitrag für neue Powers zum Thema "Hellsichtigkeit" vorkommt, und wenn diese neuen Powers ein Spieler oder der Spielleiter in seiner Runde verwenden möchte, dann sind diese neuen, ja auch für Spielercharaktere eventuell lernbaren Fähigkeiten und die zugehörigen Regeln den Spielern bekanntzugeben, da das geheime Einführen von Regeln, von denen die Spieler nichts wissen können (eventuell weil sie das Fanzine nicht gelesen haben) eine eklatante Unfairness darstellt, die in den Spielerkreisen auch entsprechend schlecht aufgenommen werden wird. - Somit ist neben den offiziellen Varianten und Optionen auch die Verwendung von inoffiziellen Varianten und Optionen der Regeln zu entscheiden, zu kommunizieren und ggf. zu dokumentieren.
Mit den inoffiziellen Varianten und Optionen kommt man als nächsten Schritt sogleich zu Hausregeln. Diese sind grundsätzlich inoffiziell und sind Varianten oder Optionen, da sie entweder etwas im offiziellen Regelwerk geregeltes mit einer anderen Variante regeln, oder vom offiziellen Regelwerk nicht vorgesehene und nicht geregelte, somit also aus Sicht des offiziellen Regelwerks optionale, Regel darstellen.
Auch die Aufnahme von Hausregeln in das für die Kampagne gültige Regelwerk gehört entschieden, kommuniziert und dokumentiert.
Somit ist (für mich) RAW die Regel, wie sie vom Autor geschrieben und vom Verlag publiziert wurde, plus die Errata und offiziellen Ergänzungen und Klärungen durch den Autoren oder den Verlag, plus die für die aktuelle Kampagne gültigen offiziellen Varianten und Optionen des Regelwerks, plus die für die aktuelle Kampagne gültigen inoffiziellen Varianten und Optionen, plus sonstige für die Kampagne gültigen, zwangsläufig inoffiziellen Varianten und Optionen (= Hausregeln).
Eine Menge an RAW kann somit nur für genau eine Kampagne gelten. Für die nächse Kampagne sieht die Menge an RAW vermutlich wieder anders aus.
RAW ist die für diese Kampagne (oder dieses Szenario) gültige, gemeinsame Regelbasis, die allen Spielenden in ihrer Geltung für das Spiel miteinander bekannt und bewußt ist. - Daß es Sinn macht - insbesondere bei umfangreich angepaßten und zusammengesuchten Hausregeln und Optionalregeln - diese auch schriftlich zu fixieren, dürfte klar sein.
RAW ist somit überhaupt nicht das Gegenteil zu Hausregeln, die auf faire Weise allen Spielenden kenntlich gemacht wurden.
Die Goldene Regel hingegen ist REGELBRUCH.
Bei der Goldenen Regel werden die Spieler auf unfaire Weise über die zur Anwendung oder gar zur Nicht-Anwendung kommenden Regeln im Unklaren gelassen. Es wird eine nicht gemeinsame Entscheidungsbasis, die alle gleichermaßen fair und respektvoll behandelt, verwendet, sondern eine einsame, nur vom Spielleiter als dem Monopol der Entscheidungsmacht über alles, was Gegenstand der Regeln und die Anwendung der Regeln ist, dominierte, unfaire Verfahrensweise ANSTELLE DER REGELN(!) verwandt.
Die Goldene Regel findet anstatt Regeln statt. Daher ist sie eigentlich keine Regel, sondern ein universeller Bruch aller eigentlich erwartungsgemäß geltenden Regeln.
Spielleiterwillkür ist noch einmal etwas anderes. Auch in einem wohldokumentierten Hausregelumfang plus Optionen etc. kann ein Spielleiter sich willkürlich über die gemeinsam ausgemachten und eigentlich für alle geltenden Regeln hinwegsetzen.
Beim Rollenspiel nach RAW können sich die Spieler jedoch auf das gemeinsame Kampagnen-Regelwerk als BELASTBARER Basis für das faire gemeinsame Spiel berufen. Wenn ein Spielleiter dagegen verstößt, so hat er die Regeln GEBROCHEN und das in ihn gesetzte Vertrauen seiner Spieler MISSBRAUCHT (und vermutlich verspielt).
Spielleiterwillkür bei wohldefinierten, wohldokumentierten Regeln (RAW) ist ein Vertrauensbruch. Das ist FALSCHSPIEL. Betrug. Anmaßung. ...
Auf alle Fälle ist es weitaus schlimmer bei einem als RAW ausgemachten Spiel von solch einem Spielleiter betrogen zu werden, als bei einem Spiel, wo man von vornerherein weiß, daß man betrogen werden wird, weil hier der Spielleiter vorhat die Goldene Regel zu verwenden.
Was ist, wenn einem der Spielleiter vorher aber nicht sagt, daß er die Goldene Regel verwenden will?
Dann gelten zunächst einmal die RAW (inklusive Hausregeln, Opitionen etc. - was sonst eben für die Kampagne ausgemacht wurde).
Und wenn dann doch herauskommt, daß er die Goldene Regel verwandt hat?
Dann hat er seine Spieler betrogen. (Siehe "Falschspiel" und dessen historische Konsequenzen.)
Eine für mich wichtige, aber natürlich nicht hart meßbare Sache bei Spielleiterwillkür ist die Böswilligkeit bzw. Mutwilligkeit gegenüber willkürlichen Entscheidungen aus Unsicherheit und Unerfahrenheit.
Viele Regelsysteme, z.B. solche mit variablem Mindestwurf, wo der Spielleiter für eine Handlung einen Schwierigkeitsgrad/Mindestwurf festlegen muß (leicht, mittel, schwer, ...), haben hier schon zwangsläufig eine MUSS-Entscheidung des Spielleiters eingebaut. - Der Spielleiter MUSS hier einen Schwierigkeitsgrad festlegen, damit der Handlungsausführungsmechanismus des betreffenden Regelsystems funkionieren kann. So sagt er z.B. "leicht" und es greifen bestimmte Regelmechanismen, die für "leichte" Handlungen greifen sollen. - Diese Regelsysteme VERLANGEN eine Entscheidung des Spielleiters. Es gibt aber keinen Mechanismus, anhand dessen der Spielleiter angehalten wird, in einer bestimmten Situation "leicht" statt "schwer" zu vergeben. - So könnte also wenn Charakter A mit identischen Spielwerten und sehr ähnlichem Charakterhintergrund wie Charakter B eine Handlung versucht, ein Spielleiter bei A "leicht" und bei B "schwer" vergeben (z.B. weil er den Spieler von B nicht mag). - Daran hindern ihn die RAW (s.o.) NICHT!
RAW sind KEIN SCHUTZ vor Spielleiterwillkür, wenn das zugrundeliegende Regelsystem "Sollbruchstellen" für Regelbrüche durch willkürliche Spielleiterentscheidungen bereits eingebaut hat.
Autoren lassen diese Sollbruchstellen mit Absicht in noch so crunch-lastigen Regelsystemen drin, weil sie tatsächlich dem ab und an notwendigen Bedürfnis nach freierer Entscheidungsmöglichkeit eines Spielleiters ein Regelelement geben wollen.
Solange der Spielleiter versucht fair zu bleiben, kann das klappen.
Doch wenn man als Spieler nun in Raum X für eine baugleiche Tür wie in Raum Y plötzlich eine ganz andere Schwierigkeit vom Spielleiter genannt bekommt, dann könnte das daran liegen, daß der Spielleiter nun gerade nicht will, daß die Spieler auch ohne die großen Kampfszenen durchspielen zu müssen, direkt zur Lösung des Problems vorgedrungen sind. Somit sagt der Spielleiter einfach, das die Tür vor der Problemlösung tierisch schwer zu öffnen ist (oder gar unmöglich! aufzukriegen ist - jedenfalls solange die SCs nicht die Kämpfe und das Boss-Monster umgelegt haben). - Es könnte aber auch sein, daß der Spielleiter in der Hektik am Spieltisch einfach den Überblick verloren hat und aus dem Bauch heraus sagte, die eine Tür ist "leicht" und eine Viertelstunde später die andere Tür ist "schwer" zu öffnen. - Es könnte auch sein, der Spielleiter ist sehr UNSICHER, wie schwer denn so eine normale Tür überhaupt zu öffnen sein könnte (z.B. weil das Regelwerk hier keine Beispiele und keine Anhaltspunkte geliefert hat).
Man kann aus der Wahrnehmung von inkonsistentem Regelanwendungsverhalten des Spielleiters leider nicht so einfach auf den Grund dafür schließen. - Bei Neulingen im Regelsystem ist das vielleicht noch klar. Aber bei alten Hasen, da kommt es dann zu einer Vertrauenskrise.
Die RAW erlauben solche freien Festlegungen. Trotzdem kann also ein Spielleiter, der nach RAW spielt, sich das Vertrauen seiner Spielergruppe verspielen.
RAW sind KEIN GARANT für Fairness am Spieltisch. Sie erleichtern es nur fair zu spielen, weil sie einen Rahmen für faires Spiel stecken. Aber sie können es nicht erzwingen.
Das ist der große Unterschied zu Brettspielen: Brettspielregeln SOLLTEN(!) so formuliert sein, daß die beabsichtigte Fairness aller Spielenden einander gegenüber durch das Regelsystem ERMÖGLICHT wird. - Und auch manche Brettspielregeln sind mißverständlich geschrieben, können misinterpretiert werden, haben Lücken bezüglich Spielsituationen, an die der Autor nie gedacht hatte, die aber genau im ersten Probespiel sofort eingetreten sind. - Und wenn schon Brettspiele nie wirklich die exakt identische Regelauslegung in jeder Brettspielgruppe sicherstellen können, dann ist dies bei Rollenspielen noch weit weniger möglich.
Daher ist RAW (s.o.) sicher eine gute Hilfestellung für ein faires gemeinsames Spiel, aber es kommt trotzdem immer auf die Auslegung der Regeln, auf die Interpretation und somit auf die Wahrnehmung der Regeln durch die Spielenden an, wie das Spiel gespielt werden wird.
Warum gibt es wohl so viele Regelsystem-FAQs? - Weil die Regeln und ihre Anwendung oft nicht klar sind und es zu Fragen bzw. gar zu Streit über die Auslegung und Anwendung kommt.
Diese FAQs und die "Regel-Gurus", die dort oftmals offizielle Antworten zur offiziellen Regelauslegung und -anwendung geben, zeigen mir jedenfalls deutlich, daß ein Rollenspiel (oder Brettspiel, denn da geht es genauso zu, und auch bei Kartenspielen, und bei Billiard, Tipp-Kick, uvam.) nie so vollständig regelbar sein kann, daß es KEINEN ENTSCHEIDUNGSSPIELRAUM MEHR GEBEN KANN.
Und das will ja auch niemand.
Man schaue sich mal die Munchkin-Kartenspiele an. Je nach privater Runde legt man in geselligem Beisammensein manche Dinge heute so, nächste Woche anders aus, und übernächste Woche - mit noch mehr Bier intus - noch einmal ganz anders. - Aber für TURNIERE, wo es um eine grundsätzliche Fairness und Chancengleichheit aller Mitspieler geht, da muß eine KLARE, OFFIZIELLE Auslegung der Regeln UND ein Schiedsmedium bei eventuell auch während eines Turniers auftretenden Sonderfällen vorhanden sein. Daher ist das Organisieren von offiziellen Turnieren auch eine andere Sache, als wenn man mit seinen Kumpels einfach ein wenig zocken will.
Rollenspiele werden - zumindest hierzulande - nicht so sehr im Turniermodus gespielt (in US-Cons hingegen sind Turnier-Module zumindest früher sehr üblich gewesen - ich habe selbst bei einem DSA-Turnier vor SEHR langer Zeit acht Runden an zwei Tagen geleitet - das ist schon ziemlich anders als "normale Runden" zu leiten; da käme Skyrock mit seinem von mir als sehr rollenspielfremd empfundenen Wettbewerb zwischen den Spielern durchaus zurecht).
Wenn ich ein Rollenspiel nicht mit erhöhten, externen Fairness-Ansprüchen spielen MUSS, sondern mit Freunden, die ich ja in anderen Dingen auch nicht bescheißen will, dann - so gehe ich mal von mir auf andere schließend vor - sollte ein genereller WILLE ZUR FAIRNESS vorhanden sein.
Und damit man nicht "schwach" wird, wenn die Spieler so schlau und die Würfel so gegen die NSCs des Spielleiters waren, daß der Oberbösewicht nun weit vor der geplanten Zeit sein Ende findet, sollte man zunächst mit RAW eine belastbare Unterstützung für faires Spiel erfahren. Und dann - und das gehört für meine Art zu spielen auf alle Fälle mit dazu - sollte man sich von dem Versuch den Spielern einen Plot aufdrücken zu wollen, verabschieden.
Der Plot ist das, was sie hinterher über die Runde erzählen können.
Erzählspiel heißt für mich, daß ich nach einer heißen Spielrunde noch stundenlang mit den Spielern reden kann, was für coole Szenen heute wieder gespielt wurden, was ich, was die Spieler gut fanden, wie es hätte anders laufen können (oder oft sollen
), usw. Man erzählt sich gegenseitig seine Erlebnisse und was man dabei empfunden hat.
Und als Spieler bin ich wirklich froh darum, wenn ich dem Spielleiter durch Überlegung und Glück einen haarsträubend gefährlichen Plan vereiteln konnte. Das nennt man "eine Herausforderung annehmen" - sowohl auf Spieler als auch auf Spielleiterseite.
Zur den Herausforderungen gehört eine Offenlegung der Regelanwendung. Wenn man die Regeln nur "im Verborgenen" anwendet, dann schafft das längst nicht so schnell Vertrauen, wie eine offene, verständliche Anwendung.
Ich würfele nicht alle Würfe in allen Settings offen. Vor allem wenn es um Informationen geht, bei denen die Spieler vom Würfelergebnis entnehmen können, ob die Information, die sie von mir bekommen WAHR oder UNSICHER oder gar FALSCH ist. Ich halte mich dabei zwar an das Würfelergebnis, aber die Spieler sehen dieses nicht. - Das mache ich in Runden, wo das Ergebnis einer Handlung (z.B. Spurenlesen) nicht sofort erkennbar ist, wenn der Wurf fehlschlägt (bzw.der Gegner zu gut im Verwischen war). Alle anderen Würfe mache ich offen.
In manchen Runden, insbesondere denen, wo ich vom Setting her weiß, daß hier die harte Zufälligkeit GEWOLLTES SETTING-ELEMENT ist (z.B. Deadlands), da mache ich alle Würfe offen. - Auch bei Necropolis, weil hier die SCs so schnell abkratzen können (moderne Waffen, zerbrechliche Menschen), daß sie wenigstens sehen sollen, daß ich auch den Gegnern die Härte des Zufalls zumuten werde. (So ist einer meiner Lieblings-Big-Bad-Evil-Guys an einem Necromantic-Weird-Science-Wurf kläglich gescheitert und die SCs kamen somit fast ungeschoren aus der Schießerei. - Kann passieren. - Trotzdem hatten alle am Tisch Schiß, als ich den dicken Würfel nahm und für den NSC den Einsatz des Necro-Gizmos gewürfelt habe. - Und wie spürbar die Erleichterung der Spieler war, als klar war, daß sich der Schurke mit einer Fehlfunktion seiner Doomsday-Machine herumschlagen mußte. - DAS ist eben auch einer der möglichen Ausgänge des völlig offen angelegten Szenarios gewesen. Einer der mir vorher nicht einmal als möglich erschien - aber er war dann trotzdem das, was herauskam.)
Meine Erfahrung - gerade bei Necropolis - ist, daß es auch bei ansonsten nicht so gut miteinander vertrauten Spielenden (das läuft aktuell vornehmlich in einer Vereinskampagne, nicht in einer meiner privaten Kampagnen) enorm schnell VERTRAUEN SCHAFFT, wenn klar wird, daß sich der Spielleiter komplett an die Regeln hält, selbst wenn sie seinen Lieblings-NSC gerade dermaßen angeschifft haben.
Das ist eine sportliche Einstellung, die keine negativen Gefühle aufkommen läßt, auch wenn mir die Spieler schon wieder meine tollen Pläne (meiner NSCs natürlich!) vereitelt haben.
Ich versuche den Spielern eine möglichst harte Nuß zu knacken zu geben. Sie bei ihren Gefühlen zu packen. Sie zu beteiligen. - Und im Scheitern trete ich selbstverständlich noch nach. Und wenn sie gewinnen, dann haben sie es sich VERDIENT oder sie hatten GLÜCK (Glück ist mit den Tapferen, oder so). Auf alle Fälle haben sie etwas geschafft, was schlimmste Konsequenzen gehabt hätte, wenn sie gescheitert wären.
Hoher Einsatz, hohes Risiko, gute Geschichten (so oder so).
Auch ich erinnere mich immer noch gut an Szenarien, wo wir durch blödes Würfelpech und hohe Schadenswürfeleien des Spielleiters TPKs durchlitten(!) haben. Das waren schockierende Erlebnisse. Da blieb kein Auge trocken, als klar wurde, daß die gesamte Gruppe durchaus erfahrener, lange Jahre gespielter Midgard-Charaktere binnen der ersten Kampfrunde ausgelöscht wurde. - Wenn das nicht "emotional berührendes" Rollenspiel ist, was dann?
Das Bewußtsein, daß alle miteinander fair umgehen, das MAG ich in meinen Rollenspielrunden. - Für mich ist das ein Wert an sich.
Ich finde, in unserer heutigen (Arbeits-)Gesellschaft wird schon viel zu viel an unfairem Umgang als gerechtfertigt angesehen, daß ich das in meinen Hobbys nicht brauchen kann. Da mag ich es eben fair. Und daher gehe ich auch noch weit stärker heute als früher an die Decke, wenn jemand Falschspiel betreibt, weil er mich damit nicht respektiert, sondern sich über mich stellt. Solche "Freunde" brauche ich nicht.
Das erklärt vielleicht, warum ich insbesondere bei den Verfechtern der Goldenen Regel so leicht ROT sehe.