AW: Übersetzungen nicht mehr zeitgemäß?
ob Übersetzungen (speziell englischer Spiele) ins Deutsche überhaupt noch "zeitgemäß", überhaupt noch nötig, lohnenswert, gewollt sind?
Zeitgemäß? - Sicher mehr denn je. Die trotz Internet-Lingua-Franca Englisch mehr als beklagenswerten Englischkenntnisse, mit denen ich aus eigener Erfahrung sowohl im Verein als auch in den Uni-Runden konfrontiert wurde, lassen mich in der Überzeugung, daß Deutschland das Land der "Synchronisation" und der Übersetzung noch auf lange Sicht bleiben wird.
Schon ein popeliger Charakterbogen mit einer Handvoll englischer Begriffe führt oft genug zu direkter ABLEHNUNG ("Och, ist das etwa in Englisch? Gibt's das nicht auf Deutsch? - Nee, dann mach ich lieber was anderes.").
Nötig? - Siehe oben: Ja, unbedingt.
Lohnenswert? - Im Sinne von "bereichernd für die Palette an deutschsprachigen Rollenspielangeboten" - JA. Im wirtschaftlichen Sinne - vermutlich IMMER ein Risiko.
Gewollt? - Auf alle Fälle. ABER: Wenn übersetzt, dann GUT übersetzt. Zuviele schlechte, holperige, seelenlose Übersetzungen verderben auch den hartgesottensten Fans den Spaß daran ihr Lieblingsspiel mit anderen auf Deutsch zu spielen. - Wenn die Übersetzer, bei allem Engagement und aller Liebe zum Original-Spiel, auch ab und an mal ein wenig sprachliche Fähigkeiten IM DEUTSCHEN hätten, wären viele Übersetzungen nicht eine Vier-minus im Deutschaufsatz, sondern vielleicht auch mal eine Zwei-plus.
Ich persönlich hätte gerne mehr Übersetzungen ins deutsche. Die müssen natürlich sorgfältig und liebevoll gemacht sein, und fehlerfrei, und am besten besser als das Original.
So sehe ich das auch. - Jedoch, auch Cthulhu hat drei Anläufe auf Deutsch gebraucht, bis das "besser als das Original" in Sichtweite kam. Und auch da kann man noch Zweifel haben, ob das Neue Deusche Cthulhu WIRKLICH mit dem Call of Cthulhu Original mithalten kann.
Ich denke, die Zeit der Übersetzungen geht langsam zuende. Einmal, weil immer mehr Leute sich das Zeug lieber gleich auf Englisch holen,
Oder sie holen es sich GARNICHT. - Da kenne ich aber weit MEHR Leute, die NUR deutschsprachige Rollenspielprodukte kaufe als Leute, die sich das Zeug auf Englisch zulegen (die Original-Käufer sind sowieso meist die Vielkäufer, Intensivrollenspieler, eben die paar Leute, die experimentierfreudiger und engagierter sind).
und dann, weil den Verlagen eine simple Botschaft vermittelt wird: Solltet ihr es wagen, irgendwas zu übersetzen, werden wir solange meckern und schreien, bis der Spuk vorrüber ist.
Noch eine Botschaft: Wenn ihr Verlage meint, ihr braucht nur schöne Bilder abzuliefern, und könnt im Text dann sprachliche Unfähigkeit demonstrieren, dann laßt es lieber gleich mit der Übersetzung.
Und an dieser Stelle zeigt sich wieder, daß die schlimmsten Feinde eines Verlags die eigenen Fans sind...
Nicht die Fans der ÜBERSETZER-Verlages, sondern die Fans des ORIGINAL-Rollenspiels. Denn die wollen auf keinen Fall etwas SCHLECHTERES als das Original bekommen.
Anderseits habe ich einige Freunde, die immer deutsche Bücher bevorzugen oder englische gar nicht kaufen. Diese würden auch lange auf Übersetzungen warten, so sie denn kommen.
Eben.
Was natürlich gesichert sein muß ist ein vernünftiges Lektorat. Haufenweise Fehler wie bei SR4 oder ein fehlender Index sind vermeidbar.
Das sind einfach grundsätzliche "handwerkliche" Mängel, die in einem TEUEREN Rollenspielprodukt VERMEIDBAR wären und - für mich - von einer grundsätzlichen Schluderigkeit der Übersetzer und des herausgebenden Verlags zeugen.
Übersetzungen können VERDAMMT GUT sein (das deutsche Deadlands z.B.).
Übersetzungen können der Einstieg in EIGENSTÄNDIGE DEUTSCHE Produkte sein (siehe Cthulhu).
Übersetzungen sind absolut zeitgemäß - sogar heute noch mehr als früher, da es ja auch auf dem deutschen Markt mit deutschen Rollenspielen einiges an Konkurrenz für die Anglophoben unter den Rollenspielern gibt.
Und zum Vergleich mit den Computerspielen: dort ist Internationalisierung, d.h. Verfügbarkeit mehrere Sprachversionen, eine SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT. Wenn das nicht "zeitgemäß" ist, was dann?