...aber wieso, um alles in der Welt, will man in einem realistischen Westfront-Setting spielen? Warum nicht gleich "KZ - das Rollenspiel ums nackte Überleben"? Wo bleibt da der Spielaspekt? Und wenn man sich einem solchen ganz doll ernsten und realistischen Thema auch ganz doll ernsthaft annähern möchte - sollte man seine Zeit dann nicht lieber damit verbringen, sich mit der ganz doll ernsthaften Realität auseinanderzusetzen und sich für soziale Zwecke und in humanistischen Gruppen zu engagieren?
Ich habe ja beileibe keine Berührungsängste mit ernsthaften Themen und realen Schrecken in meinen Runden, aber niemals würde ich auf die phantastischen Elemente verzichten, welche das Geschehen transzendieren und damit in einer Form aufbereiten, in der man sich ihm als Spieler nähern kann. Wer wirklich das Bedürfnis verspürt, den Stellungskrieg und die Senfgasattacken an der Westfront möglichst realitätsgetreu nachzuspielen, dem sei gesagt: Realer Krieg ist KEIN Spiel. Er macht KEINEN Spaß. Hinterfragt Euch, warum Euch das fasziniert; ob es wirklich nur die dekadente Abgestumpftheit von Menschen ist, denen es offenbar in ihrem Leben zu gut geht, oder ob Eure Motivation vielleicht sogar ein psychiches Problem aufzeigt, das nicht in eine "Spielrunde", sondern in die Hände eines Thrapeuten gehört.
Sich fiktive Horrorfilme anzusehen, auch wenn es noch so blutige slasherflics sind, zeugt in der Regel immer noch von der Wahrung einer inneren Distanz - man versucht das Wissen um die eigene Sterblichkeit und die Angst vor schlimmen Ereignissen auf diese Weise zu verarbeiten. Sich snuff-porn und Clips von realen Hinrichtungen reinzuziehen, ist Anzeichen einer psychischen Störung.
Reales menschliches Leiden ist KEINE Spielgrundlage. Ein "Spiel" darauf aufzubauen, ist im besten Fall eine Form von Katastrophentourismus, im schlechtesten Fall Gewaltfetischismus.