Grundausbildung.de Setting 1. Weltkrieg Westfront

K

Kaffeebecher

Guest
Ich hab gerade etwas viel Zeit, um mir Gedanken zu machen und hatte jüngst auch "Im Westen Nichts Neues" wieder mal gelesen. Mal abgesehen davon, dass dieses Buch imho eines der besten und bedrückensten Werke des 20 Jh. ist, stellt sich mir gerade die Frage, wie man das Setting Westfront im 1. Weltkrieg mit all seinen Schrecken im Rollenspiel verwenden kann? Kann man es überhaupt verwenden oder ist es nur möglich, es als Randerscheinung im RPG zu behandeln?

Das Setting selbst sollte nicht heroisch abgehandelt oder gar sauber sein, sondern mir schwebt quasi die Hölle aus Matsch und Stacheldraht, die Remarque beschreibt, vor.
 
Habe ich da nicht neulich nen wirklich guten Cthulhu-Quellenband zu gekauft und gelesen? Damn! Ich bin zu alt und es geht zu viel Rollenspiekram durch meine Hände.
 
Genau - ich meine das hätte ziemlich genau das geliefert nach was es den Kaffeebecher verlangte.
 
vorausgesetzt mann möchte menschen gemachte horror szenarien durch "übernatürliches" (cuthulu und konsorten) relativieren, anstatt sich bei kaum zu überbietendem "realen" horror zu bedienen.
 
Die Westfront, so ganz ohne "Twist"(Werwölfe, Steampunk-Tech, Kampfmagier, oder whatever)?
Weiß nicht, wie viele Rollenspieler man für so ein Setting begeistern könnte.

Mein persönliches Interesse ginge eher in Richtung Flieger, Filmtipp: "Der blaue Max"
Abgeschmiert ist so ein Gerät schnell genug und die Rettung des Kameraden am Boden geht dann eher in die Richtung, die Kaffeebecher wohl vor Augen hat.

Regelseitig könnte sich die nWoD anbieten, mit den Arsenalen und Dogs of War sollte das auch ohne übernatürliche Elemente eine solide Grundlage für Psychothriller liefern. Außerdem ist das W%-System von Cthulu eher sperriger und verrückt würden die Charaktere auch ohne Mythos zu schnell.
Für Savage Worlds gibt es auch weniger pulpige "gritty" Settingregeln, aber da können Euch andere User in diesem Forum sicher mehr dazu sagen ;)
 
Hey danke für den Tipp!

Das Buch könnte ich mir mal zulegen.
Mein Interesse gilt vor allem derzeit, wie man ein solches Setting im Rollenspiel umsetzen kann. Was für Abenteuer wären möglich, wie stellt man das Leben an der Front dar, wie sorgt man dafür, dass der Tod wirklich allgegenwärtig ist und nur der blanke Zufall die SCs am Leben hält (und dabei vermeiden, dass alle 5min. ein neuer Charakter gebastelt werden muss), wie kann man diesen Horror darstellen?

Die Luftkämpfe sind sicher auch sehr interessant, aber ich interessiere mich für den Boden.

Und wer Im Westen Nichts Neues gelesen hat, der dürfte merken, dass man wirklich keinen Twist braucht. Werwölfe, Steampunk, Magie, Cthulhuoide Schrecken... alles Kinkerlitzchen im Vergleich zur Realität.
 
Hmm.. da wir ja gar keine Rezi zu "Nimandsland" haben.. ich setz mich da mal dran und schreib eine die nächsten Tage. Hab das Buch zuhause, aber noch nicht rein gesehen. Von daher kann ich nicht sagen wie viel davon cthulhoider Schrecken ist. Vielleicht hält sich das ja in Grenzen.
 
vorausgesetzt mann möchte menschen gemachte horror szenarien durch "übernatürliches" (cuthulu und konsorten) relativieren, anstatt sich bei kaum zu überbietendem "realen" horror zu bedienen.

Hast Du das Buch gelesen? Ich hatte NICHT den Eindruck dass das irgendwas relativiert wird und auch nicht dass der Mythos im Mittelpunkt stand. Im Gegenteil.
 
...aber wieso, um alles in der Welt, will man in einem realistischen Westfront-Setting spielen? Warum nicht gleich "KZ - das Rollenspiel ums nackte Überleben"? Wo bleibt da der Spielaspekt? Und wenn man sich einem solchen ganz doll ernsten und realistischen Thema auch ganz doll ernsthaft annähern möchte - sollte man seine Zeit dann nicht lieber damit verbringen, sich mit der ganz doll ernsthaften Realität auseinanderzusetzen und sich für soziale Zwecke und in humanistischen Gruppen zu engagieren?

Ich habe ja beileibe keine Berührungsängste mit ernsthaften Themen und realen Schrecken in meinen Runden, aber niemals würde ich auf die phantastischen Elemente verzichten, welche das Geschehen transzendieren und damit in einer Form aufbereiten, in der man sich ihm als Spieler nähern kann. Wer wirklich das Bedürfnis verspürt, den Stellungskrieg und die Senfgasattacken an der Westfront möglichst realitätsgetreu nachzuspielen, dem sei gesagt: Realer Krieg ist KEIN Spiel. Er macht KEINEN Spaß. Hinterfragt Euch, warum Euch das fasziniert; ob es wirklich nur die dekadente Abgestumpftheit von Menschen ist, denen es offenbar in ihrem Leben zu gut geht, oder ob Eure Motivation vielleicht sogar ein psychiches Problem aufzeigt, das nicht in eine "Spielrunde", sondern in die Hände eines Thrapeuten gehört.

Sich fiktive Horrorfilme anzusehen, auch wenn es noch so blutige slasherflics sind, zeugt in der Regel immer noch von der Wahrung einer inneren Distanz - man versucht das Wissen um die eigene Sterblichkeit und die Angst vor schlimmen Ereignissen auf diese Weise zu verarbeiten. Sich snuff-porn und Clips von realen Hinrichtungen reinzuziehen, ist Anzeichen einer psychischen Störung.

Reales menschliches Leiden ist KEINE Spielgrundlage. Ein "Spiel" darauf aufzubauen, ist im besten Fall eine Form von Katastrophentourismus, im schlechtesten Fall Gewaltfetischismus.
 
@Zeromant
Rollenspiel ist nicht real, sondern immer fiktiv. Reales Leiden gibt es nur, wenn man seinen Mitspielern Schmerzen zufügt, bzw. zugefügt bekommt.

Ansonsten nenne es ein morbides Interesse, aber grundsätzlich halte ich historische Schreckens-Settings ohne fantastische Elemente und realistisch dargestellt, grundsätzlich auch für interessant und für das Rollenspiel nicht ungeeignet.

Dieser Thread dient vor allem dazu, auszuloten, inwieweit das Setting 1. Weltkrieg Westfront realistisch dargestellt, für das RPG geeignet ist. Dass man bei einem solchen Setting nicht gerade zarter besaitet sein darf, liegt auf der Hand.
 
@Zermonat: Nur weil Dir das Setting gegen den selbstgemalten Strich geht, heisst das nicht, dass andere gleich ein (Zitat): Ein "psychisches Problem" haben.
Ich finde Du lehnst Dich da etwas weit aus dem Fenster, aber ist ja nicht unbedingt das erste Mal.

Vielleicht benötigt nicht jeder fantastische Elemente, um sich von etwas zu distanzieren. Und aus einem WKI Setting auf Snuff und/oder Hinrichtungsvideos zu schließen, ist ziemlich weit hergeholt.
 
ich kann das gerne ausführen warum ich mich mitunter daran störe wenn übernatürliche elemente in der realität verbaut werden die bereits aus sich selbst herraus der blanke horror ist. möglicherweise sind wir da (alle) gar nicht so weit von einander entfernt.

bleiben wir mal beim grabenkrieg im WWI. "relativierend" wird es für mich ab dem punkt an dem der "reale" horror mit dem eingreifen von übernatürlicher seite erklärt oder gar begründet wird. beispielsweise ein dämonischer leutnant, der seine truppen ins gegnerische MG feuer lenkt, da er sich von den seelen der sterbenden und leidenden ernährt (oderwasweissich). der punkt für mich dabei ist das es nichts "übernatürliches" braucht um seine mitmenschen sinnlos und grausam in den tot zu schicken, und die realität bereits so absolut profan und gewalttätig ist/war. der versuch hier übernatürliches einzubauen erinnernt mich an religiöse sichtweisen über das "böse", das menschen dann dazu bringt/zwingt so oder so zu handeln - und in der mir die verantwort und für das geschehene zu schnell an übernatürliche instanzen ausgelagert wird. das meine mich relativieren - und sage das gerade weil ich die realen begebenheiten so ernst nehme.

davon ab kann ich sämtliche formen von gewalt und sadismus auch spielend leicht in jedes beliebige fantasy setting einbauen. welche form von "(über)leben" personen als setting reizt überlasse ich mal ihnen, aber der kontext von charakteren die in einem setting mit bestimmten problemen zu kämpfen haben bleibt eigentlich immer gleich. egal ob es die bande orks in der alten ruine sind oder der "alltägliche" horror des schützengrabens. alles eine frage der darstellung.

und zum schluss noch ein mir wichtiger punkt. ich denke das das übervorsichtige nicht-darstellen von realem schrecken (darstellen, nicht das glorifizieren) immer die gefahr in sich trägt den so wichtigen hintergrund, die gewalt und das leiden selbst letztlich unsichtbar zu machen.
 
aber noch mal zur eingangsfrage.

ich würde verstärkt fluff verwenden. bau ruhig immer wieder mal schilderungen von zeitzeugen ein - vielleicht auch gerade in form von NPCs die ihre erlebnisse schildern. lass frontzeitungen auftauchen und weil es ein reales setting ist kann ja auch ruhig das ein oder andere grossereigniss "passieren".
was die todesgefahr angeht muss klar werden das jede aktion ihre konsequenzen hat. wer vor hat den nächsten schützengraben zu erstürmen und sich nicht sehr schnell tot stellt, hat dann vielleicht lediglich eine 50%ige überlebens chance. und ich würde klar machen das der tot/gefahr auch neben dem kampfplatz wartet. krankeiten, entzündungen, schlecht behandelte verletzungen, auseinadersetzungen in der truppe, senf gas vergiftungen, verfaultes essen, kein essen oder trinken, durchdrehende soldaten, verbrennungen, einsamkeit, sadistische offiziere, beschädigtes kriegsgerät, kälte ... etc. pp..
 
Ich empfehle, auch das andere Buch über den ersten Weltkrieg zu lesen: "In Stahlgewittern" von Ernst Jünger. Das bietet - gerade, was das Geschehen direkt an der Front angeht - einen tieferen, ehrlicheren Einblick als "Im Westen nichts Neues".
 
Inwiefern tiefer und ehrlicher?
Na ja, das sind halt die (mehrfach überarbeiteten) Kriegstagebücher Ernst Jüngers, und er schreibt ziemlich unreflektiert, was er erlebt und wie er sich dabei fühlt - d.h. das Geschilderte ist mehr oder weniger echt und aus erster Hand (wenn auch, wie gesagt, mehrfach überarbeitet), und nicht ausgedacht.
 
Ah, ok! Verstehe!
Ich hab mir mal ein paar Infos zu Jünger geholt - ein Kriegsheld quasi und Offizier aber auch wie Remarque Frontmann.
Sein Werk soll sich eher lesen wie ein Abenteuerbuch lt. Amazon Rezis. Stimmt das? Das wäre ja auch nett, weil es dann nicht ganz so starker Tobak ist.
 
nWoD wurde ja bereits als System vorgeschlagen, das finde ich gerade bezüglich einer "Abstumpfung" sehr passend, der Kampf gegen den steten Verlust der Menschlichkeit und Moral. WENN man das spielen möchte...

Zeromants Einwand kann ich (teilweise) nachvollziehen. Trotzdem ist im Grunde genommen auch ein Spiel in der WoD oder in Cthulhu nichts anderes als mentaler Katastrophen- oder Horror-Tourismus. Dort wird eben die Konfrontation des menschlichen Geistes mit dem Schrecken, dem Wahnsinn und den inneren Ängsten thematisiert...
 
nWoD wurde ja bereits als System vorgeschlagen, das finde ich gerade bezüglich einer "Abstumpfung" sehr passend, der Kampf gegen den steten Verlust der Menschlichkeit und Moral. WENN man das spielen möchte...
Hmm? Täusch ich mich gerade oder ist eine solche Thematik (also die Menshclichkeitssache als Mechanismus) nciht ausschließlich Part des Vampir-Splatbooks.
 
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