Rollenspieltheorie Powergaming

Dann zitier ich mal meine eigene Definition eines "Powergamers" (zumindest sinngemäß):

Ein Charakter mit gemaxten Kampfskills, der nur im Kampf in Aktion kommt und auf keine andere art mit SC's oder NSC's interagiert, also ein "Kämpfer", der sozial völlig unfähig, gefühllos und in vielen Fällen auch ohne Ziel oder Herkunft ist.

Solches "Powergaming" finde ich absolut nicht in Ordnung, wenn aber unter dem min/maxing das Ausspielen der Rolle nicht leidet, ists nicht ganz so schlimm. In vielen Fällen vertragen sich diese beiden Aspekte aber eben nicht.
 
Bin zwar nicht gerade der SR-Experte, aber dafür habe ich Erfahrung mit der Subspezies Munchkin.

Ein mächtiger Gegenstand alleine macht noch keinen Powergamer. Artus hatte Excalibur, Elric hatte Sturmbringer, Han Solo hatte den Rasenden Falken und Wily E. Coyote hatte den ACME-Katalog.

Keiner würde die obigen Jungs ernsthaft als Powergamer bezeichnen. Was den Powergamer meines Erachtens nach auszeichnet ist die inflationäre Benutzung mächtiger Gegenstände, gepaart mit völliger Missachtung von etwaigen Konsequenzen und Beschaffungsschwierigkeiten.

Ein Charakter mit einem Move-By-Wire ist nicht zwingend ein Powergamer. Natürlich wird der Powergamer AUCH ein Move-By-Wire haben, aber der entscheidende Unterschied ist das er a) nicht nur das MBW, sondern noch weiteren Cyberschrott im Wert von weiteren 5 Millionen Nuyen in feinster Delta-Qualität hat, b) sich benimmt als könnte er das Zeug im Supermarkt kaufen und c) sich verhält als wäre es das normalste der Welt, ein essenzloser Cyberzombie mit der Feuerkraft einer Banshee zu sein.

Der Powergamer will meist einen unkaputtbaren Monstermörder, und der Weg dahin führt über konsequentes ignorieren der Nachteile und konsequentem pochen auf Vorteile. Wenn ein Gegenstand einen Vorteil bringt, will er ihn haben. Punkt. Der Rest interessiert ihn nicht. Er will gewinnen, was immer das für ihn heißen mag.

Weitere Merkmale sind weinerliches Verhalten wenn auf ihn gefeuert wird, Regeldiskussionen sobald etwas nicht nach seinem Kopf geht und ein rapider Wechsel des Charakters, sobald ein neues Sourcebook mit noch geileren Spielsachen erscheint.

Einige Paradeexemplare neigen ausserdem zu schlechtem und/oder extrem gewaltlastigen Rollenspiel und generellem Desinteresse am (eventuell vorhandenen) Plot. Generell wird auch jegliche Verantwortung abgelehnt, da sollen sich andere mit rumärgern.

So. Und jetzt kommen wir zu schwierigen Teil. Nämlich den "guten" Powergamer vom "bösen" Powergamer zu Unterscheiden.

Guter Powergamer? Ja, sowas kommt gelegentlich vor. Nehmen wir mal SLA Industries als Beispiel (ja, passt nicht, SR-Forum und so...aber hört mir zu!). Die Operatives haben die geilen Spielsachen, die dicken Wummen, die guten Rüstungen, die Sympathie der Bevölkerung und zu allem überfluß auch noch die schicken Autos. Ihre Gegner haben meist sehr viel weniger.

Sind jetzt alle Operatives Munchkins? Nein. Ein guter Op ist in erster Linie mal ein Mensch mit Stärken und Schwächen, und großer Verantwortung. Die dicken Wummen sind Handwerkszeug, und irgendwann merkt auch der dümmste Op, das man nicht alles Probleme mit der Kanone lösen kann, und das Konsequenzen schreckliche Dinge sein können.

Ähnliche Konstellationen existieren in Blue Planet und vielen anderen Rollenspielen. (Ein GEO-Shocktrooper lässt den Durchschnittsrunner harmlos und fast unvercybert erscheinen. Andererseits sind die Trooper so hoffnungslos in der Unterzahl das sie jede Hilfe brauchen können)

Ich würde die Identifikation eines miesen kleinen Munchkins eher daran festmachen, woher er seine Spielsachen hat, wieviele davon und wie er sie benutzt, nicht an der Tatsache das sie existieren.

-Silver
 
Ich muss sagen das ich im Grunde so spiele das ich auf einen PG-Char hin arbeite (wenn man es streng nimmt).
Jeden hart verdiente XP will ich möglichst optimal einsetzen um damit ein Maximum an Leistung zu erreichen (Leistung kann in diesem Fall alles sein) und eine Chat haben der immer mehr Leute in den Schatten und an die Wand stellt.
 
Powergaming ist meiner Meinung nach keine Sache der Machstufe eines Charakters. Es sind natürlichb diese Min/Max-Spieler, aber das schlimme daran ist nicht, daß die Charaktere ausgelohtet werden, sondern das der Charakter nicht nach ener Idee für einen Charakter entsteht, sondern nach einem Charakterblatt. Man will sofort unschlagbar sein. Meistens kenne Powergamer das Regelwerk seh gut, haben aber trotzdem anscheinend ein löchriges Gedächtnis, denn da wird gerne mal überlesen, daß das mit dem nicht kompinierbar ist oder andere Logikfehler begangen, die nur schwer zu bemerken sind. (Ich fahre mit einem Charakter in Schlagenform Klauen - naja, vergessen, daß der keine Arme hat. oder: Es wurde überlesen, daß diese Kraft nur eine bestimmte Blutlinie besitzt - und diese ist in der Neuzeit nicht mehr existent.).
Manchmal wird auch mit irgendwelchen Halbwissen gearbeitet (ich habe da gehört, daß es Ventrues gibt, die Geschwindigkeit, Seelenstärke und Stärke haben [ja, die gibt es, aber die Clansdisziplinen bleiben trotzdem gleich!]).

Z.B. in Vampir kann man ganz andere Geschichten erzählen wenn man mit mächtigeren Charakteren anfängt. Es gibt ja sowas wie Ahnenchroniken. Bin auch gerade als SL mit meiner Gruppe am Anfang einer Camarilla-Runde - diesmal sind sie die, die bei der Gründung mit dabei sind und für diese Sekte einstehen, anstatt ihre Lücken zu suchen... Ich finde, daß Kämpfen ab einem bestimmten Machtlevel meistens sowieso langweilig ist, also läßt man es...
 
Ter der Grosse schrieb:
Ein Charakter mit gemaxten Kampfskills, der nur im Kampf in Aktion kommt und auf keine andere art mit SC's oder NSC's interagiert, also ein "Kämpfer", der sozial völlig unfähig, gefühllos und in vielen Fällen auch ohne Ziel oder Herkunft ist.
Was ein Glück. Ich wollte mich hier gerade als Powergamer outen. Aber glücklicherweise hat mein Ki-Adept bei Shadowrun nur ein -10 auf diverse soziale Proben und Charisma 12. Zusammen mit den ganzen Illusionssprüchen ist sowas ganz praktisch. Gott sei Dank hat er keinen Waffenskill. Was bin ich doch für ein toller Rollenspieler ...

OK, das oben war etwas überspitzt und zumindest bisher habe ich keinen solchen Charakter gespielt. Allerdings finde ich es doch reichlich seltsam Powergaming an Kampfwerten fest zu machen.

Aber unabhängig davon gibt es, wie bug angedeutet hat, auch immer ein gesundes Mittelmass. Ich spiele zur Zeit in einer Runde Arcane Codex (Dark Fantasy). In dieser Gruppe haben wir Charaktere die ab Start enorm mächtig waren. Inzwischen würde diese Gruppe die meisten "Standard Heldentruppen" zum Frühstück verspeisen (und hat das auch schon getan). Wir haben in dieser Gruppe allerdings einen "kleinen" Nachteil. Wir sind allesamt Dämonenanbeter (Paktierer, Hexer und Nekromanten) und können es uns daher selten leisten diese Macht auch einzusetzen. Was wäre diese Gruppe dann? Allesamt Powergamer weil wir starke Chars haben? Weil wir unsere Vor- und Nachteile so gewählt haben das wir durch sie geringe Nachteile in der Gruppe haben (z.B. alle den Nachteil Untertan)?
Oder sind wir wahre Rollenspieler (TM) weil wir diese Nachteile ausspielen und im vielen Fällen der Abend ohne Würfel auskommt?


Mit fragendem Gruß

Sidor


P.S.: Wir hatten in einer unserer Runden auch einmal einen Charakter auf den deine Definition 90% gepasst hat (er war nicht gefühllos). Seltsamerweise war das Spiel mit diesem Charakter enorm unterhaltsam.
 
Wie ich hier bereits geschrieben hatte, ist "Powergaming" in meinen Augen schlicht ein Begriff für einen Spielstil der nicht mit dem der restlichen Gruppe übereinstimmt.

Solange die gesamte Gruppe beim Spiel Spass hat, ist alles in Ordnung. Wenn alle in der Gruppe am Kampf Spass haben, ist die graue Eminenz in der Spielergruppe fehl am Platze. Steht die Gruppe auf politische Intrigenspielchen, ist die Kampfmonstrosität ähnlich deplaziert.
Das Prinzip lässt sich beliebig fortsetzen. Dementsprechend halte ich "Powergaming" schlicht für einen Ausdruck des Mißfallens gegenüber des Spielstils einer anderen Person/Gruppe. Nicht mehr, nicht weniger.

Allerdings hört sich "Du bist ein Powergamer!" ja so viel besser und gerechtfertigter an als "Ich mag deinen Spielstil nicht!"... *sigh*

freundlichst,
Kelenas
 
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