Rezension Pandemie (III) [T-Rezi]

Taysal

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Pandemie (III)


[T-Rezi]


In dem Brettspiel „Pandemie“ aus dem Hause Pegasus Spiele dreht sich alles um schlimme und lebensbedrohliche Seuchen. Anfangs grassieren diese Krankheiten vereinzelt auf der Welt, doch schnell breiten sie sich aus und drohen die Menschheit zu vernichten. Nur ein paar mutige Leute aus dem Seuchenzentrum Atlanta sind in der Lage das Unglück abzuwehren – hoffentlich …

Zwei bis vier Spieler übernehmen die Kontrolle über einen dieser Leute, die bestimmte Rollen innehaben. Ziel ist es vier Seuchen auszurotten. „Pandemie“ ist ein sogenanntes Kooperationsspiel und somit arbeiten alle Spieler zusammen an der Lösung.

Zu Beginn des Spiels bekommt jeder Spieler eine Rolle und eine damit verbundene farbige Spielfigur zugewiesen. Die Figuren und das erste Labor werden in Atlanta aufgebaut, dann werden weltweit zufällige Seuchenherde ermittelt. Anhand der Spielerzahl werden eine unterschiedliche Anzahl Handkarten aus den Spielerkarten vergeben, dann werden die Spielerkarten wiederum in mehrere Stapel unterteilt. In jeden Stapel wird eine Epidemiekarte gemischt. Die Anzahl dieser Karten legt wiederum den Schwierigkeitsgrad des Spiels fest. So sind leichte, mittelschwere und sehr schwere Spiele möglich. Nun kommen noch Seuchen- und Infektionsmarker auf ihre Startposition.

Jeder Spieler hat pro Zug vier Aktionen, die er beliebig verwenden kann. Er kann sich die vorgegebenen Verbindungen entlang von einer Stadt zur nächsten bewegen, Labore bauen, Karten mit Spielern tauschen, mittels Flugzeug von einem Punkt zum Nächsten fliegen, ein Heilmittel entwickeln oder die Seuchen eindämmen.

Die Seuchen werden mittels farbigen Holzwürfeln dargestellt. Jede Stadt kann bis zu drei Würfel einer Farbe vertragen. Sollte ein Vierter hinzukommen, springt stattdessen die Seuche auf benachbarte Städte über. Es kommt zu einem Ausbruch und der Seuchenmarker wird um ein Feld weiterbewegt. Solche Ausbrüche können zu einer Kettenreaktion führen, denn falls benachbarte Städte ebenfalls schon drei gleichfarbige Würfel anliegen hatten, springt die Seuche erneut weiter. Und bei jedem dieser Ausbrüche wird der Seuchenmaker verschoben. Erreicht er seinen Endpunkt, haben die Spieler verloren. Glücklicherweise kann es in jeder Stadt pro Zug nur zu einem Ausbruch kommen. Hier ist dennoch taktische Planung nötig, um die Seuche einzudämmen und es zu keinem Ausbruch der Seuche kommen zu lassen.

Nach jedem Zug zieht ein Spieler zwei neue Handkarten. Auf diesen sind Farben und Städtenamen verzeichnet. Ähnlich wie beim Quartett kommt es darauf an, gleiche Farben zu sammeln – allerdings fünf an der Zahl. Ist das geschehen, kann in einem Labor ein Gegenmittel hergestellt werden. Sobald die Farbe einer Seuche gänzlich vom Feld entfernt wurde sorgt das Gegenmittel dafür, dass es keinen weiteren Verbreitung der Seuche gibt. Denn nach jedem Zug wird eine bestimmte Anzahl von Infektionskarten gezogen. Dort stehen die Namen der Städte, auf denen Seuchenmarker positioniert werden. In Verbindung mit dem Ausbruch einer Seuche sehr gefährlich.

Anfangs werden jedoch nur wenig Infektionskarten gezogen. Allerdings wurden Epidemiekarten in die Spielerkarten gemischt. Sobald eine davon gezogen wird, verschiebt sich auch der Infektionsmarker und irgendwann bestimmt dieser dann, dass es zu vermehrten Infektionen durch Übertragung kommt – also mehr Infektionskarten gezogen werden. Die Sache wird immer gefährlicher und die Spannung steigt dadurch unheimlich, denn jederzeit kann die Situation kippen. Gelangt der Marker zum Ende seiner Leiste, haben die Spieler verloren. Das haben sie auch, sobald alle Seuchenmarker einer Farbe auf dem Spielfeld sind. Diese Spielmechanik setzt hervorragend um, wie unkontrollierbar der Kampf gegen eine Seuche ist.

Zu allem Übel werden nach einer Epidemiekarte die bereits aufgedeckten Infektionskarten gemischt und oben auf den Stapel gelegt. Nun ist Beobachtungsgabe und ein gutes Gedächtnis von Nöten, denn in Städten in denen die Seuche bereits grassierte, wird sie wahrscheinlich erneut ausbrechen. Das bringt mehr Planung ins Spiel, denn so kann vorausschauend agiert werden.

Überhaupt ist Planung oberstes Gebot, denn die Möglichkeiten der Spieler sind arg limitiert. So müssen die Figuren bei den meisten Aktionen genau auf der passenden Stadt stehen, die sie auch als Handkarte haben. Davon sind aber nur sieben Stück erlaubt. Und diese dienen wiederum dazu, das benötigte Gegenmittel herzustellen. Selbst auf der leichtesten Spielstufe scheint das unmöglich. Glücklicherweise ist jede Spielfigur mit einer besonderen Rolle verbunden, die hervorragend miteinander verzahnt sind.

So braucht der Wissenschaftler nur vier gleiche Farben für ein Gegenmittel, der Mediziner kann mit einer Aktion anstatt Einen nach dem Anderen, alle Seuchenmarker auf einmal entfernen, Labore können ohne passende Handkarte erbaut werden, einer der Spieler kann seine Aktionen verwenden um die Figuren seiner Mitspieler zu transportieren und es ist auch möglich Karten auszutauschen, ohne sich in einer bestimmten Stadt zu befinden. Die unterschiedlichen Rollen der Figuren verändern somit die Grundregeln des Spiels. Jede Rolle die fehlt, erschwert das Spiel zusätzlich. Mit vier Spielern ist es dementsprechend einfacher „Pandemie“ zu schaffen, aber selbst dann muss eine der Rollenkarten außen vor bleiben und jede der fehlenden Karten schmerzt, denn die Rollen sind hervorragend ausbalanciert. Jede Rollenkarte ist wertvoll und könnte das Spiel entscheiden.

Die Spieler haben natürlich weitere Möglichkeiten, um die Seuchen einzudämmen. In den Spielerkarten befinden sich fünf Sonderkarten. Diese lassen ebenfalls besondere Aktionen zu. Ein Flug um die Welt, das Sichern einer Stadt oder das Bauen eines Labors gehören dazu. Auch hier muss gut geplant und zusammengearbeitet werden, um erfolgreich zu sein.

„Pandemie“ ist ein sehr spannendes Spiel, das mit jedem Spielzug Druck aufbaut. Auf dem Spielbrett ist sehr gut zu erkennen, wie sich die Seuche ausbreitet. Allerdings ist auch der Glücksfaktor ziemlich hoch, da vieles vom Ziehen der richtigen oder falschen Karten abhängt. Vor allem beim Aufbau ist es ziemlich nervig, falls sich die Seuchenherde weit von Atlanta befinden und es keine Handkarte gibt, die einen schnellen Transport ermöglicht. Überhaupt sind die Handkarten sehr wichtig und ihre Wirkung ebenfalls stark vom Zufall abhängig. Es kann nervig sein, falls nur die falschen Farben oder Städte gezogen werden. Übel ist vor allem, dass die Handkarten gleichzeitig auch angeben, wo Karten getauscht werden dürfen oder das sie als Zahlungsmittel für einen Flug herhalten. Die Sache wird erst dann entspannter, sobald die erste Seuche ausgerottet wurde und deren Farbe dann hemmungslos ausgegeben werden darf.

Die Kooperationsmöglichkeiten im Spiel sind ein zweischneidiges Schwert. Ohne Zusammenhalt und -arbeit ist es unmöglich das Spiel zu gewinnen. Die gemeinsame Planung macht sehr großen Spaß. Vor allem der langsam anwachsende Druck durch das Spiel schweißt ungeheuer zusammen. Problematisch wird die Sache allerdings mit launischen oder dominanten Spielern, die entweder vom Glücksfaktor genervt sind oder ihre Lösungsansätze bei den Mitspielern durchdrücken wollen. Wie bei jedem Spiel gilt es hier also, seine Mitspieler mit Bedacht auszuwählen. Bei „Pandemie“ sollte darauf besonders Wert gelegt werden, da alle Spieler in einem Boot sitzen und es keinen echten Wettbewerbsgedanken gibt. Eine Niederlage der ganzen Mannschaft wird da schnell mal einem Einzelnen zugeschrieben.

Trotz dem hohen Glücksfaktor durch die Karten ist „Pandemie“ ein Spiel der Taktik und der Planung. Sehr schön ist dabei, dass der Schwierigkeitsgrad gut ausgewählt werden kann und somit für jeden Geschmack etwas bietet. „Pandemie“ wurde zu Recht für das „Spiel der Jahres 2009“ nominiert, machte im gleichen Jahr den dritten Platz beim deutschen Spielepreis und wurde von der Wiener Spiele Akademie 2009 zum Spiele-Hit für Experten gekürt.

„Pandemie“ ist recht einfach zu lernen. Die Anleitung ist gut geschrieben und leicht verständlich. Trotzdem ist es besser sich die Regeln von einem erfahrenen Spieler erklären zu lassen, damit die Zusammenhänge klar werden. Diese ergeben sich aber auch nach ein oder zwei Testrunden von alleine. Ebenso schön wie die Spielanleitung, ist auch das restliche Material gestaltet. Es ist sehr stimmig illustriert und sieht auf dem Spieltisch hervorragend aus. Das Auge spielt schließlich mit. Um das Material verstauen zu können, liegen übrigen kleine Plastikbeutel bei. Das ist zweckdienlich und einfach.

Mit „Pandemie“ bekommt die Spielerschaft ein hervorragendes Kooperationsspiel, das sehr spannend ist und dessen Thematik hervorragend umgesetzt wird. Trotz eines hohen Glücksfaktors ist Planung und Taktik wichtig. Auch die Aufmachung und leichte Zugänglichkeit des Spiels sind erstklassig. Top!

Copyright © 2010 by Günther Lietz

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.

Pandemie

Brettspiel von Pegasus Spiele
für 2-4 Spieler
ab 12 Jahren
Spieldauer: 45-60 Minuten
Spieldesign: Matt Leacock
Illustration: Regis Moulun
Inhalt: Spielplan, 116 Spielkarten, 96 Holzwürfel in vier Farben, 5 Spielerfiguren, Spielanleitung
EAN: 4250231751325

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