Der Ursprung
Das neue Myranor-Abenteuer, das demnächst unter dem Titel
Das Lied des Lor in den Handel kommt, hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich, wenn auch nicht ganz so bewegt wie die Vergangenheit der Lordaler, um die es im Abenteuer geht. Es begann seine Geschichte unter dem Arbeitstitel „Schicht im Schacht in Hjaldingard“ und sollte genau dort auch spielen. Die meisten Thorwalerspieler wissen, dass die Thorwaler einst aus dem Güldenland auswanderten. Einer geringeren Anzahl an Spielern ist womöglich bekannt, dass dieser Exodus keineswegs vollständig war und Hjaldingard noch immer existiert. Hier wollte das Autorenteam ansetzen und einen Blick in die Gegenwart und Vergangenheit dieses Volkes werfen.
Fixpunkt des ursprünglichen Konzepts war ein großes Übel, welches das ganze Land bedroht und dem man sich in einer mächtigen Höhle stellen muss, nachdem man zuvor Nachforschungen in den Sagen und Legenden des Landes betrieben hat. Wie der Arbeitstitel schon verrät, war der Rechercheteil ursprünglich eher als Aufwärmübung konzipiert, während das eigentliche Abenteuer sich unter Tage abspielen sollte.
Da Josch Zahradnik, nachdem Co-Autor Marko wegen Zeitmangel aussteigen musste, das alleinige Schreiben wenig Freude bereitet, stießen Lena Richter und Andreas Gruner hinzu.
Achtung – einige Spoiler lassen sich im weiteren Verlauf des Textes nicht vermeiden.
Auf der Spur des Riesenkarpfens der Verdammnis
Zuallererst wurde vom neuen Autorenteam das Konzept auf den Prüfstand gestellt und überarbeitet. Nachdem wir uns darauf verständigt hatten, die grundlegende Idee des regionsbedrohenden Übels beizubehalten, widmeten wir uns der wichtigsten aller Fragen: Um welches Übel sollte es sich handeln? Wir einigten uns schließlich auf den
Riesenkarpfen der Verdammnis. Na gut, nicht wirklich, aber der erwähnte „Riesenkarpfen“ war längere Zeit unser Platzhalterbegriff für „das wirklich Fiese, was das Land bedroht und dem die Helden auf die Spur kommen müssen“ und zudem ein Running Gag in der Kommunikation mit dem Verlag. Da das, was wir schlussendlich ausgewählt haben, in diesem Beitrag nicht verraten werden soll, sprechen wir der Einfachheit halber auch hier weiter vom Karpfen der Verdammnis. Stellt euch also hierunter bitte etwas besonders Gefährliches und Furchteinflößendes vor.
Nachdem uns die Details des Karpfens und die möglichen Aufgaben für die Helden schließlich klar waren, bemerkten wir, dass die Geschichte, wie sie sich vor unserem Auge abzuzeichnen begann, noch viel besser in der Nachbarregion Lordal statt in Hjaldingard selbst angesiedelt werden konnte. Vermutlich nur sehr wenige Thorwalerspieler wissen nämlich, dass es nicht nur den Exodus der Hjaldinger über das Thalassion nach Aventurien gab, sondern auch einen zweiten Exodus über die westlichen Berge in dasjenige Gebiet, das heute den Namen „Lordal“ bzw. „Lorthalion“ trägt. Diese Region hat als Abenteuerschauplatz einiges zu bieten: keinerlei Zentralgewalt, dafür bärbeißige Barbaren (und barbarenbeißende Bären), eine natürliche Spielerführung durch den gewaltigen Lor-Strom, einen bestens geeigneten Riesenkarpfen der Verdammnis und etliches an spannenden Lokalitäten und Legenden, die sich gut in das Abenteuer einfügen ließen. Eine in Ruinen liegende imperiale Geisterstadt. Runensteine. Ein jährlicher Markt. Berserker. Geisterseher. Baramunen. Und noch vieles mehr.
Wer suchet, der findet
An diesem Punkt beschlossen wir, dass es schade um das schöne Setting wäre, wenn wir den Rechercheabschnitt des Abenteuers, wie ursprünglich angedacht, nur als Vorgeplänkel nutzen würden. Stattdessen beschlossen wir, den Helden die Möglichkeit zu geben, tief in die Geschichte und Mysterien des Landes und seiner Bewohner einzutauchen. Verschiedene Ideen für Rechercheabschnitte drängten sich uns auf, und die Suche nach Wissen im ganzen Land und in den Legenden der Barbaren wuchs so zum größten Abschnitt des Abenteuers an.
Gleichzeitig überlegten wir, wie sich der problematische
„Es ist unglaublich dringend – aber unternehmt ruhig erst einmal eine Weltreise!“-Effekt abmildern ließe. Unsere Antwort darauf waren zwei Spielmechanismen mit gegensätzlichen Auswirkungen auf das Spielgeschehen, nämlich
Information und
Eskalation. Informationen können die Helden an verschiedenen Stellen sammeln und im Finale nutzbringend einsetzen. Während sie auf der Suche nach Informationen sind, schreitet jedoch die Bedrohung mit jedem vergehenden Tag voran – das Land wird stetig gefährlicher zu durchreisen, weitere Informationen sind im sich ausbreitenden Chaos schwerer zu finden, und selbst wenn die Bedrohung am Ende abgewendet wird, stellt sich die Frage, wieviel angesichts der fortgeschrittenen Eskalation überhaupt noch zu retten war. Zugleich gilt: Wer unvorbereitet in Richtung Riesenkarpfen der Verdammnis loszieht, hat es dort wesentlich schwerer und wird vielleicht scheitern – oder zumindest nicht das optimale Ergebnis erzielen. Das Spielerlebnis einer sehr recherchefreudigen Gruppe wird sich somit deutlich von dem einer eilig durchhastenden unterscheiden, und die Chancen und Risiken sind jeweils andere.
Bei alldem war es unser Ziel, das Abenteuer einerseits möglichst frei zu gestalten und Spielern außer einer zentralen Aufgabe und verschiedenen Randbedingungen möglichst wenig vorzugeben. Andererseits sollte es auch einen klaren roten Faden sowie Möglichkeiten für Spielleiter geben, den Helden bei drohender Orientierungslosigkeit ausreichend unter die Arme zu greifen. Wir sind zuversichtlich, dass es uns gelungen ist, diese Ideen zusammen unter einen Hut (bzw. Hörnerhelm) zu bekommen, und gespannt, ob ihr diesen Eindruck teilt.
Als Entdecker in Lordal
Obwohl wir als Spieler und Spielleiter detaillierte Hintergründe schätzen, kam uns als Autoren sehr entgegen, dass Lordal trotz aller Ideen und Anregungen aus
Unter dem Sternenpfeiler insgesamt noch recht dünn beschrieben ist. So konnten wir uns beim Schreiben des ersten Lordal-Abenteuers der DSA-Geschichte zugleich als Entdecker und als Gestalter eines unbekannten Landstriches fühlen. Ähnliches ist auch für die Helden des Abenteuers vorgesehen.
Die bisherige Publikationsdichte in Lordal (ca. 0 Plots pro Rechtmeile) bedeutet allerdings auch, dass es bislang vermutlich nur wenige Gruppen gibt, die dort spielen. Für Gruppen von außerhalb Lordals ist daher im Abenteuer sowohl für Motivation als auch für eine geeignete Anreise gesorgt, die sie zugleich mit zwei wichtigen NSC-Begleitern zusammenbringt. Auch echt lordalische Gruppen sind aber nicht ausgeschlossen. Denn obwohl das Abenteuer auch den Charakter einer Entdeckungsreise hat, bietet es sich durchaus an, es mit Einheimischen zu spielen. Schließlich gilt es, vor allem solchen Geheimnissen auf die Spur zu kommen, die heute selbst in Lordal kaum noch jemandem bekannt sind. Ob einheimisch oder fremdländisch, wichtig sind auf jeden Fall Charaktere, die mit der Lordaler Kultur zurechtkommen (also kampfstark sind) und die ein Interesse am Land, an seinen Bewohnern, an seinen Mythen und Legenden, und vor allem an seiner Zukunft haben. Übrigens: Das Abenteuer ist wasserlastig genug, dass sogar Kiementräger auf ihre Kosten kommen können!
Wir hoffen daher, dass möglichst viele von euch – ob Lordaler oder nicht, ob mit Kiemen oder ohne – sich auf die Suche nach dem Riesenkarpfen der Verdammnis begeben werden, damit das Lied des Lor noch lange Zeit erklingen kann. Wir wünschen euch hierbei viel Spaß, Erfolg, und immer eine scharfe Axt am Gürtel.
Continue reading...