Nach einer langen Schlacht ...

Jazhara

[font=verdana, arial, helvetica]“Und lasst euch nicht von den Orks fressen ..." Echote es in ihrem Schädel.[/font]
[font=verdana, arial, helvetica]
Schmerz … Angst … Nur undeutlich konnte Jazhara diese dunkle, eiskalte Stimme vernehmen, doch die Bedeutung der Worte verstand sie nicht. Alles kam ihr so unwirklich … nicht richtig vor … es war falsch. Es war so dunkel und so leer … keine Geräusche … keine Gefühle … es wurde kalt … so bitter bitter kalt … Einsamkeit … Kälte … das Gefühl fortgetragen zu werden … zu schweben … in einem Wirbel immer tiefer zu fallen … sich ihm nicht entziehen zu können … Dunkelheit …

******************************

Etwas kitzelte Jazhara an der Nase „Hey, Jaz, aufwachen … Du träumst schon wieder.“ Ein schwarzhaariger junger Mann mit leuchtend blauen Augen grinste sie liebevoll an, als sie die Augen öffnete. Er hielt einen Grashalm in der Hand, mit der er sie an der Nase gekitzelt hatte. „Wir müssen noch etwas tun für heute Abend“ Sanft wuschelte er ihr durchs krause rote Haar. Genießerisch schloss sie ihre Augen und räkelte sich in der Sonne „Och, lass uns doch lieber noch ein wenig in der Sonne dösen. Es ist so ein schöner Tag heute.“ – „Du weißt dass das nicht geht. Unser neuer Trick ist zu gefährlich als dass wir es uns leisten können, heute nicht zu üben … komm.“ Sie spürte, wie er ihre Hände in seine großen warmen Hände schloss und sie mit sanfter Gewalt auf die Füße zog. Kurz schlossen die beiden Geschwister sich lachend in die Arme und gingen dann zu einer Art Wagenrad hinüber.

******************************

Überall leuchteten Fackeln im Dunkeln. Gutgelaunte und Betrunkene amüsierten sich, schwatzten und feierten. Es ging hoch her und der Lärm hätte wohl so manch wildes Tier verscheucht, doch Jazhara bekam nichts mit von dem Krach, der um sie herum war. Mit verbundenen Augen stand sie da inmitten einer Menschentraube. Den Rücken ihrem Bruder zugewandt, der an einer sich drehenden Schreibe gefesselt war. 6 Dolche blitzten in Jazhara´s Händen und spiegelten mit ihren blanken Klingen das Feuer der Fackeln wieder. Sie hörte nichts, nur ihren eigenen Herzschlag, ihren eigenen ruhigen und gleichmäßigen Atem und das rattern der sich drehenden Scheibe. Das Geräusch des Luftzuges wenn der Kopf ihres Bruders die untere Hälfte passierte sowie das Knarren des Rades, wenn das Gewicht seines Körpers am höchsten Scheitelpunkt angekommen war. Vor ihrem Inneren Auge konnte sie seinen Körper sehen und wusste genau, wann sie werfen musste. Tock, tock, tock … sechs schnell aufeinander folgende, dumpfe Geräusche als die Klingen der Dolche sich in das trockene Holz der Drehscheibe bohrten und der Aufschrei der Menge, als ihr Bruder beim letzten Dolch schmerzerfüllt aufstöhnte und zusammen sackte. Sofort stürzten Menschen auf ihn zu, hielten das Rad an und halfen ihm hinab zu steigen. Das Jubeln und Lachen der Menge, als ihr Bruder mehrere Salti vorwärts machte und dem Publikum damit zu verstehen gab, dass alles nur ein Schauspiel war.

Musik erklang. Trommelschlag und rasselnde Schellen. Eirik sammelte die Dolche ein während Jazahra sich zum Rhythmus der Musik durch die Zuschauer bewegte. Durch die Menge tanzend und einem verheißungsvollen Lächeln auf ihren vollen Lippen, reckte sie den Zuschauern einen Hut entgegen. Mehr als ein Mann hätte gern mehr bezahlt, um auch von ihr mehr zu bekommen. Doch so weit war Jazhara noch nie gegangen und würde sie auch niemals gehen.

******************************

Lächelnd saßen Eirik und Jazhara in der Sonne auf ihrem Planwagen und ließen die letzte Vorstellung Revue passieren. Beide waren mit ihrer Leistung zufrieden. „Wir sollten das nächste Mal die Enden der Dolche brennen lassen. Man sieht sie ja sonst im Dunkeln nicht. Es muss spektakulärer aussehen. Ach übrigens, unter Deinem Sitz liegt ein Päckchen für Dich Jazhara … Herzlichen Glückwunsch zu Deinem 17. Jahrestag.“ Mit einem Spitzbübischen Schmunzeln schielte er sie von der Seite her an. „Ich dachte schon, Du hättest es vergessen.“ Schimpfte sie mit ihm. „Ich weiß, dass Du das gedacht hast. Man hat es Dir an Deiner kleinen Nasenspitze angesehen.“ Lachte er ihr entgegen.

Aufgeregt wie ein Kind griff sie unter ihren Sitz und holte einen in rote Stofffetzen eingewickelten Gegenstand hervor. Voller Ungeduld legte sie ihn sich auf den Schoß und entfaltete Stoffschicht für Stoffschicht. Wie groß ihre Augen wurden, als ein großer prachtvoll verzierter Dolch zum Vorschein kam. Der Griff, der die Form eines Wolfkopfes hatte und dessen Augen grün funkelten, schien aus Silber zu sein und glitzerte in der Sonne. „Oh Eirik, Du hast ihn zurück geholt? Wie hast Du das bloß angestellt?“ Überschwänglich schloss sie ihren Bruder in ihre Arme und drückte ihn so fest, dass ihm fast die Luft weggeblieben wäre und sie beide Hals über Kopf vom Wagen gefallen wären. „Man muss nur die richtigen Leute bedrohen und bestechen, dann bekommt man alles wieder Jaz. Außerdem konnte ich doch nicht zulassen, dass man uns unser einziges Erbe nimmt. Schade nur, dass Vater und Mutter das nicht mehr erleben konnten.“ Überglücklich schauten sich die beiden ungleichen Geschwister an. Der Blick voll Liebe und Zuneigung. Für einen Fremden sahen sie eher wie ein frisch vermähltes Liebespaar aus, als wie Bruder und Schwester …

******************************

Loderndes Feuer … Schreie … Der Gestank von Blut und Angstschweiß. Der Planwagen umgestürzt und in Flammen stehend. Die Pferde tot oder davon gerannt. Überall Leichen und schmerzerfüllte Schreie. Mit Tränen in den Augen kniete sich Jazhara neben ihren Bruder, dessen rechter Arm fast gänzlich durch einen einzigen Axthieb eines der stinkenden Orks vom Rumpf abgetrennt wurde. Schlamm klebte überall an seinem Körper. Sein Blut floss aus zahlreichen tiefen Wunden und vermischte sich unter ihm mit dem Schlamm. Jazhara wusste, dass er sterben würde. Sie konnte es sehen und fühlen. Mit letzter Kraft hob er langsam den noch vorhandenen Arm und wischte Jazhara zärtlich mit dem Daumen die Tränen fort. Seine Stimme war kraftlos als er flüsterte: „Ich … liebe Dich … meine kleine Jazhara ... verzeih mir“ Er lächelte ein letztes Mal das Lächeln, welches sie so sehr geliebt hatte, bevor sein Blick brach. Jazhara hielt seine Hand immer noch fest und schmiegte ihre tränenüberströmte Wange in seine Handfläche. „Ich liebe dich auch großer Bruder … es gibt nichts zu verzeihen.“ flüsterte sie voll Kummer und unsagbarem Schmerz. Man hatte ihr das wichtigste in ihrem Leben genommen und sie spürte, wie mit ihrem Bruder auch ein Teil von ihr gestorben war. Etwas in ihr zerbrach.

******************************

Plötzlicher unbeschreiblicher Schmerz holte sie in die kalte qualvolle Wirklichkeit zurück …
[/font]
 
Jazhara

[font=verdana, arial, helvetica]Ein brennender Schmerz holte sie in die Wirklichkeit zurück, als die harte Klinge IHRES Dolches ihren Körper verließ. War es nicht Ironie des Schicksals, dass ihr gerade dieser Dolch gefährlich geworden war?

Jemand ... war bei ihr. War er zurück gekommen, um sein Werk zu vollenden? Dieser Feigling, der sich vor einem offenen, fairen Kampf MIT EINER FRAU gedrückt hatte. Wut kochte in ihr hoch, als sie spürte, wie ihr Leben aus der tiefen Wunde floss, wie es fast aus ihr heraussprudelte und ihr Kleid tränkte, es rot färbte.

Sie spürte, wie sie besser atmen konnte jetzt, da der Druck in ihrer Brust abnahm und das in der Wunde gestaute Blut abfließen konnte. Mühsam versuchte sie, ihre Augen zu öffnen. Wie eine Wachsmaske schälte sich ein bleicher Schemen aus der sie umgebenden Dunkelheit. Nur verschwommen, ein Gesicht, das sich über sie beugte, jedoch nicht zu erkennen, wessen Gesicht. Doch kam es ihr irgendwie vertraut vor. EIRIK!!! dröhnte es in ihrem Kopf als sie kurz ihre Augen öffnete, um im gleichen Augenblick auch schon wieder in die tiefe Schwärze zu sinken, die sie zuvor schon so liebevoll empfangen hatte. Eine sanfte Umarmung aus Dunkelheit. Ein sanfter Lufthauch aus Schatten, der sie fortzutragen schien. Ich komme Bruder ... endlich ... Eine Art Vorfreude schien sie warm einzuhüllen, ihr Frieden zu schenken.

...

“Du hast noch eine Aufgabe zu erfüllen Liebes ... Deine Zeit ist noch nicht gekommen“ hörte sie die Stimme ihres geliebten Bruders in ihrem Kopf. Liebevoll aber bestimmt. Wieder ein Strudel. Ihr Körper wurde in einem Wirbelsturm empor gerissen ... dann ... Stille. Sonnenstrahlen. Vogelgezwitscher. Das Plätschern von Wasser. Der Wind in den Baumwipfeln. Langsam versuchte sie, die Augen zu öffnen, doch kein klares Bild wollte sich ihr zeigen. War sie wieder zurück unter den lebenden, träumte sie oder war sie gar schon im ... Jenseits?

Konzentriere Dich Jazhara. Bewege deinen Kopf... bewege deinen Kopf... bewege deinen Kopf... Sie lebte, daran bestand kein Zweifel mehr, denn Schmerzen konnte man nur empfinden, wenn man noch lebte und das, was sie dort in ihrer Brust spürte, waren eindeutig Schmerzen. Sie musste viel Blut verloren haben, denn sie war sehr schwach. Langsam, sehr langsam, drehte sie ihren Kopf zur Seite und blickte die verschwommene Gestalt an, die dort an einen umgestürzten Baum gelehnt saß ...
[/font]
 
Barak

Ohne sich zu bewegen starrte Barak vor sich hin, teils wach, teils gefangen in einem Traum, der sich ganz und gar nicht so entwickelte wie Barak es sich wünschte. Mit offenen Augen sah er Bilder, Schemen und Szenen in seinen Augenwinkeln auftauchen und wieder verschwinden. Alles Erinnerungen an eine Zeit, die er vor allem vergessen wollte. Zu viel Schmerz lag in Ihnen.
Seine Erinnerungen, waren das einzige, was ihn ausmachten, und dennoch scheute er Sie, wollte er nichts von ihnen wissen, und sie am liebsten im hintersten Winkel seines Bewusstseins vergraben.

Wie ein Auge, dass von drohendem Unheil kündet, spürte Barak die Anwesenheit seines dunklen Bruders, der wartete, wartete auf den Moment, an dem er stark genug wäre, auch das letzte bisschen von seinem Widerstand auszulöschen und die Kontrolle völlig zu übernehmen. Vielleicht wollte ER das aber auch gar nicht … vielleicht labte er sich an der Tatsache, dass Barak noch immer versuchte sich zu widersetzen, mal mehr mal weniger. Allein aus dieser Tatsache erwuchs genug Leid für Ihn als auch seine Umgebung, dass sein dunkler Bruder davon Nahrung schöpfte.

...Seine Macht mehrte sich...

Mit einem Ruck zuckte er nach vorn, und keuchte leise vor Schreck. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, so fest, dass sich seine Fingernägel tief in das Fleisch seiner Handballen gegraben, und halbmondförmige, blutige Abdrücke hinterlassen hatten. Mit einem Seufzen wischte er sich die Hände an seiner Hose sauber und fuhr sich durch das Gesicht.

In diesem Moment fühlte er sich dürr und ausgemergelt.

Ächzend schob er sich am Baumstamm nach oben und streckte sich. Ein wenig Wasser würde beiden gut tun, dachte er sich und stapfte samt Wasserschlauch zum See. Einige Minuten verbrachte er damit, sich den Schlaf aus dem Gesicht zu waschen, bis er mit gefülltem Schlauch wieder zurück zum Lager ging. Als er merkte, dass sie teilweise wach war, sprach er beruhigende Worte in seiner Heimatsprache und hockte sich leise neben Jazhara, drehte ihren Kopf ein wenig und hob ihn etwas an, damit er ihr vorsichtig etwas von dem kühlen Nass einflössen konnte. Zögerlich trank sie das Wasser, verschluckte sich dabei, und bekam einen heftigen, schmerzhaften Hustenanfall. Die Wunde brach dabei erneut auf und begann wieder zu bluten. Seufzend wechselte Barak den Verband, und legte Ihr einen kühlenden Lappen auf die Stirn.

„Verdammt noch mal! Ich bin kein Feldscher!“, fluchte er laut und stand ruckartig auf.

Irgendwie musste er sie von ihr fortschaffen sonst würde sie es nicht überstehen. Die Wunde war einfach zu tief, und er hatte weder die Möglichkeiten, noch die Kenntnis eine solche Verletzung zu heilen. Grübelnd strich er sich über das Kinn, bis er auf die Idee kam, eine Trage zu bauen. Schnell suchte er sich im Wald zwei stabile armstarke Äste und brachte sie zurück zu ihrer Lagerstatt. Vorsichtig nahm er die Decke unter Jazharas Kopf weg und legte sie zwischen die Holstäbe. Einen Moment überlegte er noch, dann zog er geschwind die Schnüre, die seine Lederrüstung zusammenhielten, heraus und baute sich so eine provisorische Trage, die er hinter sich herziehen konnte.

Misstrauisch begutachtete Barak sein Machwerk, er war nie ein guter Handwerker gewesen, aber für diese Zwecke sollte die Bahre genügen. Er legte die Bahre schließlich so, dass er Jazhara mit wenigen Handgriffen darauf ziehen konnte.

Zwei Stunden zogen ins Land, bis sie endlich so weit waren aufzubrechen. Aufatmend ließ sich Barak am Lagerfeuer nieder, spießte den ausgenommen Hasen auf einen Holzspieß und begann ihn im Feuer zu rösten.

Das Feuer tanzte vor seinen Augen hin und her, warf verspielt seine Schatten auf den Boden vor ihn, und tauchte den frühen Morgen in eine düsteres Licht. In den Flammen sah er Gesichter, Gesichter von Menschen die durch seine Hand gestorben sind. Immer und immer wieder flehten sie um Gnade, doch stießen Ihr Bitten und Betteln bei Barak auf taube Ohren. Und über all dem schwebte sein eigenes Gesicht, brennend heiß und unglaublich kalt zur selben Zeit. Das prasseln des Feuers verwandelte sich in langsam in höhnisches Lachen und wenn der Söldner gekonnt hätte, wäre er spätestens zu diesem Zeitpunkt aufgestanden und hätte das Feuer gelöscht. Doch fesselte ihn der Anblick und zögernd streckte er seine Hand aus, um selbst nach den gequälten Seelen zu greifen und das Leben aus ihren nutzlosen Körpern zu quetschen. Irgendetwas quietschte vor kaum verhohlener Freude in seinem Inneren. Stück für Stück näherte sich Baraks Linke dem Feuer und griff hinein. Selbst der Schmerz riss ihn nicht in die Wirklichkeit zurück und beinahe neugierig betrachtete er die Brandblasen die sich auf seinem Handrücken bildeten. Langsam reichte seine Hand weiter und nahm ein Stück glühende Kohle auf, hob sie vor sein Gesicht und zerquetschte es langsam vor seinen Augen. Funken stoben in alle Richtungen davon und flogen wie kleine Feuerfliegen in den Morgenhimmel um irgendwann zu erlischen und vergessen zu werden. Genau wie Barak den Schmerz vergaß und zusammen mit dem Schmerz auch die Namen all derer, die er im Namen seines dunklen Bruders ermordet hatte. Die Namen seiner Freunde waren Geschichte, doch etwas verblieb in seinem inneren:

Eine unbeschreibliche Leere, eine Leere, die sich nie wieder füllen würde und irgendwann seinen gesamten Körper aushöhlen und alles was er jemals war, oder jemals sein würde zum Nichts degradieren würde.


Baraks Körper erhob sich und trat das Feuer aus. Langsam sammelte er die Ausrüstung ein, und begann die Bahre samt Jazhara ins Dorf zu schleppen.

In all den Jahren, die er seinen Bruder kannte, hatte er sich noch nie so schwach gefühlt
 
Jazhara

[font=verdana, arial, helvetica]Sie versuchte SEINEN Namen zu flüstern, doch es kam nur ein unverständliches Lallen hervor. Aufgequollen und trocken lag ihre Zunge in ihrem Mund, klebte an ihrem Gaumen und verweigerte ihr jegliche Zusammenarbeit. Kalter Schweiß rann ihr von der wächsern wirkenden Stirn und vermischte sich mit den salzigen Tränen, die ihr aus den Augen liefen, zu einer brennenden, klebrigen Mischung, die sie dazu veranlasste, ihre Augen erneut zu schließen. Leise und beruhigend konnte sie SEINE Stimme hören, eine Stimme, die ihr vertraut war, doch verstehen konnte sie nichts. Eirik spricht so verdammt leise ... Sie spürte, wie Wut darüber in ihr emporstieg. Dann spürte sie, wie ihr Kopf sanft angehoben wurde und etwas kühles ihre trockenen spröden Lippen benetzte, ihr über die Mundwinkel kalt in den Nacken floss. Sie öffnete leicht ihre Lippen und versuchte zu trinken, war jedoch nicht in der Lage richtig zu schlucken, denn ihre Zunge gehorchte ihr immer noch nicht. Die Schwärze vor ihren Augen verwandelte sich plötzlich in rote Schlieren, als sie sich verschluckte und einen heftigen Hustenanfall bekam, der ihre Wunde erneut schmerzhaft aufbrechen ließ. Wieder fiel sie in eine tiefe bodenlose Schwärze, in die sich ihr Körper schon so oft zurückgezogen hatte, als der Schmerz schier unerträglich wurde.

**********

Sanft schwebte sie in einem Fluss aus Dunkelheit. Keine quälenden Schmerzen, keine Angst, nur Ruhe und Stille. Die Schwärze veränderte sich. Silbergraue Nebelschwaden durchwoben die Dunkelheit, flogen auf sie zu, umspielten ihren Körper wie seidige Tücher, streichelten ihre nackte Haut. Das Wispern tausender Stimmen drang an ihre Ohren und versuchte, ihr etwas mitzuteilen. An- und abschwellende Stimmen, deren Worte sich ständig wiederholten und in deren Widerhall sich neue Worte formten. Worte, in tausend Sprachen, die sie nicht zu verstehen vermochte, die ihr dennoch vertraut waren. Geborgenheit. Sie spürte, dass hier ihre Wurzeln begraben waren. Dass hier ihre Vergangenheit ruhte ... und ihre Zukunft greifbar nahe war.

BESINNE DICH ... KRAFT ... VERTRAUEN ... Stimmen von Äonen echoten durch ihren Geist, versuchten ihr irgend etwas mitzuteilen, sie anzutreiben. Vertraute Gesichter in goldenen Schimmer gehüllt rasten auf sie zu, wurden durchscheinend, durchdrangen sie und umhüllten sie wie goldener Nebel. Berührten sie auf eine sanfte vertraute Art. Lächelten ihr zu, sahen sie durchdringend an. Die Ahnen ihrer Familie und die Vorfahren anderer zogen an ihr vorbei und wisperten ihr Worte zu, die sie nicht verstand, deren Bedeutung sie kaum erahnen konnte. BESINNE DICH ... Immer mehr Stimmen konnte sie aus dem Wust an Stimmen verstehen. Immer eindringlicher, immer lauter werdend. BESINNE DICH ... DEIN ERBE ... NUTZE ES ... ES ... es ... Sie spürte, wie eine unbändige Kraft in ihr aufstieg, die sie schier zu zerreißen drohte. Eine Energie, die sie nie zuvor gespürt hatte, eine Macht, deren Ausmaß an Stärke niemals wirklich jemand begreifen würde. Ihr Körper begann, in einem ebenmäßigen goldenen Licht zu schimmern, deren Beständigkeit von silbernem Nebel durchwirkt wurde. Ein angenehmes, wohltuendes Kribbeln überzog Ihre nackte Haut, als sie dieses Licht nicht nur sah, sondern immer mehr spürte. Weit in der Ferne vor sich, konnte sie einen hellen Punkte erkennen, ein weiches, gelbliches Licht, auf das sie langsam zugetragen wurde. Immer schneller „floss“ sie in dem Strom aus Licht auf diesen Punkt zu. Plötzlich ein Wirbel, der sie fort riss. Fort von diesem Strom aus Licht, fort von den Stimmen, die nun immer leiser wurden, sie aber dennoch weiter begleiteten, auf einen Punkt hin, der hell im Dunkeln erstrahlte. Ein goldenes, starkes Licht ...

**********

Jazhara stöhnte plötzlich laut auf. Ihr Körper bäumte sich heftig auf und verkrampfte sich, als die Wunden erneut aufbrach und den Stoff weiter mit Blut zu tränken begann. Barak verfluchte sie innerlich. Dann legte er vorsichtig die Trage ab und kniete sich ein weiteres Mal neben Jazhara, um sie zu beruhigen und nach ihr zu schauen. Sie davon abzuhalten, sich selber noch mehr zu schaden. Mit weit aufgerissenen Augen und glasigem Blick schaute diese gen Himmel. Als er sich über sie beugte, packte sie ihn und blickte ihn hilfesuchend an. Ihre Lippen formten düstere, fremd klingende Worte, die sich wie ein Strom über ihre Lippen ergossen. „Mach malik sol dier .... anfalan ... anfalan ...“ immer heftiger spie sie ihm die Worte mit unterschiedlichen Stimmen, die nicht ihre eigenen zu sein schienen, ins Gesicht. War sie besessen? Plötzlich begannen ihre Augen von innen her zu leuchten. Ein goldener Schimmer, welcher das Grün ihrer Augen zum leuchten brachte. Ein sanftes Licht, kaum wahrnehmbar, ergoss sich über ihren Körper nur, um sofort von der Wunde in ihrer Brust verschlungen zu werden. In diesem Moment sackte Jazhara erschöpft auf der Trage zusammen und fiel in einen ruhig erholsamen Schlaf. War dies wirklich geschehen oder waren es die Sonnenstrahlen, die Barak einen Streich spielen wollten?
[/font]
 
Zurück
Oben Unten