Menschenrechte in Ego-Shootern?

In diversen Thrillern ist es doch auch völlig ok, dass abartige Massen- und Sexualmorde wortreich und detailliert beschrieben werden. Und warum? Weil die Bösen am Schluss ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Es würde also in Bezug auf Videospiele reichen, einen Endtext einzufügen, der alles ins rechte Licht rückt.

Und all die Kriegsverbrechen wurden einige Zeit später hart bestraft. Die Soldaten befinden sich nun in einer geschlossenen Anstalt, um die ehrlichen Bürger vor ihnen zu schützen. Alles ist gut :)

So ein bisschen wie die großen Aufdrucke auf Zigarettenschachteln :)

Alternativ könnte man sich auch in der realen Welt umtun und reale Menschenrechtsverletzungen bekämpfen - da hätten vielleicht reale Menschen etwas davon :)
 
Pixel sind keine Menschen. Filme sind nicht echt.

Richtig.

Allerdings stellt sich schon die Frage, warum z.B. man im frühen Soldier of Fortune seinen Gegnern Gliedmaßen wegschießen konnte, bzw. warum es die Möglichkeit im Spiel gab.

Ich spiele kaum Computerspiele, daher mag man mich hier gerne verbessern, aber mein Eindruck von nicht wenigen Spielen (Rezensionen, Erzählungen, etc.) ist, daß diese Elemente teilweise keinen wirklichen Sinn haben, also keinen Mehrwert erschaffen. Vielmehr scheinen sie ein Marketingsinstrument zu sein - je brutaler, desto mehr Aufmerksamkeit, desto besser der Verkauf.

Und da sollte man schon kritisch hinterfragen, warum dieses Konzept funktioniert (wenn es funktioniert). Ich habe mich ehrlich gesagt ein wenig erschrocken, als ich nach Zero Dark Thirty kopfschüttelnd ob der Aufregung über die Folterszenen zurückblieb.
 
Wir hatten doch erst letztens irgendwas mit Gewalt in Videospielen, oder? Ästhetik von Gewalt und so? In welchem Thread war das nochmal, da war ein recht guter Link zu nem Artikel.
 
Letztendlich sind die Spiele auch ein (manchmal verzerrtes) Abbild der Realität. Wieso wird eigentlich verwerfliches Handeln, wenn es in Spielen passiert, viel mehr skandalisiert, als wenn es in der Realität geschieht?
Ich finde, solche Handlungen haben in Spielen durchaus eine Berechtigung, da sie Menschen (den Spielern) menschenverachtende Situationen vor Augen führen können, ohne dabei realen Menschen zu schaden. Vielleicht reflektiert der eine oder andere Spieler auch mal über die Handlung des Spiels und kommt zu dem Schluss, daß das was da pasiert ist, auch in der Realität nicht OK ist.
Dazu muß das Spiel nicht einmal eine Wertung vornehmen, sondern einfach nur Fakten präsentieren. History Line hat mich damals auch recht intensiv über den Unsinn von Krieg und den Wert von Menschenleben nachdenken lassen - und das alles ohne "super realistische Grafik".
 
Zur Ästhetik von Gewalt
Richtig.

Allerdings stellt sich schon die Frage, warum z.B. man im frühen Soldier of Fortune seinen Gegnern Gliedmaßen wegschießen konnte, bzw. warum es die Möglichkeit im Spiel gab.

[...] mein Eindruck von nicht wenigen Spielen (Rezensionen, Erzählungen, etc.) ist, daß diese Elemente teilweise keinen wirklichen Sinn haben, also keinen Mehrwert erschaffen. Vielmehr scheinen sie ein Marketingsinstrument zu sein - je brutaler, desto mehr Aufmerksamkeit, desto besser der Verkauf.

Gewalt in Computerspielen ist in sofern ein Marketing-Instrument, als daß es an den Rebellen im Käufer appelliert. Sieh her - wir sind keine Kompromisse eingegangen. Wir haben das Spiel so gemacht, wie ihr es mögt. Gerade, wenn es irgendwie um eine Marke (es reicht auch, wenn das Entwicklerstudio einen gewissen Ruf hat), gibt es eine gewisse (gefühlte) Erwartungshaltung, daß man sich nicht "an den Mainstream" anpasst. Ähnlich, wie wenn ein neuer Quentin Tarantino-Film angekündigt wird.

Z.T. dient übertriebene Gewalt (im Sinne von Splatter) auch (möglicherweise unbewußt) dazu, um die Stimmung aufzulockern und der Handlung den Ernst zu nehmen. Eine Art düsterer Humor. Viele Schooter spielen doch vor einem recht ernsten Hintergrund und sollen doch der Unterhaltung dienen. Das ist schon ein gewisser Konflikt in meinen Augen.

Das ist jetzt zwar aus dem Bereich film, passt aber auch irgendwie hier rein:
 
Ich finde es gut, dass man in Kriegsspielen Gefangene erschießen kann - denn nur dann kann ich in einem Kriegsspiel auch Gefangene NICHT erschießen. Diese Möglichkeit bewusst anständig mit den Feinden in einem Spiel umzugehen, wo die Gegner sonst meist nur gesichtsloses Kanonenfutter sind, finde ich persönlich sympathischer als wenn mir ein künstlich einbauter "Waffenblockierer" jedesmal das Schießen unmöglich macht, wenn ich in Richtung irgendeines Menschen blicke, der nicht als wertloser seelenloser Bösewicht eingeplant ist.

Dieses "den musst du erschießen, der ist böse", "den darfst du erschießen, der ist unwichtig" und "den darfst du nicht erschießen, weil das irgendwie doof wäre" ist doch moralisch deutlich fragwürdiger als ein einfaches:
"Du spielst nen Kerl mit ner Waffe - du bist dafür verantwortlich zu entscheiden, wie der damit umgeht."

Zwar sehe ich bei einem Ab18-Titel keine allzugroße moralische Verantwortung für den Spieleentwickler, aber wenn man schon den Anspruch hätte positive Werte zu vermitteln, dann sollte man mMn eher den Weg gehen Taten Folgen haben zu lassen.
Das kann eine komplexe Reaktion der Umwelt sein (ich denke immer noch begeistert an Deus Ex zurück, wo man, wenn man auf seiner Entdeckungsreise die Damentoilette des HQs betreten hatte, für den Rest des Spiels von den Kollegen als perverser Voyeur betrachtet wurde.), Punkteabzüge auf der "Guter Soldat"-Skala oder einfach ein kurzes "Sie haben einen Gefangenen erschossen - Mission gescheitert".

Gerade bei Spielen für Kinder und Jugendliche verstehe ich aber auch, wenn man einfach Gewaltdarstellungen an "Guten" oder Wehrlosen einfach nicht im Spiel haben will.
Aber auch, wenn man sie direkt durch Spielmechanismen unterbindet kann man das mMn geschickter machen als nur einfach unmöglich.

Man könnte in einem Kriegsspiel, wenn der Spieler auf den Gefangenen schießen will beim Klick statt der Schussreaktion auch ein kleines Video einspielen, wo man sieht wie der Protagonist gerade den Gefangenen erschießen will, ihm aber ein Kamerad das Gewehr zur Seite drückt und eine Standpauke hält oder beruhigend ins Gewissen redet.
Man könnte in einem Kinderspiel den Protagonisten, wenn er (*klick*) einen Unschuldigen angreifen soll in einem Monolog antworten lassen "Nein, das ist Herr Müller. Der ist nett. Den will ich nicht angreifen."

Ich finde es gibt viele schönere und elegantere Methoden Gewalt-Verhinderung in ein Spiel zu integrieren als einfach nur ein immersionsstörendes "geht nicht!".

Und über mich selbst kann ich sagen, dass Fallout 1&2 mir auch deswegen so gut gefallen hatten, weil ich wusste, dass ich theoretisch auch einfach ganze Städte ermorden und plündern oder sonstwie ins Verderben stürzen kann. Ein positives Fazit im Abspann hatte da einfach nochmal eine größere Bedeutung, wenn man wusste, dass man die Welt nicht nur zwangsläufig verbessert hatte, weil das Spiel das eben so bestimmt hat, sondern ganz bewusst mit den Taten des Protagonisten.
 
Allerdings stellt sich schon die Frage, warum z.B. man im frühen Soldier of Fortune seinen Gegnern Gliedmaßen wegschießen konnte, bzw. warum es die Möglichkeit im Spiel gab.

Diese Frage zu diskutieren halte ich auch nicht für verkehrt. Es ist die bereits mitgelieferte Antwort in solchen Berichten, die ich inakzeptabel finde.

Was passiert denn, wenn man in einem Spiel einer Ratte den Kopf abschneiden kann? Was passiert, wenn in einem Film die Folter als eine unproblematische Lösung angepriesen wird? Und was passiert generell mit jungen Menschen, die solchen Spielen und Filmen ausgesetzt werden?

Es wird dem Empfänger suggeriert, man würde nach dem Konsum solcher Medien weniger Skrupel haben, Tiere zu töten, würde Folter gutheißen und auch gerne generell mal Amok laufen. Es wird suggeriert - bewusst suggeriert -, das die Konsumenten schwach sind, dumm sind, unverantwortlich sind, durch diese Medien moralisch zersetzt werden und sich besorgte, kluge, moralisch gefestigte und einfach bessere Mitmenschen Gedanken machen müssen.

Das ist keine Diskussion. Da wird keine Frage gestellt. Da soll Stimmung gemacht werden gegen ein Medium, was nicht verstanden wird. Wer solche Filme und Spiele konsumiert, ist eine potentielle Gefahr. Für sich und schlimmstenfalls auch für die Gesellschaft. Das ist einfach 'ne Hexenjagd auf Menschen, die etwas machen, was weder die Autoren, noch deren treue Leser, überhaupt verstehen. Bei Geschlecht, Religion, Hautfarbe, Herkunft, würde so etwas als diskriminierende Hetze erkannt werden. Aber hier wird das einem als etwas vollkommen anderes aufgetischt.

Zum kotzen ist das.
 
Aber wo wurde denn Ethik jemals öffentlich mit Erfolg diskutiert? Diese Fragen zu beantworten ist doch nur dem Individuum möglich, durch subjektive Erfahrungen. Und wo kann man die ohne seine Leben in Gefahr zu bringen erleben?

Was ich sagen will, so ein Artikel wird immer eine einschlägige Richtung annehmen.
 
Ich halte die ganze "Gewalt in Videospielen muss stigmatisiert werden weil sie arme unschuldige Kinder zu kranken PSYCHOKILLERN werden lässt!"-Diskussion immernoch für einen mediengenerierten Lückenfüller zur Überbrückung der großen Sommerpause....

Das ist doch im Endeffekt genauso wie zu behaupten, dass jeder, der im P&P/Larp bspw. en Malk spielt IRL zigtausend Geistesstörungen ausprägt oder dass jeder, der einen Meisterdiebchar spielt mal eben in Fort Nox reinspazieren und alles mitnehmen kann...
An sich total hirnrissige Argumentation, die jeder halbwegs intelligente Mensch doch eigentlich nur belächeln kann...^^
Aber ja, Sündenböcke braucht der Mensch.
Und Juden sind halt seit '45 aus der Mode (haben diese undankbare Rolle aber ja auch Jahrtausende lang bekleidet, wurden lediglich hin und wieder von ihrer Sekte -dem Christentum- und anderen Außenseitergruppen mal abgelöst...) und da sind es halt diesmal Gamer...

und was die Ethik angeht: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Is mit Pornos Für und Wider doch dieselbe hirnlose Debatte. Jedem wie ers mag...:cautious:
Solange keine ECHTEN Lebewesen zu Schaden kommen....who cares?

Und Is mir was zu abgefuckt/zu brutal/zu craaaaaaank=> ich spiel's nicht/ich geb mir den Film nicht.


...first world problems....:rolleyes:
 
Okay, ich würd das jetzt nicht unbedingt alles so durcheinander werfen und Gamern die gleiche oder auch nur eine ähnliche Sündenbrockrolle zusprechen, wie den Juden zur Hochzeit des Antisemitismus. Ich weiß, worauf du im Kern hinaus willst, die Formulierung finde ich allerdings ein wenig gewagt.

Schwierig finde ich es auch, erst von der Debatte über Pornos zu sprechen und dann darauf zu verweisen, dass doch alles in Ordnung ist, wenn keine echten Lebewesen zu Schaden kommen. Zumindest meiner Erfahrung nach sind die lautesten Stimmen, die gegen die entsprechende Industrie erhoben werden, nicht unbedingt mit "das verdirbt unsere Jugend!" angefüllt, sondern mit wohl relativ stichfesten Beobachtungen, was mit einem Großteil von Pornodarsteller/innen im Drogen und Krankheitsbereich passiert und wie die Industrie vor allem seine weiblichen Teilnehmer kaputt macht.

Wie gesagt, ich weiß worauf du hinaus willst.

In meinen Augen haben Medien durchaus einen impact auf die Gesellschaft und spiegeln diese zu einem gewissen Grad wider. Der reine Konsum eines vermeintlich "gewalttätigen" Mediums führt sicher nicht zu Amokläufen, die Anhäufung in extremer Ausprägung (24/7 Horror- und Splatterfilme z. B.) kann in Verbindung mit sozialen Problemen aber wohl zu einer Art Densibilisierung führen.

Genauso darf die Ventilfunktion nicht vergessen werden, die sicher einen großen Teil der deeskalierenden Funktion von Gewalt im fiktiven Medium ausmacht.

Wie man es dreht: es lohnt sich sicher, darüber zu sprechen und ich halte es nicht für eine Erfindung der Medien oder der konservativen Politik, eine Generation von Bürgern zu dämonisieren. Es ist sicher von allem etwas dabei und es gibt genug, die das Thema instrumentalisieren um schärfere Gesetze oder allgemeine Stimmung dagegen zu erheben, die Problematik erfunden haben die deshalb noch nicht.
 
Der reine Konsum eines vermeintlich "gewalttätigen" Mediums führt sicher nicht zu Amokläufen, die Anhäufung in extremer Ausprägung (24/7 Horror- und Splatterfilme z. B.) kann in Verbindung mit sozialen Problemen aber wohl zu einer Art Densibilisierung führen.

Da sind halt erstmal die sozialen Probleme in Verbindung mit unkontrolliertem Konsum zu diskutieren. Letztere kann man durch Verbote sicherlich einschränkend erzwingen - und nebenbei andere bevormunden, die ihren Konsum problemlos auch selbst gewissenhaft kontrollieren können. Erstere lassen sich allerdings nicht einfach so "wegverbieten". Und die sind das Hauptproblem, über das gerne geschwiegen wird, weil "Hexe, Hexe!" zu rufen immer schon viel einfacher war.

Eine Problematik mit Aggression, dem "Verfall von Moral und Anstand" und Desensibilisierung gab es auch schon, als es noch keine Filme und Spiele gab, die Gewalt als Mittel zum Zweck darstellten oder sogar glorifizierten. Die Problematik ist ganz bestimmt nicht von der Hand zu weisen. Besagte Medien allerdings als Auslöser zu präsentieren und zu ächten - wie man es zuvor schon mit Rock'n Roll und "Hexenkunst" getan hat -, ist weder der richtige Weg, noch ist er originell. Er ist bloß reißerisch, scheißeeinfach und findet genug unkritische Abnehmer, die mitmachen.

Dabei könnte man die Energie viel sinnvoller nutzen. Man könnte die sozialen Probleme mehr in den Vordergrund rücken und Lösungen erarbeiten. Man könnte liebevoller und selbstkritischer Erziehung etwas mehr Aufmerksamkeit schenken, statt die Verantwortung der Eltern aufzuweichen. Es würde ja schon reichen, die staubigen Vorweltkriegskonzepte zu überarbeiten, nach denen sich die Bundesprüfstelle für Jugendschutz richtet, damit ich endlich mal meine Sleeping Dogs DLCs bezahlen und runterladen darf.
 
Wir sollten als Gamer selbstbewusst genug sein um zu sagen: Ich spiele gewalttätige PC Spiele, weil ich's geil finde. Ästhetisch ansprechend. Macht mir Spaß. Mir geht's nicht um Ethik und Moral, ich mach das aus dem gleichen Grund warum Leute Expendables 3 gucken werden - um die Zeit bis zum Tod zu überbrücken.

Wenn man sich auf die Diskussion über Ethik, Moral und Jugendschutz einlässt hat man doch sowieso schon verloren. Man redet mit dem Blinden von der Farbe und ein "Überzeugen" ist doch sowieso nicht möglich.
 
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