AW: Manche Bücher sollte es auch in DEUTSCH geben
Warum müssen wir eigentlich englisch lernen
jeder der hier her kommt soll gefälltigst Deutsch lernen,...
Genau. - Jedes fremdsprachige Buch, welches nach Deutschland kommt, sollte gefälligst erst nach einem deutschen Sprachtest hier zum Verkauf kommen dürfen. - Das gilt auch für Englisch-Lehrbücher und -Wörterbücher. - Nur so kann man die ständig herabsetzend geäußerte Forderung in den Griff bekommen, die jeden, der sich ein fremdsprachliches Buch kauft und es lesen möchte, ZWINGEN will, die zugehörige Fremdsprache auch soweit zu beherrschen, daß er den Text auch noch VERSTEHEN kann.
Mal im Ernst: es steht doch jedem deutschen Staatsbürger frei, sich beliebig viele englisch- oder anderweitig fremdsprachliche Bücher, also auch Rollenspielbücher, zuzulegen. Und jeder darf in diese frei erwerbbaren fremdsprachlichen Bücher auch hineinschauen. Und jeder, der diese Bücher lesen will, der darf das doch jederzeit tun.
Daher ist es geradezu UNVERSCHÄMT, wenn man von einem Käufer z.B. eines ausschließlich oder auch nur zum größten Teil auf Englisch erhältlichen Rollenspiels erwartet, daß er den Text, den er jederzeit anschauen und lesen darf, auch VERSTEHEN MUSS.
Ich kann z.B. kein Französisch. Ich weiß aber, daß es jede Menge GEILER französischer Rollenspielprodukte gibt. Ich kann mir die alle auch über Online-Bestellung nach hause liefern lassen. Und dann kann ich sie durchblättern, mich an den Bildern erfreuen, und die Buchstaben so in etwa erkennen. - Nur wird mir der Text NICHTS sagen können, weil ich nie Französisch gelernt habe (und einem Latein zwar weit, aber hier nicht weit genug hilft).
Also: Wer ein Rollenspiel mag, welches NUR und AUSSCHLIESSLICH auf Englisch (oder Französisch, oder ...) erhältlich ist, der darf das käuflich erwerben, auch OHNE die Sprache verstehen zu können. - Wenn er jedoch Wert darauf legt, die Regeln oder die Settingbeschreibung zu VERSTEHEN, z.B. weil er das Spiel auch einmal SPIELEN möchte, dann stellt eine fehlende Fremdsprachenkenntnis durchaus ein Hindernis beim Spielgenuß dar.
Daher gibt es nur zwei Möglichkeiten:
1. Die Löbliche: "Buy German! Germany First! - German RPGs Rock the World! Fuck, Yeah!"
2. Die Anstrengende: Lernt die Fremdsprache, in der die Rollenspiele, die Euch interessieren, erscheinen.
Zu 1.: Diese Methode sorgt für einen gesund überschaubaren Horizont bezüglich Rollenspielen aber auch bezüglich des Rests der Welt.
Zu 2.: Hier hilft Vorbeugen bereits in jungen Jahren - wer in der Schule brav im Englisch-Unterricht aufgepaßt hat, der kann ganz einfach ALLE englischsprachigen Rollenspiele lesen und hat somit Zugang zu 99,99% ALLER Rollenspiele, die es auf der Welt gibt.
Man hat natürlich immer noch die Möglichkeit darauf zu hoffen, daß es eine Übersetzung eines bestimmten Rollenspiels ins Deutsche gibt.
Beispiel: Deadlands.
- Vor VIELEN Jahren wurden insgesamt drei (3) Bücher übersetzt. Seitdem kam nichts mehr nach. Diese Übersetzungen entsprechen noch der im US-Original seit mehr als 10 Jahren überholten alten Regelauflage. Wer Deadlands nur auf Deutsch spielen mag, der hat eben die drei Bücher und mehr nicht.
- Ich spiele Deadlands nach der neueren US-Auflage und habe mindestens einen Meter an Deadlands-Publikationen im US-Original im Regal stehen. Da sind gerade die BESONDERS COOLEN Sachen drin, die NIE ein Deadlands-Fan, der NUR die deutschen Übersetzungen kauft, jemals kennenlernen wird. - Und es kommt sogar noch viel besser: Im Internet gibt es JEDE MENGE toller Fan-Materialien für Deadlands auf Englisch, die ich alle für mein Spiel verwenden kann.
Wenn ich KEIN Englisch könnte - schwer sich das vorzustellen, wo ich schon so lange Englisch privat und im Beruf als keine echte FREMDsprache mehr empfinde - dann hätte ich bei Deadlands nur einen Einblick in vielleicht 10% des offiziellen Materials und noch weniger beim Fan-Material. - Was mir da alles ENTGINGE!
Niemand, wirklich NIEMAND sollte sich GEZWUNGEN fühlen eine Fremdsprache zu erlernen, nur weil er Rollenspiele spielen möchte.
Ich weiß, wovon ich da rede, weil ICH tatsächlich GEZWUNGENERMASSEN mein Englisch auf einen Stand bringen mußte, der mir ermöglichte ÜBERHAUPT Rollenspiele zu spielen.
Dazu krame ich mal ein paar Jahrzehnte zurück in meiner Erinnerung. Ich hatte gerade beim Wechsel von Sekundarstufe 1 auf Sekundarstufe 2 Englisch als Fremdsprache abgewählt. Das lag daran, daß mir JEDER, aber ausnahmslos JEDER Englischlehrer an der Schule Brechreiz bereitete. So behielt ich Latein (my favourite
) und Russisch (SEHR nette Lehrerin und viele nette Mädels aus Sibirien, die in dieser Klasse "muttersprachlichen Unterricht" hatten - damals wurden Spätaussiedler noch OHNE Anführungsstriche geschrieben, und alle konnten gut genug Deutsch, daß wir vor und nach dem Russischunterricht mächtig mit "aktiver Integration" beschäftigt waren).
Da sehe ich in einer großen Pause einen üblen Freak aus einer Nachbarklasse (Kurssystem in der Oberstufe hatte uns bunt durcheinander gewürfelt), wie er so komische Bücher liest. Miese Zeichnungen von krassen Mutanten. Schräges Zeug, mit dem ich nichts anfangen konnte. Und er schlug ständig irgendwelche garantiert nicht im Englischunterricht behandelten Vokabeln nach, um die Texte zu verstehen. - Das war mein erster D&D und Gamma World Spielleiter.
Da ich schon ein wenig den PRAKTISCHEN Nutzen des Englischen aufgrund meiner ersten Erfahrungen mit CoSims kennengelernt hatte, war es naheliegend, daß ich - nachdem ich eh als Spieler "angefixt" war - auch mal selbst etwas leiten wollte. - So nahm ich mein Schulwörterbuch Englisch und das GROSSE Wörterbuch meiner Mutter und meine (anfangs noch Photo-)Kopie von Gamma World und versucht mich am Enträtseln der Geheimnisse dieses kryptischen Werkes, welches Freude zu spenden versprach.
Nach ein paar sehr chaotischen und sehr befriedigenden Gamma World Runden, nahm ich mir D&D vor. Das war ein klein wenig besser geschrieben, oder ich hatte inzwischen keine Probleme mehr mit "Dexterity" (wie oft benutzt man solche Worte eigentlich bei englischsprachiger Geschäftskonversation?), "Armor Class", "Mygnyl Chorts", ... - Auf alle Fälle lief das noch besser als Gamma World. - Gut genug, daß wir in der Gruppe unseren Umstieg auf ADVANCED D&D wagten.
Oje.
Was heißt "miscellaneous"? Und WIE ZUM TEUFEL SPRICHT MAN DEN SCHROTT AUS?
Egal. - Hauptsache, wir wissen was gemeint ist, wenn der Spielleiter sagt: "Der Lawful Evil Magic-User knallt euch einen Lithning Bolt vor den Latz" (man beachte: KEIN Schreibfehler, sondern der Aussprache damals entsprechend).
Wer Spielen will, der kommt damit klar. - Und wer sich die Mühe machen will zu erfahren, wie man solche seltsamen und SELTENEN Vokabeln ausspricht, kann ja seine Kumpels im Englisch-Leistungskurs fragen (die das NATÜRLICH NICHT wußten - Take that, englisch conversation course! Not so proud anymore, huh?).
CoSims, Rollenspiele ZUHAUF (Gamma World, Star Frontiers, D&D, AD&D, Traveller, Universe, etc.) haben mich GEZWUNGEN, und zwar GEGEN MEINEN ERKLÄRTEN WILLEN(!), Englisch zu lernen, bloß weil ich sie spielen wollte.
ICH bin definitiv ein Opfer der Zwangsanglifizierung unter den frühen Rollenspielern in Deutschland.
Es brauchte eine ganze Weile angefüllt mit VIEL Rollenspiel und CoSim, bevor wir als Gruppe auf einem der ersten STARD Cons neben Cthulhu (immer noch eine der besten Call of Cthulhu Runden, an die ich mich erinnere) auch Midgard 1 kennenlernten: "Oh, das ist ja auf Deutsch! - Ist das denn überhaupt ein RICHTIGES Rollenspiel? Die professionellen Rollenspiele sind ja ALLE auf Englisch."
Das war mein "Erstkontakt" mit rein deutschsprachigem Rollenspiel. - Trotz der dann laufenden Midgard 1 Runde (Spielleiter im EDFC), blieb ich meinen Lieblingen Gamma World, Traveller, Star Frontiers und jeder Menge CoSims treu. - Auf Englisch natürlich. Es sollte noch eine ganze Zeit ins Land gehen, bis Traveller auf Deutsch verfügbar war. Oder bis Star Frontiers als "Sternengarde" herauskam (wie doof ist dieser Titel denn? - Star Frontiers SOLLTE doch als SF wie in Science Fiction abgekürzt sein. - Was ist denn bitte ein SG?).
DSA 1 kam irgendwann, wurde als Kuriosum von unserem AD&D- und Midgard-Spielleiter gekauft, kurz ausprobiert und als für uns SEHR uninteressant weggelegt.
Wozu ein noch recht "ungereiftes" Rollenspiel auf Deutsch spielen,
, wenn wir zum einen mit Midgard einen Maybach hatten
, und wenn die englischsprachigen Rollenspiele allesamt VIEL COOLER und FORTGESCHRITTENER waren:
Und natürlich war bei denen auch MEHR LOS!
Ich bin in einer Zeit zum Rollenspiel gekommen, als es eben SELBSTVERSTÄNDLICH war, daß man sein Englisch auf einen Grad an Befähigung anhebt, daß man die Rollenspieltexte lesen und VERSTEHEN konnte.
Heute gibt es jede Menge Rollenspieler, die AUSSCHLIESSLICH mit deutschen Produkten aufgewachsen sind. Neben den im Fernsehen komplett synchronisierten Serien, den Kinofilmen, Computerspielen (wer ein MMORPG spielt und NICHT weiß, was MMORPG heißt, der MUSS ja beim Englischunterricht gepennt haben), und Büchern, die in Übersetzung auch inzwischen verdammt schnell verfügbar sind, ist manch einer es eben auch gewohnt seine Rollenspielprodukte auf Deutsch zu bekommen.
Das ist ja auch vollkommen in Ordnung.
Nur sollte man sich dann aber nicht beschweren, wenn eben NICHT ALLES übersetzt wird, wenn manche Übersetzungsvorhaben nicht einmal ein Zehntel der US-Originale auf Deutsch herausbringen (siehe Deadlands).
NIEMAND ist heutzutage gezwungen Englisch zu lernen, um Rollenspiele zu spielen.
Es werden VERDAMMT VIELE Rollenspiele inzwischen übersetzt (über die Qualität der Übersetzungen sei hier geschwiegen).
Somit steht es jedem frei zu wählen, wie GROSS die AUSWAHL an Rollenspielen denn sein soll, die ihm zur Verfügung steht. - Mehr Fremdsprachen, mehr fremdsprachliche Rollenspiele, die man kennen- und schätzenlernen kann. - Wer mit einer kleineren Auswahl zufrieden ist, den stört es ja nicht, keine Ahnung zu haben, was sonst in der Welt an Rollenspielen gespielt wird. - Aber wer mehr über die große, weite Welt der Rollenspiele wissen will, wer seinen Horizont von der Deichkrone oder den Voralpen mal ein wenig erweitern möchte, für den bietet das internationale, reichhaltige Angebot an Rollenspielen so manchen Lichtblick, den er im Tal der Fremdsprachlosen nicht hätte.