Mir persönlich gefällt die Darstellung von Wahnsinn dann am besten, wenn es bloß einen banalen Perspektivwechsel benötigt, um von „unterhaltsam“ oder „lustig“ auf „tragisch“ oder „grausam“ zu schalten....und das auch hin und wieder dargestellt wird. Dieser Moment, wenn mir als Zuschauer bewusst wird, dass der Wahnsinn an sich alles andere als lustig ist, hinterlässt bei mir eine intensivere und beklemmendere Wirkung, als es eine Charlie Chaplin Imitation je könnte. (Letztere will ja auch eine vollkommen andere Zielgruppe abholen.)
Harley Quinn ist dann am stärksten, wenn sie diese kurzen Momente hat, in denen sie an ihrer Liebe für den Joker zweifelt. In denen ihr bewusst wird, dass er sie missbraucht. In den Momenten, wenn sie sich dann wieder dem Joker zuwendet, wenn sie sich zurück in diese „Liebe“ flüchtet, statt sich einzugestehen, was er ihr tatsächlich antut – woran sie wahrscheinlich zerbrechen würde -, dann ist sie keine kleine, lustige Sidekick Gestalt, die mit einem großen Hammer um sich schlägt und mit nerviger Singstimme Kinderlieder trällert. In diesen Augenblicken ist sie eine tragische, starke Figur, die ein wirkliches Problem hat, aus dem sie niemals entkommen wird.
Der Joker hingegen definiert sich nicht durch seine persönliche Tragik. Er definiert sich durch die Tragik, die er anderen antut. Der Joker personifiziert das, was in L5R einmal schön als ein Beispiel für Horrordarstellungen angeführt worden ist: Ein kleiner, grüner, albern grinsender Goblin mit einem Messer ist lächerlich und stellt keine Gefahr dar. Stellt man den gleichen Goblin jedoch in der Nacht an die Wiege eines neugeborenen Babys, ist das eine vollkommen andere Situation. Und genau DAS ist der Joker. Er ist nicht tragisch. Er ist Horror. Und gerade die Leichtigkeit und Komik der Figur benötigt nur einen Schauplatzwechsel, um plötzlich ganz und gar bösartig und grausam zu werden.
Und so ähnlich ist es auch mit den meisten anderen, wirklich guten Wahnsinnigen: Diese kurzen, tragischen oder grausamen Momente sind es, die sie wirklich mit Leben erfüllen. Die sie glaubwürdig werden lassen. In denen wir uns mit ihnen oder ihrer Umwelt wirklich identifizieren können. Der Wahnsinnige selbst darf gerne situationsbedingt auch unterhaltsam bis lustig dargestellt werden. Aber sobald der Kern der Figur – der Wahnsinn -, sich nicht deutlich von Komik abhebt, sobald er ins Lächerliche gezogen oder ignoriert wird, bleibt von einem tragischen oder schrecklichen Charakter nur eine lustige Cartoon Figur aus dem Kinderfernsehen übrig. Dann haben wir es nicht mit einer tragischen Harley Quinn oder einem schrecklichen Joker zu tun, sondern mit dem Ensemble der Looney Tunes, die all den Wahnsinn haben, ihm aber die Ernsthaftigkeit nehmen, um „nur“ spaßig zu sein.
In einem Setting wie der World of Darkness finde ich solche Figuren schlicht unpassend.