Ich habe es jetzt am WE auf der Karota anspielen können.
Kommen wir erst einmal zum guten Teil:
Die Welt ist wirklich klasse. Die Idee eines verfremdeten, klischeebeladenen Europas hat etwas für sich, und das Artwork macht einem wirklich Lust sich einen intriganten Kardinal, eine dekadente Hofschranze, einen tollkühnen Piraten oder einen ehrenhaften Edelmann zu erschaffen und sich ins Abenteuer zu stürzen.
Die Flavourtexte sind stimmig - beim Überfliegen des Spielerhandbuchs hab ich den Teil über Seemannsaberglauben geradezu in mich aufgesogen.
Die Länder hängen zu eng zusammen um Raum für haufenweise Seefahrt zu schaffen - Gift für echtes Piratenspiel.
Was noch sehr positiv erwähnt werden muss ist dass bewußt auf nichtmenschliche Rassen wie Elfen und Zwerge verzichtet wurde. (Gut, es gibt in Pseudo-England die Sidhe, aber das ist eher ein Mysterium das nichts mit spitzohrigen Baumfickern zu tun hat und vor allem nicht in Spielerhänden landet.)
Wenn die Setting noch über ein Äquivalent zu Afrika und der Karibik verfügen würde(meinetwegen auch sehr gerne mit Klischees wie menschenfressenden Stämmen und uralten Tempelanlagen mit Indy-Jones-Fallen) wäre sie top, so ist sie aber "nur" eine solide Basis für rein europäisches Swashbuckling.
Nun kommt das Grauen: Das System. Es ist zu umständlich und komplex um genau das zu ermöglichen was für Swashbuckling dazu gehört: Schnelle und unkomplizierte Action, unerschrockene Edelleute die sich in letzter Minute am Kronleuchter in den Thronsaal zu schwingen um den intriganten Schurken zu entlarven und tollkühne Fechtduelle mit Finten, Entwaffnungen und Tanz auf der Takelage.
Poolsysteme sind generell meiner Erfahrung nach eher langsam, und wenn dann auch noch die besten Würfel rausgesucht werden müssen ist das Tempo erstickt ehe es schon wirklich aufgekommen ist.
Noch ein Schwachpunkt am System ist dass man als Anfänger kaum in der Lage ist einen kompetenten Charakter zu erschaffen. Meine ussurische Halbblut-Tiermagierin hat Golfbälle durch Gartenschläuche gesaugt, und ihr einziger Trick war die unsichere Verwandlung in einen Wolf was alle Dramapunkte frisst und sie abgesehen von der Fähigkeit Spuren zu erschnüffeln weitgehend noch stärker saugen lässt. [Sarkasmus]Hoodyhoo, genau so muss ein Protagonist in einem Swashbucklingszenario geschaffen sein.[/Sarkasmus]
Fazit: Das Setting hätte mit leichten Änderungen und etwas Erweiterung um außereuropäische Regionen echtes Potential und ist auch für sich selbst ganz nett.
Was mich aber ganz klar von einem Kauf abhält ist das Regelsystem, und ob das Setting für sich alleine 30-60 Ocken wert ist wage ich zu bezweifeln.
Mit einem schlichteren und cineastischeren System wie Wushu würde ich gerne 7th Sea erneut angehen, aber so bleibt es bei einem "Ich habe es jetzt auch mal gesehen, ist nett, aber an meinen Geldbeutel geht das Zeug nicht".