Kampf und Gewalt der Kern jedes Rollenspiels?

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Schaut man sich Rollenspiele an, dann nehem die Kampfregeln oder Verletzungs relevante Regeln und die Charaktererschaffung oft den großteil der Eigendlichen Regeln ein. Von der Textmenge sind es zwar meist die Fähigkeiten und Vorteile die am meisten Raum brauchen, aber das sind oft eher Beschreibungen als echte Regelmechanismen (Oft steht ja wie man Fähigkeiten einsetzt und wie Proben gewürfelt werden an allgemeiner stelle)

Schaut man sich Erweiterungsbände an (Abenteuer mal ausgenommen) dreht sich der größte Teil der Regeln um weitere Kampfmanöver und wenn ein Rollenspiel mit einer Ausrüstungs sparte kommt sind fast immer gefühlte 3/4 von dem was was beschrieben wird Waffen oder Rüstungen.

Bei Fantasy Spielen neigt Magie ebenfalls primär dazu da zu sein seine Umgebung in Schutt und Asche zu legen. (Wenn ich es noch richtig in erinnerung hab bietet DSA da sogar noch eine ausnahme weil mehr nicht kampf Relevante Zauber -zumindest in den Grundregeln zur Magie- drin sind, zumindest ist es mir so im gedächtnis geblieben)

Sicher Gewaltätige Konflickte sind oft der Teil des Spiels der die klarsten Regeln braucht, immerhin gehts darum ob Charaktere als Sieger oder Leiche aus dem Kampf gehen. Aber braucht man wirklich einen solchen Fokus?
 
Es braucht zumindest harte Konflikte, denn alles weiche, was ich auch im RL haben kann, ist wenig spielinteressant.

Kampf ist da ein naheliegendes Mittel, das sich auch noch recht einfach umsetzen lässt z.B. im Gegensatz zum sozialen oder verbalen "Duell".
Da die Konflikte auch outgame ein Reibungspunkt sind, sollten die Regeln klar und nachvollziebar sein. Eben eine verlässliche Regelgrundlage zum Auflösen dieser Konflikte. Das braucht dann seinen Platz.
 
Kampf, das heißt die existentielle Bedrohung der Spielercharaktere, ist ein verbreitetes Spannungsmittel. Wie im Film, in Comics, in Büchern halt auch.

Aber es gab und gibt schon LANGE Rollenspiele mit anderen Schwerpunktsetzungen. - Aktuelle Beispiele, die bei mir im letzten halben Jahr so gespielt wurden: Smallville, Leverage, HeroQuest 2.0, Deadlands:Noir.

Rollenspiele, die eher abstrakte Konfliktabwicklung beinhalten oder bei denen es um Erzählrechteverteilung geht, haben sowieso keinen besonderen regelmechanischen Schwerpunkt auf Kampf als physischem Konflikt, sondern da sind alle Arten von Konflikten gleichberechtigt behandelt und werden nur abhängig vom Setting und der konkreten Kampagne unterschiedlich gewichtet ins Spiel gebracht. Eine Soap-Opera-Spielrunde hat eben andere Konflikte als eine 2.Weltkriegs-Militär-Spielrunde.

Daß manche Regelsysteme mehr "Auswahl", mehr "Optionen" für Kampfabwicklung bieten, liegt daran, daß es eben die Taktiker unter den Spielern mehr ansprechen soll. - Aber zum Beispiel Barbarians of Lemuria ist ein meist SEHR kampflastiges Sword&Sorcery-Rollenspiel, in welchem die Kampfszenen ohne VOR einem Wurf auszuwählende Optionen taktischer Art abgewickelt werden, sondern es werden über Beschreibungen NACH dem Wurf variantenreiche Kampfszenen erzählt.

Die "Menge" an Kampfregeln und Optionen dafür ist KEIN Anhaltspunkt dafür, wie kampflastig ein Rollenspiel ist.

So hat z.B. Classic Traveller eine ganze Menge Kampfregeln, aber der Kampf ist dort so tödlich, daß er SELTEN als "Lösung" für Konflikte verwendet wird. Der Schwerpunkt ist dort bei anderen Konfliktlösungen als den gewalttätigen, auch wenn eben viel mehr Regelvolumen auf Kampf angeboten wird.



Letztlich ist es doch eine Frage des GENRES, des konkreten SETTINGS, der "Härte" (Tödlichkeit) des Settings und den konkreten Entscheidungen des jeweiligen Spielers.

Offenbar macht vielen Spielern das Ausspielen von Kampfszenen einfach SPASS! - Wie ja auch in Filmen, Computerspielen, Comics, Büchern, usw. die Kampfszenen als Spannungselement gerne und reichlich eingesetzt werden.

So what?

Kampf ist spannend und macht im Spiel einfach Spaß.

"Braucht man wirklich einen solchen Fokus?" - Ja. - Seit den klassischen, antiken Heldensagen ist das Schildern von drastischen, spannungsgeladenen, dynamischen Kampfszenen eines der Grundmittel und der Grundinhalte der ERZÄHLKUNST.

Was für die Menschen seit mehreren Jahrtausenden interessant, unterhaltend, mitreißend und berührend war, ist auch heute noch aktuell stark wirkendes Element von Geschichten.

Nochmals: So what?
 
Hier ein Beispiel für ein RPG (das sind die kompletten Regeln), ohne Kampf und Gewalt... Obwohl jemand sterben kann:

Der Spielfokus ist hier ein komplett anderer... Und ich glaube, es ist unglaublich schwer bei diesem Spiel nicht zu Lachen und sich zu amüsieren!

Boredom

Choose the most boring person to read the rules. This is boring.

This is a game for 5 or more people. It lasts for 15 minutes.

The sole purpose of this game is to make you feel bored.

The setting:

It's Saturday night. Party night. You all agreed to meet but didn't establish what you should do. You feel the evening pass by slow. Very slow.
You all have suggestions on what to do. They are all boring, or just not good enough.

The game:

In the game all players make suggestions on what to do. The most boring player starts. After a suggestion everyone should be quiet for about 30 seconds.
When you are quiet try not to do much. Play with your cellphone (it's boring). Read covers on boring books. Try to find a stain on your shirt. Avoid eye contact.

When the time has passed all the other players should come up with reasons to why they don't want to do the activity. Maybe it's to expensive, to far away or the place is closed.

After this have one minute of quiet, then the next person makes a suggestion. Have the "suggestion, quiet, answer, quiet, suggestion" round for the rest of the game.

Dying of boredom:

It you feel the boredom is too much you can choose to die. Don't make a big fuzz. Even dying is boring.


The game ends after 15 minutes or if all players have died from boredom.
Ein RPG Poem von Lasse
Quelle: http://story-games.com/forums/discussion/6545/the-role-playing-poem-challenge/p1




Und nur um es ganz deutlich zu machen: ICH FINDE DIESES SPIEL WIRKLICH GROßARTIG!!!
 
Geschichten brauchen Konflikte - innere und/oder äußere.
Und ein fiktives Leben zu riskieren, zu retten oder auch zu beenden ist aufgrund seiner möglichen Einmaligkeit und Endgültigkeit ein verdammt einfaches Mittel um Spannung zu erzeugen, da das "jetzt geht es um alles oder nichts" direkt beinhaltet ist.

Kurz:
Ich kann mit 10 Minuten Vorbereitung einen spannenden Action-Oneshot basteln, bei dem ne Handvoll SCs irgendwas stürmt, was mit irgendwas Bösem gefüllt ist... wenn ich dafür nen Regelmechanismus zur Verfügung habe, der sich einfach umsetzen lässt, taktisch ein wenig Variation zulässt und intuitiv von der Hand geht.
 
Kampf ist spannend und macht im Spiel einfach Spaß.

"Braucht man wirklich einen solchen Fokus?" - Ja. - Seit den klassischen, antiken Heldensagen ist das Schildern von drastischen, spannungsgeladenen, dynamischen Kampfszenen eines der Grundmittel und der Grundinhalte der ERZÄHLKUNST.
Nein, braucht man nicht.
Denn wenn man sich viele normale Serien oder auch Filme ansieht kann man beobachten das dort mitunter ein Kampf fehlt.
Zumindest gab es weder in Slumdog Millionär noch in Anna Karenina bemerkenswerte Kampfszenen.
Dennoch waren beide Filme doch dynamisch, in ihrer Art und Weise spannend, und gerade die Vorlagen zeichnen sich nun (imho) nicht gerade durch eine miese (oder flache) ERZÄHLKUNST aus.
 
Die Sache ist: Die größten und bekanntesten RPGs sind im Fantasy-, ScienceFiction- oder "Gangster"genre angesiedelt... Die nuneinmal von gewalt und Kampf als Stilmittel leben.

Es gibt auch andere, mit anderen Genren, oder Spielfoki, die dazu keine Regeln brauchen.

Zum Beispiel bräuchte ein Terry Pratchett - Scheibenwelt RPG keine Kampfregeln... Dazu sind die Kampfszenen nicht wichtig genug. "Knofliktlösungsmechanismen" anderer Art jedoch sehr wohl.
 
Ohne Gewalt und Kampf kein richtiges Rollenspiel. Die meisten wirklich spannenden Geschichten haben starke Gewaltelemente. Warum soll das beim Rollenspiel anders sein? Außerdem sind 95% der Rollenspieler keine guten Schauspieler und nicht in der Lage ein fesselndes gewaltfreies Spiel zu fabrizieren.

Und an Zornhau: ich muß Dir hier nur eingeschränkt recht geben. Gewisse Spielsysteme wie old Traveller oder BRP sind dermaßen tödlich, daß Kämpfe sicher seltener vorkommen, bzw. von den Spielern vorsichtig vermieden werden. Allerdings sind sie trotzdem voller latenter ("was wäre wenn?"), heimtückischerer - und daher vielleicht sogar realistischerer - Gewalt.
 
na die großen Kämpfe vorbereiten|D
hehe, na ein bisschen was wahres ist da durchaus dran. Im Moment versuchen die SCs aber mit Hilfe der diplomatisch isolierten Tremere einen zum Tode verurteilten Toreador zu befreien - so dass es niemand merkt.

Kampf wäre da wie so oft in unserer Chronik wohl das allerdümmste.

Und somit kann ich dann zumindest insofern zustimmen, als das auch bei uns Kampf indirekt ein wichtiges Mittel zur Spannungserzeugung ist:
Die Spieler wissen, dass wenn ihre SCs bei ihren Plänen sich zu offensichtlich mit jemandem anlegen, wird der irgendwann dafür sorgen, dass sie kämpfen müssen.

Darüber hinaus denke ich aber, dass schonmal die gesamte WoD mit ihrer gleichwertigen Dreiteilung der Attribute in "körperlich-geistig-gesellschaftlich" ziemlich deutlich aufzeigt, dass man auch die Konflikte nicht bloß auf eine der Kategorien reduzieren sollte - sonst schauen 2/3 der Charaktere ziemlich blöd aus der wäsche.

...wobei ich mir durchaus bewusst bin, dass selbst die meisten WoD-Spieler einen gesellschaftlichen SC eher als Fluffcharakter und einen körperlichen als Powergamer-SC einordnen.
In meiner Chronik würden die mit dieser Taktik allerdings ziemlich alt aussehen und nicht wirklich was reißen.
 
Also ohne tierisch gesellschaftlich zu spielen hat meine Tzimisce in unseren letzten Dark Age Plot sowie dem aktuellen nicht einmal ihre Zulo Gestalt eingesetzt oder richtig gekämpft.
(Allerdings haben wir einen Vohdz unter einem Turm begraben und einen Tremere mit klaren Tötungsabsichten in einen wütenden Mob geschubst, ... oh und der Mob war da auch wegen uns und "unserer" Armee XD - nicht wirklich unsere)
 
enpeze schrieb:
Ohne Gewalt und Kampf kein richtiges Rollenspiel.

*schauder*

Die meisten wirklich spannenden Geschichten haben starke Gewaltelemente.

Gewalt hat aber glücklicherweise keinen Eigenbezug ausschließlich zu Kämpfen. Politspiel oder auch alternative Herangehensweisen können durchaus reizvoll sein. Spiele wie "Hunter: the Reckoning" haben auch einen ziemlich hohen Charakterverschleiß, wenn die ungebremsten Kämpfer das Sagen haben.

Warum soll das beim Rollenspiel anders sein?

Weil festgelegte Richtungen langweilig sind. Spiele ich alle Rollenspiele ausschließlich mit der Prämisse, dass gekämpft werden muss, dann ist das lediglich ein Spielstil. Es gibt aber genügend andere Leute, die soetwas nicht oder nur sparsam eingesetzt benötigen.


Außerdem sind 95% der Rollenspieler keine guten Schauspieler und nicht in der Lage ein fesselndes gewaltfreies Spiel zu fabrizieren.

Dieselbe Anzahl Rollenspieler sind ebensowenig gute Taktiker oder verstehen etwas vom Kämpfen. Man muss kein Schauspieler sein - es reicht, wenn beschrieben wird was passiert. Stimmenverstellen, epochale Reden oder sowas müssen nicht vom Spieler akkurat vorgetragen werden. Genausowenig wie beim Kämpfen verlangt wird, dass Spieler und Spielleiter sich prügeln ;)
 
Dieselbe Anzahl Rollenspieler sind ebensowenig gute Taktiker oder verstehen etwas vom Kämpfen.
Da interessiert es aber kein Schwein.

Man muss kein Schauspieler sein - es reicht, wenn beschrieben wird was passiert. [...]
Wenn man sich die leidigen Diskussionen zu dieser Thematik noch einmal ins Gedächtnis ruft, ist das mit Sicherheit eine Ansicht, die von einer ganzen Reihe von Rollenspielern nicht geteilt wird. Daß solche Leute ein "Den Zwölfen zum Gruße" dann für stimmungsvolles Rollenspiel halten, ist ja erst einmal ein ganz anderes Problem.
 
Niedertracht schrieb:
Wenn man sich die leidigen Diskussionen zu dieser Thematik noch einmal ins Gedächtnis ruft, ist das mit Sicherheit eine Ansicht, die von einer ganzen Reihe von Rollenspielern nicht geteilt wird.

Um so wichtiger dieses immer mal wieder ins Gedächtnis zu rufen ;)


Da interessiert es aber kein Schwein.

Warum eigentlich nicht?
 
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