Die Gewichtung von Alignments in den Spielrunden hängt SEHR von der verwendeten D&D-Regelversion ab.
In älteren D&D-Versionen, wo es teils nur drei Alignments (Chaotic, Neutral, Lawful) gab, war die Frage nach Gut und Böse nicht prominent.
Das war bei den D&D-Versionen mit den vollen neun Alignments, d.h. mit der Gut-Böse-Achse plus der Chaotisch-Rechtschaffen-Achse anders.
Im alten AD&D 1st Ed., das wir zu Schul-Zeiten und Uni-Zeiten LANGE gespielt hatten, waren Alignments SEHR wichtig. Wir hatten für jeden Charakter einen "Alignment-Graphen" (auf Millimeterpapier) geführt. Unterschiedliche Handlungen haben das effektive Alignment des Charakters beeinflußt und wurden auf dem Graphen eingetragen. Das hatte in manchen Fällen dazu geführt, daß ein Charakter sein Alignment durch die vom Spieler initiierten Aktionen gewechselt hat - mit den bei AD&D durchaus harschen Konsequenzen. - Gerade das Führen eines Alignment-Graphen machte das Spielen eines Lawful-Good-Paladins oder eines True-Neutral-Druids zu einer echten Herausforderung. Man mußte sich wirklich intensiv darum kümmern, sein Aligment zu behalten.
Beim aktuellen D&D 5E sind die Alignments nicht mehr so relevant, mehr eine "Idee", aber nicht durch systemseitige Elemente wie "Know Alignment"-Zauber oder magische Gegenstände, die nur bei bestimmten Alignments funktionieren unterfüttert. Daher kann man bei D&D 5E auch wesentlich lockerer mit dem Alignment umgehen - wenn man möchte.
Für mich ist das Alignment bei D&D ähnlich wie in Fate ein "moralischer Aspekt". Ich kann ihn per (Self-)Compel erzwingen, d.h. "suboptimale" Entscheidungen treffen, da mein Charakter eben moralisch zu bestimmtem Verhalten angehalten ist, oder ich kann ihn per Invoke positiv einsetzen, indem sich mein Charakter mit ähnlich eingestellten Leuten (NSCs) assoziiert und so Bündnisse und Beziehungen bildet.
In anderen Rollenspielen, wie z.B. dem von mir aktuell meistgespielten Conan 2D20 Rollenspiel, haben die Charaktere ja KEINE Alignments, KEINE moralische Ausrichtung. Das führt dazu, daß jeder Spieler im "moralisch luftleeren Raum" die Werte und Normen, an denen sich sein Charakter orientiert, irgendwie aus dem Ärmel schütteln muß. - Mit der Folge, daß manche Spieler (für meinen Geschmack viel zu oft) antisoziale marodierende Mordgesellen spielen. Statt eines Conan, der zwar weder Recht noch Gesetz achtet, aber einen eigenen Ehrenkodex und eigene Moralvorstellungen hat, kommt hierbei leider öfter ein menschenverachtender Unsympath ohne jegliches postives Merkmal heraus.
Natürlich KANN man auch ohne Alignment sympathische, kooperierende und menschliche ansprechende Charaktere mit im Spiel eingebrachten Moralvorstellungen spielen. Aber allein die Existenz von Alignments hilft gerade für Spieler, denen dieser Aspekt ihres Charakters nicht so leicht zu definieren ist, Charaktere zu schaffen und zu spielen, die plastisch wirken, statt platte "wandelnde Kampfwerte" darzustellen.
Man braucht keine Gesinnungen, wenn alle Spieler sich wirklich Gedanken darüber machen, was die Werte und Normen, denen ihre Charaktere folgen, anbetrifft. Beim Spielen in Glorantha kommt dies automatisch durch die sehr breit ausgearbeiteten Kulturen, denen die Charaktere entstammen. Bei D&D bietet selbst ein Spielwelt-Monstrum wie Forgotten Realms leider nicht annähernd genügend Informationen über die Kulturen dieser Spielwelt, um den Spielern genügend Anhaltspunkte für das Ausgestalten der moralischen Landschaft ihres Charakters zu geben. - Die Alignments sind da geradezu die simpelste "Krücke". Aber nicht jeder kann oder will ja einen Charakter mit so vielen unterschiedlichen Aligment-Achsen wie in King Arthur Pendragon spielen. Dort gibt es nämlich weit mehr als die simplen zwei Achsen von D&D.