Ging die MAGIE verloren?
Ich war mir nicht sicher, ob ich diesen Beitrag in dieses Thema "Erstkontakt mit Rollenspielen heute" schreiben soll. Vor mir haben manche anderen Beitragenden schon auf ihre Erinnerungen, ihre persönliche rollenspielerische Vergangenheit Bezug genommen, so daß ich es letztlich doch hier für passend halte etwas zu schreiben, was mir schon länger auf dem Herzen liegt.
Ging die MAGIE verloren?
Das frage ich mich gerade an diesen für Kinder (meist) immer noch mit einem "magischen Gefühl" verbundenen Weihnachtstagen. Dieses besondere Gefühl zur Weihnachtszeit, diese seltsame Stimmung aus Lichtern in der Dunkelheit der kurzen Tage, diese freudige ERWARTUNG mit etwas BESCHENKT zu werden, was man nicht ahnen kann, was einen ÜBERRASCHEN wird. - Dieses MAGISCHE Gefühl der Weihnachtszeit hat für mich auch lange, lange Zeit das Rollenspielhobby geprägt.
Früher war Rollenspielen wie die Beschäftigung mit einer arkanen Kunst
Die Deutschen sind es GEWOHNT von Fernsehen über Kino bis Computerspiel ALLES, aber auch wirklich ALLES synchronisiert bzw. übersetzt dargeboten zu bekommen. Das ist im Kino und Fernsehen schon lange so - im Rollenspiel war das früher aber ANDERS!
Ich hatte in der Schule Englisch abgewählt, weil ich lieber Latein und Russisch mochte. Aber mein Englisch ist mußte ich durchweg fit halten, weil es damals (außer Midgard und Abenteuer in Magira) NUR ENGLISCHSPRACHIGE Rollenspiele gab!
Wer Rollenspiele spielen wollte, der MUSSTE Englisch lernen! (Und als alter CoSim-Intensivspieler mußte ich das natürlich für die CoSims erst recht.)
Die Rollenspieler auf den ersten Cons im Norden (STARD kennt man sicher noch), hatten NICHT "rumgezickt", wenn es ein neues Spiel gab, dessen Regeln nur auf Englisch zu haben waren. Bis auf den A5-Bänden von Midgard 1 und AiM waren ALLE Rollenspiele auf Englisch!
Da gab es kein Genörgel, daß ein Rollenspielprodukt nicht auf Deutsch zu haben sei, daß man nichts spielen wolle, was einen - noch so simplen - englischen Charakterbogen verwende, usw.
Früher sind wir bei brusthohem Schnee zum telefonzellenkleinen Laden gestapft (kennt jemand heutzutage überhaupt noch Telefonzellen, post-gelb, mit Tür, nicht solche freistehenden Verbal-Urinale, wie man sie heute findet). Dort haben wir dann englische Rollenspiele gekauft und daheim mit dem Schulwörterbuch daneben liegend versucht aus den GEHEIMNISVOLLEN Texten den tieferen Sinn zu erschließen, der es uns erlauben würde in neue, fremde, phantastische Welten einzutauchen. Diese Spielerfahrung war all die Anstrengung vor der ersten Spielsitzung wert. Es waren MAGISCHE ZEITEN für die jungen Rollenspieler hierzulande.
Magisch, weil man als Spieler noch nicht "abgehärtet" war durch die Kenntnis hunderter Rollenspiele, auf die man als Alter Sack (tm) zurückblicken kann. Es gab noch soviel NEUES zu entdecken. Das UNBEKANNTE, die Grundvoraussetzung eines jeden Abenteuers, lag allein schon im - meist spärlich bis nicht bebilderten - Regelbuch. Sich dieses Buch ZU EIGEN zu machen, es mit Wörterbuch, Notizzettel und Zeit des Studiums als einen SCHLÜSSEL zu formen, mittels dessen man in die phantastischen Welten, die es einem zu erreichen versprach, gelangen konnte, das war ein Abenteuer für sich.
Ein neues Rollenspiel gab RÄTSEL auf. Wie waren die Regelmechanismen zu verstehen, wie spielt man das, wie geht das? Und mit dem ENTRÄTSELN dieses arkanen Werkes lernte man die ZAUBER, die darin verborgen waren.
Es waren Illusionszauber, Teleportzauber, Beschwörungen, Verwandlungen, usw. - Man konnte damit die Illusion fremder Welten erschaffen, seine Freunde verwandelten sich in seltsame Charaktere in diesen Welten, sie umgaben sich mit Mächten an der Grenze der Vorstellungskraft und alle, die gesamte Gruppe, wurde im Spiel in diese Welten versetzt. - MAGIE.
Kein Leistungsspiel, sondern Spielfreiheit, Freiräume zu sein, was und wer man will
Das Spielerlebnis war sicherlich nicht immer das, was ich heute nach meinen heutigen Qualitätskriterien als eine gute Spielsitzung bezeichnen würde. Pubertierende (meist) Jungs haben oft genug abweichende Interessen, die schnell im Spiel hochkommen und die Konzentration in andere Bahnen lenken. Aber das Spiel war entspannt, ein Kontrast zur Schule als "Leistungsraum", wo nur die harten Zahlen, das Vorankommen, die Noten zählten, war es im Rollenspiel trotz "Belohnungsmechanismus" via XP kein "Leistungsspiel", sondern ein entspanntes miteinander Spielen.
Das Spiel, die Regeln, die es zu einem Spiel machten, statt nur miteinander "abzuhängen", gab den Rahmen, vermittelte die FORMELN zur Verwandlung der Spieler in den Charaktern, der ihm vorschwebte. Man konnte ALLES sein und ALLES tun. Die FREIHEIT des Spielers kannte KEINE Grenzen! Die Regeln sorgten dafür, daß die eigene Grenzenlosigkeit nicht den anderen Mitspielern auf die Nerven fiel. Die Regeln waren die GESETZE DER MAGIE, nach denen die Gruppe ihren gemeinsamen Zauber wirken konnte.
Und es gab Momente, wo man gemeinschaftlich "ganz versunken" war. Wo ALLE in der Spielrunde in der fremden Welt, in fremden Universen mit fremdem Aussehen, fremden Mächten in fremden Gesellschaften unterwegs waren. - Diese Erlebnisse, bei mir aus Gamma World, (A)D&D, Traveller, Star Frontiers, Midgard 1, usw. stammend, waren es, die mich für das Hobby Rollenspiele so intensiv begeistern konnten, daß ich es auch über 30 Jahre später immer noch betreibe.
Keine Magie ohne Opfer
Der Zauber funktioniert nicht "auf Knopfdruck". Was auf Knopfdruck funktioniert, das erweckt nur den SCHEIN von Magie (für die Alten: Catweazle und die Glühlampe).
Das Opfer, was die Magie des Spiels benötigt, ist ZEIT.
Zeit zum Erschließen der mysteriösen Regelbücher, Zeit zum Kennenlernen der jeweiligen Spielwelten (für die Spieler UND den Spielleiter erst wirklich im Spielen in der Welt), Zeit für das gemeinsame Miteinanderspielen.
Mit dem Alter, mit Familie, Beruf, anderen Verpflichtungen wurde die Zeit immer knapper. Zu knapp sich noch wie früher durch viele, viele Seiten Rollenspielmaterial wieder und wieder durchzuarbeiten. - Wobei: Früher waren die Produkte auch nicht so umfangreich/aufgebläht wie heute. Mir haben 59 Seiten Gamma World 1st Ed. wirklich JAHRELANGEN Spielspaß geboten. Meine beiden Midgard 2 Bände sind regelrecht "zerlesen" vom jahrelangen intensiven Gebrauch auch abseits der Spielsitzungen.
Kann man keine Zeit mehr opfern, dann kann man nicht den magischen WIDERSTAND, den ein Rollenspiel einem entgegenhält, bevor es "zuläßt", daß man sich seiner Formeln, seiner Zauber bedient, überwinden. Man kann sich die Zauber nicht mehr erschließen. Ohne Zeit, keine Magie.
Ein "Lösungs-Ansatz": Leichtgewichtigere Regelwerke, die weniger Zeit erfordern sie sich spielbereit zu machen. - Nur: Je weniger Zeit man in das Erschließen stecken muß, desto weniger GIBT ES ZU ENTDECKEN! Das Erlernen eines allzu simpel gestrickten Regelwerks ist KEIN ABENTEUER mehr. Das UNBEKANNTE, das sich erst im Spiel mit Aha!-Erlebnissen erschließen läßt, gibt es kaum noch oder gar nicht mehr in solchen "Convenience-Produkten".
Das Unbekannte stellt keinen Widerstand mehr dar, es gibt kein Abenteuer beim Lesen/Erschließen eines Regelwerks, alles fällt einem zu, nichts muß ERRUNGEN, ENTRÄTSELT, ERKÄMPFT werden.
Ohne diesen Widerstand bekommt man etwas, was einem nur den SCHEIN bietet, aber NICHT den Zauber, den man aus den ERRUNGENEN, ENTRÄTSELTEN, ERKÄMPFTEN Geheimnissen der alten, mysteriösen Rollenspielbücher ziehen konnte.
Alte Regelwerke sind nur SCHEINBAR LEICHTGEWICHTIG. - Labyrinth Lord basiert auf B/X-D&D. Die Grundmechaniken sind für sich genommen einfach, ja simpel. Aber: WIE benutzt man sie? WANN benutzt man sie? WAS ALLES kann man damit machen? WIE wirken sie ZUSAMMEN? Und WIE ÄNDERE ich sie? - Das alles steht NICHT im Regeltext. Das alles MUSS man sich aber SELBST beantworten können, wenn man mit diesen alten Spielregelformeln MAGIE wirken möchte.
Der Zauber entsteht durch die EIGENE ENERGIE, den WILLEN, mit dem man sich das Regelwerk, sei es noch so unorganisiert und lückenhaft, zu seinem EIGENEN macht. Diese Energie in Vorbereitung, Hausregeln, Ad-Hoc-Regeln gesteckt, ist das OPFER an ZEIT, welches die eben nur scheinbar so leichtgewichtigen alten Regelsysteme erfordern. Sie benötigen dabei nicht weniger Zeit als ein umfangreiches, vielbändiges, aber alles mundgerecht servierendes Regelsystem.
Es ist die QUALITÄT der Zeit, die man damit verbringt, die den Unterschied ausmacht.
Stures Durchackern von Seiten um Seiten um Seiten wiederholender Zauberlisten ist nicht die Qualität, welche den Zauber zu erwecken vermag. Es sind die oftmals seltsam formulierten, löchrigen, dehnbaren, interpretations-BEDÜRFTIGEN Abschnitte, die man wieder und wieder lesen, im Spiel ausprobieren, sich zurechtbiegen und zu seinen EIGENEN Regeln machen muß, will man die MAGIE aus diesen kryptischen Texten entschlüsseln.
Nicht die MENGE an Zeit ist hier allein das Entscheidende, sondern WOFÜR man sie aufwendet!
Ich ziehe auch heute noch die Pen&Paper-Variante den vielen Computerspiele-Varianten (und auch LARP) vor. Und das, obwohl ich nicht gerade viel Zeit frei habe, mich mit Familie, Beruf und anderen Hobbys zu befassen. Das liegt daran, was mir dieses aufwendige und ANSTRENGENDE, aber auch zauberhafte, ja MAGISCHE Hobby zurückgibt.
Heute kommt das Rollenspiel aus der Konsole. Und selbst die Anleitung für solche Computerrollenspiele zu lesen, scheint schon zuviel erwartet zu sein. Es muß immer zugänglicher werden. - Ich habe mir das eine ganze Zeit über auch so gewünscht. Ich wollte mehr SCHNELLEREN Zugang zum Rollenspiel, daß ich meine Begeisterung für das Hobby mit umso mehr Leuten teilen könne.
Aber ist ein solches "Instant-Aufgieß-Tüten-Rollenspielprodukt" noch das, was ICH als Teil MEINES Hobbys empfinde?
Es ist schnell. Ja.
Es ist zugänglich. Ja.
Jeder versteht sofort alles, was nötig ist, um es zu spielen. Ja.
Dann MUSS es doch ein tolles Rollenspiel sein!
Nein.
Sogar eher im Gegenteil!
Es ist schal. Flach. Ohne Eigengeschmack. Immer gleich. Ohne Persönlichkeit. - OHNE MAGIE!
Spielte man früher dasselbe Spiel bei zwei unterschiedlichen Spielleitern, dann war es NICHT dasselbe Spiel! - Jeder Spielleiter, jede Gruppe hatte sich dieselben Texte durch ihren Umgang, ihre Interpretation, ihre Handhabung ZU EIGEN gemacht. Und das spürte man. - Das machte gerade Con-Besuche so spannend, weil man nie wußte, wie die nächste Runde im bekannten System wirklich sein würde.
Durch extreme rollenspielnahe Spielformen, die den Spielleiter nur in festen Bahnen feste Stationen ablaufen lassen, bekommt man KEIN PERSÖNLICHES Spiel mit dem Spielleiter mehr, dafür aber eine garantierte "Quality of Service". Das ist nur einen kleinen Schritt vor dem ELIMINIEREN des Spielleiters und "Outsourcen" dessen Aufgaben an ein IT-System - ein Computerrollenspiel (im Multiplayer-Modus).
Durch Rollenspiel-"Convenience-Produkte" geht die MAGIE verloren und wird durch kalte Technik ersetzt
Magie ist IMMER etwas Persönliches. - Es ist der Zauber der Ausstrahlung der einzelnen Spieler, des Spielleiters, der Sympathie, die für das jeweilige Rollenspiel, die Spielwelt, die dortigen Kulturen und Kreaturen empfunden wird. - Das geht weit über das hinaus, was "gefühls-wirtschaftlich" unsinnigerweise als "emotional investment" bezeichnet wird. Eine Investition ist etwas, bei der man sich einen GEWINN erwartet. Das interessante ist aber, daß man sich beim Spielen KEINEN GEWINN erwartet, sondern ERLEBNISSE, GEFÜHLE, MAGIE! Und das ist eben nicht durch eine Kalkulation abwägbar! Grundsätzlich nicht.
Durch die "Chemie" einer Gruppe, die sich zum Spielen trifft, ENTSTEHT Rollenspiel als Hobby erst. - Ohne die Gruppe gibt es nur Bücher, Texte und Bilder, aber KEIN Rollenspiel. - Das Spiel ist das, was in einem geradezu ritual-magischen Anrufen der in den Büchern abgefaßten Formeln (Regeln) und unter dem Opfer an Zeit aller Spielenden (und mehr noch desjenigen, der die Spielleitung inne hat), entsteht. Gemeinsam MACHEN alle Spielenden erst das Spiel.
Und das ist anders bei "Convenience-Spielen". Die sind schon FERTIG. Die kann man nur BENUTZEN, aber NICHT ERSCHAFFEN. - Ein Lichtzauber ERSCHAFFT auf wundersame Weise Licht. Eine Glühbirne wird BENUTZT.
Welche Art von Spiel wollt IHR?
Ich weiß, daß ICH immer noch richtig VORFREUDE auf eine Spielrunde empfinde. - Ich empfinde freudige ERWARTUNG mit spannenden Abenteuern, anrührenden Geschichten, plastisch gespielten Charakteren BESCHENKT zu werden, mit etwas, was ich im voraus nicht ahnen kann, was mich ÜBERRASCHEN wird. - Dieses MAGISCHE Gefühl der Zeit vor einer Rollenspielsitzung ist es, was mich die vielen, vielen Jahre im Hobby gehalten hat.
Eine Spielrunde ist für mich wie Weihnachten. Es gibt feste Rituale (kein gemeinsames Singen, aber dafür Würfelrituale), es gibt ganz bestimmtes Essen, das ich außerhalb von Spielsitzungen nicht esse, es gibt das Unbekannte, daraus entsteht das Abenteuer, und es machen alle mit wie eine große FAMILIE (auch mit internen Spannungen und Reibungen - ist ja ganz normal). Und wenn alle ihre Zeit, ihre Bereitschaft, ihr Engagement aufwenden, dann passiert es: MAGIE!
Es entsteht das ROLLENSPIEL.
(Ich bin fast versucht zu sagen, es ist BESSER als Weihnachten!)
Und diese Art der Magie, dieser ZAUBER, der eine Runde auszeichnet, die miteinander mitten rein ins Abenteuer teleportiert, der wurde z.B. sehr schön in der ersten Spielrundenszene von Astropia eingefangen. Als Rollenspieler VERSTEHT man SOFORT, was dort passiert. Das Spiel läuft, es wurde aus dem NICHTS am Spieltisch gemeinsam von allen ERSCHAFFEN.
Computerspiel wird benutzt, Rollenspiel wird ERSCHAFFEN
Und das ist eben wirklich das BESONDERE am Rollenspielhobby im Unterschied zu reinen "User-Betätigungen" wie Computerspielen.
Das Thema hier ist "Erstkontakt mit Rollenspielen heute".
Da, wo heute "Rollenspiel" draufsteht, ist vielfach KEIN Rollenspiel drin. Das sind KEINE magischen Folianten, deren Studium die Spieler in die Lage versetzt SELBST das Spiel zu erschaffen, sondern es sind feste technische Abläufe, die man nur benutzt.
Zum ERSCHLIESSEN eines Rollenspielregelwerks OPFERT man Zeit und steckt so Energie hinein, die den Zauber des gemeinsamen Spiels bewirkt.
Beim BENUTZEN eines Computerspiels VERBRINGT (ja VERSCHWENDET) man Zeit und die aufgewandten Energien fließen einfach in "device null" ab.
Erfolgt ein Erstkontakt mit "Convenience-Produkten", mit allgegenwärtigen, nur einen Mausklick entfernten MMORPGs oder anderen Formen der Computer"rollen"spiele, dann stellt sich der Spieler auf eine "USER-Mentalität" ein. Er BENUTZT Spiele nur und erwartet, daß sie sich widerstandsarm von ihm benutzen lassen. Die Herausforderung ist etwas von den Spieleentwicklern bewußt ins Spiel Hineinentworfenes, an dem der Spieler seine LEISTUNG messen kann.
Ein MAGISCHES Rollenspiel ist KEIN "Fertigprodukt", sondern nur bestenfalls ein WEGWEISER, wie man zum eigentlichen Spiel in der Gruppe gelangen kann. Ein Erstkontakt findet daher meist über einen "Eingeweihten" statt, der sich bereits in diesen arkanen Formeln der Erschaffung des Spiels auskennt. Ein Spieler, der so mit dem Rollenspiel Kontakt bekommt, erfährt, daß es hier NICHT um das BENUTZEN geht, sondern um das AKTIVE MITERSCHAFFEN. Die Anforderungen, die OPFER an Zeit, Energie, Engagement sind ungleich höher und stellen einen WIDERSTAND dar. Überwindet der Spieler diesen Widerstand, dann hat er sich das Spiel ZU EIGEN gemacht. Dann kann er es, wann immer er möchte, erschaffen.
Beim Warten an der Haltestelle überlegt er, wie sein Charakter in der Magiergilde in den nächsten Zirkel aufsteigen könnte. Er überlegt, was es wohl mit dem seltsamen Ring, den sie aus den Nebelbergen geborgen haben, auf sich hat. Er überlegt, was sein Charakter für einen neuen Zauber erforschen soll. usw. - Das Spiel selbst hört nie wirklich auf! Aber in unsere Wirklichkeit kommt es NUR in der Gruppe, wenn alle gemeinsam das Spiel erschaffen.
Es ist eine Art MAGIE.
Bei esoterischen Künsten üblich, ist deren Vermittlung von Mensch zu Mensch die fruchtbarste. Die Erleuchtung aus reiner Schriftenlektüre ist erheblich zeitaufwendiger und schwieriger, wenn auch nicht unmöglich. Es hilft aber, wenn andere einem auf dem EIGENEN Weg, den man selbst im Hobby geht, ein wenig Geleit geben.
Und so ist es auch bei Rollenspielen.
Der WÜNSCHENSWERTESTE Erstkontakt ist immer der persönliche mit Rollenspielern, die einen einladen gemeinsam das Spiel mitzuerschaffen. Man wird dann gleich Teil der MAGIE des Spiels.
Computerspiele sind so anders, sind so rein auf Benutzung und nicht auf das ERSCHAFFEN ausgelegt, daß diese bestenfalls - bei angegebener Verwandtschaft zu richtigen Rollenspielen - die NEUGIER wecken könnten mal ein Rollenspiel auszuprobieren. Aber da sie einstiegshürdenarm, allgegenwärtig, allzeit verfügbar, bindungsarm und ohne Unsicherheit im Spielablauf sind, GEWÖHNEN sie ihre Spieler an die User-Haltung und lassen keine SCHÖPFER-Haltung zu.
Richtige Rollenspiele sind nicht problemarm! - Sie stellen Einstiegshürden auf, die auch für erfahrene Rollenspieler bisweilen recht hoch sein können. Sie sind nicht allgegenwärtig, sondern ein Nischenhobby, das man in manchen Regionen sowohl von den Läden, wie von den Aktiven her suchen muß. Sie sind nicht allzeit verfügbar, sondern man muß sich mit seinen Mitspielern je nach deren sozialer Lage zum Teil aufwendig abstimmen, bis ein Spieltermin ausgemacht ist. Beim Kampagnenspiel steht man in einer Art "Bindung" zu seinen Mitspielern, die man nicht hängen lassen sollte/darf, um ihnen nicht ihr Spiel zu verderben. Und wenn alles Zeitliche und alles Organisatorische zu einer Spielsitzung geklappt hat, dann ist immer noch nicht sichergestellt, daß es eine GUTE Spielsitzung wird, daß der Spielablauf jedem Spieler zusagt, daß die Magie für alle gleichermaßen befriedigend wirkt.
Aufwendig, schwierig, mit vielen Erfordernissen, und dann auch noch unsicher im Ergebnis. Rollenspielrunden. WIE MAGIE!
Und trotz aller Unwägbarkeiten, die eine Rollenspielrunde mit sich bringt, FREUE ich mich auf meine nächste Runde nach Weihnachten ... wie auf WEIHNACHTEN!