Dieselpunk-Settingidee.

Silvermane

Wahnsinniger
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22. Februar 2004
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Achtung, der nun folgende Text ist lang, sein Autor ein miesepetriger, uralter Exspielleiter der dich und dein Lieblingsspiel vermutlich auf den Tod nicht ausstehen kann, und dem zu allem Überfluss der Humor chirurgisch entfernt wurde. Weiterlesen daher auf eigene Gefahr.

~TL: DR-Kommentatoren werden Erschossen. Überlebende TL: DR-Kommentatoren werden solange erneut beschossen, bis sie endlich liegenbleiben.~

Inspiration. Manchmal geht sie extrem seltsame Wege. Laßt mich an dieser Stelle erst einmal zusammenfassen, warum zur Hölle ich ausgerechnet auf den Dieselpunk komme.

Angefangen hatte das Ganze wohl mit dem Konsum eines eigenwilligen französischen Egoshooters. Während mir also mal wieder die hübsch designten und IMHO völlig anachronistischen Waffen im unteren rechten Augenwinkel klebten, ging mir durch den Kopf das ich eigentlich gar keinen kontemporären Charakter in meinem Fundus hatte. He, dachte ich mir, daß sollte sich schnell und leicht ändern lassen...wie schwer kann das ganze sein. Ich brauche ein Genre.

Es folgte ein Abend langen Nachdenkens und einer zu großen, mit zuviel Knoblauch gewürzten Schale Baba Ghanoush, gefolgt von einer von Völlegefühl und Wachliegens geprägten Nacht, in der mir folgende Punkte klar wurden:

- Technothriller/Verschwörung wäre ein nettes Genre. Eventuell gewürzt mit einem Schuss Agentenfilm.
- Die aktuelle politische Gesamtsituation ungefähr so spassig zu bespielen wie eine mit rostigen Nägeln bespickte Streckbank.
- Der Gedanke, den willigen Handlanger irgendeiner kontemporären Regierung zu spielen ist schlicht ekelerregend.
- Die Nummer mit den pösen Terroristen aus Nahost ist abgedroschen und latent rassistisch, und das nicht auf die amüsante "alle Elfen sind arrogant und alle Zwerge saufen"-Art
- Die Schnüffeloptionen die es heuer "dank" Internet, Handy und rückgratloser Volksverarsche gibt sind vollkommen ausreichend, um einem in einem kontemporären Setting jeglichen kriminellen Spaß zu versauen. Smartphones und "lass meinen Char das schnell googeln" tragen auch nicht gerade zur Besserung meiner Spielleiterlaune bei.
- Auf der positiven Seite mag ich a) moderne Unterwäsche und b) die Ästhetik automatischer Waffen.

Angewidert von den Errungenschaften der modernen Kommunikationstechnik und Politik schaue ich nach Alternativen, bei denen ich a) meinen Thriller und b) fingerfertig aufzufummelnde Büstenhalterverschlüsse bekomme, ohne mich mit dem "wir müssen was gegen die pösen islamischen Terroristenkinderschändermassenmörderhenkernazis tun, lasst uns Megaupload dichtmachen!"-Aktionismus und Dingen wie dem US-Wahl(k)rampf mental auseinandersetzen zu müssen.

Alternativen müssen her. Immerhin ist das hier ein Fantasie-Rollenspiel, und da halte ich es doch mit der seligen Pippi Langstrumpf: "Ich mach mir die Welt, Wi di wi di wie sie mir gefällt."

- Man könnte das Szenario auf einen anderen Planeten verlegen, eine verlorene Kolonie. Das wirft natürlich wieder etliche nervige Hintergrundfragen auf: Wo kommen wir her, wie kamen wir her, wo zum Teufel ist mein Antimaterieblaster?
- Cyberpunk wäre ein "klassischer" Hintergrund. Leider devolutioniert Cyberpunk meist zur Frage, wer den größeren Cyberdödel hat bzw. mehr Chrom vor der Hütt'n. Ich will ein Szenario um Menschen. Richtige Menschen.
- Transhumanismus ist zwar ungleich moderner (und führt beim Durchlesen des Ausrüstungskapitels zu weniger hysterischen Kicheranfällen), aber Dinge wie Persönlichkeitsbackups und maßgeschneiderte Designerkörper (die dann meist doch aussehen wie Furries oder Catgirlschlampen) verwässern ein wenig meine Vorstellung von harten Kerlen im Trenchcoat. Ich will Menschen als Hauptakteure. Keine genmanipulierten Tintenfische mit USB-Anschluss.
- SciFi. Eigentlich mag ich SciFi, aber wir wollten doch was kontemporäres mit dicken Knarren die BLEI verschiessen. Oder von mir aus auch Hohlmantelgeschosse mit Wolframkern. Aber eben keine tollkühnen Kerle von der sausenden Sternenpatrouille.
- Historisch. Hm. Stimmt, die Welt hat früher IMHO nicht ganz so stark gesaugt wie heute. (Und das, liebe Kinder, ist so eine der Sachen an denen ihr merkt, daß ihr alt und tüdelig werdet...früher war nicht alles besser, aber das Gehirn tendiert dazu, die schlechten Sachen schneller zu vergessen.)
Aber egal wann wir das ganze spielen lassen, mit der bevorzugten Rolle der Spieler als Mover & Shaker mutiert das ganze eh in Nullkommanix zur Alternativ-Historie.
- Pulp. Nicht Grim & Gritty genug für meinen Geschmack. Und Grim & Gritty-Pulp ist Noir. Hm. wäre ne Idee, erfüllt aber nicht mit Begeisterung. Eine Tommygun ist eben keine Dual-Wield-Jatimatic.
- Postapokalypse. He, vielleicht rotten wir mal ausnahmsweise nicht alle aus. 'Ne knappe Milliarde überlebender sollte genügen um die grundlegenden Zivilisationsmerkmale wie automatische Waffen, Büstenhalter und schnelle Motorräder auch weiterhin herstellen zu können. Mh, achja, die Sache mit der Biosphäre und der Postapokalypse. Hm. Und an dieser Stelle (es muß kurz vor dem Frühstück gewesen sein) stellte ich dann fest, daß Coca Cola, saftige Hamburger und die Option auf Filet Wellington auch einen nicht zu unterschätzenden Reiz der moderne ausmachen.

Beim miesepetrigen auf-die-Arbeit-schleichen und dem dabei anfallenden dumpf-vor-sich-hin-brüten fiel mir dann eine Ausgabe von Popular Mechanics in die Hand (an dieser Stelle danke an Google Books. Achja, und wo wir schon bei Google sind: Fickt euch und trackt gefälligst jemand anders, ich kaufe nichts über Suchmaschinenwerbung. Aber dennoch danke für die alten PM-Scans).

Sieh einer an. Die Ästhetik der Zukunft, Baujahr 1930. Art Deco-Lokomotiven. Reisezeppeline. Autos die langsam aber sicher in Richtung Batmobil mutieren, anstatt zum rollenden I-Pod. Irgendwo im Hinterkopf rattern Zahnräder. Da gab es ein Wort für. Retrofutur...nein...Punk. Irgendwas mit Punk...

DIESELPUNK!

Fick ja! Die Technik von Heute ist die Zukunft von Vorgestern, ausser daß das Design saugt. Aber okay, meine Hirnrinde hat ein nahezu unbegrenztes Special-Effects-Budget. Wir brauchen ein Setting. Alternate History, auf jeden Fall. Aber wo abzweigen. Wo ansetzen...

Onkel Silvers halbgare Settingideen:

Das Jahr ist 1980. Der Erste Weltkrieg endete offiziell vor etwa 10 Jahren, und das deutsche Reich steht noch. In Russland regieren immer noch die Romanovs, Amerika ist ein eigenbrötlerischer Kontinent der mit niemandem was zu tun haben möchte (und ganz besonders nicht den spinnerten, kriegsgeilen Europäern) und in Afrika gibt es ständig kleinere Reibereien zwischen den Kolonialmächten. An der Krim herrscht Waffenstillstand, aber bei der kleinsten Provokation zwischen England und Russland fliegen dort die Fetzen.
China und Japan sind zwei verfeindete Kaiserreiche, die langsam aber sicher aufrüsten und modernisieren, während Europa in einem unruhigen Frieden vor sich hin gärt.

Die Technik liegt größtenteils auf dem Stand der moderne, mit 2 bedeutenden Ausnahmen: Der Transistor ist eine relativ neue Erfindung, und Computertechnik steckt vergleichsweise in den Kinderschuhen. Der Typische Computer füllt einen kleinen Raum, und die Terminals tendieren dazu, monochrome Monitore zu haben (bernsteinfarben, versteht sich...). Auf der anderen Seite existieren Dinge wie automatische Waffen, Laserpointer, Nachtsichtgeräte, Körperpanzerungen, Kampfflugzeuge (die allerdings mehr aussehen wie eine Henschel P75 als wie eine Phantom F-4) und Hubschrauber. Keine Cyberteile oder genetische Manipulation, allerdings spiele ich mit dem Gedanken an eine (geheime?) Droge/Prozedur namens "Ambrosia", die es erlaubt (für einen horrenden Preis!) verlorene Gliedmassen nachwachsen zu lassen und eine begrenzte Verjüngung ermöglicht. Halb Anagathika, halb Lazarusgrube a'la Ra's al Ghul. Gebäude im Art Decó-Stil, stromlinienförmige Lokomotiven und Hochbahnen, Luxusliner und Zeppeline.

Raumfahrt existiert nur in den Kinderschuhen. Bisher hat noch niemand den Mond betreten, auch wenn einige Nationen angefangen haben, ein Raumfahrtprogramm zu entwickeln.

Die Rolle der Helden? Ist ziemlich flexibel, aber nach dem Vorbild von Bulldogs! denke ich, die Hauptkampagnenidee wäre, die Helden einer Geheimorganisation angehören zu lassen, die sie in die typischen Technothriller/Geheimagentenaufträge lotst, eventuell gewürzt mit ein wenig konventioneller Kriegsführung oder dem hinterherjagen von okkulten Geheimnissen.

Ja, richtig. Okkulter Kram, aber der dient nicht als Entschuldigung für irgendwelche Superkräfte, sondern dreht sich mehr um spinnerte Kulte von kapuzentragenden Irren und verloren geglaubten Geheimnissen (Ambrosia, *husthust*). Nichts was man in der Tasche spazierentragen könnte, mehr Dinge von der Größe, um die herum man Festungsmauern baut. Und vielleicht, aber nur vielleicht, ist da etwas tatsächlich übernatürliches dran - meistens ist es nur Wissenschaft, die noch nicht ausreichend erforscht wurde. Ja, wir überlappen hier etwas mit Pulp. Shangri-La läßt grüßen.

So, genug gebrainstormt. Haltet ihr die Idee/das Setting für verfolgenswert? Oder kann ich das Ding einfach irgendwo unter "zu abgefahren, nur für Onkel Silver geeignet" abheften und euch nicht länger damit belästigen?

-Silver
 
1. Der Post ist auch nicht länger als wenn Zornhau übers Wetter redet :)
2. Ich mags! Nicht so sehr um es zu leiten, aber gut genug um es (auch als ganzes 300 Seiten RPG) zu lesen oder zu spielen wenn es jemand anders leiten will.

Ambrosia ist mir zu abgefahren für den Settingmix. Wenn schon dann lieber monatelanger Geheim-Krankenhausaufenthalt mit aufwändiger Theraoie aus zig Drogen. Also ja man kann jede Verletzung loswerden wenn man ausreichend reich ist, aber mal nicht so schnell zwischen Abendbrot und Frühstück.
Okkultismus bräuchte ich hier ebenfalls gar nicht. Nicht im geringsten. In das Setting passen dann schon besser Roswell und andere Aliengerüchte als Übernatürliches. Heißt natürlich nicht, dass man das nicht doch mit Kulten machen kann, aber der Hintergrund wäre bei mir am Ende des Weges nicht der einzige Ableger der Weltesche sondern die Kaffeemaschine von der Venus.
 
Keine Cyberteile oder genetische Manipulation, allerdings spiele ich mit dem Gedanken an eine (geheime?) Droge namens "Ambrosia", die es erlaubt (für einen horrenden Preis!) verlorene Gliedmassen nachwachsen zu lassen und eine begrenzte Verjüngung ermöglicht.
Wie passt dir stattdessen Frankenstein in den Kram?
 
@Skar: Zumindest mir käme es auf jedenfall etwas runder vor als eine Droge. Meine "irgendwann ist ein Minivan der Aliens hier abgesoffen und wir haben die Technik, die wir eigentlich gar nicht verstehen, teilweise reproduzieren können" Erklärung passt mir aber noch besser:) Beides wäre ja aber so oder so weit im Hintergrund und nicht Fokus des Setting
 
Wie passt dir stattdessen Frankenstein in den Kram?
Mh, vielleicht hätte ich das etwas breiter treten sollen.

1.) Ich rechne fest damit, das die Spieler im Verlauf einer Kampagne ein paar Federn lassen. Und mit Federn meine ich Extremitäten, Gliedmassen und Sinnesorgane.
2.) Und weil es saugt, wenn die Chars aussehen wie die Models von der Verdun Prothesenbau KG, Cybergliedmassen ausscheiden und Finger nicht von alleine nachwachsen brauche ich etwas Phlebotinium. Generell würde das Zeug auch eher in Richtung "aufwendige und schrecklich teure Therapie" gehen als in Richtung "2x täglich Eine einwerfen pro verlorenem Finger". Nennen wir es von mir aus das "Ambrosia-Verfahren".
3.) Gut konservierte Verschwörungsoberhäupter sind eine feine Sache, für die war dann auch der Verjüngungseffekt vorgesehen. Ähnlich wie eine Lazarusgrube bringt einen das Verfahren zur Blüte seines Daseins (scheinbares Alter 25-35), aber nicht weiter. Ja, ich bin bekennender Ra's Al Ghul-Fanboy.

Okkultismus bräuchte ich hier ebenfalls gar nicht. Nicht im geringsten. In das Setting passen dann schon besser Roswell und andere Aliengerüchte als Übernatürliches. Heißt natürlich nicht, dass man das nicht doch mit Kulten machen kann, aber der Hintergrund wäre bei mir am Ende des Weges nicht der einzige Ableger der Weltesche sondern die Kaffeemaschine von der Venus.

Hintergrund sind hier eher die "fernöstlichen Mysterien" (an denen was dran sein kann oder nicht, die aber "7 Jahre in Tibet" ;) rechtfertigen. Ich dachte auch an Organisationen wie die Thule-Gesellschaft (die Pulp-Version mit den satanischen Riten), die an den Mist glauben, OBWOHL er totaler Mumpitz ist (...oder etwa nicht :D?). Sowas ist ein tolles Feindbild, oder, wenn man seine Organisation in dieser Richtung orientieren will, ein toller Hintergrund. Unabhängig davon, ob der Mist jetzt funktioniert oder nicht. Der Placebo-Effekt lässt grüßen!
Und in etwa genau so würde ich das mit den Außerirdischen halten. Gerüchte und Halbwahrheiten, Prototypen die sich im Endeffekt doch mit Technik erklären lassen (...oder etwa nicht :D?), und Organisationen die es sich zur Aufgabe gemacht haben, hier mit Gewalt nachzuforschen oder Ufolandeplätze zu bauen.
Der Fokus ist nach wie vor der (Retro)Technothriller, alles andere ist schmückendes Beiwerk.

-Silver
 
Haltet ihr die Idee/das Setting für verfolgenswert?
Ja. Ich würde es spielen. Ob das nun ein gutes oder schlechtes Qualitätssiegel für deine Idee ist, muss du aber selber entscheiden.

PS:
und maßgeschneiderte Designerkörper (die dann meist doch aussehen wie Furries oder Catgirlschlampen)
Das erinnert mich daran, dass unser hauseigenenes Transhumanismus-Setting bislang viel zu wenig Furries und Catgirls und Pron-Genmods im allgemeinen hatte (obwohl ich mir mit meinen SCs echt Mühe gebe).
 
Ich habe dann Gestern mal ein wenig gebastelt (auf Basis von Strands of Fate), und muß sagen, daß die Sache potential hat - und einige Dinge ad absurdum führt.
Fangen wir mal mit den positiven Aspekten an.

- Die Charaktererschaffung war ein Klacks, da ich mich nicht mit Supersonderpowersubsystemen herumärgern mußte, aber gleichzeitig tief in die Klischeekiste greifen konnte. Sowohl die "typischen" Agentenfilmaspekte wie auch die gängigen nationalen Vorurteile greifen und sind intuitiv nutzbar (das klingt wieder fies und politisch angehaucht, ist es aber nicht: Der schnöselige britische Topagent, die französische Femmé Fatale, der überkorrekte Deutsche mit dem harten Akzent etc. pp. - nennen wir es lieber "überzeichnete nationale Typisierung").

- Plots zu finden ist auch nicht schwer, da die Chars in der angepeilten Standardkampagne bereits in eine Organisation eingegliedert sind. Interne Reibereien und doppeltes Spiel geben der Sache optional etwas mehr würze (Aspekte wie "Hidden Agenda" und "Out for Blood").

- Ungenauigkeiten beim Beschreiben von Städten sind leicht zu übertünchen..."...ist im großen Krieg zerstört und nicht wieder aufgebaut worden" ist ein wunderbares Blankostatement.

- Der Wegfall von Satellitenbildern und -navigation erlaubt es, dunkle Flecken auf der real existierenden Landkarte zu haben; der Wegfall von wirklich "mobilen" Mobiltelefonen und allgegenwärtigem Internet kann für effektive Informationsblackouts auf beiden Seiten verwendet werden. Ich bin am überlegen, ob eine frühe Version des Internets (mehr ARPA-Net als irgendwas auf HTML-Basis) ein interessantes Settingelement wäre.

- Die Luftfahrttechnologie auf Basis von Propellermaschinen/frühen Jets ohne Computer und Zeppelinen gab der Sache einen eigenwilligen Vibe - Probeauseinandersetzungen zwischen 2 Jagdflugzeugen hatten frappante Ähnlichkeit mit SciFi-Jägerduellen (zurückzuführen darauf das diese schwer von den Dogfights des 2. WK inspiriert sind, dabei aber halt das "In Spaaaaace! dranhängen und sämtliche Anzeichen von Realismus zum Ofenrohr rausblasen. Das hier hingegen hatte etwas...hm, authentisches?

- Zeppeline sind toll. Ich finde, jede Geheimorganisation die etwas auf sich hält sollte mehrere haben. Mit Hangars und Fanggestell für Mitarbeiterflugzeuge.

- Die Welt ist noch in Ordnung. Naja, von einigen kleineren Reibereien und Grenzstreitigkeiten mal abgesehen, aber man kann die Luft atmen, die Hamburger sind saftig, die Segnungen der modernen Zivilisation sind (fast) alle da, und die Zukunftsaussichten sind blendend! Allerdings musste ich den Zeitrahmen korrigieren - 45 Jahre Weltkrieg sind ein bisschen Overkill. Eine "realistischere" alternate History wäre wohl rein zeitlich zwischen 1940 und 1960 anzusetzen. Einige Technologien sind aufgrund des Krieges weiterentwickelt, einige andere nicht.

Schattenseiten:
- Es ist die Dieselversion von Syndicate/Corporation. Ohne kewle Powerz. Während mich das persönlich eher schärft (Ich mag Bauhaus und Art Decó, und NEIN, das sind keine alternativen Rockbands), aber viele Leutchen das wohl dann trotz Verschwörung und James-Bond-Anleihen eher langweilig finden werden. Dieselpunk ist mehr, aus zwei alten Autos und einer Rolle Draht ein funktionierendes Flugzeug zu basteln (zweimotorig, versteht sich!) und dort hinein dann das komplette James-Bond-Trickfahrzeugarsenal einzubauen, als sich den den Hintern verchromen zu lassen.

- Alternate History könnte Arbeitsintensiv werden - während ich garantiert NICHT den Fehler machen werde, auf 120 Seiten die Geschichte der letzten 100 Jahre vor Spielbeginn breitzutreten und am Ende gar noch mit irgendwelchen Pet- NSC zu "würzen", so wäre doch ein kurzer Abriss für die Hauptprotagonisten interessant - etwa ein kurzer Absatz pro Machtblock/Major Player, der die aktuelle Regierungsform und die nationale Grundstimmung wiedergibt.

- Kultur ist ein echtes Problem - einige Schlüsselereignisse sind nicht/zu spät eingetreten, was dann doch gewisse Fragen aufwirft wie "Was läuft im Fernsehen, und welche Musik spielt im Radio".

- Auch wenn alle Elemente bekannt sind und der Hintergrund nicht besonders exotisch ist, so ist doch wieder ein gewisser Einarbeitungsaufwand auf Spielerseite da - nicht zuletzt auch wegen den oben angeschnittenen Problemen mit der Kulturgeschichte. Steampunk mit Verbrennungsmotoren und einer Kultur, die knapp hinter dem Pulp anfängt. Das ist, aufgrund unserer lokal anerzogenen WWII-ist-böööööse* Denke nicht unproblematisch. Ich muß gestehen, es war für mich ein interessanter Trip durch die Geschichte, von der Musik bis hin zu der andernorts anzutreffenden Faszination mit den "Wunderwaffen" des 2. WK.

* = Fürs Protokoll, er ist eben passiert. Aber langsam aber sicher sollten wir imstande sein, ihn als historische Periode zu betrachten/analysieren, ohne dabei vor Scham im Erdboden versinken zu müssen. Zumal er in diesem Setting auch gar nicht passiert ist, wir also im Prinzip nur Klamotten (zivile!), Kultur und Maschinen klauen. Der Gröfaz und seine verqueren Ansichten interessieren nicht, die ME 262 hingegen als technologische Wichsvorlage ist lecker.

Aber ich rede und rede und rede hier wieder in meinen Bart, und höre sooo wenig Feedback (auch wenn das Existente überraschend konstruktiv war). Stellen wir mal einige Fragen in den Raum:

1.) Angenommen, es würde sich hierbei um ein real existierendes Rollenspiel handeln (Sagen wir knapp 200 Seiten, FATE-basierend), welche Dinge müssten unbedingt drinnen sein?
2.) Sollten optional "kewle Powerz" verfügbar sein, welche wären interessant/passend?
3.) Hat jemand Vorschläge zur "aktuellen" Kultursituation (Mucke, Mode, Mampf)? Wenn ja, würde ich sie gerne hören. Gern auch mit einem "Woher" und "Warum".

Achja, zur Inspiration:
http://www.google.com/search?tbm=bks&tbo=1&hl=de&q=popular+mechanics+1930&btnG=
Bei Bedarf einfach die Jahreszahlen anpassen, speziell die Werbung in den Magazinen ist faszinierend.

-Silver
 
Cool Powerz: Nein.
Nicht im Sinne von Magie, Psionik oder nenns wie du willst. Cool Powerz so wie in Spirit of the Century schon eher! Also ich spiele auf diese Stunts an, die nicht übernatürlich per se sind, sondern einfach nur die Wahrscheinlichkeiten stark ändern. Einen Schuss auf den Flachmann in deiner Tasche "lenken" oder nach einer eigentlich tödlichen Attacke in den FLuss stürzen und im nächsten Abenteuer auftauchen (man wurde von Eingeborenen gesund gepflegt oder so). Pulpig halt. Das passt da schon rein.

Das Internet (auch Apra) ist etwas, dass ich für sinnlos halte! Lass es weg, es stört nur.

Mein Ansatz was die Kultur angeht wäre simpel. Was passt zum Spielgefühl und dann einfach was aus den Fingern saugen warum das so ist. Wenn du Dieselpunk, James Bond und 1960 in einem Satz sagst, dann wird das natürlich schwierig, was das "was passt zum Spielgefühl" angeht. Und genau das ist auch mein einziges Problem, dass ich hier habe. Das ist ein Settingmix bei dem ich mir nicht so GANZ genau vorstellen kann wie sich das am Ende anfühlt. Weniger weil ich denke es funktioniert nicht, sondern weil ich da zu wenig Erfahrungen habe.
 
Du hast da 'nen Punkt - Strands of Fate hat eine ganze Latte von Dingen die irgendwo zwischen "Stunt" a'la SotC und typischen Actionfilm-Tropes liegen. Von daher hätten wir schon "kewl Powerz", mehr in Richtung Hong-Kong-Kinoästhetik (geschmackvolles Wire-Fu und Bullet Ballet) als in Richtung "du bist ein Werwolf/Cyborg/Magier/Vampir, aber halt heute.
Überlegenswert. Sollte natürlich nicht komplett Richtung Matrix oder Equilibrium abdriften, aber etwas Actionfilmklamotte schadet nicht.

Sollte ich Herrn Bond ansprechen, so bezieht sich das auf die ganz alten Filmchen und primär auf seine aufgemotzten Schlitten und Q-Spielsachen; der Rest sind Spionagefilmklischees, und die sind fast universell einsetzbar.

Mehr, weiter!

-Silver
 
1.) Angenommen, es würde sich hierbei um ein real existierendes Rollenspiel handeln (Sagen wir knapp 200 Seiten, FATE-basierend), welche Dinge müssten unbedingt drinnen sein?
2.) Sollten optional "kewle Powerz" verfügbar sein, welche wären interessant/passend?
3.) Hat jemand Vorschläge zur "aktuellen" Kultursituation (Mucke, Mode, Mampf)? Wenn ja, würde ich sie gerne hören. Gern auch mit einem "Woher" und "Warum".

Also, mal schön der Reihe nach.

1) Inhalt wanna-have:
  • Übersicht der Machtblöcke
  • KURZER Abriss der Geschichte (in etwa so wie in Airship Pirates: Kurz, prägnant, mit genug Luft für eigene Ideen)
  • Charerschaffung und "typische" Nischen für Chars, evtl. Beispielchars (letztere halte ich nicht in jedem System für notwendig, ist aber manchmal hilfreich)
  • Wenn es ein FATE-Klon ist, brauchst Du eigl nicht weiter auf das Regelsystem eingehen. Lass es weg, das spart Platz (und Arbeit)
  • Abriss der Kultur (siehe unten)
2) Kewl Powerz

Halte ich nicht zwingend für sinnvoll. Vor allem: Unter welcher Prämisse? Ich nehme an, es gibt noch keine Kernreaktoren oder -bomben, also fällt Strahlung oder dadurch bedingte Mutation raus. Ich kann mir zwar vorstellen, dass Kewl-Powerz in einem Setting ala "Sky Captain and the World of Tomorrow" Spass machen, aber das hier kann man davon befreit lassen.

Als Alternative kannst Du die Kewl Powerz natürlich als "Option" einbauen, frei nach der Swinger-These "Alles kann, nichts muss". Dann könnte man ein paar Gerückte im Geschichts-Fluff streuen, dass die Kriegsparteien evtl sogar an "Supersoldaten" forschen und noch nicht ganz klar ist, was dabei heraus kam. Man kann sich ja dann raussuchen, ob man mit oder ohne Superkräften spielen will.


3) Kultur & Kram

Also, wenn ich deinen Brainstorming-Artikel richtig interpretiert habe, dann hat lediglich der erste Weltkrieg stattgefunden, und zwar als in erster Linie Eurasischer Krieg mit ein paar Scharmützeln in Afrika. Amerika hat sich in seinem Isolationismus eingeschissen und hält sich jetzt groß aus der Weltgeschichte heraus. Dadurch hat der Krieg Jahrzehnte gedauert, die Kriegsparteien waren extrem ausgelaugt und erschöpft und man hat sich evtl. sogar in einem großen "Unentschieden" geeinigt, das niemandem wirklich etwas gebracht hat.

So... wohin führt uns das? Der zweite Weltkrieg hat also nie stattgefunden, dementsprechend auch keine "Amerikanisierung" des heutigen "Westens". Unter welchem kulturellen Einfluss stehen also die Menschen in deinem Setting?

Als "Leitkulturen" würde ich Great Britain, Frankreich, Deutschland und Russland empfehlen. Diese vier "Großen" beherrschen Europa, alle anderen Staaten sind eher klein. Evtl. kann man sich überlegen den Nahen Osten (Osmanisches Reich) eine entsprechende Rolle spielen zu lassen. Allerdings wären auch hier Abhängigkeiten von Deutschland oder England möglich. Israel wurde natürlich nie gegründet, dementsprechen hat es den großen Pogrom so nie gegeben. Das bedeutet aber auch, dass es noch relativ große jüdische Gemeinden in nahezu allen Ländern gibt und keine große "Abwanderung" in den nahen Osten stattfand. Ach ja... und das heißt, dort ist es jetzt wesentlich ruhiger als heute...

Die eigentliche Frage ist doch, wie der "große Krieg" (weil Weltkrieg hieß er soweit ich weiß erst danach oder nach Ausbruch des WWII) verlaufen ist. Also wer mit wem gegen wen koalierte, wer wen beschissen und wann die Seiten gewechselt hat. Denn das würde ich bei so einer langen Kriegsdauer zwingend einbauen.

Wir haben also evtl. einen nun "kalten Krieg", allerdings unter Umständen nicht nur mit 2 Mächten (GB und Russland) sondern evtl. sogar mit 4 Parteien.
Die Mode wird natürlich von London, Paris, Berlin und St. Petersburg dominiert.

Es hat sich nie ein Konflikt zwischen Kommunismus und Kapitalismus entwickelt. Kommunisten werden als deutsche und russische "Spinner" abgetan (Marx, Engels, Lenin), Russland ist immer noch zaristisch regiert.
Dementsprechend würde ich eine Künstlerszene wie in der Renessaince oder des "Sturm und Drang" einfügen: Es gibt Künstler, die von ihrer Kunst leben können (weil sie von einem Mäzen gefördert werden, vielleicht sogar an einem Hofe ausgehalten werden) und jenen, die es nicht können - und deshalb nicht lange Künstler sind. Alles in allem gibt es wesentlich weniger Künstler. Wenn es Literatur gibt, so stammt diese hauptsächlich von Hobby-Autoren, die ihre Erlebnisse der Grabenkriege zu Papier bringen und so zu verarbeiten suchen. Allerdings ist das auch allgegenwärtig, der Krieg hat ja wesentlich länger gedauert. Das ist nichts besonderes mehr. Die Öffentlichkeit "steht nicht drauf", weil sie selbst noch dieses Trauma verarbeiten muss (vergleiche Deutschland in den 50ern mit der NS-Vergangenheit). Nur die wenigen "Berufskünstler" (= die vom Adel geliebten) befassen sich mit der "Schönen Kunst".

Musik... Soul, Jazz, Blues und Rock'n'Roll haben sich nie von Amerika durchgesetzt. Statt dessen gibt es sehr viel folkloristisch beeinflusste und typische Soldaten-Musik:
Kulturell gefärbt (deutsche, englische, russische, französische Volkslieder, z.B. 'Commedian Harmonists'), Marschmusik, "schmutzige Soldatenlieder", "When Jhonny comes marching home", etc.

Fernsehen ist immer noch stark von der "Wochenschau" geprägt. Es ist eine zentralistische Organisation die in den einzelnen Ländern starker Zensur unterliegt (kalter Krieg!). Ähnlich wie in Orwells 1984 verbreitet jeder der großen "Blöcke" seine eigene Propaganda. ...


So... sollte erst mal reichen. Ist leider eher ein Brainstorming geworden als ein strukturiertes Posting...
 
Volle Zustimmung für Durro bis auf einen Punkt.

Fate muss ja schon ans Setting angepasst werden und das was nicht angepasst werden muss kann man direkt Copy&Pasten und 5 Wörter ändern. Also bitte nimm das Setting wenn du ne komplette PDF machst mit!
 
OK, ich muss zugeben (Schande auf mein Haupt) ich habe mich noch nicht in FATE eingelesen (Deine DF-Bücher stehen noch jungfräulich im Regal, Silver :p ). Da mag Shadom recht haben!

Was mir noch eingefallen ist:
Amerika hat sich jetzt abisoliert und dadurch so gut wie jeden Einfluss, den es auf die restlichen Länder hätte haben können, aufgegeben. In Amerika gibt es also quasi nur noch Innenpolitik und einen etablierten "Abschirmdienst", der Fremdeinflüsse und Intrigen in Amerika abfangen bzw. verhindern soll.
Die Musik-Szene in Amerika hat sich aber weiter entwickelt (Charleston, Blues, Jazz, Rock'n'Roll), evtl. könnte man das schmuggeln lassen. Allerdings wird durch das Wegfallen US-Amerikanischer Besatzungs- und Befreiungstruppen auch wenig Interesse an solch unzivilisierter "Urwald- und Neger-Musik" herrschen.

Dadurch, dass nie ein Pogrom stattgefunden hat, könnte die Gesellschaft weniger "politisch korrekt" sein und stärkere rassistische Ressentiments haben. Würde ich in meiner Runde zwar nicht gezielt thematisieren wollen, aber Antisemitismus könnte in Deinem Setting kein no-go oder argumentatives Totschlagargument sein (so wie heutzutage bspw. auch die "Nazi-Keule"), sondern eine durchaus übliche politische Richtung.

Gerade durch die Isoliertheit Amerikas könnte es auch interessant sein, Amerikaner zu spielen.
Da Amerika sich rausgeshalten hat aus dem Großen Krieg gelten sie jetzt natürlich als "Drückeberger" und "Degenerierte" und sind weltweit in etwa so beliebt wie Pusteln am After.

Hm.. ich brüte weiter :D
 
Außerdem nur als Hinweis auch schon damals war sehr viel der Musik Amerika inspiriert. Die Comedian Harmonists haben die Revelers nachgemacht zum Beispiel.
Ich denke tatsächlich das Volksmusik (lies traditionelle Volksmusik nicht (!) Schlager) der Weg sein sollte. Nicht in Reinform, aber eben schon vom Ansatz her. Die sollte man dann noch modern nachfärben und gut ist. Als eher internationales Genre würde ich vielleicht das Chanson sehen, dass im zu der Zeit ja fast schon so bekannt war wie die Popmusik heute.
 
Also erstmal ich hab keine Ahnung von Fate.

Das Setting interessiert mich sehr - vor allem, da ich selbst hier Notizen zu etwas ähnlichem herumliegen habe.
Ziemlich viele Fragen meiner Alternativen Realität drehen sich um eben das Kulturelle. 68ger, diverse Frauen- und Bürgerrechtsbewegungen, Entkolonialisierung und so heiter weiter sind nur ein paar Stichpunkte.
Neben Musik und Film finde ich auch Architektur nennenswert, da sich viele klischeehafte Beispiele finden und diese auch Stimmung erzeugen können.

Falls du in deiner Welt Kräfte einbauen möchtest, so würde ich als höchstes der Gefühle solche Gimmickkräfte wie in Adventure! die Heroic Knacks nehmen (Das Spielsystem selbst dürfte dir zu pulpig sein), wobei auch bei den anderen Knacks eiige interessante dabei sind, die einen Charakter nicht unbedingt übermächtig machen, aber von der Masse abheben. Allerdings muss man bei der Einführung von kräften halt auch ein Auge dafür haben, ob es nicht wieder Deus-Ex-Machina-Kombinationen gibt.

Zur Weltgeschichte:
Ich habe mein potentielles Setting in das Pondon der 60ger Jahre gelegt - also der krieg ist - unabhängig der eigentlichen Dauer - etwa 20 Jahre her, so dass die Spielercharaktere ihn gar nicht oder nur als Kindheitserinnerung kennen.

Ich habe zum einen Durro-Dhuns Ansatz aufgeschrieben.
Zum anderen habe ich ein Szenario umrissen, in dem gerade China ein zweites Amerika wurde und wesentlich mehr asiatischer Einfluss auf die komplette Welt herrscht bzw. dabei ist, sich zu etwablieren.
Im dritten Szenario hat Argentinien sich zur Weltmacht gewandelt und die "Latinifizierung" beginnt somit schon wesentlich früher.
Irgendwelche Ansätze, einem Afrikanischen land eine Vorreiterrolle zu geben, haben sich immer falsch angefühlt.

So, Kleene will ins Bett - ich schreib später mal mehr zusammen.
 
Macht euch mal wegen der Regeln keine Sorgen. Fate is my Bitch, sollte das jemals übers Planungsstadium hinausgehen, werde ich schon ein passendes Derivat zusammenzimmern, das ist das kleinste Problem. Zu Testzwecken präferiere ich allerdings immer noch Strands of Fate, da das als Universalsystem ausgelegt ist.

Die "Kewl Powerz", die sich nicht über Aktionfilm-Ästhetik erklären lassen, wären ein hochoptionales Element und auf keinen Fall integral ins Setting - mehr so eine Doppelseite am Ende des Buches mit dem Vermerk "wenn ihr wirklich psionisch begabte Vampircyborgs spielen *müsst*, sind hier ein paar Regeln und ein Erklärungsansatz".

Wegen der Geschichtsschreibung...
Ich brainstorme mal folgende Blöcke:
Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Rußland. Die ersten drei haben Kolonien in Übersee und können sich untereinander nicht riechen, halten aber aktuell die Füße still weil sie einfach komplett ausgelaugt sind. Rußland hat zwar keine, ist aber generell groß genug um sich selbst zu versorgen. Deutschland und England würde ich zu konstitutionellen Monarchien machen, mit dem Kaiser bzw. dem König als Staatsoberhaupt.
Frankreich gäbe eine schöne Militärdiktatur unter einem General ab, während in Rußland natürlich der Zar regiert. Die Beneluxstaaten sehe ich als von Frankreich annektiert an, Skandinavien macht Zugeständnisse an das jeweils nächstgelegene Nachbarland und verhält sich weitestgehend neutral (und versucht, so unattraktiv wie möglich zu wirken, man will ja nicht wie die Beneluxstaaten enden). Italien fühlt sich vom Osmanischen Reich ein wenig bedrängt und konzentriert sich auf die Landesverteidigung. In Spanien könnte man einen echten Faschostaat unter "I-can't-believe-it's-not-Franco" aufbauen, alternativ kann man aber auch eine weitere Monarchie oder gar eine Demokratie nach amerikanischen Vorbild daraus machen.

Amerika ist wie schon erwähnt isolationistisch und will sich nicht einmischen (DAS ist doch mal ne interessante Abwechslung!), sieht aber wohl Chancen in Handelsbeziehungen zu den Großmächten - immerhin brauchen die für den Wiederaufbau Material.

Das osmanische Reich ist noch so eine große Unbekannte, aber ich mag die Idee eines halbwegs weltoffenen islamischen Großstaates. China und Japan sind tendenziell eher traditionslastig und dienen primär als exotische Schauplätze, übernehmen vom Westen aber nach und nach einige Dinge (Gewehre und Bildungssysteme, primär), bleiben aber ihren Wurzeln treu.

Afrika ist ein Schauplatz für Kolonialkriege - die Großmächte beziehen einen großen Teil ihrer Rohstoffe von hier, dementsprechend gut ausgebaut wären die Kolonien. Dazwischen gibt es eine Menge Terra Incognita und ständige kleinere Reibereien.

Was nun die Kultur angeht...

Nach drölfzig Jahren Krieg besteht da ein gewisser Nachholbedarf; ich könnte mir durchaus auch (musikalische) Einflüsse aus den Kolonien der einzelnen Großmächte vorstellen, ebenso wie natürlich den Import von Amerikanischer Musik. Generell ist wohl eine gewisse "Wirtschaftswunderstimmung" in ganz Europa angesagt, zumindest für ein paar Jahre. Im Hintergrund mag es ja heiss her gehen, aber Otto Normalverbraucher genießt gerade wieder die Vorzüge von geregelten Mahlzeiten und frei verfügbaren Waren. Alles in allem hätte ich da gerne einen optimistischen Grundtenor der Marke "wir können alle Probleme mit WISSENSCHAFT!* lösen" - der verdammte Krieg ist vorbei, es geht wieder aufwärts!

Zumindest offziell. Und natürlich sind unsere Wissenschaftler besser als die aus dem Ausland. Unabhängig davon, welcher Nationalität man angehört. ;)

Was Literatur angeht, da wären natürlich "Tatsachenberichte" über die schröcklichen Erlebnisse in exotischen Orten in Nah- und Fernost hoch gefragt (keine "hohe Literatur", aber das Zeug das beim Volk hoch im Kurst steht); ich könnte mir eventuell auch einen Science-Fiction-Boom vorstellen, jetzt wo man wieder eine Zukunft hat. Das Äquivalent zu einem Landserroman wäre natürlich auch vertreten.

Generell wäre wohl auch ein begrenzter Tourismus interessant - ja, die Beziehungen sind frostig, aber nicht "Todesstreifen und Stacheldraht"-frostig. Mehr so "Gänsefleisch mal ihren Göfferraum aufmachn?"-frostig. Grenzkontrollen und nationale Vorurteile, ja. Kill on sight - definitiv nicht. Aber als Einheimischer durchgehen zu können ist sehr praktisch, wenigstens aber als Besucher aus einem der "neutraleren" Gebiete.

Ein Äquivalent zur Flapper-Bewegung wäre nicht schlecht - etwas Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau täte dem Setting sicher gut, und macht das ganze spielbarer. Rocker sind ebenfalls im Bereich des möglichen, da die Situation ähnlich ist wie nach dem 2. WK. Siehe hier die Wikipedia.

* = SCIENCE!

-Silver
 
Ah, Nachschlag:

Religion.
In jedem Setting wurde bei mir die Religion ziemlich gestärkt. Gerade dem Christentum sind wesentlich mehr Kirchgänger treu geblieben (wiki: Alois Hudal).
 
1.) Angenommen, es würde sich hierbei um ein real existierendes Rollenspiel handeln (Sagen wir knapp 200 Seiten, FATE-basierend), welche Dinge müssten unbedingt drinnen sein?
Da ich Fate nicht kenne, kann ich hierzu nix sagen.
2.) Sollten optional "kewle Powerz" verfügbar sein, welche wären interessant/passend?
Ich stimme Shadom zu: keine Magie/Psionik/whatever. Ich persönlich fände ein magiefreies Setting ne nette Abwechslung (ja ich ich weis, es gibt auch reichlich andere magiefreie Setting, aber die bilden IMO trotzdem deutlich ne Minderheit).
Und wenn man doch Magie drin haben sollte im Setting, dann fände ich es nett, wenn der Schweizer-Taschenmesser-Charakter, der in vielen Systemen anfindet, möglichst gering gehalten würde.
3.) Hat jemand Vorschläge zur "aktuellen" Kultursituation (Mucke, Mode, Mampf)? Wenn ja, würde ich sie gerne hören. Gern auch mit einem "Woher" und "Warum".
Hier sollte man neben, dem, was vermeindlich glaubwürdig ist (IMO prinzipiell fast alles bekannte) immer auch im hinterkopf behalten, was die Spieler gerne wollen. Natürlich darf man von seinen Spielern auch erwarten, dass sie sich auf das Setting einlassen, aber wenn sich die Möglichkeit bietet, kann man ihnen ja gestalterische Freiheit zugestehen. Wenn jemand in dem Setting gerne ne Punkgöre spielen möchte und das nicht völlig unpassend erscheint, ist das IMO schon ein guter Grund zu überlegen, ob das Setting den Punk kennt. Bei manchen Livestyle Elementen stößt man freilich schlicht an technologische Grenzen (Dubstep zB).
Erklärungen, warum und wie bestimmte Livestyles zustande gekommen sind, lassen sich schnelle finden. Oft läuft es darauf hinaus, dass jemand es mal probiert hat (meist als Variation schon existenter Mode, Musik, etc), es anderen gefiel und das daraus ein Trend wurde, der sich mehr oder weniger durchsetzte. Da muss man sich IMO nicht zuviel Gedanken drum machen. Da ist viel möglich. Und wenn der moderne mitteleuropäische Geschäftsmann zu seinem Anzug lange Haare und indianischen Federschmuck trägt, lässt sich das auch erklären.
 
Noch mal bezüglich des Kriegsverlaufs:

Sarajevo hat den Großen Krieg getriggert, die ersten Kriegsjahre verliefen wie in der Realität: Kriegsbegeisterung, Frontenaufbau, Grabenkrieg, Maschinengewehr-Massenmorde, Giftgaswüsten, Artilleriebombardements, erste Panzer.

Dann jedoch hat die Kriegsführung einen "vorsichtigeren" Verlauf genommen: nach den ersten Massenverlusten in Verdun wurden keine unnützen Frontalangriffe mehr befohlen, der Krieg wurde immer mehr zum Sitzkrieg. Großbritannien und Frankreich haben sich parallel in die Wolle bekommen, am besten wegen einem weiteren politischen Attentat in einer der Kolonien -> Dreifrontenkrieg an der deutschen Ostfront. In GB gibt es eine große Bewegung an konservativen Isolationisten, die es den Amerikanern gleich machen und sich raushalten wollen, diese politische Bewegung erreichte aber nie eine Mehrheit, weil ein deutscher Zeppelin gerade zur falschen Zeit London bombardierte. (Gab es wirklich den Angriff)

Dadurch kommt es zum extremen Sitzkrieg in Europa, die Schützengräben werden immer weiter befestigt, dazwischen bildet sich eine "Todeszone" die dann in der folgenden Friedenszeit zur demilitarisierten Zone wird. (Die Bunker werden einbetoniert mit fixen Artillerie Stellungen, etc. )
Das große Sterben wird nach Afrika verlagert. Dort sterben afrikanische Milizen wie Europäische Regimenter der einzelnen Kolonialmächte. Damit Russland aus dieser Situation nicht zu stark hervor geht, braucht es selbst noch einen Konflikt, der es bindet. Also am besten eine Bedrohung durch die Kaiserreiche Japan und China an seiner Ostfront und evtl. Guerilla-Kriege in Afghanistan, Pakistan, Iran. Daher sind diese Regionen auch durch das Osmanische Reich extrem stark beeinflusst und das Osmanische Reich hat eine deutliche anti-slavische Haltung. Es gilt als "friedliebende, islamische Nation" und ist oft der Vermittler und Friedensstifter zwischen den dickköpfigen "großen Vier".

Japan und China befinden sich in einem jahrzehntelangem Konflikt (Küstenregionen Chinas von Japanischen Truppen besatzt, ähnliche Ausdehnung Japans wie bei Axis&Allies falls Dir das was sagt, Silver, allerdings ohne Vietnam (in der Karte "French Indochina"). China muss hier auf der Karte natürlich deutlich stärker sein. Die Karte hier ist nur zur Verdeutlichung meiner Vorstellung von der Ausbreitung Japans:
big_aa_screenshot.GIF


Allerdings sind China und Japan zu einem verhaltenen Waffenstillstand gekommen, weil beide befürchten, von Russland überrollt zu werden. Alle großen 6 Nationen (Ch, Jp, Ger, GB, Fr, Rus) haben eine starke Marine. Ich würde vorschlagen Schlachtschiffe alá Bismarck, noch keine Raketen, durch die frühe Entdeckung des Sonars gibt es nur eine sehr unterentwickelte U-Boot-Technologie (~ WW1, prä-WWII).
 
Afrika würde ich in einen Flickenteppich der drei Kolonialmächte verwandeln. (deutlich andere Untergliederung als auf obiger Karte!! Wesentlich feiner diskretisiert!) Dort wechseln große Gebiete regelmäßig unter horrenden Verlusten den Besitzer. Afrika ist deutlich Rohstoffreicher als in der Realität. Nahezu ALLES an Rohstoffen kommt daher.

Deutschland und Frankreich haben als Transportwege das Mittelmeer, zusätzlich hat Deutschland ein Abkommen mit Griechenland (dt. Kolonie!) und dem Osmanischen Reich (neutral) um diesen Transportweg nutzen zu können.

England hat den längeren Transportweg, weil es nur den Seeweg zur Verfügung hat. Unter Umständen bietet es sich aber an, England die Kolonien Gibraltar und Südafrika besitzen zu lassen. Malta würde ich nach langem erbitterten Kampf (hier im Setting größte Fallschirmspringer-Invasion der Geschichte) in französische Herrschaft übergehen lassen. Zypern gehört dem Osmanischen Reich und ist ein Freihafen in dem alle Handel treiben dürfen. Griechenland und Kreta gehören Deutschland.

http://www.sandafayre.com/atlas/afia.htm


afia.htm



map-africa.jpg
 
Amerika ist wie schon erwähnt isolationistisch und will sich nicht einmischen (DAS ist doch mal ne interessante Abwechslung!), sieht aber wohl Chancen in Handelsbeziehungen zu den Großmächten - immerhin brauchen die für den Wiederaufbau Material.

-Silver

Amerika hat natürlich immer noch die Prohibition, Rumschmuggler und Mafia sind allgegenwärtig und der normale Europäer hält alle Amerikaner für kriminelle Spinner, und liegt damit oft richtig. :)
Andrerseits könnte die Musik die in den illegalen Kneipen gespielt wird (Jazz?) verrucht sein, und dadurch einen Reiz des verbotenen haben, selbst in Europa. Zumindest bei der Jugend die sich von ihren Eltern distanzieren wollen.

Musik und Film ist eine schwierige Frage. In unserer Welt war Hollywood als Filmzentrum mit ein Grund dafür daß die amerikanische Kultur so bekannt wurde. Was wenn wir ein britisches, russisches oder gar osmanisches Hollywood einbauen würden. Oder gar ein chinesisches?
 
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