AW: Die seltsame Doppelmoral des Rollenspiels
Eine Frage die ich mir stelle: Spielt man wirklich jemals so wirklich, richtig, echt die Bösen?
Wenn man mal so drüber nachdenkt gibt es doch bei jedem Spiel irgendeine (und sei es noch so hahnebüchene) "Moral", die die SC ja eben doch zu den Guten macht.
Shadowrun - klar wir sind Berufsverbrecher, aber die Konzerne sind doch die richtig Bösen.
oVampire Camarilla - klar, wir sind blutsaugende Monster der Nacht, aber der Sabbat ist ja viel schlimmer.
oVampire Sabbat - klar, wir sind schlimmer, als wir wissen halt was abgeht. Außerdem sind das "eh nur Menschen"
Sind die "Bösen" nicht irgendwie häufig viel mehr Underdogs, die in einer bizarren Vorstellung von "böser Autorität" gegen alles aufbegehrt, was es gibt? Ist es nicht auffällig, das diese "wirklich Bösen" eigentlich meistens von auffallend jungen Spielern gerne gespielt werden (meiner Erfahrung nach zumindest)?
Kann es sein, dass egal was der Charakter tut, irgendwie er immer auf einem moralischen Podest steht? Und bestimmte Dinge das einfach einreißen würden, weswegen man es nicht über sich bringt, wirklich Böse zu spielen?
Was ist schon "wirklich Böse"? Jeder tut letztendlich vor Allem das, was er für richtig hält... Wer tut schon freiwillig etwas ihm falsch erscheinendes, ohne triftigen Grund?
Ist es böse, jemanden zu ermorden, der einen gequält und gedemütigt hat? Ist es böse, sein Recht als Angehöriger der kainitischen Herrenrasse wahrzunehmen und Menschen so behandelt wie sie es als niedere, verachtenswerte Kreaturen verdienen? Ist es böse, Auftragsmorde anzunehmen, weil man sein Auto abbezahlen muss? Ist es böse, eine Rothaarige nach der nächsten zu töten, wenn man von seiner rothaarigen Exfrau betrogen und verletzt wurde und nun jedes Mal, wenn man eine rothaarige Frau sieht,
sie in der Fremden sieht? Oder sind das letztendlich doch "nur" verdrehte Moralverstellungen?
Und nur der Vollständigkeit halber: Haben die KZ-Aufseher im Dritten Reich gemordet, weil sie böse waren oder weil sie an eine bessere Welt, gesellschaftliche Standards oder persönlichen Nutzen geglaubt haben?
Das Fatale an dieser Gut-und-Böse-Sache ist nunmal, dass man die beiden Seiten nicht objektiv unterscheiden kann. Gut und Böse werden von jedem Menschen selbst definiert und genau darum ist es unmöglich, jemanden nach seinem eigenen Gerechtigkeitsempfinden zu beurteilen.
Ich bin
hundertprozentig sicher, dass es Menschen gibt, die genau das für absolut böse halten, was ich als selbstverständlich und notwendig erachte, während mich Vieles anwidert, was andere Leute für gerecht und gut halten.