[Beginn Mai 2008]Interessensgebiete

Wie war Anna noch mal in diese vertrackte Situation geraten? Ach ja.. sie hatte sie provoziert, als sie in einen Männerclub eintrat und forciert als sie nach den Frauen fragte. Bot er ihr jetzt die die Idee eines Kindes, weil er sie mochte, weil er es für Frauen wichtig fand oder er Mitleid hatte... oder weil es ähnlich wie in der Vampirgesellschaft um Geld oder Gefallen ging. Anna konnte den Mann nicht so recht einschätzen „Vielleicht ist mir dieses Glück beschienen und auch die übrigen Umstände passen, doch bitte vergeben sie mir, wenn ich mich zu nächst auf die Ziele konzentriere, die ich aus eigener Kraft erreichen kann, bis die Situation eingetreten ist.“

Anna deutete auf das Brett. „Mir scheint, ich habe irgend wann im Mittelfeld den Anschluss verloren.“ Anna war wirklich daran gelegen, sich nicht nur in der lebendigen Sprache sondern auch im Schachspiel zu verbessern. Dieses Interesse war nicht im mindestens vor getäuscht. Wenn ein paar Züge länger im Remis gestanden hätten, hätte Anna eine Chance gehabt es zu erkennen und es auch angeboten. So jedoch hatte sie nur eine Ahnung davon zu einem Zeitpunkt noch recht gut gestanden zu haben und dann war die Situation gekippt.
 
"Sie sind eine sehr konservative Person die ihr Spiel auf den Wert der Figuren ausrichtet, ein Turm ist stärker als einLäufer, ein Springer stärker als ein Bauer, aber sie haben nicht im Blick das ein taktischer Vorteil und der Gewinn der Initiative alles verändern kann. Sie haben mir indem sie in ihrem 20. Zug meinen Läufer geschlagen haben mir die Initiative überlassen die sie mit der weissen Farbe von Beginn an hatten und dann haben Sie weitergespielt als wären sie mit Weiss am Zug obwohl sie ab dann faktisch mit schwarz gespielt haben. Sechs Züge weiter haben Sie mit ihrem Springer meinen Turm geschlagen und dadurch weiteres Tempo eingebüsst...ich war ihnen quasi ein und einen halben Zug voraus und da nützten Ihnen auch Ihr Vorteil an Material nichts mehr, zumal sie nicht darauf vorbereitet waren ihre Position zu verteidigen."
Anna ging langsam auf das er sie in eine Stellung für weiss gelockt hatte und sie dann in eine Situation gebracht hatte hatte auf die sie ihr Spiel nicht vorbereitet gewesen war...sie hatte sich quasi an Kamenievs Turm verschluckt und war im übertragenem Sinn an ihm erstickt.
 
„Konservativ in vielen Dingen, das stimmt.“ Aber nicht in allen.... und häufig handele ich wohl auch eher selten aus der Initiative heraus, obwohl dieses Treffen eine Ausnahme bildet wie so manches andere auch. Ja, sie war dem alten schlicht in die Falle gelaufen, fast als hätte sie es mit einem Nosferatu zu tun, der sein Spinnennetz auswarf, wenn der Vergleich erlaubt war. „Nicht umsonst sprach ich davon, nur die Grundlagen des Spiels zu kennen. Nach dem Tod meines Vaters blieben mir nur die Bücher und Computer als Gegner und ich fürchte ich habe das Spiel zu Gunsten von anderem Wissen vernachlässigt.“

Auch wenn es ihrem Vater gegenüber eine Gemeinheit war, so vermischte Anna bei ihren Erzählungen ihn und ihren Erzeuger zu einer Figur, auch wenn von Gülden nur ein klein wenig mit spielte. Ihr Vater hatte ihr wirklich Schach bei gebracht, war aber alles andere ein passionierter Spieler gewesen. Gülden hatte sie im Rahmen ihrer Schulung in Etikette brüsk auf ihr Manko hingewiesen und sie angewiesen, sich fort zu bilden. Wie in so vielen anderen Dingen war ihm nicht an ihrem Vorankommen gelegen, weshalb er sie mit der Aufgabe allein gelassen hatte. Erst zu dieser Zeit hatte sie gelernt, wie eine Rochade funktionierte, was über die Qualität ihres vorherigen Spiels Auskunft gab. Ohne Reflektionsmöglichkeit war es schwerer,Fehler zu erkennen und aus ihnen zu lernen.

„Ich bin also ihrem Locken erlegen.“, stellte Anna fest und dann formulierte sie vorsichtig, weil sie sich nicht sicher war. „Bis zu dem Zeitpunkt wirkte das Spiel auf mich recht ausgeglichen, wenn ich mich nicht irre.“
 
"Ich habe nach den ersten fünf Zügen gewusst was für eine Art Spiel sie spielen, dann habe ich eine Situation geschaffen die ihr Spiel behindert und sie in die Falle gelockt. Ein unerfahrener Spieler offenbart immer zu viel von sich selbst mit dem man arbeiten kann."
Anna bekam langsam den Eindruck das der Kerl auch gut als Kainskind unter den Ahnen sitzen könnte. Es klang nicht so als wären Menschen für Kameniev etwas anderes als Schachfiguren.
 
Leider nur innerlich entlockte der Alte Anna ein Schmunzeln. Er erinnerte sie durchaus an ihr eigenes, so anderes Leben. Zu gern wüsste sie, wie er sie einschätzte, zu mal ihre Absicht durchaus lauter und ehrlich gewesen war. Ihr ging es um die Sprache, um das Spiel... Menschen, die dazu gehören. Hier war sie in einer Situation, hinter der kein tieferes Kalkül von ihrer Seite aus beinhaltete als ihre offensichtliche Bekundung. Wen hatte sie hier vor sich und als was sah er sie? Die Grenze zwischen einer Abfuhr und einer vorläufigen Aufnahme war noch nicht gezogen worden. Sie befanden sich vielleicht noch immer in der Prüfungsphase, auch wenn Pjotr im Spiel wesentlich schneller eingeordnet hatte. Das kleine naive Rotchen stand ihr nicht gut zu Gesicht. Das einzige, Was Anna tatsächlich hoffte, war, dass er nichts von ihrer Art wusste. Es wäre unangenehm, wenn er ahnte, dass die Person doppelt so alt war wie sie erschien.

Anna wagte es nach einem leichten Nicken mit einer offenen Frage. Im Gegensatz zu ihm hatte sie auch mehr persönliches von sich preis gegeben als er. Sie kannte seinen Namen, er kannte mal eine Frau namens Elzbieta, die er in Minsk getroffen hatte. Ob er oder sie dort wohnten oder er nur vorübergehend in der Stadt gewesen war, hatte er nicht offenbart, während sie einige persönliche Dinge erzählt hatte in der Hoffnung ihn um des Redens willens zum Erzählen zu bringen. Sie hatte seine Stimme hören wollen, seine Artikulation und war willens ihn kennen zu lernen.

„Und wo stehe ich?“

Ob er die Frage rein auf das Spiel bezog oder auch auf ihre Situation hier, blieb ihm überlassen. Ihre ruhigen Augen sahen den Alten aufmerksam an
 
"Sie sitzen, junge Dame. Wenn es mir nicht angenehm wäre das sie das tun würden sie das allenfalls noch vor der Tür tun, aber heute Abend, abseits meines Tagesgeschäfts, gefällt es mir so. Ein alter Mann unterhält sich mit einer schönen Unbekannten...es sind schon schlimmere Dinge zwischen Sibirien und dem Ural geschehen."
 
So viel zu der Theorie des gebrechlich seins. Abgehakt. Etwas ungewohntes stieg aus Annas Kehle hoch. Etwas, was schon sehr sehr lang nicht mehr von dort gekommen. Hier unter Menschen war sie entspannter als unter ihres gleichen. Hier war es nicht so wichtig, wer sie war, welchen Rang sie inne hatte und hier konnte nicht gleich ein falsches Wort sie ihren Rang kosten. Nun ja, ihr Hiersein vielleicht, aber wohl kaum mehr. So schlüpfte und schlich sich ein leises Lachen in die junge Dame und kroch sogar nach aussen hervor. Nichts fest gelegtes, keine Einladung über den Abend hinaus bisher doch die Hand für den Abend war gereicht.

„Sie haben definitv recht. Ich genieße die Zeit mit ihnen. Aber da sie mich schon darauf aufmerksam gemacht haben, ich habe ihnen schon so viele kleine Details verraten und sie shaben kaum etwas von sich preis gegeben. Erzählen sie einer neugierigen jungen Frau ob Minsk ihre Heimat war oder nur eine Zwischenstation? Wer war Elzbieta für sie, die Frau, deren Name ich trage? Und denken sie, die Märchen ihres Volkes sind nur für die Kleinen oder haben sie sie selbst auch ein klitze kleines bisschen gern?“
 
Karmeniev lachte" Neugierig wie ein Welpe, aber das ist bei einer Frau charmant...so lange sie es nicht übertreibt. Ich bin in Minsk aufgewachsen und Elzbieta war das erste Mädchen das ich geküsst habe. Ich habe im großen vaterländischen Krieg als junger Mann gekämpft, von Stalingrad bis nach Berlin. Als wir dann dort waren habe ich die Rote Armee verlassen und in beiden Teilen der Stadt gelebt. Später kam ich dann in den Westen...was Märchen angeht...sie enthalten Wahrheit und ich bin nicht sicher ob weit im Osten nicht wirklich eine Alte Hexe mit eisernen Klauen existiert die in einer Hütte wohnt die auf Hühnerbeinen läuft."
 
Junger Mann... sagen wir round about 15 bis 25 als es begann... alle Achtung, insbesondere für einen Mann aus seiner Region hatte er sich sehr gut gehalten. Allein auf Grund seiner Herkunft hatte sie den Mann auf irgend was zwischen 50 und 80 geschätzt, weil die Menschen aus ärmeren Gegenden optisch oft mals schneller alterten. Statt dessen hatte er die 80 wahrscheinlich schon überschritten, wenn auch noch nicht die 90 erreicht. Ein stolzes Alter, vor allem, wenn man sich seine körperliche Gesundheit und seinen Geist weitest gehend erhalten hatte. "Ah, ist es nicht zu gleich Recht und Pflicht der Jugend die Alten zu fragen und zu löchern um von ihnen zu lernen?", konterte die junge Frau. Der Alte brauchte bei anna recht wenig angst haben, dass sie gezielt nach seiner Stellung oder seinen Geschäften fragte. Sie hatte seine Sonderbehandlung wahr genommen und auch die kleinen Andeutungen. Wäre sie aus anderen Gründen hier als eben jene, die sie hier her geführt hatten, dann läge die Sache wohl anders. So konnte Anna seine Geschäfte seine Geschäfte sein lassen und sich mehr auf den angenehmen Aspekt einer Unterhaltung mit einem wachen Geist widmen, auch wenn sie nicht vergessen würde. Man wusste nie, wann ein Name einmal hilfreich sein mochte und sei es nur, dass man ihn kannte. "Elzbieta war also die erste, die ihnen einen Kuss schenkte. Es klingt leider nicht so, als wäre ihnen das Glück beschieden gewesen zusammen zu bleiben. Es wäre eine romantische Geschichte gewesen, bei der ich nur all zu gern noch ein wenig nach gefragt hätte. Ist es nicht so, dass mit der Zeit die Schönen Erinnerungen die weniger guten überlagern und so manche Not in blasser wird mit der Zeit?" Wenigstens konnte man das für einen Menschen mit einer gesunden Psyche hoffen. Die Zeit, in der er gelebt hatte, deutete schon an, dass auch er sein Scherflein Not und Ungerechtigkeiten erlebt hatte und nicht alles in seiner Vergangenheit rosig war, auch ohne Details zu wissen.

"Was die Hexe im Osten angeht... ich fürde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen wollen um zu sagen es gäbe sie nicht. Es gibt zu viel, was wir mit der Wissenschaft nicht richtig erklären können. Was wäre die Welt schon ohne ein wenig Magie, ganz gleich auf welche Weise."

Ein friedlicherer Ort. So weit Anna es beurteilen konnte. Nicht perfekt, das nicht, aber friedlicher. All das war hinter dem dünnen Schild vervorgen, den die Vampire Maskerade nanten. Andere Arten übernatürlicher Wesen mochten andere Namen dafür haben und doch war es stets ein und das Selbe: Die Menschen sollten möglichst wenig von der Übernatürlichkeit ihrer Existenz ahnen
 
"Magie? Eine romantische Vorstellung. Magie ist auch nur eine Art von Technik die den meisten Menschen nicht zu Verfügung steht. Ich kann ebensowenig einen Mensch in einen Goldfisch verwandeln wie einen Reaktor für die Kalte Fusion bauen...beides ist für mich Zauberei, ebensosehr wie die Durchführung einer Genanalyse oder wie auch immer dieses Internet nun funktioniert...es geht, das reicht, aber letztlich ist das doch alles Magie für einige wenige Auserwählte während der Rest von uns als Zuschauer vor der Bühne der Welt sitzt und die Tricks bestaunt."
 
"Das ist eine interessante, nüchterne Sichtweise. Persönlich würde ich Tarotkarten oder Runen gelegt oder geworfen von den richtigen Händen nicht unbedingt ignorieren wollen. Die Magie des Internets indes erweist sich des öfteren als sehr nützlich, wie ich fest gestellt habe. Unter anderem verhilft es einem zu gemütlichen und geselligen Abenden., selbst wenn es am Anfang etwas merkwürdig scheinen mag."

Mit dezentem Interesse bemerkte Anna, dass er nicht den Atom, sondern den Fusionsreaktor nannte. Es konnte natürlich schierer Zufall sein und nur die Übertreibung verdeutlichen. für das erste gehörte es zu den Bröckchen, die beiseite gelegt wurden.

"Zum Glück gibt es für diese Dinge manchmal uns Junge und manchmal das schlichte Geld, was einem weiter helfen kann, oder Gefallen gegen Gefallen.

Aber einerlei." Anna lehnte sich vor und stützte sich mit den Unterarmen auf dem Tisch ab. "Ich bitte um Vergebung, dass ich schon wieder Frage. anscheinend bin ich noch nicht gut darin, im russischen sanfte Andeutungen zu übermitteln. Mögen Sie mir nicht noch ein wenig mehr über Elzbieta erzählen?"
 
Der Alte sah auf und zwinkerte sie an. "Weshalb wollen Sie das wissen? Sie war eine Jugendliebe, eine Schwärmerei, mehr von der Körperchemie der Pupertät gesteuert als von echter und tiefer Zuneigung. Aber ein Mann vergisst nicht seinen ersten Kuss von einem Mädchen."
Zu Ihrer Analogie der Vorhersage von Dingen, ich bin sicher das auch eine Zigeunerin mit Kristallkugel sehr gute Ergebnisse bei der Wahrsagerei erzielen kann, aber möglicherweise kann ein Supercomputer das auch und besser...mir sind beide Methoden fremd und das ist alles was ich objektiv dazu sagen kann und sie haben Recht, Währungen sind nicht die einzgen Wege des Zahlungsverkehrs."
 
Anna wischte den letzten Satz des Alten quasi mit einer kleinen Handbewegung weg "Ah, weil ich sie dazu bringen möchte zu erzählen, Pjotr, von den kleinen Dingen des Lebens oder Märchen, nicht von den großen. Ich mag es den Klang ihrer Stimme zu hören und von den kleinen Dingen habe ich viel zu wenige. Deshalb höre ich sie so gern und kann mich für sie begeistern. Wie die kleinen Geschichten von mir, die meine Mutter mir erzählte, wenn wir morgens gemeinsam im Bett lagen und noch etwas Zeit bis zum Aufstehen war. Von Sylt handeln die zwei, die mir am stärksten in Erinnerung sind. Wir sind nie weit weg gefahren in den Urlaub wie einige andere, aber nahezu jedes zweite Jahr fuhren wir auf diese schöne Insel, vor allem als ich klein war. Einmal fand ich einen Krebs faszinierend. Meine Mutter wurde nicht müde davon zu erzählen, wie sie nur noch meinen nackten Popo schreiend weg rennen sah, weil ich ihn trotz ihrer Mahnung anstupste und natürlich gekniffen wurde. Oder wie meine Eltern aufpassen konnten wie sie wollten, als ich zwei war und wir am Strand unser Lager hatten. Irgend wann war ich immer verschwunden. Nach einiger Zeit kam ich wieder. Natürlich konnte ich nicht sprechen wie ein Erwachsener. Irgend wann erwischten sie mich, hielten mich aber nicht auf, sondern gingern mir hinter her. Und was machte die kleine Lisa? Sie ging immer den Weg zurück, den wir zum Strand nahmen. Auf dem Weg dort hin, beim Beginn der Dünen gab es einen Kiosk. Meine Eltern fragten den Besitzer, ob er mich denn kenne. 'Ja' sagte er, 'die Kleine kommt jeden Tag hier her und sagt 'Eis haben?' Sie bekommt immer von mir oder den Kunden eines.' Ich war damals ein süßes kleines Ding. Meine Haare waren noch lockig und lang. Sie konnten mir einfach nicht widerstehen. Na, jedenfalls bezahlten von da an auf dem Rückweg meine Eltern immer mein Eis, dass ich mir über Tag immer weiter fleissig abholte. Es sind diese kleinen Geschichten, die man nie in irgend welchen Büchern findet, weil sie zu klein sind. Nur von Mund zu Mund werden sie weiter gegeben und sind doch so wertvoll. Und ich möchte jede Wette eingehen: Sie haben eine Menge von ihnen."
 
"Wissen Sie, meine Liebe, im Alter fängt man an so viele Erinnerungen anzusammeln das es einem bizarr vorkommt jungen Leuten davon zu berichten. Ich habe meine Erinnerungen aber ich mag mit denen nicht hausieren gehen."
 
"Schade.", sagte Anna leiser und lehnte sich wieder zurück. "Dann bleibt mir nicht viel mehr als es zu akzeptieren." Wieder zeigte sie dieses eher unsichere Lächeln, welches die Augen nicht erreichen konnte. Sie fragte sich, ob es an der Zeit war, auf die Uhr zu sehen und sich höflich zu verabschieden, bevor sie hinaus komplimentiert wurde. Sie konnte mit ihm einfach nicht weiter über Kinder reden, die ihre eigenen werden könnten, eine Familie. Diese Option hatte sie schlicht nicht und sie mochte in dieser Hinsicht nicht lügen. Dennoch glitten ihre Augen noch einmal über das Schachbrett. Mit mehr bat sie nicht.
 
Statt Anna sah Piotr Illjitsch auf seine Uhr. "Es wird Zeit für mich, meine Tochter Olga wartet bestimmt schon mit dem Nudelholz hinter der Tür auf mich."
Alljoscha hinter der Bar griff nach seinem Handy und schon eine Minute später erschenen zwei muskelbepaackte Russen in der Tür der Bar. Einer blieb dort stehen und beäugte Straße und Auto mit dem sie gerade vorgefahren waren, einer schweren scharzen Mercedes-Limousine. Der andere kam an den Tisch. "Piotr Illjitsch, Du möchtest gehen?" Als Kameniev nickte und sich erhob zog er den Stuhl zurück und machte Anstalten vor dem Alten zum Auto zu gehen als Kameniev sich noch einmal zu Anna wandte.
"Es hat mich sehr gefreut meine Liebe, kommen Sie wieder wann immer Sie möchten. Dann arbeiten wir an Ihrem Schachspiel und dem furchtbaren deutschen Akzent in Ihrem Russisch. Das ist übrigens Michail" er deutete auf den Schrank von Begleiter, "er ist unverheiratet und ein Neffe zweiten Grades meiner Frau." Der Alte zwinkerte Anna noch einmal zu und schlurfte dann hinter seinen Männern auf den Ausgang zu.
 
Wenn Anna noch eine letzte Bestätigung brauchte um was für eine Art Mann es sich bei Pjotr handelte, dann gab er ihr sie in diesem Moment. Als der Alte sich erhob, stand auch Anna von dem Tisch auf, obwohl es von ihr als Frau unter Menschen nicht unbedingt erwartet wurde. Ihre kainitische Erziehung hatte schlicht die Führung übernommen, auch wenn er nur ein Mensch war.

Hmmmh.. ok, vorläufige Aufnahme zur weiteren Prüfung, so könnte man wohl beschreiben, was der Alte ihr bot. Die Einladung bezog sich zu nächst auf diesen Verein und noch keine andere gesellige Zusammenkunft. Dafür war sie noch zu sehr Fremde und noch zu wenig eingeschätzt. Auf der anderen Seite wurde ihr ein möglicher Heiratskandidat vor gestellt, der zu der Familie des Alten gehörte, zwar ein eher entfernter, aber doch seine Familie. Michail war Kupplungen wahrscheinlich gewohnter als sie selbst. Ihr Blick wandte sich dem Schrank von einem Mann zu. Es war wieder dieses eher etwas unsichere Lächeln, dass auf ihren Lippen lag, als sie den Kopf zum Gruß leicht neigte. Dann glitt ihr Blick wieder zu Pjotr, bevor er sich endgültig abwand. „Ich danke Ihnen für den Angenehmen Abend und werde gern auf ihr Angebot zurück kommen.“ Das Neigen ihres Kopfes fiel gegenüber dem Alten um eine deutliche Nuance tiefer aus. Welches Angebot sie nun genau meinte, Schach und russisch oder doch die Hand Michails, das ließ Anna dieses Mal bewusst offen.

Anna blieb an dem Tisch stehen, bis der Pjotr mit seinem Gefolge den Treff verlassen hatte. Erst dann wandte sich die junge Frau der Bar zu und ging das zweite Mal an diesem Abend auf Aljoscha zu.
 
Aljoscha zeigte ein leicht anzügliches Lächeln lag auf dem Gesicht des Barmannes. "Na, mit dem großen Kameniev gespielt und immer noch im Besitz aller Glieder? Glückwunsch! Willst Du einen Vodka?" Alljoscha machte anstalten um unter die Bar nach dem guten Stoff für ausgewählte Gäste zu greifen.
 
"Hmmh, ich habe einen freundlichen alten Herren kennen gelernt, auch wenn ich in der Überzeugung zurück bleibe, dass er andere Seiten hat, wenn ihm etwas nicht gefällt. Ich denke, ich kann mich glücklich schätzen ihn abseits seines Geschäftes kennen gelernt zu haben.", sagte Anna mit der Andeutung eines Schmunzelns. "Was den Vodka angeht, ich bin nur ein kleines Mädchen, das nicht mit euch aufgewachsen ist. Ich bin überzeugt davon, dass ihr hier sehr Leckeres und Gutes stehen habt, aber wenn ich so etwas scharfes pur trinke, fürchte ich, ich huste es dir nur über den Tresen. Wenn du etwas hast, von dem du mir einen einfachen Vodka in ein doppelt so großes Glas einschenken magst und mir erlaubst, dass ich etwas dazu gebe um es mir zu versüßen, dann nehme ich gern an. Natürlich würde ich auch die Probe auf's Exmpel machen zur Belustigung aller anwesenden Gäste, wenn du darauf bestehst... aber auf deine Verantwortung." Anscheinend war ihr Abend noch nicht ganz vorbei und Anna hatte sich spontan umentschieden. Tja.. viele Gedanken von Anna, die sie sich im Vorfeld machte, waren für die Katz, wenn sie in eine konkrete Situation kam und sich dann umentschied. Keine Krankheit also, sondern ein altes Rezept ihrer Mutter... Als sie zur Theke ging, hatte sie damit gerechnet noch für den Tee von Pjotr zu bezahlen und dann zu gehen. Nun war sie kurz davor sich auf einen der Hocker vor der Bar zu setzen.
 
Alljoscha sah die Braut verblüfft an..."Aber der Vodka ist wirklich bekömmlich...ich kann Wasser hinzugeben oder Orangensaft...schmeckt dann auch nicht scharf...oder wollen Sie lieber einen Tee oder Kaffee? Ja, Piotr Illjitsch wird sehr geschätzt hier und sein Geschäft...naja Im- und Export. Er besorgt unter anderem unseren Vodka und den Tee."
 
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