AW: Athanor, das Rollenspiel
Wenn ich noch mal einen konstruktiven Vorschlag machen darf:
Das Problem an eurer Kurzgeschichte ist, nicht dass sie realistisch ist, sondern die Handlung eher belanglos. Ich meine, ihr wollt doch das sich Leute für euer System interessieren oder? Dann liefert ihnen etwas, was sie MITREISST.
Nutz dir Stärke von „Realismus“.
Was ist an Rollenspielen, die eher zu Realismus neigen, eine besondere Stärke? Die INTENSITÄT von EMOTIONEN und das sich Spieler so einfach in die SC versetzen können, weil diese eben absolut menschlich sind.
Wisst ihr welche Geschichte ICH erzählt hätte? Genau, die eigentlich typische Abenteuergeschichte: „Drachenjagd“, ABER eben in einem realistischen Setting erzählt.
Und wisst ihr welche Emotion ich transportiert hätte, welche so herrlich in realistischen Settings funktioniert? FURCHT, GNADENLOSE FURCHT!
Ich hätte eine Geschichte erzählt, in welcher ein Drache seit diesem Winter immer aus den Bergen kommt und nachts die Viehställe einer kleinen Baronie überfällt, um das Vieh zu reißen.
Der Baron, nur aufgrund seines Erbrechts in diesem Stand und daher alles andere als ein guter Herrscher, ist dieser Angriffe überdrüssig. Bar jeder Vernunft fordert er jeden Ritter seines Reiches sein Gefolge zu nehmen und trotz des harten Winters in die Berge zu ziehen, um dem Ungeheuer Einhalt zu gebieten. Für vernünftige Argumente ist der dekadente und stolze Baron selbstverständlich nicht zu haben, denn er ist ja schon seit Geburt etwas Besseres und fühlt sich in seinem Stolz verletzt.
Also machen sich die Ritter auf, pferchen alle jungen, männlichen, unfreien Bauern zusammen, „bewaffnen“ diese mit Heugabeln und Fackeln und machen sich trotz des bitter kalten Winters auf in die Berge.
Natürlich haben die Bauern Angst, natürlich weinen die Frauen, als die Männer ihnen weggenommen werden. Hingegen macht sich bei manchem Knappen Übermut wegen seines „großen Meisters“ und der Aussicht auf Ruhm und Ehre breit.
So ziehen knapp 90 Männer durch den Schnee, durch die gnadenlose Kälte den Berg hinauf, um den Hort des Drachen zu finden. Ihr ständiger Begleiter: ANGST. Angst vor der bitteren Kälte, Angst vor dem dunklen Wald, Angst vor den finsteren Nächten und dem Geheule der Wölfe, Angst vor den Geschichten um den Drachen, Angst nie wieder ihre geliebten Menschen zu sehen. Ihr ständiger Gegner: Die gnadenlose Natur.
Schon nach kurzer Zeit wird klar, dass sie alles andere als gut ausgerüstet sind für diese Mission. Doch die Ritter treiben die Bauern weiter den Berg hinauf, bis sie in der dritten Nacht, irgendwo im finsteren Wald auf dem Berg aufgeschreckt werden! Es ist stürmisch, dunkel, bitter kalt und plötzlich erschallt dieser markerschütternde Schrei!
Diese Grollen, so tief und laut, dass der Boden erzittert! Keinem sterbliches Lebewesen vermag so ein Brüllen von sich geben! Der Schrei lässt jedem das Blut in den Adern gefrieren, manch einer hat sich bereits jetzt schon eingenässt.
Und mit einem mal, da türmt sich ein schwarzen Ungetüm hinter den Baumspitzen auf, so groß wie ein Haus, finster wie die schwärzeste Nacht, seine geschlitzten Augen glühen wie Feuer in der Dunkelheit und seine gezackten Hörner auf seinem Kopf wirken wie ein Krone!
Genau in diesem Moment wird JEDEM klar, das NIEMAND so ein Ungetüm besiegen kann! Genau in diesem Moment wird den Knappen klar, wie naiv und dumm sie waren! Genau in diesem Moment verlässt JEDEN seine Kraft! Genau in diesem Moment wird der erste Ritter, der doch so viel Ruhm auf dutzenden Turnieren erworben hat, mit einem Schlag zermalmt!
Eine brennende Feuersäule aus dem Rachen des Monsters und schon rollen sich kreischend ein dutzend Männer durch den Schnee! Die anderen sehen wie ihre Nachbarn jämmerlich verbrennen. Es bleibt nur noch die kopflose, panikartige Flucht in alle Richtungen!
Überall die Todesschreie, brennende Baumspitzen und immer wieder das ohrenbetäubende Brüllen des Drachen! Wohin soll man rennen? Wo sich verstecken? Wird dieser Alptraum jemals enden? Werden sie ihre geliebten Menschen je wieder sehen?
Die wenigen Überleben dieser endlosen Nacht, werden dennoch nicht am Ende des Alptraumes sein, denn ohne Ausrüstung steht ihnen nun der Kampf gegen die Natur bevor.
Bitter wird der Rückweg, die hungrigen Wölfe wittern schon ihr nächstes Mahl…
So eine Geschichte hätte ich erzählt, um klar zumachen:
Ja, hier gibt es Abenteuer, aber sie laufen völlig anders ab als gewohnt!
Diesmal seht ihr sie aus den Augen eines Sterblichen, diesmal spielt ihr die Alpträume dieser Menschen aus, diesmal spielt ihr die seelischen Wunden dieser Drachenjagd aus, diesmal spielt ihr vor allem die FURCHT aus, diesmal weint ihr um eure gefallenen Gefährten, denn es waren jahrelange Freunde, diesmal ist der höchste Gewinn des Abenteuers in die Arme seiner geliebten Familie zurückzukehren!
Diesmal ist alles anders! Diesmal schlottern euch die Knie am Spieltisch, diesmal wird euch ein Spielabend geboten, den ihr nicht so schnell vergessen werdet! Diesmal ist eure beste Waffe nicht ein statischer Kampfwert, sondern euer Verstand! Diesmal verdient ihr euch euer Überleben WIRKLICH!
DAS hätte ich erzählt. Und zumindest MEINE Gruppe, würde sofort anfangen wollen zu spielen