Es ist schon deprimierend, wie wenige Leute heutzutage Fafhrd und Grey Mouser noch kennen. Diese beiden "Helden" sind die Protagonisten DER klassischen Sword&Sorcery-Romanserie schlechthin. Der Autor Fritz Leiber hat mit diesen beiden Helden, die von vielen späteren Autoren (u.a. auch von Terry Pratchett in seinem ersten Discworld-Roman) zitiert wurden, ein neues, eigenes Genre geschaffen.
Die Sword&Sorcery-Romane um Fafhrd, den Schwertkämpfer aus den eisigen Barbaren-Regionen, und Grey Mouser, den agilen Dieb und Teilzeit-Zauberer, sowie die ganze Schar an enorm einprägsamen Charakteren der Welt Nehwon gehören zu den Hauptmotivatoren, daß es überhaupt Rollenspiele gibt! Das Sword&Sorcery-Genre ist direkt von Fritz Leiber begründet worden und auf dieses setzen die ersten Gehversuche von Fantasy-Rollenspielen auf (ja, auch die aus der Tabletop-Ecke - z.B. Chainmail, dem D&D-Urahnen - kommenden). Nicht so sehr Tolkien mit seiner sterilen Fantasy, sondern die durch blutige Berge erschlagener Feinde watenden rauhen Sword&Sorcery-"Helden" haben die Anfangszeit der Fantasy-Rollenspiel essentiell geprägt. Man geht irgendwohin, bringt alle um, die sich einem in den Weg stellen, und nimmt Schätze, magische Gegenstände und knapp bekleidete, willige Frauen als die einem zustehenden Belohnungen mit. Wem kommt das bekannt vor? - Gut, das mit den Frauen haben die prüden US-Rollenspiele nicht so im Vordergrund gebracht, aber in diesen Romanen ist das eben so.
Ich finde, daß man eine Fantasy-Bildungslücke hat, wenn man die Sword&Sorcery-Romane von Fritz Leiber nicht kennt. Früher konnte man diese in den Buchläden aber auch kaum übersehen, da sie stets als Taschenbücher verfügbar waren. Mit den derzeitigen Verlagssortimenten hat man da als Fantasy-Interessierter schon so seine Probleme.
Meine Empfehlung: unbedingt lesen. Man erhält aus diesen Romanen eine Fülle an Ideen für die klassischen Fantasy-Rollenspiele, die nicht nur weichgezeichnete pseudo-Tolkiensche Abziehbild-Charaktere verwenden wollen, sondern harte Charaktere auf harte Abenteuer in einer harten Welt schicken wollen.
Nur eines würde ich nicht in Zusammenhang mit Fafhrd und Grey Mouser stehen lassen wollen: Helden, in dem Sinne des überlegenen Strahlemanns, sind beide nicht (übrigens die anderen aufgezählten auch nicht). Fafhrd, Grey Mouser, Kane, Conan, Elric - sie alle sind essentiell sehr "moderne" Charaktere, da sie ihren Egoismus auch über die Leichen derer, die sie lieben, ausleben. Sie erhalten dadurch Risse und Brüche - charakterliche Tiefen. Es sind nicht so sehr die mystischen Helden vom Ausmaße eines Gilgamesh, Odysseus, Theseus, Lemminkainen etc. (Ausnahme vielleicht noch das Konzept des Ewigen Helden von Moorcock). Diese Sword&Sorcery-Helden sind bodenständiger und für unsere Wahrnehmung leichter eingängig, da wir in der heutigen desillusionierten Zeit nicht mehr in mystischen Zusammenhängen denken. Die klassischen Heldensagen sind da schon ganz anderes Kaliber. Sword&Sorcery soll unterhalten, hart und kantig sein, aber keine moralische Botschaft vermitteln oder eine Religionsgrundlage darstellen.
Das Sword&Sorcery-Genre kennt nicht so sehr die Strahlemänner. Die "Helden" hier sind am ehesten mit den Western-"Helden" der Clint Eastwood Klassiker zu vergleichen (z.B. in The Good, the Bad and the Ugly). Das ist aber auch passend, da zumindest Robert E. Howard seine Story-Ideen nach Lust und Laune mal als Conan-Geschichte, mal als Western oder mal als Story für seine piktischen Helden (Bran Mak Morn? - Der Name ist mir gerade nicht präsent) verwendet hat.
Auch Moorcocks Fantasy hat mit dem niedlichen Mittelerde-Heile-Welt-Schema nichts gemein. Moorcock hat als einziger der Autoren der obigen Protagonisten eine mystische Komponente, einen Ewigen Konflikt, eine Verwicklung der Geschicke von Menschen und Göttern. Das soll nicht heißen, daß Conan nicht auch Götter töten würde - bei Conan ist es nur nicht als roter Faden durch alle Geschichten durchgehend.
Diese Sword&Sorcery-Autoren, deren Liste noch lange nicht vollständig ist, sind eine so grundlegende Quelle für Fantasy-Rollenspiel, daß ich garnicht auf die Idee gekommen bin, daß es Fantasy-Rollenspieler gibt, die diese (noch) nicht kennen. Tja, das ist wohl die Brille des Alters, die mich blind dafür macht, daß es heute längst nicht mehr dieses vielfältige und omnipräsente Verlagsangebot gibt, wie es vor 20-30 Jahren der Fall war. Oje, fühle ich mich alt, wenn ich von "damals" lamentiere. *röchel*