AW: [27.04.2008] Das große Gespräch (Primogentreffen)
Wirklich interessant, wie sich hier manche Personen benehmen. Das ergibt jede Menge Rückschlüsse auf den Zustand der Stadt und die Machtpositionen.
Scheinbar besaß die Seneschall Lady Noir lange nicht so viel Macht in ihren Händen, wie Bevage zuerst eingeschätzt hatte.
Interessant war zu erfahren, dass der Prinz und der alte Werkreaturenclan einen Pakt hatten und deshalb der Kopf an das Prinzenhaus geschickt wurde. Meyye und Viktor -ein Tremere- schienen ebenfalls eng mit den alten Werwölfen bekannt zu sein. Für den Clan Gangrel war dies nichts ungewöhnliches, aber Haus und Clan Tremere? Was steckte dahinter?
Die Tremere wollten definitiv die Beziehung verstecken. Wahrscheinlich irgendwelche absurden Experimente, oder ähnliches.
Wirklich interessant an dieser Debatte war jedoch, wer sie eigentlich ausgelöst hatte. Der Scheriff Enio Pareto, ein Brujah. Er wurde seinem Clan gerecht und sorgte für einigen Aufruhr. Ohne jedoch selbst ein einziges Mal ins Rampenlicht zu treten. Auch der kurze Blickkontakt zwischen Lady Noir und Enio Pareto übersah Bevage nicht.
War dies ein geplanter Coup um Reaktionen hervorzulocken?
Ganz im Gegensatz zu dem Brujahprimogen gab sich Roxana Dragomir nicht gerade sehr bedeckt. Aus dem gestrigen Gespräch mit Seneschall, Geißel und Scheriff konnte Bevage schließen, dass diese Dame ein Mitglied des Clans Ravnos war. Daher war ihre Unfreundlichkeit ihm gegenüber nicht weiter erstaunlich. Alte Geschichten, die immer noch weite Kreise zogen.
Sie stellte sich dann allerdings doch der Tremere Regentin vor, was half die Leute einzuordnen.
Warum die Tremere zu zweit anwesend waren, blieb Bevage verborgen. Wahrscheinlich eine Folge irgendeines politischen Winkelzuges. Oder die Tremere waren in dieser Stadt die stärksten Verbündeten der Toreador. Auch wenns es gerade eben nicht wirklich den Anschein machte.
Bisher fiel Bevage besonders die Tremere Regentin Caitlin McKinney auf, die entsprechend ihrem Clan, sich unglaublich politisch korrekt zu dem scheinbar schwierigen Thema Viktor geäußert hatte. Im Gegensatz zu dem anderen Herrn, der sich noch nicht einmal vorgestellt und äußerst gefühlsbetont reagiert hatte. Aber vielleicht war dies auch nur wieder ein doppelter Boden. Die Regentin lenkte gezielt die Aufmerksamkeit auf einen tobenden Untergebenen, der ihr den nötigen Freiraum gab.
Andererseits warf das kein gutes Licht auf Haus und Clan und erschien Bevage mehr eine Methode eines individualistischeren Clans zu sein.
Die andere Person, die Bevage ins Auge fiel, war der Ventrue Primogen. Alexander Stahl schien ausgezeichnet in den Clan Ventrue zu passen und schien alle nötigen Kompetenzen für einen Primogen zu besitzen, auch wenn er wohl noch etwas jung war. Zumindest konnte man diese beiden Faktoren aus seinen Aussagen herleiten.
Als Lady Noir einen Schlussstrich zog und eine weitere Person ankündigte, von der Bevage schon gehört hatte, war er dementsprechend gespannt. Diese Sitzung war wirklich eine Goldgrube.
Als der angesprochene Zieglowski dann eintrat, war Bevage mehr als verwirrt.
Ich befinde mich immer noch in einer Primogenensitzung, in einer Camarillastadt, die von einem Toreadorprinzen regiert wird, oder?
Das gesammte Verhalten dieses Menschen gab wieder einigen Zweifel an der eigentlichen Macht der Seneschall Lady Noir.
Erst einmal, wozu lud sie einen Menschen überhaupt in eine Primogenensitzung ein. Und dann auch noch um von seiner erfolgreichen Arbeit zu erzählen. Bevage hatte gedacht, der Waffenhändler sei ein Blutsklave oder Untergebener des Prinzen, oder einer anderen Autorität.
Also warum setzte man die eigenen Lorbeeren auf den Kopf dieser liederlichen Kreatur, anstatt den Erfolg denn man mit seinen Bediensteten erreicht hatte, den anwesenden Primogenen einfach zu präsentieren?
Entweder hat also dieser Herr Zieglowski viel Macht, oder irgendetwas in der Hand, was zu dieser Situation führt, oder es gibt irgendeine spezielle Sache, die die Seneschall Lady Noir mit dem auftauchen dieses Herrn erreichen will.
Die großartige Tatsache das dieser Mensch eine Werkreatur -wenn auch eine junge Frau- gefangen hatte, ging völlig unter in dem Schlamm an unnötigen Worten, die nur von einem triebgesteuerten Wesen ausgehen konnten.
Bevage sah sich um, ob irgendwer der anderen Anwesenden -etwa Roxana Dagomir- jetzt plötzlich anfing auf den Menschen einzugehen.
Doch scheinbar wollte niemand Herrn Zieglowski tadeln. Lediglich Enio Pareto gebrauchte einige Worte um seinerseits mit Schlamm zu werfen. Es war als würde etwas bizarres im Gange sein. Bei der ersten Schlammschlacht zwischen der Ravnos und den Tremere, angezettelt von dem Brujah Scheriff, war dieser völlig ruhig gewesen. Und jetzt beim auftreten eines unverschämten Menschen, der anscheinend beste Verbindungen zur Toreador Seneschall hatte, begann er den Dreck in seinen Händen zu kneten um eine feste Kugel zu formen.
Warum also tat Enio Pareto, der sich scheinbar mit der Seneschall Lady Noir so gut verstand, dies mit einer Person die in irgendeiner Verbindung zu Lady Noir stand?
Wieder hatte Bevage diesen bizarren Gedanken.
Ihm kam in den Sinn, dass Von Kaulstetten einmal von einem römische Kaiser mit Namen Heliogabal geredet hatte. Dieser hatte seine Macht dazu genutzt, ausschweifendste und verrückte Feste zu feiern. Er war irgendwann so gelangweilt dass er begann Menschen zu ermorden. Selbst sein eigener potentieller Tod hatte er ausgiebig geplant und zu einem wahren pompösen Meisterwerk aufgeplustert.
Ist der Toreadorprinz so verrückt, dass er einen gewalltigen Epos inszeniert, der ihn amüsiert, bevor die Werwölfe angreifen und für Tote sorgen?
Natürlich war dies ein äußerst paranoider Gedanke, aber er war nicht wirklich weit hergeholt. Alte Kainiten wurden zwangsläufig verrückt und verhielten sich abnorm. Und hier hatten man es mit einem Toreadorprinzen zu tun, der sich nie zeigte und seine Stadt von der Seneschall Lady Noir regieren lies.
Bevage könnte sich durchaus vorstellen, dass dies eine große Inszenierung zum Amüsement eines durchgeknallten Prinzen war. Allerdings war diese Annahme zu simpel. Denn immerhin waren die Beteiligten keine Marionetten, sondern verfolgten ihre eigenen Ziele. Trotzdem war es natürlich möglich, das der Prinz die einzellnen Figuren seinen Wünschen entsprechend manipulierte. Das war schließlich die Quintessenz des Jihad.
All diese Gedankengänge verfolgte Bevage während der Diskussion um den gefangenen Werwolf. Und trotzdem war er aufmerksam beim Gespräch. Es schien als wäre die Nosferatu Marie Wegener eine der wenigen, die hier wirklich eher im Hintergrund arbeiteten, ohne sich in irgendwelche intriganten Schlachten zu begeben. Und das war mehr als nur natürlich für den Clan Nosferatu. Um so mehr freute es Bevage, dass sie sich scheinbar sehr freundlich ihm gegenüber gezeigt hatte. Vielleicht hatte er hier seinen ersten und besten Verbündeten, schließlich hatten die Nosferatu sehr ähnliche Ansichten wie er, was Sektenpolitik anging.
Erst jetzt äußerte sich Bevage:
"Ich bin gerne bereit bei einer Befragung zu assistieren."
Man hatte nach Gangrel gefragt, auch wenn es in einer eher herabwürdigender Art und Weise geschehen war, aber dies war eine wunderbare Möglichkeit die Kräfte eines oder mehrer Kainiten dieser Stadt kennen zu lernen. Was der Clan Gangrel sonst noch in diesem Krieg tun konnte, lies er unbeantwortet. Schließlich war der Clan aus der Camarilla ausgetreten. Meyye war zwar noch Mitglied, aber solange ihn niemand direkt auf sie ansprach, war er mehr als froh, dass er sich nicht zu ihr äußern musste. Denn scheinbar hatte sie nicht gerade eine positive Stellung inne. Aber es würde äußerst interessant sein, zu erfahren, welche Verbindungen sie genau zu den Werwölfen hatte.
Bevage machte sich die geistige Notiz, den Herrn Zieglowski genauer unter die Lupe zu nehmen, vielleicht konnte man seine Verbindung zur Seneschall Lady Noir nutzen. Wichtig war auch, die Ravnos kalt zu stellen, sollte sie irgendwelche Macht besitzen. Immerhin war sie auf eine Primogenensitzung eingeladen, also musste diese Frau irgendetwas an sich haben. Das Gespann Seneschall + Scheriff war interessant, aber mit Vorsicht zu genießen. Und die Nosferatu Marie Wegener machte auf ihn einen guten Eindruck, für einen positiven Ansatz in der Stadt. Die Tremere konnten vielleicht mit dieser Werwolfaffäre an Macht verlieren, was auch einigen Schaden bei den Toreador anrichten konnte.
Langsam begann sich eine Karte der gesellschaftlichen Situation in Finstertal, in Bevages Kopf zu bilden.
Die einzige Person die sich bisher noch nicht geäußert hatte, war diejenige, die als erstes hier eingetroffen war, die Geißel Dominic Dargol.