"Überwachung ist das Letzte, dass unsere Stadt gebrauchen kann. Nach allem was war, ist das Gebot der Maskerade das höchste Ziel und das werde wir kaum umsetzen können, wenn an allen Straßenecken irgendwelche Aufnahmegeräte angebracht sind. Der Bevölkerung dieser Stadt fehlt es an Vertrauen. Ganz besonders zur Obrigkeit. Sie nun wie Schafe zusammenzupferchen und durch kläffende Hunde in Zaum zu halten, ist definitiv der falsche Weg."
Lena hatte in den dreißiger Jahren an der Seite der republiktreuen Spanier gegen die aufmarschierenden Nationalisten gekämpft. Mit dem Gewehr in der Hand und versteckt lebend in den Wäldern Kastiliens. Auch den direkt darauf folgenden Nationalsozialismus hatte sie erleben müssen. Sie verstand nicht, wie ausgerechnet ein Mann wie Moishe, mit seiner Vergangenheit, sich auf derlei Gedankengut einlassen konnte.
"Das Thema ist damit vom Tisch, Herr Ben Levy. Finstertal wird nicht zur Überwachungsstadt. Auch bezüglich des Mafiakrieges bin ich anderer Meinung. Es geht nicht darum die Situation zu unserem Vorteil zu nutzen, sondern um die Widerherstellung des Gleichgewichts. Einige Kainiten dieser Stadt haben durchaus Einfluss auf die Köpfe der verschiedenen Gruppierungen und den gedenke ich zu nutzen. Gut möglich, dass Sie am Ende recht behalten. Vielleicht ist der Krieg nicht mehr aufzuhalten, allerdings werde ich die Diplomatie erst aufgeben, wenn alles versucht worden ist."
Es war deutlich zu spüren, dass die Prinz nur schwer von ihrer Sicht der Dinge abzubringen war.
"Schon jetzt hat es erste Verstöße gegen die Maskerade gegeben. Anna Reeben hat sich während eines Scharmützels zwischen Italienern und Russen zu einigen unbedachten Taten hinreißen lassen und dabei deutlich gegen die Maskerade verstoßen. Wenigsten zwei weitere unserer Art waren Zeuge der Schießerei. Und das ist nur, was ich in den ersten Stunden in Erfahrung bringen konnte. Jedes Gefecht, jede Schießerei wird weitere Wellen schlagen und für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Bedenken Sie was in den letzten Monaten alles geschah! Die dämonischen Auswüchse im Schwarzen Kamp, die Explosionen, Zachariis Einfluss auf die Menschen. Ihre tagelange Apathie, die Angriffe durch Garou, Plagen und wildgewordene Kainiten. Das alles muss ein Ende haben. Frieden muss einkehren. Die Bewohner der Stadt haben etwas Ruhe verdient und ich werde dafür sorgen, dass dies auch geschieht. Notfalls werde ich die Anführer der Mafia höchstpersönlich in Stücke reißen."
Die letzten Worte hatte Lena voller Inbrunst besprochen. Sie pausierte kurz um sich wieder zu beruhigen. Dann reichte sie dem Sheriff ein Stück Pergament.
"Ich danke Ihnen für Ihren Vorschlag, Moishe. Aber ich lehne Ihre Idee kategorisch ab. Frau Reeben habe ich übrigens bereits verurteilt, die Strafe wird innerhalb des Clans Tremere durchgeführt. Auf dem Papier habe ich die derzeit geltende Hierachie der Stadt aufgelistet. Auch innerhalb der einzelnen Statusbereiche habe ich die Reihenfolge festgelegt, in der die einzelnen Kainiten derzeit von der Akademie angesehen werden. Nach dem Weggang von Frau de Groot benötigen wir allerdings eine neue Harpyie. Haben Sie eine Idee, wen man diesbezüglich verpflichten könnte?"