Ach du Scheiße!^^
Jenny konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen. Sie hatte gehofft, dass ihr Ablenkungsmanöver erfolgreich sein würde, jedoch nie damit gerechnet, dass es am Ende ein solches Chaos geben würde. Hätte sie nicht noch eine extrem wichtige Sache zu erledigen, wäre es ein riesiges Vergnügen gewesen, sich auf irgendein Dach zu setzen und der Katastrophe bei fünf oder sechs Zigaretten und einer großen Flasche Jack genüsslich ihren Lauf zu lassen.
So aber veränderte sie ihre Form und verwandelte sich in ihre Fluchtform. Eine kleine graue Kanalratte mit verfilztem Fell und fleckiger Haut. Warum es ihr nie gelungen war, sich in eine Fledermaus zu verwandeln, war ihr vollkommen unklar. Von den Gangrel wusste sie das diese sich in pfeilschnellen Fledermäusen und stolze Wölfe verwandeln konnten. Bei ihr reichte es gerade mal zu einem zu klein geratenem Nagetier und einer räudigen Hündin.
Egal, die Form einer Ratte war genau das was sie jetzt brauchte. Eingehüllt in Schatten, nahezu unsichtbar also, glitt sie an Bordsteinkanten entlang, zwischen Sträuchern und unter Schatten hindurch, entlang an Mauerwerken und fein beschnittenen Rasenstücken.
Ihre trippelnden Minifüße passierten eben den Hintereingang des Flügels mit der Verhandlung, als Duke diese öffnete und mit Jennys Lockvogel nach Draußen trat. Was für eine Gelegenheit! Das Glück war wahrlich mit den Dummen!!!
Für eine Sekunde überlegte die Caitiff, die unverhoffte Chance zu nutzen und einfach so ins Innere zu schlüpfen.
Wäre sie nur für sich selbst verantwortlich, hätte sie es sogar getan. Einfach nur um zu sehen, wie weit sie kommen würde. Heute aber handelte sie im Auftrag ihres Vaters. Im Sinne des Clans und zum Wohle der Stadt! Es ging um den Schutz des Allgemeinwohls und um die Vernichtung Zieges. Sie durfte kein unnötiges Risiko eingehen.
Wer hätte das jemals gedacht? Ich und das Gemeinwohl…. Unfassbar!
Mit einem unhörbaren Seufzer auf den Lippen, Nagetiere seufzen übrigens immer unhörbar, trippelte sie weiter bis sie an das Fenster gelangte, dass sie sich in der vorherigen Nacht ausgesucht hatte. Es lag im Schatten eines Zierstrauches und bot einen guten Blick ins Innere eben des Raumes, in dem die Verhandlung stattfand.
Noch immer in den Schatten verborgen, dank ihrer Nosferatuerziehung nahezu unsichtbar für das menschliche Auge, erklomm sie die Wand in Windeseile, schnell und geschickt wie es nur eine Ratte kann. Nur Sekunden später saß sie zusammengekauert in der schattigsten Ecke des Fensters. Es war unbequem und bot nur eine halbwegs gute Sicht in den Verhandlungssaal. Aber es reichte, um einen guten Blick auf Lurker werfen zu können und einen groben Einblick auf die Gesamtsituation zu erhaschen.
Der Wächter am Fenster leistete gute Arbeit, aber er achtete auf das Chaos, das sich vor ihm abspielte und nicht auf irgendein leises Rascheln, das eventuell hinter ihm erklingen mochte. Wer schon mal eine derartige Wache hinter sich gebracht hatte, lernte schnell dass besonders Vögel eine Menge Lärm veranstalten konnten, wenn sie sich auf Futtersuche durch ein niedrig hängendes Gebüsch wühlten. Eben das Kleintierrascheln schaltete man schnell ab, wenn man nicht vorhatte eine Wachschicht vollständig unter Adrenalineinfluss zu verbringen…