AW: [09.05.2008] Rekrutierung
Auch der Griff nach der Bezahlung war mehr Reflex, als bewusst. Es gehörte zu diesem oft ausgeübtem Vorgang und wurde daher mechanisch abgespult. Hätte sie es allerdings nicht angestoßen, wäre es wohl in Vergessenheit geraten. Mit einem Schädel voller fluffiger Watte, brachte man schlechte Voraussetzungen mit sich. Eigentlich hätte sich der Barmann ihres Vertrauens jetzt wieder in seine zusammen gesackte Position begeben wollen, aber ihr Blick und ihre Frage hielten ihn fest. Gequält schaffte er es seinen Blick, nach ein paar Verirrungen durch den Raum und zu Boden, wieder auf Martas Gesicht zu fokussieren. Konnte sie ihn nicht endlich in Ruhe lassen? Er hatte sich doch so viel Mühe gegeben.
Eigentlich war es völlig absurd ihn irgendetwas in dieser Hinsicht zu fragen. Wahrscheinlich wäre an diesem Ort, vor allem diesem Kerl, weder der mainstreamige Richard, noch der zausige Esteban aufgefallen. Nicht mal an einem gutem Tag, hätte diese Groschenversion von einem Barkeeper mit dieser Beschreibung jemanden zuordnen können. Wäre da nicht heute schon einmal so ein auffälliges Phänomen gewesen. Da war heute tatsächlich jemand aufgetaucht, der ausreichend fusselig gewesen war. Wie eine Mischung aus Fozzy Bear und den Blues Brothers, denn anstelle einer Frisur, hatte der Kerl ein wildes Gilde aus Haaren gehabt, dass sich grimmig an seinen Kopf geklammert hatte, scheinbar um nie wieder von ihm abzulassen und er hatte eine große, völlig schwarze Sonnenbrille getragen. Nachts. In einer Disco. Zugegeben, in so etwas ähnlichem wie einer Disco. Wirklich aufgefallen war er allerdings aus zwei Gründen.
Er hatte einen Anzug getragen. Einen richtigen, echten, dunklen, guten Anzug. Mit einem richtigem, weißem Hemd dazu. Gebügelt. Im Hovel. Ja, so etwas konnte einem selbst aus der Totenstarre reißen und grübeln lassen. Vor allem wenn sich dieser Typ hier mit einigen anderen Gestalten und Jenny traf. Was immer um und mit Jenny passierte, wurde von vielen Augen beobachtet. Hier, in dieser Gegend der Stadt, war es etwa so, als wenn Jenny Färber eine Armee großer Brüder, eifersüchtiger heimlicher Verehrer und überfürsorglicher Väter hätte. Sie war immer da für Andere und daher würde man auf sie achten.
So konnte die Caitiff beobachten, wie plötzlich eine gewisse, vorsichtige Spannung in den Körper ihres Gegenübers zurückkehrte. Der jenseitige, verschleierte Blick klärte sich ein wenig und bekam ein wachsames Funkeln, während er sie von Oben bis Unten gründlich musterte. Unpassend gekleidet, unbekanntes Gesicht und sie gehörte hier eindeutig nicht her. Sieh sah aus wie ein kleines Mädchen, zugegeben. Aber da gab es doch mal so eine Serie im Fernsehen, wo Polizisten ausdrücklich danach ausgesucht worden waren, dass sie milchgesichtig und jung aussahen, um sie dann in irgendwelche Schulen schicken zu können, wo sie undercover ermitteln sollten.
Selbst wenn sie kein Bulle war, vielleicht hatte Jenny Ärger mit jemandem und sie sollte herumschnüffeln.
Ähm....neeee....
Ja, Barkeeper waren nun mal meistens Eloquente Redegenies, nicht wahr?