[08.05.2008] Die Gosse ruft...

AW: [08.05.2008] Die Gosse ruft...

"Echt? Du warst als Mensch schon davon überzeugt das totalitäre Systeme und Diktaturen die richtige Lösung seien? Mann, das hätte ich jetzt nicht gedacht! Aber sei es drum, jeder hat ein Recht auf seine Meinung! Ich habe das immer anders gesehen! Freiheit ist das höchste Gut! Die Gehirnwäsche der Anführer in den verschiedensten Städten ist an mir vorbei gegangen, weil ich nichts mit denen zu tun hatte. Ich habe mich stets im Untergrund gehalten und hatte dort die Möglichkeit mir den ganzen Mist aus der zweiten Reihe anzuschauen. Das heißt aber nicht, dass sie mich nicht gekriegt hätten. Man hat mir die Knochen gebrochen, mich aufgeschlitzt, mich auf die interessantesten Weisen umgebracht und mehrfach wie einen Sack Müll auf die Halde oder in ein Hafenbecken geworfen. Trotzdem bin ich noch hier. Hauptsächlich weil ich ne Menge Glück und gute Freunde hatte, aber ich Lebe! Du kannst dir vorstellen, das es nicht einfach ist, sich offen gegen Tyrannen zu äußern! Aber wenn es niemand macht, gewinnen die ...Verbrecher!"

Einmal mehr war Jenny erstaunt, wie sehr sich nach wie vor die Meinungen aller Camarillamitglieder ähnelten.
Anna sprach Enio noch immer nach dem Mund und nicht nur ihm. Unglaublich, das sie selbst es einfach nicht begriffen! Wenn sich drei Cammies nur einmal in ihrem Leben über dieses Thema unterhielten, mussten sie doch merken, dass ihre Antworten einer sorgsamen Erziehung entsprangen und nicht einem freien Willen. Aber konnte ein Hund unterscheiden was er wollte und was anerzogen war? Wohl kaum...

"Du fürchtest den Tod! Das ist verständlich... und feige! Mein Risiko ist nicht höher als das deinige! Im Gegenteil! Mir schaut man bei allem was ich tue auf die Finger. Nachdem ich mich angemeldet hatte, musste ich ne halbe Ewigkeit lang zweimal die Woche zur Geißel und mich demütigen lassen. Und auch heute, denken viele deiner Art, sie könnten mit mir machen was sie wollen. Daher habe ich auch nichts gesagt, als man mich zur An-zil-a ernannt hat. Anscheinend bringt dieser dämliche Titel eine Menge Vergünstigungen mit sich? Vergünstigungen die ich gebrauchen kann, denn ich habe vor den Anarchen in Finstertal eine Stimme zu verpassen. Wenn wir die Stadt schon nicht befreien können und wenn die Camarilla sich nicht in die Knie zwingen lässt, dann können wir doch wenigstens dafür sorgen, dass man unsere Stimme hört und ernst nehmen muss. Es gibt wesentlich mehr von uns, als du denkst! Wesentlich mehr Kainiten die den Tod nicht fürchten..."
 
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"Hörst du immer nur das, was du hören willst?", frage Anna die Anarche. "Zufällig bin ich nicht in einer Diktatur aufgewachsen sondern in etwas, was sich Demokratie nannte. Und Demokratie kannst du eigentlich gleichsetzen mit: Die Wirtschaftsinteressen regieren. Das fand ich schon damals nicht prickelnd, aber ich habe keine Alternative gefunden, die gut gewesen wäre. Selbst die Ökos in den Bauwagensiedlungen haben sich gezofft wie alle anderen auch. Der Schmunz von 'freie Liebe' war ja zum Glück schon vorbei. Tolle freie Liebe, wenn du in gewissen Kreisen als prüde verschrien wurdest, nur weil du dich nicht von jedem Typen angrabbeln lassen wolltest. Wenn die Gehirnwäsche der Anführer so gut ist, warum cashen sie dich dann nicht jetzt ein und unterziehen dich einer 'Behandlung'?

Dir schaut man also auf die Finger. Ehrlich jetzt? Du hast keine Ahnung von meinem Clan und die Enge seiner Bindungen. Sonst kämest du nicht mal ansatzweise auf die Idee dein Risiko höher einzuschätzen als meines. Oder bist du regelmäßig auch auf geistiger Ebene mit deinen 'Aufpassern' verbunden, etwas, was unter den Mitgliedern in meinem Clan gang und gebe ist? Der Titel einer Ancilla bringt tatsächlich einige Vergünstigungen mit sich. Anscheinend schätzt man dich in der Stadt inzwischen zu mindest so sehr, dass dir niemand mehr direkt auf die Finger schauen wird und wenn die Geißel etwas gegen dich vor zu bringen hätte, dann dürfte sie nur noch in Absprache mit denen, die über ihr stehen, handeln. Du bist jedenfalls keine Vogelfreie mehr sondern so was wie eine höher gestellte Bürgerin."

Der Begriff erklärte Jenny vielleicht am ehesten, was der Titel Ancilla für sie bedeuten konnte. Schon wieder hatte Anna eine Information quasi verschenkt. Anna blieb wie gewohnt nach aussen hin ruhig, obwohl sie langsam aber sicher auch sauer wurde. Sie war schlicht weg unfähig, es durch eine lautere Stimme oder Gestik deutlich zu machen. Sie sollte gehen.

"Du nennst mich feige? Klar. Ich bin ja nur ein Bücherwurm und körperliche Prügeleien sind nicht so mein Ding. Der Werwolf und du teilten da wohl durchaus eine Meinung, das meine Künste in dem Bereich da eher den Bemühungen einer Mücke ähneln, die am Ohr kitzelt. Aber was solls. Ich red' mich ja darauf hinaus, dass ich ein Bücherwurm bin und andere auf's Schlagen spezlialisiert sind, wenn es ernst wird. Ich bin auch nur in eine Stadt versetzt worden, die sich einer hohen Kainitensterblichkeit rühmt. Aber ja, du hast sicher recht. Ich bin einfach nur feige." Und auch alles andere, was du dir in deinem Köpfchen zurecht strickst. Gott, wenn es nur wahr wäre, dann hätte ich es einfacher.

Verdammt. Das hätte sie sich sparen sollen. Anna hielt kurz inne. Warum buhlte sie so dämlich um Anerkennung durch die Anarche? War sie noch ganz bei Trost? Das musste aufhören. Sofort. "Wenn du erlaubst, gehe ich jetzt jagen."
 
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"Vergiss nicht mit wem du redest, Miststück! Ich habe anderen schon für viel weniger den Arsch aufgerissen! Um mir gegenüber derartig frech werden zu dürfen, kennen wir uns noch nicht gut genug, da reicht auch keine mitgebrachte Lederjacke. Und Scheiße! NEIN, du bist noch nicht entlassen! Du wirst mir hier nicht weglaufen nur weil dir deine fucking Argumente ausgehen!"

Eine durchaus freundlich gemeinte Warnung, aber unüberhörbar die Einzige die es geben würde.
Und das, obwohl Jenny nicht einmal den Hauch einer Ahnung hatte, das sie sogar das Recht besaß die Tremere auszubremsen.
Sie hätte genau das Gleiche auch als Küken, Neugeborene oder Spätnachmitternachtgezeugte gesagt.

"Ich nenn dich feige, stimmt! Laut und deutlich! Aber nicht weil du dich nicht in Kämpfe wagst, sondern weil du es nicht auf die Reihe bekommst, dich mit dir selbst und deiner Existenz auseinanderzusetzen. Auch ein Bücherwurm kann sein Dasein in Frage stellen, dazu bedarf es keiner Muskeln. Ich wette du bist sogar eine ganze Ecke cleverer als ich. Trotzdem steckst du den Kopf in den Sand und besitzt darüberhinaus auch die Frechheit dich hinter meiner Stärke zu verstecken. Als ob die etwas damit zu tun hätte? Ich will nicht, das du einen bepissten Krieg anführst, ich will das du deinen scheiß Kopf benutzt und eben das tust, was ein Bücherwurm am besten kann. DENKEN!!! Aber was passiert? Kaum geht es mal gegen deine geliebte Camarilla kneifst du den Schwanz ein und willst jagen gehen! Bloß weg! Na klar! Wie originell und unerwartet! Weißt du, es interessiert mich einen Scheiß unter welchen politischen Zusammenhängen du als Mensch aufgewachsen bist. Da du mittlerweile nicht mehr wählen gehst, ist der menschliche Faktor der Demokratie für dich wohl für alle Zeiten gestorben! Nerv und langweile mich also nicht mit dieser nostalgisch unnützen Kacke! Zudem sie mit unserem vorherrschenden Problem rein gar nichts zu tun hat! Viele von uns waren einst Demokraten, es haben anscheinend die meisten nach ihrem Tod nur gleich wieder vergessen."

Jenny spuckte auf den Boden.
Ihr Speichel mischte sich mit dem Wasser einer kleinen Pfütze und färbte es in blaßroten Kringeln.

"Aber wo wir gerade beim Thema sind? Warum kann es für einen Kainiten keine Demokratie geben? Ich bin gar nicht so verbort wie du sagst und ich höre dir sehr gut zu! Trotzdem stelle ich die Frage? Ist es richtig wie du lebst? Das du gezwungen wirst dich geistig mit deinen 'Aufpassern' zu verbinden? Ist es richtig, dass du dich um dein Wohl sorgen musst, wenn du die falschen Fragen stellst? Ist es richtig, dass dir verboten ist, so zu denken wie ich? Ist es richtig, dass du wie Dreck behandelt wirst, obwohl du doch soviel intelligenter bist als viele deiner angeblichen Vorgesetzten? Wie ich zum Beispiel? Und das meine ich ernst und ohne jeden Sarkasmus! Abr ich muss gar nichts weiter sagen, frage dich nur selbst, ob das alles zu dem du gezwungen wirst und was man dir als gegeben vorschreibt, wirklich RICHTIG ist? Wenn du dir das selbst einmal durch den Kopf gehen lässt, dann weißt du wo ich stehe! Dann siehst du die Welt durch meine Augen. Ich will gar keinen Anarchismus, ich will kein Chaos! Keine unmöglichen Strukturen Ich will nur, das es BESSER, dass es RICHTIG gemacht wird. Mehr sage ich gar nicht! Auch nicht, dass ich eventuell die Lösung für alle Probleme hätte? Ich habe nur gesehen, dass alles was wir machen vollkommen falsch ist und das jeder Versuch es zu richten ein Schritt in die richtige Richtung ist!"

Es folgte ein leiser Seufzer und ein resignierendes Kopfschütteln.

"Du sagst ich höre nicht zu! Doch tu ich! Also sag mir, warum die Camarilla in deinen Augen RICHTIG ist, gib mir einen Grund an deinen Scheißverein zu glauben. Erspar mir aber diese abgefuckten Drecksargumente, dass es nicht anders geht und das Monster wie wir nur auf diese Weise geführt und unter Kontrolle gehalten werden können. Wenn das alles ist, was deinem cleveren Geist entspringt, dann gehst du wirklich besser jagen, denn ich sehe mehr in dir und in mir. Mehr in uns allen! Nur weil wir bereits einmal gestorben sind und wir unser Leben gezwungener Maßen durch Gewalt am Menschen definieren, heiß das nicht, dass wir kein Herz haben können. Uns es bedeutet auch nicht, dass wir das Recht haben, uns hinter unserer angeblich so schlechten Natur zu verstecken! Also los, Bücherwurm! Ich höre! Bekehre eine überzeugte Protestantin vom Wert einer totatilären Diktatur, du hast meine ungeteilte Aufmerksamkeit!"

Ein humorloses Lächeln folgte.

"Und dann erklär auch gleich, warum dein Leben gefährlicher ist, als das Meinige! Ich habe meinen ersten Sonnenaufgang als Vampir erlebt, brennend und zu Tode verängstigt ohne zu wissen was ich bin und warum sich meine Haut von den Knochen schält! Meinen zweiten habe ich mit gebrochenen Gliedern auf dem Grund des Hamburger Hafenbeckens verbracht, ohne zu wissen warum einige mir völlig fremde Wesen versucht haben mich zu Tode zu prügeln. Beide Male wäre ich um ein Haar gestorben. Danach habe ich mich entschlossen stärker zu werden. Sehr viel stärker! Nicht weil ich so gerne Leute verprügele, sondern weil ich damals der Meinung war, dass ich nur überleben kann, wenn ich weiß wie man sich wehrt! Bücher hätten mich da nur wenig weitergebracht, meine Liebe. Leider hat sich bis heute daran nur wenig geändert. Außer das man sich vor mir fürchtet! Der tollwütigen Anarche pisst man nicht ans Bein! Auch als Geißel nicht! Aber warte ... ich rede schon wieder viel zu viel, DU wolltest mir ja etwas erzählen. Die Vorzüge der einzig wahren Gemeinschaft der erlauchten Camarilla, ...war es nicht so?"
 
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Was fällt dir ein und was glaubst du, wer du bist, dass ich dich über mich bestimmen lassen würde? Die Anarche hatte sich gewaltig geschnitten, wenn sie glaubte, Anna würde sich durch so etwas wie den schlichten Wunsch einer Ancilla von etwas abhalten lassen, was sie selbst tun wollte. Im Zweifelsfall wurde da eben das Bedauern ausgesprochen leider, leider andere Anweisungen zu haben und sich daran halten zu müssen. Wie bedauerlich. Das Beschimpfen und die androhung von Gewalt steigerten nur Annas Wut und Widerstand. Darauf hatte sie noch nie gut reagiert und es war garantiert die falsche Methode, wenn man irgend etwas bei ihr erreichen wollte. Einer Gegendrohung entging die Anrache zum Glück. Wahrscheinlich hätte sie auch eh nichts gebracht sondern sie nur weiter angestachelt.

Was glaubst du, mit wem du redest? Dein Blut singt zu mir, Jenny. Glaube mir, du magst im Kampf stärker sein als ich, aber ich werde keine Scheu haben, mich mit meinen Mitteln gegen dich zu wehren. Dein eigenes Blut wird sich gegen dich wenden, wenn du mich heraus forderst.

Es war nur ein Hauch von Veränderung, der an der Tremere spürbar war. Wenn es überhaupt möglich war, wirkte sie noch distanzierte und abgeklärter, als sie es sonst schon tat. Minimal änderte sich ihre Körperhalten, eindach nur etwas mehr 'weg' von der Anarche. Offen und... gleichgültig? Begegnete sie deren Blick bei ihrer Triade, die kein ende nahm. Sie schwieg und hörte sich alles bis zum Ende an. Ja, sie war brav erzogen. Sie zuckte nicht einmal mit dem Augen, als die Anarche auf den Boden spuckte, sondern blickte ihr weiter unverwandt ohne Lidschlag in die Augen. Furcht oder eingeschüchtert sein zeigte sich jedenfalls normaler Weise anders.

Alles, was nach der Drohung kam, hörte die Tremere und nahm es auf. Aber es war nicht mehr von Bedeutung. Die Drohung der Anarche hatte eine Tür fest und kräftig zugeschlagen, die zuvor einen Spalt weit geöffnet gewesen war. Gut, mehr war es zuvor nicht gewesen, aber für Annas Verhältnisse war das schon sehr, sehr viel.

Scheinbar stellte die Person nicht nur eine rethorische Frage sondern wollte ernsthaft eine Antwort von Anna. Nun, es gab auch ein tremerisch für 'fuck you', obwohl es noch sehr, sehr harmlos ausfiel.

Wieder konnte die Anrache unter Umständen eine Ähnlichkeit mit Enio Pareto ausmachen. Wenn sie eine Antwort wie aus der Pistole geschossen erwartete, so wurde sie enttäuscht. Sie wurde wertvolle Sekunden regungslos angesehen, bevor sich die Tremere endlich zu einer Antwort bequemte.

Du hörst nicht zu. Du bist wahrscheinlich intelligenter, als du glaubst, aber du hörst einfach nicht zu. Du willst nicht hören, was nicht in dein verfucktes Weltbild passt.

„Mir sind die Argumente nicht ausgegangen. Ich möchte sie lediglich nicht mit dir teilen. Was du von mir erfahren möchtest, würde ich mich schwer tun einer Freundin anzuvertrauen. Warum sollte ich mit einer Frau darüber reden, die sich selbst meine Feindin nennt, mich beschimpft und mir mit Gewalt droht?“

Sweetheart.

Und du weisst noch nicht einmal, wie unmöglich Freundschaft für mich ist. Aber was soll's. Es würde dich eh nur aufregen. Ich habe mit keinem einzigen Wort gesagt, dass ich diese Art von Leben mag, dass ich sie toll finde. Aber du überhörst es nur und interpretierst in meine Worte, was du willst. Was dir in den Kram passt.
 
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Jenny lachte laut auf.
Ehrlich amüsiert sah sie zu der Tremere hinüber.

"Na, das habe ich mir gedacht! Jetzt machste zu. Versteck dich nur weiter hinter irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten und machst einen auf beleidigte Diva. Es ist schon erstaunlich wie weit ihr Cammys bereit seid zu gehen, um euch nur nicht mit der unbequemen Wahrheit auseinander setzen zu müssen."

Geschickt zog Jenny die Jacke wieder aus und hielt sie der Tremere hin.

"Ich sag immer was ich denke und rede niemandem nach dem Mund nur weil er eine empfindliches Seelchen hat. Wie ich dir bereits mehrfach gesagt habe, ist Gewalt ein nicht unerheblicher Teil meiner Existenz. So wie das Kriechen und Buckeln es für dich ist! Ähnlich wie bei dir -das hoffe ich wenigstens- habe ich mir das so nicht ausgesucht. Ich wurde dort hineingeboren. Aber ich lerne und ich halte meine Augen offen. In meiner Welt kriechen sich Freunde nicht gegenseitig in den Arsch! Bei mir ist man vielleicht grob, aber wenigsten ehrlich! Wenigstens das solltest du dir merken."

Aber auch das würde sie mit Sicherheit nicht.
Anna war sogar nocht vernagelter als die meisten anderen in ihrem Verein.

"Du hast gerade mehr als deutlich gesagt das du nicht meine... Freundin bist! Also halte ich es für besser, wenn du dein kleines Präsent wieder mitnimmst. Es wäre doch schaden, wenn die Leute meinetwegen anfangen zu reden, oder? Welch... niederschmetternde Folgen das für deinen Ruf hätte! Sicher versohlt dir der magische Herbergsvater den Hintern, wenn er herausbekommt, das du frech warst und mit den böse Kids gespielt hast."
 
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Anna nahm den ausgestreckten Arm als Angebot. Sie kam näher an Jenny heran und unterschritt die magische Grenze, diesen eigenen Dunstkreis, den sogar die Menschen normaler Weise hatten. Dabei war sie ansonsten nicht weiter aggressiv sondern zeigte nur weiter ihre stoische Ruhe, die die Anarche nervte. Ihre stillen Augen blieben am Blick der Anarche hängen, gleich ob sie ihn erwiederte oder nicht. Die Leidenschaft fand sich wie immer bei Anna höchstens in ihren Worten selbst, nicht jedoch in ihrem ruhigen, gleichmäßigen Tonfall.

"Du hörst nicht zu. Und bei dem, was du hörst, liest du nur heraus, was in dein Weltbild passt. Ja nicht einen Zentimeter bewegen. Es könnte ja gefährlich sein. Weisst du, was ich komisch finde? Du beschwerst dich, dass man dich mit Gewalt bedroht, weil du nicht brav der Menge folgst, findest es ungerecht. Gleichzeitig tust du selbst nichts anderes, wenn dir etwas nicht in den Kram passt. Was hätte ich denn eben tun sollen? Was hätte dich befriedigt? Hätte ich dir brav und lieb antworten sollen und damit vor deiner Drohung den Schwanz einziehen sollen? Hätte das deine Meinung geändert? Hätte ich dir offen drohen sollen und dir sagen: 'Hey Schätzchen, vergiss das gleich, so lasse ich dich nicht mit mir umspringen! Ich bin eine Tremere und kann mit dein Blut singt zu mir?' Damit es zum Kampf kommt in dem ich dir zeigen kann, wie hart oder wenig hart ich bin? Was hast du von mir erwartet, wenn du mir Prügel androhst wie ein Schulhofraudi, wenn ich nicht genau das tue, was du willst. Oder schmeckt dir der Vergleich zu allmächtigen Polizisten in einer Diktatur besser, wo sie Leuten einfach nur deshalb den Knüppel in die Fresse schlagen, weil ihnen die Visage nicht passt oder sie einfach nur einen schlechten Tag hatten. Tut mir leid, wenn ich deinen Erwartungen entspreche. Grob sein liegt mir nicht. Das tat es schon als Mensch nicht.

Ich glaube, ich hätte nicht das geringste tun können, was dich befriedigt hätte. Selbst wenn ich deine Meinung komplett geteilt hätte, hättest du nur irgend welche Tricks vermutet. Du weisst kaum etwas von mir und verurteilst mich komplett. Du bist nicht bereit, dir einfach die Dinge anzusehen, die ich getan habe und auch nur ansatzweise wertneutral zu beurteilen. Vielleicht erinnerst du dich noch, dass ich genau das befürchtet hatte und deshalb versucht hatte, dir die Jacke einfach ohne Nachricht zu kommen zu lassen. Von jemanden wie mir kann ja nicht einfach was nettes kommen, nicht wahr? Das passt nicht in dein Bild rein. Und wenn doch, geschieht es bestimmt nur mit irgend welchen Hintergedanken. Anders funktioniert unsere Gesellschaft ja nicht. Oh, entschuldige, ich vergaß, obwohl du sie so wundervoll auslebst und krampfhaft jegliches Klischee erfüllen willst, kämpfst du natürlich nur dagegen an.

Weisst du, was das irrwitzigste ist, Jenny? Du weisst gar nicht, wie sehr ich deine Worte über mich in den Boden trampel, weil du es nicht einschätzen kannst. Du glaubst, mein Ruf sei mir das wichtigste und ich würde alles tun um ihn zu schützen, Mal abgesehen davon, dass du mich auf der einen Seite für intelligent hälst und auf der anderen Seite zu blöd um vor der Jacke darüber nachgedacht zu haben... Du weisst gar nicht, was du jetzt tun könntest. Was ich mir jetzt eben in dieser Sekunde dir gegenüber als Ancilla heraus genommen habe, würde ausreichen um mir erhebliche Probleme zu bereiten, wenn du dich an offizieller Seite darüber beschwerst. Wahrscheinlich würde Pareto es noch mit einem Achselzucken ab tun. Aber sicher nicht die Regentin oder die Harpyie.

Ich glaube, es bedeutet dir kaum etwas, diese Informationen von mir zu bekommen, geschweige denn, das du dankbar dafür wärest oder auch nur bereit wärest den Nutzen darin für dich zu sehen. Du bist viel zu sehr damit beschäftigt dich zu fragen, was ich damit bezwecke. Ich habe hingesehen und hingehört. Und auch, wenn es vielleicht dumm ist, bin ich bereit dir zu glauben. Oder anders gesagt, Jenny: Ich vertraue dir. Ich nehme dich beim Wort. Wenn du mich angreifen willst, wirst du es direkt tun und mir nicht von hinten in den Rücken fallen - oder es gar auf Lillys Art tun.

Seid ich Kainit bin habe ich niemanden mehr Freund genannt. Ich werde es bestimmt nicht binnen weniger Nächte tun." Mal abgesehen von der Kleinigkeit, dass mein Clan absolut etwas dagegen hätte... Wenn Jenny es zuließ, ging anna nun wieder einen Schritt nach hinten ohne nach der Jacke zu greifen. "Was du mit der Jacke tust, ist mir egal. Das habe ich dir schon gesagt. Ich würde dich nur bitten, sie nicht dem Auto hinter her zu schmeissen. Ich bin so oberflächlich gut mit einem Wagen umgehen zu wollen, den ich bekommen habe."
 
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...Du beschwerst dich, dass man dich mit Gewalt bedroht...???

Ihre Worte! Oooh, allerliebstes Mauerblümchen! Mir droht man nicht, mir tut man Gewalt an. Körperlich, Seelisch, Persönlich! Wie nett dein Weltbild doch ist, wie rosarot deine Vorstellung von einem Leben in der Gosse...


"Sag mal Darling, ...bist du bescheuert?"

Eine kurze Pause.

"Ich rede mir hier seit Minuten den Mund fusselig und bitte dich mehr als einmal, mir deine Sicht der Dinge zu erklären und das Einzige was ich von dir zu hören bekomme, ist der Vorwurf nicht zuzuhören und dein jämmerliches Gewinsel über meinen harten Umgangston. Ich höre dir zu und warte die ganze Zeit sehnsüchtig darauf, dass du außer Vorwürfen auch etwas Gehaltvolles beizutragen hast. Überzeuge mich, rede mit mir."

Auf dem Gesicht der Caitiff zeigte sich leichte Erheiterung.

"Was soll der Scheiß mit dem 'ja nicht bewegen'? Was hast du denn wichtiges gesagt auf das ich nicht so reagiert habe wie du es erwartet hast? Was von den Drohungen, Anschuldigungen und Vorwüfen aus deiner Ecke war so bedeutend das ich es nicht ausreichend zu würdigen gewusst hätte? ... Oh, wo wir bei deinem Lieblingswort wären. Hätte! Was hätte ich alles getan und was hätte ich alles gedacht! Doch ich habe nur eines Schätzchen! Ich habe dich nach deinen Argumenten für die Camarilla gefragt! Ehrlich, Aufrichtig und Ernsthaft! Hätte ich dir Gewalt antun wollen, dann hätte ich es verdammt noch mal getan! Hätte ich es darauf angelegt das wir unsere Kräfte messen, dann hätte ich auch das getan! Habe ich aber nicht, also hör auf mich zu analysieren und komm zur Sache!

Das Lächeln verschwand und die Anarche wurde wieder wesentlich ernster.

"Und behaupte nicht zu wissen, was ich von dir denke. Du hast nicht die geringste Vorstellung von dem was in mir vorgeht, nicht die geringste Ahnung von dem was ich denke. Und darum geht es zwischen uns auch gar nicht, denn es geht dich nicht das geringste an. Was ich von dir wissen will, ist ein Grund nicht gegen die Camarilla vorzugehen. Mach mir dein Denken verständlich, hilf mir dich zu verstehen und mich zu bewegen. Und dann, wenn du mich nicht mehr mit deinem Geheule über meine schlechten Umgangsformen nerven kannst, erzähle ich dir meine Sicht der Dinge. Wollen doch mal sehen, wer hier der verblendete Idiot ist, der sich nicht von der Stelle bewegen kann!"

Cammarilla-Jünger sind irgendwie wie die Zeugen Jehovas.
Jenny musste lächeln.
Erneut...
 
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"Oh Mädel, wir reden so was von aneinander vorbei. Klar hättest du mich angegriffen, wenn du es gewollt hättest. Und zwar offen und direkt. Ich habe über lange Jahre gelernt alles andere als offen und direkt zu sein und du erwartest genau das von mir und liest nicht mal ein kleines bisschen zwischen den Zeilen. Da bist du genau so wie Pareto. Jemanden wie mich kann das ganz schön zum Verzweifeln bringen. Also noch mal Klartext: Mit welchem Wort habe ich gesagt, dass ich das System der Camarilla mag? Ich bitte dich. Das System erinnert an die Feudalherrschaft. Wenn du Glück hast, dienst unter einem anständigen Herren. Dann kann das Leben in Ordnung sein und wenn nicht... Im Gegensatz zu dir sehe ich nur keine gangbare Alternative und erst recht keine, der ich mich als Tremere anschließen könnte. Mal abgesehen davon, das mein Clan mir etwas bieten kann, was ich sehr, sehr gern mag nämlich Wissen und Lernen, bin ich eng mit ihm verbunden durch Blut, Magie und Schwüre. Und auf Grund dessen, was wir sind, ist mein Clan eng mit der Camarilla verwoben. Du hast die Freiheit zu wählen Jenny und wenn du wählst, machst du deinen Tod nur wahrscheinlich. Ich im Gegensatz mache ihn sicher und würde mir Dinge verschließen, die ich liebe. Ich habe mich mit dem System arrangiert. Das mag dir gänzlich dumm und feige erscheinen. Ich hatte in diesem System über lange Jahrzehnte einen Herren, der mich so gar nicht mochte und dem ich keinen größeren Gefallen hätte tun können als zu versagen und zu sterben. Er hat sein möglichstes dafür getan und jetzt bin ich hier in Finstertal. Ich hatte nie etwas, wie ich mich gegen ihn wehren konnte, denn er überschritt nie gewisse Grenzen und diese Grenzen sind sehr weit ausgelegt. Ich war sein Eigentum. Das einzige, was er nicht tun konnte, war etwas, was einen dauerhaften körperlichen Schaden zurück lässt und ich glaube, du weisst eben so gut wie ich, was unsere Körper alles vertragen. Und trotzdem habe ich mir meinen Weg und meinen Platz erkämpft. Sicher anders als du und aus deiner Sicht feige. Ich kann ihn nicht angreifen und zur Verantwortung ziehen, weil mein Clan und die Camarilla ihm das Recht dafür gaben. Ich werde das nicht vor dir verteidigen. Das kann ich nicht, weil ich es selbst nicht für gut heisse. Aber genau so, wie ich ihn nicht angreifen kann, konnte er nie den letzten Schritt gehen. Er musste darauf warten, das ich von mir aus versage und diesen Gefallen habe ich nicht getan trotz aller Hindernisse, die er mir nicht nur sprichwörtlich wie Knüppel zwischen die Beine geworfen hat. Ich habe mich mit dem arrangiert, was aus mir geworden ist und bin ein braves Rädchen im Getriebe des Systems. Trotz allem was du gesagt hast und allem, was ich selbst erlebt habe, sehe ich die bessere Alternative nicht. Vielleicht mag es für einige so was wie Freiheit geben. Der Sabbat rühmt sich gemeinhin der Freiheit, ist aber noch viel brutaler als die Camarilla, wenn es stimmt, was ich gehört habe. Und die Bewegung der Anarchen, von der ich noch viel weniger weiss? So weit ich weiss, kristallisieren sich auch bei denen immer wieder Führer heraus. Und ich habe da nichts von Wahlen gehört.

Die Magie meines Clans birgt viele Vorteile. Aber sie bindet mich auch fester als irgend etwas anderes an meinen Clan und die Camarilla. Wir Tremere sind irgend wie wie die Borg. Wir handeln mit einem Willen und in einem Verbund. Was uns von den Borg unterscheidet, ist etwas mehr Individualität in den Gedanken. Wir bemühen uns in der Regel allerdings nach Kräften diese Individualität zu verbergen. Nur wenn einer von uns sich zu weit vom Kollektiv entfernt, erhält er nicht die Möglichkeit, sich irgend wie anders oder 'weiter' zu entwickeln, sondern er sirbt. So, wie es auch den Tremere ergangen ist, die sich dem Sabbat angeschlossen haben. Und ich habe mich zum Leben entschlossen trotz des Preises, den ich dafür zahlen muss."

Anna machte eine kurze Pause und sah die Anarche nachdenklich an. "Obwohl du wahrscheinlich als Mensch diese Existenz, die wir führen, als völlig unmöglich und Fantasterei abgetan hättest und plötzlich in die Tatsache hinein geworfen wurdest, das Übernatürliches Realität ist, fällt es dir schwer die Realität der Magie des Blutes zu akzeptieren. Wahrscheinlich ist es für dich eine recht ferne Angelegenheit und deshalb um so schwerer zu begreifen oder zu akzeptieren. Aber ich lebe jede Nacht damit. Das Blut singt für mich, aber ich muss dafür auch in seinem Strom schwimmen, wenn ich nicht untergehen will. Und ausserhalb des Blutes kann ich nicht mehr atmen. Besser kann ich es dir nicht begreiflich machen, glaube ich, was uns Tremere von euch anderen unterscheidet."
 
AW: [08.05.2008] Die Gosse ruft...

Wie die dressierten Haustiere!
Mach Männchen, Kleines!
Was für ein Leben...


"Endlich ein offenes Wort! Hat ja lange gedauer dich bis hierher zu führen, Anna. Ich verstehe dein Dilemma und auch die Probleme die deine Existenz so mit sich bringt. Mich selbst aber, bestärkt es in dem Glauben das ich etwas tun muss. Denn selbst wenn wir eine andere, gerne auch sehr schlecht organisierte, Regierungsform wählen in der ein paar Kainiten sich nur geringfügig Mühe geben alles richtig zu machen, dann wären wir allemal besser dran als du in deiner jetzigen Situation."

Niemals würde sich Jenny derart von einem Machtgefüge in Ketten legen lassen.
Dann doch lieber ein Leben in der Gosse oder Tod.

"Ich sag' dir was! Es kann sein, dass du selbst nicht in der Lage bist dich zu befreien. So wie ich es bisher verstanden habe, hat es nicht einmal etwas mit Feigheit zu tun, dass du da nicht heraus kannst..."

Jenny sah das vollkommen anders, aber Anna hatte bereits hinlänglich bewiesen, dass sie eine andere Meinung niemals akzeptieren würde.

"...aber ich werde alles daran setzen, dass dein Leben sich vielleicht irgendwann einmal zum Besseren wendet. Möglich das es mir nie gelingt, aber es trotzdem zu versuchen ist das Mindeste was ich tun kann."
 
AW: [08.05.2008] Die Gosse ruft...

Wie so selten blieb Annas Gesicht völlig unbewegt. Redete die Anarche ihr jetzt nach dem Mund? Fast klang es der Tremere danach und sie wusste nicht so ganz, was sie davon halten sollte. Was sollte sie Jenny jetzt antworten? Dass sie ihr für ihre Mühen dankte? Das war irgend wie lächerlich. Anna hatte auch nicht das Gefühl gerettet werden zu müssen. Wenigstens nicht in der Art, wie die Anarche es vor hatte. Glück wünschen konnte sie ihr auch schlecht. Immerhin wollte sie gegen die Camarilla vorgehen. So hatte Jenny es wieder mit einer stillen Kainitin zu tun, die sie einfach nur ansah. Das ordnen ihrer Gedanken fiel ihr nicht sonderlich leicht. Aber es lag auch daran, dass Anna noch mit etwas anderem im Zwiespalt lag. Zum einen wusste sie von der Verbindung der anarche mit Max. Ihr Anstand gebot es, Jenny zu sagen, das etwas nicht in Ordnung war, vor allem da sie Lilly als Grund im Verdacht hatte. Auf der anderen Seite wollte sie Max nicht in die Pfanne hauen. Wenn es sie selbst betreffen würde, würde sie auch nicht wollen, das jeder davon erfuhr. Und dann war es auch noch wieder eine Information, die sie kostenlos vergeben würde.

Nach einer Zeit, die zu mindest Anna lang vor kam, rang sie sich dann doch noch zu einer Antwort durch.

"Die Regentin hier scheint von der anständigen Sorte zu sein. In so fern kann ich trotz der Gefahren der Stadt nicht behaupten unglücklich mit meiner Versetzung zu sein. Ich wünsche dir, dass deine Visionen nicht" an der Realität "zerplatzen."

Zögern.

Nein. Sie sagte nichts weiter, obwohl es ihr auf der Zunge brannte. Max würde es sicher nicht zu schätzen wissen, wenn alle in Finstertal von seinem 'Unfall' erfuhren. Sie selbst würde es auch nicht mögen, wenn es ihr geschehen wäre. So sehr sie ihr Köpfchen auch anstrengte, ihr fiel nichts ein, was sie Jenny sagen könnte, was nicht entweder zu Nachfragen, weiterem Misstrauen oder zu zu viel Ausplaudern geführt hätte.
 
AW: [08.05.2008] Die Gosse ruft...

"Wenigstens habe ich welche!"

Auch Jenny wurde es langsam zu bunt. Die Tremere war dermaßen dressiert und konstituiert, dass sie ihre Regentin auch dann noch verteidigen würde, wenn sie ihr bereits das Messer in den Rücken stach. 'Sie will mir nicht weh tun, ihr seht das alle falsch. Sie ersticht mich nur, weil es ihr aus ihrer jetzigen Situation heraus einfach nicht anders möglich ist...' Man, es gab Ghule die sich mehr Individualität bewahrt hatten.

"Machs gut!"

Mehr hatte die Caitiff nicht mehr zu sagen. Sie klemmte die Lederjacke unter ihre Arme, stopfte ihre Hände in die Hosentaschen und stapfte langsam davon.
 
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