Erst einmal ein Kompliment und dankeschön:
Alles in allem ein sehr schöner Beitrag, trotz der Kritikpunkte, die jetzt auch noch kommen werden.
eher 1540. Oder 940. Oder, wenn wir's auf die Spitze treiben, 40.
Ich meinte das eher leicht kritisch-provokant:
"Sie stammen aus einer Zeit, in der der Starke den Schwachen ohne Rücksicht auf Verluste beherrscht hat."
Das ist eine Aussage, die ich nicht verstehe.
Ich interessiere mich u.a. wegen Vampire sehr für Geschichte.
Und diese Aussage klingt für mich eher nach Fantasy, als nach Historie.
Das klingt nach Sauron, nicht nach Gilgamesch.
Darth Vader statt Alexander der Große.
Lord Voldemord statt Friedrich Barbarossa.
Klar:
Es wurden Völker versklavt, Feinde vernichtet...
Aber mit dem eigenen Volk musste sich jeder Herrscher auf irgendeine Weise gut stellen. Sei es durch Gerechtigkeit, Führungspersönlichkeit oder vielleicht auch einfach nur ne gute Propaganda-Show.
Die Leute arbeiten für dich, sie kämpfen und sterben für dich - und das tun sie effektiver, wenn sie motiviert sind.
Ich will hier keine menschenfreundlichen Prinzen propagieren, die Angst haben, jemandem auf den Schlips zu treten.
Es geht um rein strategische Überlegungen:
Gerade junge Kainiten sind auch noch fast Menschen. Und Menschen ticken nunmal so, dass sie sich gerne stark fühlen, gerne ein bedeutender Teil einer Gemeinschaft sind, mit der sie sich identifizieren können.
Dem "Volk" ständig unter die Nase zu reiben, wie unwürdig und nichtsnutzig sie sind, macht diese unzufrieden. Und entweder man hat Glück und sie gehen daran einfach nur psychisch zu Grunde (und sind schlechtere Werkzeuge) oder man hat Pech und sie rächen sich irgendwann.
Bis wir in einer Erzählung bei einem Sabbat-Angriff den Prinzen höchstselbst in Aktion erlebt haben. Seitdem laufen Gespräche zwischen dem Erzähler und dem betreffenden Spieler (überspitzt gesagt) so ab: "Möchtest du aufmucken?" - "Nein... ich hab den Prinzen kämpfen sehen...". Dieses "ich hab den Prinzen kämpfen sehen" ist fast schon ein geflügeltes Wort bei uns. Ich würde den Prinzen unserer Domäne durchaus mit dem Ausdruck "hart, aber gerecht" beschreiben. Unsere Charaktere würden weitgehend für ihn durch die Hölle gehen (oft genug sind sie das auch schon). Aber ein Teil dieses Respekts beruht auch darauf, daß man mal die grobe Kelle ausgepackt hat. Nicht gegen die Spieler selbst, sondern gegen den bösen, bösen Sabbat. Doch jeder ist sich sicher, daß er nicht am empfangenden Ende stehen will, wenn der Prinz austeilt. Wir haben den Prinzen kämpfen sehen. Das reicht.
Sehr gutes Beispiel.
Sie respektieren ihn. Sie stehen voll hinter ihm.
Denkst du den selben Effekt hätte es gehabt, wenn er vor ihren Augen ein vorlautes Cammy-Küken an die Wand geklatscht hätte?
Ja, auch dann hätten sie wohl Angst/Respekt vor seiner Stärke - aber würden sie für einen solchen Prinzen genauso bereitwillig durch die Hölle gehen? Oder würden sie es nicht vielmehr nur gezwungenermaßen halbherzig tun, weil sie die Alternativen fürchten?
Ein Prinz, der im Namen der Camarilla einen Diableristen fängt und vor den Augen der Stadt zum Tode verurteilt und hinrichtet - ein Prinz, der mit strenger aber gerechter Hand für Recht und Ordnung sorgt - ein solcher Prinz verdient sich Respekt und Bewunderung. Man muss ihm nicht einfach nur folgen. Man will es.
Wenn er sagt man solle springen, macht man es nicht nur aus Angst - man fragt auch nicht "Wie hoch?", nein...
Man sieht ihm entschlossen in die Augen und sagt "Für Euch, Majestät, würde ich sogar in den Tod springen."
Von einem jahrhundertealten Kainiten, meist ein Ventrue mit Präsenz und Beherrschung - ja, nicht einfach nur einem, sondern DEM jahrhundertealten Kainiten, der die Macht in der Stadt an sich reißen konnte - erwarte ich einfach, dass er zumindest mal ein Küken so um den Finger wickeln kann.
Alternativ kann der Prinz auch unter einem anderen Motto zum Kampf gegen die Diableristen blasen:
Statt "zum Wohle der Stadt.", "für unsere Sicherheit" oder "nicht so lange ich es verhindern kann.", kann er auch das große "Ihr dummen Küken - wagt es nicht euch daran ein Beispiel zu nehmen. Wir vernichten den jetzt. Und sollte einer von euch das nachmachen, werden wir auch ihn vernichten." beginnen.
Nach außen MACHEN sie nahezu das selbe, aber der erste Prinz wirkt für mich streng, stark und wie der geborene Führer.
Der zweite wirkt wie ein hochparanoider, verbitterter Spinner, der sein Ende nahen sieht.
Und ich würde ganz klar behaupten, daß einer der Hauptgründe dafür die moderne Kommunikation bzw. die modernen Medien sind. Noch vor 100, 150 Jahren wäre ein Volksaufstand in Libyen gnadenlos niedergeschlagen worden, weil einfach keine Sau davon erfahren hätte (oder zumindest zu spät).
Meinst du damit, dass es auf heute libyschem Gebiet noch nie einen erfolgreichen Aufstand gegeben hatte?
Und sonst - keine Aufstände, die schonmal gelungen wären vor 1850?
und daß Ahnen gewiss nicht mit den uns gängigen Herrschaftsprinzipien aufgewachsen sind.
Das hingegen sagt auch keiner.
Aber schon dir Römer haben dem Volk Brot und Spiele geboten und nicht wie von dir formuliert "den Schwachen ohne Rücksicht auf Verluste beherrscht".
Und ohne jetzt in einen gemeinschaftskundlichen Diskurs abzurutschen (bitte nicht, so toll kenne ich mich auf dem Gebiet dann auch nicht aus und außerdem würde uns das vom eigentlichen Thema abbringen), aber wenn man sich mal anschaut, wieviele lupenreine Demokratien auf diesem Planeten etabliert sind und wieviele Menschen tatsächlich auf die eine oder andere Weise mit Angst und Schrecken beherrscht werden, dann würde ich gewiß nicht so weit gehen zu sagen, Angst und Schrecken hätten sich nicht bis heute durchsetzen können.
Sag mir mal ein paar Länder, wo das deiner Meinung nach so ist - und dann überlegen wir gemeinsam ob nicht auch dort zumindest versucht wird über Propaganda eine Pseudo-Wohlfühl-Atmosphäre zu erzeugen.
Mir wäre tatsächlich kein einziger historischer Fall bekannt (ich bin jetzt aber neugierig, falls jemand was derartiges weiß - ernsthaft) wo ein Herrscher sich hingestellt hat und gesagt hat:
"Ich bin der grausame Hans-Peter. Ihr müsst immer alles machen, was ich sage, sonst werde ich euch qualvoll töten lassen. Ihr bekommt nichts dafür - denn ich, der grausame Hans-Peter hab es nicht nötig euch was zu geben. Ihr seid nämlich alle scheiße."