VtM 5.Ed - V5 White Wolf wird bei Paradox eingegliedert

Ravageous

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10. April 2018
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Folgende Pressemitteilung von White Wolf / Paradox Interactive:

Eine Nachricht von White Wolf

Hallo,

mein Name ist Shams Jorjani, Vizepräsident für Geschäftsentwicklung bei Paradox Interactive und Interimsmanager von White Wolf Publishing. Ich möchte euch über einige Veränderungen informieren die ab sofort bei White Wolf umgesetzt werden.

Der Verkauf und Druck der V5 Quellenbücher über die Camarilla und die Anarchen wird vorübergehend ausgesetzt. Der Abschnitt über Tschetschenien wird sowohl in der Druck als auch der PDF-Ausgabe des Camarillabuches entfernt. Wir gehen davon aus, dass dies ungefähr drei Wochen dauern wird. Dadurch wird sich der Versand verzögern. Wenn du eine Kopie der Camarilla oder Anarchen Bücher vorbestellt hast, werden weitere Informationen per E-Mail erfolgen.

Außerdem bedeutet dies, dass White Wolf nicht mehr als eigenständiges Unternehmen tätig sein wird. Das White Wolf Team wird neu strukturiert und direkt in Paradox Interactive eingegliedert. Ich werde während dieses Übergangsprozess die Angelegenheiten vorübergehend managen. Wir rekrutieren gerade eine neue Führung, die White Wolf kreativ und kommerziell in die Zukunft lenken wird. Dies ist ein Prozess der bereits seit September andauert.

Künftig wird White Wolf sich auf das Markenmanagement konzentrieren. Dies bedeutet, dass White Wolf die Leitprinzipien ihrer Vision der Welt der Dunkelheit entwickeln und Lizenznehmern die Werkzeuge zu Verfügung stellen wird um neue, großartige Produkte in dieser Welt zu erschaffen. White Wolf wird nicht länger diese Produkt intern entwickeln und veröffentlichen. Dies war schon immer das angestrebte Firmenziel von White Wolf und nun ist die Zeit dies umzusetzen.

Die Welt der Dunkelheit handelte schon immer vom Horror, den wir in den dunkelsten Teilen unser Gesellschaft, unserer Kultur und in uns selbst entdecken können. Horror sollte sich aber nicht davor scheuen auch schwierige oder sensible Themen zu behandeln. Dies sollte aber niemals ohne das Verständnis erfolgen, wen diese Themen betreffen und was sie für die Betroffenen bedeuten. Das reale Böse existiert in unserer Welt und wir dürfen niemals die wahren Täter entschuldigen oder das Leiden der wirklichen Opfer herabwürdigen.

Im Tschetschenien Kapitel des V5 Camarilla Buches haben wir dies außer Acht gelassen. Das Ergebnis war ein Kapitel, dass mit einer andauernden Tragödie in unserer Welt in einer geschmack- und respektlosen Weise umgegangen ist. Wir hätten dies bereits während des Gestaltungsprozesses oder im Lektorat erkennen müssen. Dies ist nicht geschehen und dafür entschuldigen wir uns.

Wir möchten um eure Geduld bitten, während wir die angesprochenen Veränderungen umsetzen. Lasst uns in der Zwischenzeit weiter kommunizieren. Ich stehe euch für sämtliche Gedanken, Kommentare und Feedback unter shams.jorjani@paradoxinteractive.com zu Verfügung.


Quelle: https://www.white-wolf.com/newsblog/a-message-from-white-wolf / https://regnumnoctys.wordpress.com/2018/11/17/presseerklaerung-veraenderungen-bei-white-wolf/
 
Die Notbremse war jetzt auch notwendig. Für Paradox, und eben auch für die Marke White Wolf. Es bleibt vermutlich nicht viel über. Das ist schade. Aber hier haben sie sich in die Nesseln gesetzt. Es wurde einfach unsensibel mit gewissen Themen umgegangen - ich bin Vorbesteller und ärgere mich natürlich über weitere Verzögerungen - aber das Produkt ist so nicht zumutbar.

Ich muss leider sagen, dass dies nicht der einzige Fehlgriff war. Auch im Anarchenhandbuch gibt es einige.... kritische Stellen.

Wenn die Bücher eine Einleitung gehabt hätten, die sich diesen Thematiken als Klarstellung widmen, oder es gleich eigenständige (zu diesen kontroversen) themenbezogene Bücher mit Richtigstellung gewesen wären, wär das ok gewesen. So war es leider ein Griff in die Kloschüssel.
 
Es ist einfach wirklich schade - volle Zustimmung.
Schade um ein Rollenspiel, das mir eigentlich am Herzen liegt. Und doppelt schade für die Vorbesteller, die mit viel Herzblut und Freude die Marke unterstützen und da einfach was anderes verdient hätten.
 
Dahinter verblaßt jedenfalls die Affäre um den Penisgrößenmodifikator für Waldmenschen in Wege der Vereinigungen.
 
Da ich kein WoD-Spieler bin hab ich das ganze nur am Rande mitbekommen und weiß natürlich nicht genau was in diesen Quellenbüchern steht. Aber wurde da nicht ein wenig überreagiert? Ich mein in pnp und auch allen anderen Medien werden ja ständig historische oder auch tagespolitisch aktuelle Themen verwurstet teilweise auf Arten die für real Beteiligte morbide oder sogar respektlos erscheinen könnten.
Aber gut ich kenn den genauen Inhalt nicht, könnte sein das es schon extrem unsensibel oder dumm war.
 
Aber wurde da nicht ein wenig überreagiert?
Gemessen an dem (aus meiner Perspektive wahrgenommenen) breiten Zuspruch, den diese Entscheidung hervorruft, ist das wohl genau der richtige Entschluß gewesen - zumindest aus unternehmensstrategischer Sicht.

Moral und Ethik sind sehr subjektive Aspekte, so dass man da grundsätzlich nicht in objektiven Kategorien wie "richtig" oder "falsch" denken kann/sollte.
 
Da ich kein WoD-Spieler bin hab ich das ganze nur am Rande mitbekommen und weiß natürlich nicht genau was in diesen Quellenbüchern steht. Aber wurde da nicht ein wenig überreagiert? Ich mein in pnp und auch allen anderen Medien werden ja ständig historische oder auch tagespolitisch aktuelle Themen verwurstet teilweise auf Arten die für real Beteiligte morbide oder sogar respektlos erscheinen könnten.
Aber gut ich kenn den genauen Inhalt nicht, könnte sein das es schon extrem unsensibel oder dumm war.

Der Tschetschenien-Skandal war nur der letzte in einer langen Reihe, seit nunmehr mehreren Monaten und Jahren rund um die V5. White Wolf hat einige Fettnäpfchen mitgenommen, einfach indem sie es sich leicht machten und jede tagesaktuelle Thematik irgendwie einbauen mussten. Das wirkt an einigen Stellen nicht nur aufgesetzt, sondern obendrein sehr "bequem", auch aus erzählerischer Sicht: Reale Ereignisse und Situationen werden genommen und mit der Variable "Vampire sind am Werk!" ergänzt. Konflikte und Ereignisse in unserer realen Welt gingen damit nicht aus komplexen geopolitischen Ereignissen hervor, sondern gehen fast immer auf Vampire oder ihre Gegner zurück und das ist ziemlich lame. ;)

Unabhängig davon: Der Grundfehler war, dass man die WoD nicht als düstere Fantasy- und Parallelwelt belassen hat, sondern unsere Welt zur WoD erklärt hat. Da kann man sich nur verzetteln, weil man sich damit auch verpflichtet den Weltgeschehnissen hinterherzulaufen. Der Kanon der Welt wird damit nicht mehr von pfiffigen Autoren bestimmt, sondern von aktuellen Geschehnissen, die nachträglich zu vampirischen Aktivitäten umgedeutet werden. Das ist auch nicht gerade toll für die Halbwertszeit des Hintergrunds. Denn die Hintergrundwelt der V5 ist quasi ein Ausschnitt der Weltsituation des Jahres 2017. Sobald es größere Ereignisse gibt, die den gegenwärtigen Status Quo umwerfen (beispielsweise ein größerer bewaffneter Konflikt, oder das Gegenteil: Frieden in Syrien), sind die Bücher hoffnungslos veraltet und die Storystränge sterben ab. Und das macht zur Zeit kein anderes Rollenspiel: Stets spielen Gegenwartssettings in einer eher abstrakten Gegenwart und nicht in einer Welt, in der ein Assad, ein Putin, ein Erdogan oder ein Trump die Tonangeber für den Settingkanon sind. Obwohl das sehr immersiv sein kann, bringt man sich als Entwickler in eine erzählerische Sackgasse, aus der man kaum heraus kommt.

Grundsätzlich muss man sich fragen, wieso man sich bei einem "Langzeitmedium" wie einem Buch erzählerisch an unsere schnelllebige reale Gegenwart bindet.
Da kann man nur hinterherlaufen und verlieren.
 
Unabhängig davon: Der Grundfehler war, dass man die WoD nicht als düstere Fantasy- und Parallelwelt belassen hat, sondern unsere Welt zur WoD erklärt hat. Da kann man sich nur verzetteln, weil man sich damit auch verpflichtet den Weltgeschehnissen hinterherzulaufen.
Wieso darf oder zumindest - kann das Autorenteam nicht mehr abstrahieren? Das will sich mir einfach nicht erschließen (und hat es auch noch nie).
 
Wieso darf oder zumindest - kann das Autorenteam nicht mehr abstrahieren? Das will sich mir einfach nicht erschließen (und hat es auch noch nie).

Das ist grundsätzlich eine nachvollziehbare Designentscheidung, so lang man es nicht übertreibt. Designziel war ja, dass die Vampire nicht in einer fernen Fantasywelt herumhuschen, sondern quasi unter uns leben. Geht man dem Argument des "persönlichen Horror" nach, ist das durchaus valide. Allerdings ist es auch recht ausgelutscht. Insofern ist das Vampirdasein in einer erdähnlichen gegenwärtigen Fantasywelt weitaus konsequenter, storytechnisch flexibler und - wie man jetzt sehen kann - auch gesünder für die Jobsicherheit. ;)
 
Meine Frage war sehr unsauber formuliert, wie ich jetzt feststelle.

Mir ging es eher um den folgenden Punkt:

Ein Buch, zu einem Rollenspielsetting, dem jene Designentscheidung zugrunde gelegen hat, erscheint heute. Jetzt liegt es in der Natur der Sache, daß dieses Buch bei Veröffentlichung bereits veraltet ist.

Für mich ist einfach nicht verständlich, wieso der Designentscheidung "Das Setting spielt in unserer realen Welt (Stand zum Zeitpunkt des Verfassens oder spätestens des Veröffentlichen des Textes)", gleichzeitig der Anspruch aufgebürdet wird, es muss zwingend jede zukünftige realweltliche Entwicklung exakt aufgreifen bzw. berücksichtigen?

Denn die Hintergrundwelt der V5 ist quasi ein Ausschnitt der Weltsituation des Jahres 2017. Sobald es größere Ereignisse gibt, die den gegenwärtigen Status Quo umwerfen (beispielsweise ein größerer bewaffneter Konflikt, oder das Gegenteil: Frieden in Syrien), sind die Bücher hoffnungslos veraltet und die Storystränge sterben ab.
Und das ist für Rollenspieler, die sich ja gemeinhin als sehr kreativ und improvisationsfreudig definieren, jetzt genau warum ein Problem?

Nur weil ein Teil von Rollenspielern anscheinend glücklicher ist, wenn der US-Präsident Ronald Trump und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Märkel im Settingband genannt werden, ist das für mich kein valides Argument.
 
Für mich ist einfach nicht verständlich, wieso der Designentscheidung "Das Setting spielt in unserer realen Welt (Stand zum Zeitpunkt des Verfassens oder spätestens des Veröffentlichen des Textes)", gleichzeitig der Anspruch aufgebürdet wird, es muss zwingend jede zukünftige realweltliche Entwicklung exakt aufgreifen bzw. berücksichtigen?

Hast du die Werke gelesen oder sprechen wir hypothetisch? Hypothetisch hast du völlig recht. Man kann das Spiel in der "ewigen Gegenwart" des Jahres 2017/2018 belassen. Wurde ja bereits in früheren Editionen von Masquerade praktiziert, wo zwar das Ende des Kalten Kriegs thematisiert wurde; Dinge wie social media und weitere große gesellschaftliche Umbrüche in der Post-9/11-Ära aber erst nach und nach - zudem sehr behutsam - mit der V20 ergänzt wurden, ohne tatsächlich an die große Glocke gehängt zu werden und damit settingdefinierend zu sein, geschweige denn die alteingesessenen Strukturen der Camarilla zum Einsturz zu bringen (wie jetzt in der V5 geschehen).

Sprechen wir hingegen nicht hypothetisch, dann hat White Wolf sich diesen Anspruch selbst aufgebürdet, indem bestehende realweltliche Entwicklungen eng mit dem innerweltlichen Plot verflochten wurden und sogar den Main Plot stellen. Wir erinnern uns: Anno dazumal war der Mainplot das dräuende Gehenna, die Apokalypse. So weit, so langweilig. Die konnte man aber autoren- und SL-seitig "steuern".

Heute hat der Mainplot - im Groben - seinen Kern in der Jagd auf die Vampire durch die NSA, die sich mit Vatikan und Leopoldsgesellschaft und zig anderen Geheimdiensten, die von den Vampiren wissen, zur "Second Inquisition" zusammengeschlossen haben um Vampirverstecke wegzubomben, um das Ganze anschließend dem Islamischen Staat (IS) in die Schuhe zu schieben. Vampire sind nun keine mystischen Räuber mehr in der Schafherde der Menschheit, sondern werden in geheimen Laboren seziert und mit Drogen vollgepumpt, in der Hoffnung sie oder ihre Eigenarten als Kriegswaffe gegen andere Nationen oder Terroristen einzusetzen. Es ist eine extrem schlechte Zeit, um ein Vampir zu sein. ;) (Okay, Weltuntergang ist auch nicht schön...)

Heißt im Klartext: Die aufgezählten World Leader, ob Schurken oder Diplomaten, sind ebenfalls NSCs innerhalb der Spielwelt. NSCs, die in ihren Handlungen nicht von Autoren oder Spielern "gesteuert" werden, sondern von ihren realweltlichen Entsprechungen.
Und ja: White Wolf hatten den Anspruch vertreten, aktuelle Konflikte und Geschehnisse aufzugreifen und zu berücksichtigen.

Und das ist für Rollenspieler, die sich ja gemeinhin als sehr kreativ und improvisationsfreudig definieren, jetzt genau warum ein Problem?

Das ist grundsätzlich überhaupt kein Problem. Wie gesagt, es ist ja ein durchaus legitimes Stilmittel. Es ist nur - im Vergleich zu den vorherigen Editionen - einerseits ein krasser Settingchange und andererseits eine Herausforderung, der sich White Wolf nicht gewachsen zeigte, wie sich nun herausstellt. Insofern gab und gibt es bei der Verwendung dieses Stilmittels einfach keine Gewinner oder Verlierer; es ist allein für White Wolf ein unmittelbares Problem. Mittelbar ist es ebenso ein Problem für die Community, denn die Marke wurde auf diese Weise beschädigt (sonst würde Paradox nicht durchgreifen) und die immer wieder kehrenden Skandale machen dieses Rollenspiel natürlich auch nicht beliebter bei der Akquise neuer Fans.

Den "Veteranen" des Spiels, zu denen ich mich auch zähle, ist das aus rollenspielerischer Sicht völlig egal, da gebe ich dir Recht. Doch diese kreativen und improvisationsfreudigen Rollenspieler hätten aus einer anderen, behutsameren Settingsetzung genauso gut einen realweltlichen Bezug ableiten oder konstruieren können; es gab keinen Grund, dass eine Redaktion dies quasi vorkaut und hierbei so unfassbar tollpatschig vorgeht.
 
C
Da ich kein WoD-Spieler bin hab ich das ganze nur am Rande mitbekommen und weiß natürlich nicht genau was in diesen Quellenbüchern steht. Aber wurde da nicht ein wenig überreagiert? Ich mein in pnp und auch allen anderen Medien werden ja ständig historische oder auch tagespolitisch aktuelle Themen verwurstet teilweise auf Arten die für real Beteiligte morbide oder sogar respektlos erscheinen könnten.
Aber gut ich kenn den genauen Inhalt nicht, könnte sein das es schon extrem unsensibel oder dumm war.


Man kann realpolitische Ereignisse theoretisch schon nehmen, aber es empfiehlt sich einfach gewisse Dinge sensibel anzugehen. Das man sowas durchaus mit einer guten Einleitung verpackt hilft dabei ungemeint. Selbst White Wolf hat das in der Vergangenheit vorgemacht - ja die haben sich da auch Patzer gerissen, aber da war Social Media noch kein Thema - aber die Einleitung zum Wraith Buch bzgl. der Shoah empfinde ich als gelungen. Ich gebe zu ich habe mich bis heute nicht durch das ganze Buch gearbeitet. Aber die Einleitung war mir sympathisch. Zudem lief es bewusst unter dem Label Black Dog - quasi die FSK 18 Sparte von WW.

Wie hier schon geschrieben wurde, WW hat so manches Fettnäpfchen aktuell mitgenommen. Die Sache hat wirklich hohe Wellen geschlagen. Aus unternehmerischer Sicht sollte man jetzt sich also zusammenreißen, und lieber Bücher zwei mal gegen lesen lassen. Man ist angezählt. Ein Erfolg ist quasi notwendig - ja auch zuviel Verzögerung ist nicht gut. Die Vorbesteller der Gesamtboxen warten ohnehin schon Monate länger als der Rest, und nun verschiebt sich das ins nächste Jahr.


Was wurde geschrieben:
Es wird eine Situation in einem Land beschrieben, sie wird trivialisiert und als Medienaktion abgetan um vom "that's not the point - the point is..." abzulenken, dass Vampire hinter all dem stecken. Und sorry, es sind grausame Verbrechen hinter denen keine ausgedachten Monster stecken, sondern reale Tatsachen, mit realen Opfern, und eben realen Tätern. Oder um es anders zu sagen, wenn die Täter Fiktion sind, dann wären das die Taten ja in der Folge auch - was ist das für eine Abwertung der Opfer bitte?!

Wer sowas bei sich am Tisch spielt ist ok, soll er machen - aber das so zu publizieren ist etwas anderes.

Dazu kommt eine Szene im Anarchenhandbuch. Stell dir einen Chatroom vor, Leute unterhalten sich darüber, wie man seine Kinder vor Autoritäten versteckt, nur weil man Angst hat, dass die nicht damit einverstanden sind, dass man sie zu sehr liebe.... Konkret geht es um Dünnblütige Vampire, die eine Familie haben, sich von ihren Kindern ernähren, sich Tipps geben, wieviel und wie oft man von Babys, Kleinkindern und Teenagern trinken sollte. Diesen das eigene Blut gibt - es würde sie ja beruhigen. Einer der Chatteilnehmer berichtet davon dass ein "assistant Sherrif" vorbeischaute, er musste die Dame dann töten - dafür wird er als "parent of the year" bejubelt.

Hierzu kurze Erläuterungen: Wer mehrfach das Blut eines Vampirs trinkt, der liebt ihn quasi - ob er will oder nicht, er ist hörig
Zudem ist der Biss eines Vampirs quasi ekstatisch - dabei heftiger als Sex.

Die Szene hat zwar einerseits was abstraktes fast satirisches, aber ich muss sagen, es ist schon was widerlich, und ich stelle mir vor, Eltern lesen so etwas - oder eben Missbrauchsopfer. Das Ding ist - das ist kein Kunstprojekt. Das ist ein Spiel. Und damit einfach die falsche Plattform!
 
Das Ding ist - das ist kein Kunstprojekt. Das ist ein Spiel. Und damit einfach die falsche Plattform!

Ich erinnere mich an einen Vampir-Antagonisten aus "Requiem for Rome" der Kinder in eine Olivenpresse steckte, um auf einem Empfang "frischgepresstes Blut" zu servieren.
Widerlich und abstoßend, keine Frage.
Aber sowas hat man früher bedenkenlos als Schocker gebracht und man konnte es im Rahmen eines Horrorspiels für Erwachsene auch bringen, nachdem man Triggerwarnungen eingefügt und darauf hingewiesen hat, dass alle Abscheulichkeiten im Rahmen eines vollkommen fiktiven Horror-Fantasysettings zu interpretieren sind und man als SL bzw. in der Gruppe entscheidet, was und wieviel man sich von den Settingvorschlägen zumuten möchte.

Die V5 postuliert dies alles aber nicht als Fantasy sondern möchte den Schockeffekt erhöhen, indem die reale Welt zum Handlungsschauplatz wird. Und ich bleibe dabei, dass dies das Grundübel für das Spiel ist. Um mal aus dem Regelwerk von 1999 zu zitieren:

Maskerade 1999 schrieb:
Der Gothic-Aspekt beschreibt das Ambiente der Welt der Dunkelheit. Turmverzierte Bauten ragen hoch auf, übersät von klassischen Säulen und grimassenschneidenden Gargylen. Der bloße Maßstab der Architektur läßt die Bewohner wie Zwerge wirken, verloren unter den Türmen, die himmelwärts zu streben scheinen, um der körperlichen Welt zu entgehen. […] Musik ist lauter, schneller, heftiger oder hypnotisch monoton und wird getragen von den Massen, die sich in sie flüchten. Die Sprache ist gröber, die Mode gewagter, Kunst ist schockierender und die Technologie bringt all das auf Knopfdruck zusammen. Die Welt ist verdorbener, die Leute sind spirituell bankrott, und Realitätsflucht ersetzt Hoffnung.

Diese ganz offensichtlich verstörende und fremdartige Fantasywelt hat man abgeschafft und durch die unsere ersetzt. Man hat sich quasi der Rechtfertigungsgrundlage beraubt, dass alles, was jetzt kritisiert wird, in einer Horror-Parallelwelt stattfindet, die so überzeichnet wirkt, als hätten Kafka, Tarantino und Tim Burton kollaboriert.
Die Tschetschenien-Sache zwar nicht unbedingt, aber definitiv der "Eltern-Chat".
 
Kinder in der Olivenpresse ist allerdings "wirklichkeitsfremder" als eben Pädophilie im Netz - ich denke da gehen wir konform.

Es wird halt abstrakter, und ich glaube kaum jemand kennt wen, der das erlebt hat mit der Presse - also ab vom Spieltisch. Das Setting selbst ist halt schon wirklichkeitsferner durch den größeren Abstand zum heutigen Alltagserleben.
Ich glaub wir gehen da schon ziemlich konform. In anderen Bezügen gab es auch früher einiges. Da gab es auch Widerlichkeiten - das war ok, weil der Kontext ein anderer war. Er war fiktiv. Da gab es Tzimisce, die sonstwie abgedreht sind. Es gab Baali. Es gab die Black Dog Bücher. Aber es gab auch Hinweise - es gab auch Fehltritte *hust* Gypsies *hust* Mafia *hust*. Aber es hatte nciht den Anspruch die Realität abzubilden. Was durch die aktuelle Nähe dann doch irgendwie jetzt anders scheint.
 
White Wolf hat da für mich vor allem einen ganz groben Schnitzer gemacht.
Ich denke es trivialisiert reales Leid und reale Opfer enorm, wenn man das dann noch als "Übernatürliche Wesen stecken dahinter" laufen lässt, und so die realen Täter aus der Sache entlässt.

Ich denke es wäre beispielsweise schon etwas anderes gewesen, hätte man - will man den kontroversen Tschetschenienpart unbedingt drinlassen und edgy sein - gesagt: "Die Gräuel die Menschen sich da zufügen, werden von den Vampiren als unabsichtliche Ablenkung verwendet" - damit hätte man die Schuld nicht verschoben, hätte es aber settingtechnisch fast identisch drin, ohne dass es ganz so hart reingelangt wäre.

Denn ich finde, es kann schon sehr reale Taten trivialisieren, wenn mans einfach auf böse Mächte abwälzt.
Das fand ich bei Achtung!Cthulhu auch wichtig. Dort wird genau darauf geachtet.
Manche bösen Mythosmächte wurden ja erst durch das Böse in der Führungsriege aufmerksam, waren selbst aber nicht der Auslöser.
 
Die Szene hat zwar einerseits was abstraktes fast satirisches, aber ich muss sagen, es ist schon was widerlich, und ich stelle mir vor, Eltern lesen so etwas - oder eben Missbrauchsopfer. Das Ding ist - das ist kein Kunstprojekt. Das ist ein Spiel. Und damit einfach die falsche Plattform!
Man kann das auch spielen, aber es gehört nicht unbedingt in ein Buch.

Ich habe eine seit Jahrzehnten dauerschwangere Malkavianerin als NPC in der Chronik. Die streicht sich ständig den Bauch und spricht zu ihrem ungeborenem Kind.
Das kannste in einem Buch nicht bringen und auch nicht in einer Spielrunde, bei denen man die Teilnehmer nicht hundertprozentig kennt.
Da ich meine Teilnehmer aber sehr gut kenne, kann ich sie als Stilmittel zur Verdeutlichung der Perversion des Vampir-Daseins, der Zeugung und auch der Geistesstörung der Malkavianer durchaus reinnehmen.
 
Was jeder bei sich am Spieltisch macht, ist ja auch nochmal eine andere Sache. Wenn jemand der Meinung ist, er muss sich in seiner Spielrunde über Minderheiten lustig machen, reale Tragödien als Fake darstellen oder was auch immer - solange die Spieler damit klarkommen und zufrieden sind, dann ist das ok.

Die Plattform ist ja nicht nur ein Buch - sondern eben ein Spielbuch.
 
Ist sowas nicht auch einfach eine Überspitzung. Die wahren Übeltäter als Vampire hinzustellen ist ja einfach nichts anderes als das die Übeltäter eben Monster sind. Ich mein was sind Menschen die foltern und töten und alles ohne brauchbaren Grund, anderes als Monster?
In Mythologie und Geschichten werden die dunkelsten Seiten des Menschen ja immer als Monster dargestellt. Grad in der WoD sind ja Vampire nichts anderes als die dunkelste Seite des Menschen, ein paar von ihnen versuchen halt verzweifelt das Menschliche zu wahren. Wie gesagt ich kenne den genauen Inhalt der Bücher nicht aber von dem von mir vorgebrachten Aspekt seh ich da jetzt nichts falsches.
 
Es nimmt realen Menschen die Verantwortung für ihr Tun.
Sie zu dämonisieren, zu sagen dass das Monster waren, tut genau das.
Wenn ich sage: "Hitler war kein Mensch, er war ein finsteres Wesen vom Yuggoth", am besten angereichert um "er hat mit seiner Hexerei die Menschen gefügig gemacht, und hat per Gehirnwäsche seine Untergebenen gelenkt" nimmt da Verantwortung raus, und lässt dann noch ein "Oh, der arme Himmler war eigentlich ein guter Kerl, wenn er doch bloß nicht verhext worden wäre!" zu.
Und das ist meiner Erachtung nach einerseits zutiefst geschmacklos.
Andererseits tut es auch so, als wären bestimmte schlimme Taten nur durch monströsen Einfluss erklärbar. Und das ist Quatsch.
Das ist ja das schlimme - dass solche Gräuel durch Menschen begangen werden. Da brauchts kein großes, mythisches Böses.
 
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