Brainstorming Welche Eigenschaften sollte ein guter Spielleiter besitzen?

Wenn dieser Spieler der die Leitung der Handlung inne hat mit der purem Lust und Leidenschaft bei der Sache ist werden die anderen Mitspieler abgeholt und es entsteht diese wahnsinnig geniale fantastische Stimmung die Rollenspiel ausmacht.

Enthusiasmus alleine reicht aber nicht aus. Das ist der Kleister, der alles zusammen hält. Und der Kleister ist ungemein wichtig. Aber nur für sich genommen ist es einfach Kleister. Und nur für sich genommen ist Kleister eigentlich ziemlich nutzlos. Nur klebrige Substanz halt.
 
Also wenn ich die Ämter "SL meiner Stammspielrune" und "Präsident des Landes, in dem Ich Lebe" frei besetzen dürfte, dann würde ich sicher viel mehr Zeit in die Auswahl von Ersterem Stecken. Zweiteren würfele ich im Zweifelsfall eben aus.

Eben. Auf der Tabelle für "Wandelnde Monster: Wüste" oder "Sumpf/ Marschland". Ganz Old School.
Auf der ersteren zunächst nen "Wulff". Der hat sich selbst in den Treibsand gesetzt.
Und nun ein "Gauck". Mal schauen, wann se denn ummöllern ...
 
Zu Iolet: Wenn die Spielregeln, wie Du schreibst, die Spielrealität beeinflussen, dann läuft etwas sehr Grundlegendes sehr, sehr falsch! Die Aufgabe der Spielregeln ist es dazu beizutragen, die Spielrealität ABZUBILDEN. Dass es, um das Beispiel des "Roten Barons" aufzugreifen, in einer todernsten Horrorspielrunde eine dumme (oder zumindest verzweifelte) Idee ist, sich eine Treppe hinunter auf einen schussbereiten Kultisten zu stürzen, während dies in einer Pulp-inspirierten Runde eine derjenigen Aktionen darstellt, welche dieses Genre so attraktiv machen, muss der Spielleiter den Spielern vermitteln können, ohne dass diese die geringste Ahnung von den Regeln haben müssen! Wir haben in diesen Thread die Frage, welche Eigenschaften ein SPIELER mitbringen muss, bestenfalls gestreift, aber ich werde niemals von meinen Spielern erwarten, dass sie die Spielregeln so detailliert verinnerlicht haben, dass sie daraus ihre Handlungsmöglichkeiten ableiten - das ist im Gegenteil etwas, was ich mit allen Mitteln zu vermeiden suche! Quantitative Figurenbeschreibungen dienen dazu Eigenschaften dieser Figuren, welche die Spielrunde begrifflich bereits erfasst hat, für Zufallsentscheide in Zahlen zu fassen. Es darf NICHT von den verwendeten Regeln abhängen, welche Handlungsweisen einer Figur in einer bestimmten Situation möglich, sinnvoll oder erwünscht sind - dies muss sich aus den Eigenschaften der Figur, der Situation, der Spielwelt und dem gespielten Genre ergeben. Aufgabe der Regeln ist es, sich diesen Erfordernissen anzupassen, und Aufgabe des Spielleiters ist es, dementsprechend die passenden Regeln zu finden.

All das, was ich hier geschrieben habe, gilt natürlich für den Fall, den Iolet auch beschreibt, dass die Regeln im Hintergund bleiben; dass sie die verborgenen Kameras, Strippen und Laufschienen darstellen, welche von der Handlung so wenig wie möglich ablenken sollten, um den Spielern das Eintauchen in die Spielwelt und Erzählhandlung zu ermöglichen. Hier sehe ich überhaupt keine Probleme damit, wenn ein Spielleiter Regelprozeduren improvisiert!

Gewiss gibt es auch Runden, die bewusst nach Regeln spielen, und für die es zum Rollenspiel gehört, ihre taktischen Entscheidungen nach den Eigenheiten dieser Regeln auszurichten - das ist absolut das Gegenteil dessen, wie ich spiele, aber natürlich weiß ich, dass es dies auch gibt. Gerade hier verstehe ich aber nicht, wieso die Verantwortung für die Regelkompetenz allein beim Spielleiter liegen muss - wenn es nicht darum geht, eine zur Situation passende Regelprozedur zu finden, sondern DIE für eine Situation RICHTIGE Regelprozedur zu kennen, dann kann das doch jeweils ein anderer Spieler übernehmen (zum Beispiel auch spezialisiert auf verschiedene Situationen wie Kampfsituationen, magische Duelle, Cyberhacking etc...) bzw. wenn keiner der Spieler diese RICHTIGE Regel kennt und dementsprechend auch niemand seine Handlungsmöglichkeiten danach bewertet, ist an einer Improvisation des Spielleiters doch immer noch nichts Falsches? Aber naja, vielleicht kann ich mich in die Gedankenwelt von Regelspielern auch einfach nur nicht hineindenken...

Die Regeln gehören jedenfalls NICHT zu einer Spielwelt und deren inneren Gesetzmäßigkeiten, sondern müssen sich denen unterordnen - oder sie ersetzen diese Gesetzmäßigkeiten halt, so wie im Regelspiel.

Zu Iolets Frage, was ich mit "Dramaturgie" meine, hier ein Buffy-Zitat: "The big moments are gonna come, you can't help that. It's what you do afterwards that counts. That's when you find out who you are."

Es ist die Aufgabe des Spielleiters, diese großen Momente zu schaffen, in denen die Spieler mit ihren Entscheidungen die Hauptwendungen der Handlung bestimmen und die Eigenschaften ihrer Figuren definieren.

Wie es der "Rote Baron" anspricht, zählt zu den Aufgaben des Spielleiters nicht nur die Beschreibung der Szenerie und die Bereitstellung einer Dramaturgie, sondern auch die Regie der Erzählung, bestehend aus Szenen- und Tempowechseln um sicherzustellen, dass langweilige und uninteressante Geschehnisse mit nur dem minimal notwendigen Zeitaufwand behandelt werden, während interessante Ereignisse in das beste mögliche Licht gesetzt werden.

Cainlaigh sagt, ihm würden eher Dinge einfallen, die ein Spielleiter NICHT machen sollte. Ich will ja eigentlich nicht nach genauen Handlungsanweisungen fragen, was ein SL tun oder nicht tun sollte (auch wenn offensichtlich die Diskussion darüber nicht völlig von der Fragestellung zu trennen ist), aber versuchen wir es doch einmal anders herum: Welche Eigenschaften machen einen (ernsthaft am Spiel interessierten und sozial nicht inkompetenten) SL zu einem schlechten SL bzw. hindern ihn daran, diese Rolle überhaupt zu übernehmen?
 
Welche Eigenschaften machen einen (ernsthaft am Spiel interessierten und sozial nicht inkompetenten) SL zu einem schlechten SL bzw. hindern ihn daran, diese Rolle überhaupt zu übernehmen?

Ich schlage vor, einen eigenen Thread dafür zu öffnen. Und lasse dir den Vortritt, weil du die Idee hattest.
 
Ich schlage vor, einen eigenen Thread dafür zu öffnen. Und lasse dir den Vortritt, weil du die Idee hattest.
Meinst Du wirklich, dass dazu ein eigener Thread nötig ist? So wahnsinnig unterscheidet sich diese Fragestellung ja nun wirklich nicht von der ursprünglichen. Da ist die Unterhaltung zwischenzeitlich doch bereits erheblich weiter abgeschweift.
 
Zu Iolet: Wenn die Spielregeln, wie Du schreibst, die Spielrealität beeinflussen, dann läuft etwas sehr Grundlegendes sehr, sehr falsch! Die Aufgabe der Spielregeln ist es dazu beizutragen, die Spielrealität ABZUBILDEN.
Ähm, ja...
Und das tun sie eben (wenn sie gut durchdacht sind) genau dann, wenn man sie richtig anwendet.
Wenn man sie falsch anwendet und nicht zufällig Glück dabei hat, dann sind diese Regeln dafür geeignet irgendeine ANDERE Spielrealität ABZUBILDEN (CAPSLOCK !!!1!!!!!11!eins) - aber eben nicht für diese.

Das was am Ende rauskommt ist das Abbild von irgendwas anderem als der Welt, die man bespielen wollte.

Dass es, um das Beispiel des "Roten Barons" aufzugreifen, in einer todernsten Horrorspielrunde eine dumme (oder zumindest verzweifelte) Idee ist, sich eine Treppe hinunter auf einen schussbereiten Kultisten zu stürzen, während dies in einer Pulp-inspirierten Runde eine derjenigen Aktionen darstellt, welche dieses Genre so attraktiv machen, muss der Spielleiter den Spielern vermitteln können, ohne dass diese die geringste Ahnung von den Regeln haben müssen!
Ja und nein.
Ja, du hast recht, aber nein:
Wenn der Spieler doch nachrechnet und feststellt "Ey, du eSeL, was tust du eigentlich immer so als wäre das ne total verrückte Aktion - so wie du die Regeln umsetzt, sollte das doch problemlos machbar sein. Also geht das jetzt oder nicht?", dann fände ich es doof zu sagen "Hör au den SL und vergiss die Regeln. Niemand darf die besser kennen als ich!"

Es darf NICHT von den verwendeten Regeln abhängen, welche Handlungsweisen einer Figur in einer bestimmten Situation möglich, sinnvoll oder erwünscht sind - dies muss sich aus den Eigenschaften der Figur, der Situation, der Spielwelt und dem gespielten Genre ergeben.
Das ist ja mal allgemein gesprochen, ne ziemlich käsige Aussage.
Ich verknüpf hier mal den BigBangTheory-Thread und diesem hier, indem ich sage, dass ich zumindest nerdig genug bin, dass ich sogar in der realen Welt die Regeln und Regelmäßigkeiten analysiere und Wahrscheinlichkeiten abschätze um darauf basierend Entscheidungen zu treffen.

Unterbewusst macht das wohl nahezu jeder.
("Ich konnte bisher in meinem Leben immer problemlos 3 Meter weit springen - zwischen den Häusern ist ein Spalt von 2,50m. => Das schaff ich.")

Wenn diese Regeln dann wild schwanken und/oder keiner erkennbaren Logik unterliegen, dann ist ein Leben in dieser Welt nahezu unmöglich, ein bespielen der Spielwelt ebenfalls. Und wenn die Regeln der Welt anders sind, als von Welt X (egal ob X für unsere Realität oder eine bestimmte Spielwelt steht), dann wird sich konsequent umgesetzt die Welt im Resultat auch anders anfühlen.

Wenn sich die Welt unabhängig von angewandten Regeln immer gleich anfühlt, dann ist der SL ein verlogener Schummel-Railroader und kann das Würfeln auch gleich bleiben lassen.


All das, was ich hier geschrieben habe, gilt natürlich für den Fall, den Iolet auch beschreibt, dass die Regeln im Hintergund bleiben; dass sie die verborgenen Kameras, Strippen und Laufschienen darstellen, welche von der Handlung so wenig wie möglich ablenken sollten, um den Spielern das Eintauchen in die Spielwelt und Erzählhandlung zu ermöglichen. Hier sehe ich überhaupt keine Probleme damit, wenn ein Spielleiter Regelprozeduren improvisiert!
Egal ob verborgen oder offensichtlich.
90% von dem was bei mir in der Runde gewürfelt wird, landet bei mir verdeckt hinterm Schirm.
GERADE verdeckte Würfe beeinflussen mMn die Welt meist viel mehr. Denn dies sind meist plotrelevante Dinge, die der SL eben wegen des ungewissen aber wichtigen Ausgangs nicht zeigen will.

Gewiss gibt es auch Runden, die bewusst nach Regeln spielen, und für die es zum Rollenspiel gehört, ihre taktischen Entscheidungen nach den Eigenheiten dieser Regeln auszurichten - das ist absolut das Gegenteil dessen, wie ich spiele, aber natürlich weiß ich, dass es dies auch gibt.
Gibt es auch noch - mein Fokus liegt wie gesagt woanders:
Jeder einzelne Würfelwurf hat eine Folge in der Spielwelt-Realität. Viele Folgen lassen vor den Spielern/SCs ein Bild entstehen, was in dieser Welt normal ist und was ungewöhnlich. Wenn die Regeln verzerrt und verschwommen sind, dann ist es auch das Bild.

Meine Spieler analysieren nicht meine Würfelwürfe. Sie versuchen nicht zu erraten welche Werte die NSCs haben.
Aber sie schätzen deren Fähigkeiten anhand deren bisherigen Leistungen ab, anhand der Ausgänge von Konflikten mit diesen und aus vielen kleinen Situationen.

Und wenn dem Prinzen der Stadt ständig und immer etwas gelingt, wobei die SCs immer wieder mal ein peinliches Ergebnis abliefern, dann denken sie, dass er darin sehr viel besser ist als sie selbst.
Und solche Beobachtungen und Folgerungen der Spielwelt-Realität sind nur möglich wenn diese durchgehenden Gesetzen unterliegt.

Und der SL muss diese kennen.

Ja, auch ich frage mal meine Spieler, wenn ich was nicht weiß - aber sehr immersionsfördernd finde ich es nicht, wenn z.B. die Schwerkraft andauernd als Ergebnis eines demokratischen Prozesses zustande kommt.


Die Regeln gehören jedenfalls NICHT zu einer Spielwelt und deren inneren Gesetzmäßigkeiten, sondern müssen sich denen unterordnen - oder sie ersetzen diese Gesetzmäßigkeiten halt, so wie im Regelspiel.
Wichtig:
Wenn ich "Regeln" sage, meine ich nicht "Alles was im Buch steht ist heilig - SO und NICHT ANDERS muss gespielt werden."
Ich meine mit "Regeln" ein SL-individuelles Produkt aus "by-the-book", Hausregeln, Eigeninterpretation, SL-Stil und gesunder Menschenverstand.
Der SL sollte einfach die Frage "Wie regle ich Situation X?" eine Antwort haben und wissen, warum er es so machen würde.
Und das dann auch konstant so machen - wenn die Umstände ebenfalls konstant sind.

Somit sind die Regeln durchaus auch Ergebnis der inneren Gesetzmäßigkeiten.
Oder umgekehrt -das ist auch Wurst.
Innere Gesetze und äußere Regeln sollten halt am Ende zum selben Ergebnis führen, sonst sind sie nicht passend aufeinander abgestimmt.


Zu Iolets Frage, was ich mit "Dramaturgie" meine, hier ein Buffy-Zitat: "The big moments are gonna come, you can't help that. It's what you do afterwards that counts. That's when you find out who you are."
achso...

Ich halt mich da mal raus. Wenn ich jetzt anfange das zu kritisieren, werd ich heut nicht mehr fertig.
Zumindest, wenn du damit mehr sagen willst als:

Wie es der "Rote Baron" anspricht, zählt zu den Aufgaben des Spielleiters nicht nur die Beschreibung der Szenerie und die Bereitstellung einer Dramaturgie, sondern auch die Regie der Erzählung, bestehend aus Szenen- und Tempowechseln um sicherzustellen, dass langweilige und uninteressante Geschehnisse mit nur dem minimal notwendigen Zeitaufwand behandelt werden, während interessante Ereignisse in das beste mögliche Licht gesetzt werden.
Denn das würde ich unterschreiben.
 
Gewiss gibt es auch Runden, die bewusst nach Regeln spielen, und für die es zum Rollenspiel gehört, ihre taktischen Entscheidungen nach den Eigenheiten dieser Regeln auszurichten - das ist absolut das Gegenteil dessen, wie ich spiele, aber natürlich weiß ich, dass es dies auch gibt. Gerade hier verstehe ich aber nicht, wieso die Verantwortung für die Regelkompetenz allein beim Spielleiter liegen muss - wenn es nicht darum geht, eine zur Situation passende Regelprozedur zu finden, sondern DIE für eine Situation RICHTIGE Regelprozedur zu kennen, dann kann das doch jeweils ein anderer Spieler übernehmen (zum Beispiel auch spezialisiert auf verschiedene Situationen wie Kampfsituationen, magische Duelle, Cyberhacking etc...) bzw. wenn keiner der Spieler diese RICHTIGE Regel kennt und dementsprechend auch niemand seine Handlungsmöglichkeiten danach bewertet, ist an einer Improvisation des Spielleiters doch immer noch nichts Falsches? Aber naja, vielleicht kann ich mich in die Gedankenwelt von Regelspielern auch einfach nur nicht hineindenken...

Du fasst das ganz gut zusammen.

Ich würde aber fordern, dass jeder Teilnehmer die Regeln kennt. Vielleicht nicht beim ersten mal, aber doch nach einer Eingewöhnungsphase. Im übrigen würde ich dafür plädieren, die Regeln so zu gestalten, dass ein längerer Findungsprozess bei der Anwendung nicht nötig ist. Und wenn dann D&D zu kompliziert erscheint, spielen wir eben The Pool. Aber es kennen alle die Regeln und benutzen sie bitteschön. Wir können in der Gruppe auch absprechen, dass wir Hausregeln benutzen wollen, und wenn wir uns dafür entscheiden, kennen alle diese Regeln und benutzen sie.

Ich habe bei nicht wenigen Spielern, die ich treffen durfte den Eindruck, dass sie noch keine Spiele gefunden hatten, die wirklich zu ihren Bedürfnissen passten, und deshalb gleichsam gezwungen waren, es mit den Regeln nicht so genau zu nehmen. Es gibt da draußen aber wirklich gute Spiele mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen.

Und es ist auch gar nicht so, dass ein Regelwerk auf den ersten Blick glatt und handlich sein müsste. Es darf ruhig die Vorannahmen, wie Rollenspiel zu funktionieren habe, in Trümmer legen. Unaufdringliche Regelwerke sind dagegen langweilig. Ich würde ja doch nur spielen, wie ich immer Spiele. Ungewöhnliche Regelwerke sind eine Herausforderung.
 
Zu Iolet: Wenn die Spielregeln, wie Du schreibst, die Spielrealität beeinflussen, dann läuft etwas sehr Grundlegendes sehr, sehr falsch! Die Aufgabe der Spielregeln ist es dazu beizutragen, die Spielrealität ABZUBILDEN. Dass es, um das Beispiel des "Roten Barons" aufzugreifen, in einer todernsten Horrorspielrunde eine dumme (oder zumindest verzweifelte) Idee ist, sich eine Treppe hinunter auf einen schussbereiten Kultisten zu stürzen, während dies in einer Pulp-inspirierten Runde eine derjenigen Aktionen darstellt, welche dieses Genre so attraktiv machen, muss der Spielleiter den Spielern vermitteln können, ohne dass diese die geringste Ahnung von den Regeln haben müssen! Wir haben in diesen Thread die Frage, welche Eigenschaften ein SPIELER mitbringen muss, bestenfalls gestreift, aber ich werde niemals von meinen Spielern erwarten, dass sie die Spielregeln so detailliert verinnerlicht haben, dass sie daraus ihre Handlungsmöglichkeiten ableiten - das ist im Gegenteil etwas, was ich mit allen Mitteln zu vermeiden suche! Quantitative Figurenbeschreibungen dienen dazu Eigenschaften dieser Figuren, welche die Spielrunde begrifflich bereits erfasst hat, für Zufallsentscheide in Zahlen zu fassen. Es darf NICHT von den verwendeten Regeln abhängen, welche Handlungsweisen einer Figur in einer bestimmten Situation möglich, sinnvoll oder erwünscht sind - dies muss sich aus den Eigenschaften der Figur, der Situation, der Spielwelt und dem gespielten Genre ergeben. Aufgabe der Regeln ist es, sich diesen Erfordernissen anzupassen, und Aufgabe des Spielleiters ist es, dementsprechend die passenden Regeln zu finden.

All das, was ich hier geschrieben habe, gilt natürlich für den Fall, den Iolet auch beschreibt, dass die Regeln im Hintergund bleiben; dass sie die verborgenen Kameras, Strippen und Laufschienen darstellen, welche von der Handlung so wenig wie möglich ablenken sollten, um den Spielern das Eintauchen in die Spielwelt und Erzählhandlung zu ermöglichen. Hier sehe ich überhaupt keine Probleme damit, wenn ein Spielleiter Regelprozeduren improvisiert!

Gewiss gibt es auch Runden, die bewusst nach Regeln spielen, und für die es zum Rollenspiel gehört, ihre taktischen Entscheidungen nach den Eigenheiten dieser Regeln auszurichten - das ist absolut das Gegenteil dessen, wie ich spiele, aber natürlich weiß ich, dass es dies auch gibt. Gerade hier verstehe ich aber nicht, wieso die Verantwortung für die Regelkompetenz allein beim Spielleiter liegen muss - wenn es nicht darum geht, eine zur Situation passende Regelprozedur zu finden, sondern DIE für eine Situation RICHTIGE Regelprozedur zu kennen, dann kann das doch jeweils ein anderer Spieler übernehmen (zum Beispiel auch spezialisiert auf verschiedene Situationen wie Kampfsituationen, magische Duelle, Cyberhacking etc...) bzw. wenn keiner der Spieler diese RICHTIGE Regel kennt und dementsprechend auch niemand seine Handlungsmöglichkeiten danach bewertet, ist an einer Improvisation des Spielleiters doch immer noch nichts Falsches? Aber naja, vielleicht kann ich mich in die Gedankenwelt von Regelspielern auch einfach nur nicht hineindenken...

Die Regeln gehören jedenfalls NICHT zu einer Spielwelt und deren inneren Gesetzmäßigkeiten, sondern müssen sich denen unterordnen - oder sie ersetzen diese Gesetzmäßigkeiten halt, so wie im Regelspiel.

Zu Iolets Frage, was ich mit "Dramaturgie" meine, hier ein Buffy-Zitat: "The big moments are gonna come, you can't help that. It's what you do afterwards that counts. That's when you find out who you are."

Es ist die Aufgabe des Spielleiters, diese großen Momente zu schaffen, in denen die Spieler mit ihren Entscheidungen die Hauptwendungen der Handlung bestimmen und die Eigenschaften ihrer Figuren definieren.

Wie es der "Rote Baron" anspricht, zählt zu den Aufgaben des Spielleiters nicht nur die Beschreibung der Szenerie und die Bereitstellung einer Dramaturgie, sondern auch die Regie der Erzählung, bestehend aus Szenen- und Tempowechseln um sicherzustellen, dass langweilige und uninteressante Geschehnisse mit nur dem minimal notwendigen Zeitaufwand behandelt werden, während interessante Ereignisse in das beste mögliche Licht gesetzt werden.

Cainlaigh sagt, ihm würden eher Dinge einfallen, die ein Spielleiter NICHT machen sollte. Ich will ja eigentlich nicht nach genauen Handlungsanweisungen fragen, was ein SL tun oder nicht tun sollte (auch wenn offensichtlich die Diskussion darüber nicht völlig von der Fragestellung zu trennen ist), aber versuchen wir es doch einmal anders herum: Welche Eigenschaften machen einen (ernsthaft am Spiel interessierten und sozial nicht inkompetenten) SL zu einem schlechten SL bzw. hindern ihn daran, diese Rolle überhaupt zu übernehmen?

Lustig. Das, was Zeromant da so treffend ausführt, ist die klassische Perspektive des Erzählspielers und damit quasi die genaue Gegenposition zu dem, was man laut Florian Berger Taktikspiel nennen könnte. Gerade auch in dieser Nachdrücklichkeit empfinde ich Thread und Poster als eine Art Antithese beispielsweise zu Zornhaus Präferenzen. Neulich gabs doch mal die Diskussion über den User des Monats. Dieser Post von Zeromant hätte nach meiner Ansicht das Zeug dazu. Danke!
 
Ich finde, wenn es zu einem Konflikt "Regeln vs. Gesetzmäßigkeiten der Spielwelt" kommt, dann ist eines von beiden unausgereift und nicht fertig gedacht.
Solche Fehler zu erkennen und zum Wohle des Spielvergnügens selbstständig zu beseitigen statt nur "Mimimi, im Buch steht aber..." zu stammeln oder "Pfff... Regeln... die sind doch sowieso immer doof." zu schimpfen - das macht für mich auch ziemlich wesentlich einen guten SL aus.
 
Zu Iolet: Wenn die Spielregeln, wie Du schreibst, die Spielrealität beeinflussen, dann läuft etwas sehr Grundlegendes sehr, sehr falsch! Die Aufgabe der Spielregeln ist es dazu beizutragen, die Spielrealität ABZUBILDEN.

Ich würde hier übrigens widersprechen. Spielregeln sind zunächst einmal Anweisungen an die Spielteilnehmer. Mit der fiktiven Handlung oder Welt haben sie im allgemeinen nichts zu tun. Es gibt wunderbare Regelwerke, die sich für den Inhalt der Fiktion nicht die Bohne interessieren. Das Rollenspiel The Pool, das ich oben verlinkt habe, ist z.B. so eins.

Wenn man dann also Regeln benutzt, die speziell auf bestimmte Aspekte der Fiktion eingehen, kann man erwarten, dass diese Auswahl so zielgerichtet geschehen ist, um ganz bestimmten ästhetischen Ansprüchen zu genügen. In diesem Falle wäre es unangebracht, Dinge zu versuchen, welche diesen Regeln wiedersprechen. Schließlich hat sich die Gruppe im Ganzen geeinigt, gerade jene Ästhetik anzustreben.
 
Hm, ich hatte den Satz so gelesen, dass die Spielregeln die Spielrealität nicht nur physikalisch, sondern auch in punkto Flair abbilden sollen. Und das macht The Pool ja ebenfalls, wenn auch auf eine indirekte Weise.
 
ich kann beide Seiten nachvollziehen.

Aber seht es mal aus ner anderen Perspektive: Regeln geben Spielern ne gewisse Sicherheit in einer Welt, die sie sich nur vorstellen können. Manche Spieler brauchen die mehr, andere weniger. "Um einen stylischen Salto von einem Hausdach zum anderen zu machen, brauche ich 2 Erfolge mehr // Würfel ich mit einem Würfel weniger // ist mein Zielwert 25 // nehm ich besser einen Raise mit rein // etc." Das weiß auch jeder Spieler recht fix, und die meisten Spieler kennen auch ziemlich schnell die spezifischen Regeln, die sie für ihren Charakter brauchen - von Magieregeln über Heilung bis zu Technikregeln, Spezialattacken, Verführen, Ausspionieren, und was noch so alles in den verschiedenen Systemen verborgen ist. Und viele Spielleiter, die ich kenne, delegieren solche charakterspezifischen Regeln auch gerne. Spezialregeln - "wie diableriere ich einen Vampir" fällt mir da spontan ein - liegen meist wieder beim Spielleiter, und der kann das Nachschlagen auch deligieren. Er muss sie ja auch nicht auswendig wissen. Positiv ist natürlich immer, wenn er grob weiß, wo solche Regeln zu finden sind.

Wenn ich jetzt aber als Spieler einen Spielleiter habe, der Spielregeln zwar anscheinend konsequent bei mir umsetzt, aber nicht bei den NSCs, dann wird es grenzwertig. Ein "guter" Spielleiter kann dies vielleicht so gut verpacken, dass ich es nicht merke. Aber die wenigsten machen sich die Mühe. Spätestens, wenn der NSC dann die Saltoaktion macht und man als Spieler merkt, dass da gepfuscht wird, stellt sich zumindest bei mir der "Spielleiter-Lieblings-NSC"-Widerwille ein. Und noch schlimmer wird es, wenn dann für andere Spieler (Dauer-)Ausnahmen gemacht werden, man selbst aber das Gefühl hat, an der Regel-Kandare genommen zu werden.

Man muss nicht "by the book" spielen. Aber wenn Ausnahmen gemacht werden, dann für alle. Wenn etwas bei einem anders gemacht wird, weil es so besser passt, dann muss das auch für den anderen drin sein. Egal ob im Kampf, bei sozialen Dingen, bei Beschreibungen oder was auch immer im Rollenspiel aufkommt.
 
Regeln geben Spielern ne gewisse Sicherheit in einer Welt, die sie sich nur vorstellen können.

Im Allgemeinen tun Spielregeln das nicht. Sie können das tun.

Ich empfehle noch einmal das verlinkte Pool zu lesen. Sind auch nur sechs Seiten.
 
Im Allgemeinen tun Spielregeln das nicht. Sie können das tun.

Ich empfehle noch einmal das verlinkte Pool zu lesen. Sind auch nur sechs Seiten.
Ich wollte das eigentlich so lange ignorieren, bis du von selbst damit aufhörst, dieses komische Erzählspiel als diskussions-relevantes Roleplaying-Game zu betiteln.
Denn das beinhaltet nunmal, roleplaying=Rollenspiel.

Und das ist nunmal
Rọl|len|spiel, das: spielerisches Hineinversetzen in fremde Rollen - s. Wiktionary

"Wir erzählen gemeinsam ne Geschichte. Dabei konzentriert sich jeder primär auf seine Lieblingsfigur und kauft sich über Regelmechanismen Spotlight um den anderen seine Lieblingsgeschichte erzählen zu können." ist nur so viel Rollenspiel-Spiel, wie eben je nach Umsetzung Rollenspiel-Spiel darin enthalten ist.

Und der Regelmechanismus "Setze Laberpunkte ein um würfeln zu können, ob dein SC Glück hat und du entweder selbst labern darfst oder dir der SL erzählt was du hören willst", ist sicher kein Mechanismus, der den Rollenspiel-Aspekt des Spieles stärken soll - sondern der Erzähl-Aspekt.

Ja, dieser gehört auch irgendwie dazu und ja, alles in allem ist "The Pool" schon ein Rollenspiel - aber bloß weil "Deus Ex" als Rollenspiel-Ego-Shooter gilt, gehen die klassischen Eigenschaften von PC-Rollenspielen nicht verloren.
Deus Ex gilt als Rollenspiel, weil man nen Charakter bastelt und skillt, flexibel Entscheidungen treffen kann und man dort alles in allem nen starken Fokus auf kreatives Ausspielen einer (und Hineinversetzen in eine) Rolle legt - nicht wegen der Tatsache, dass man da ballert und es aus der FP-Perspektive sieht (Edit: Wobei letzteres hinsichtlich "hineinversetzen" wohl garnicht so unpassend ist - ich allerdings ego-perspektive nicht wirklich immersiver finde.)

Und genauso ist The Pool eben trotz seiner Spotlight-Laber-Regeln ein Rollenspiel - nicht deswegen.

Und mMn nur so gut, wie die Regeln des Styles und gesunden Menschenverstandes die man im Gruppenkonsens unter Leitung des SLs, festlegt und umsetzt.

Ob Meta-Regeln zur Kontrolle des Erzählflusses oder nicht, ob Bonus-Gummipunkte für den besten Witzeerzähler oder nicht, ob XPs für den, der das Bier mitgebracht hat oder nicht:
Irgendwer muss halt sagen können, was ingame in der Spielwelt möglich ist und was nicht - und wenn ja, wie leicht oder wie schwierig.

Und hier hat der SL das letzte Wort.
Und deshalb sollte er selbst ne Antwort auf die Frage wissen.
 
Ich glaub', ich muss mir den "Pool"-Link tatsächlich mal reinzimmern. Das klingt, als ob ich mich anschließend toll aufregen kann.
 
@Ioelet: Oh, ja. Wenns nicht in den Kram passt, dann ist es kein Rollenspiel mehr. Wenn du dein Weltbild damit retten kannst: Von mir aus.
 
Davon abgesehen ist seine Definition falsch.

Rollenspiel wird als "spielerisch nachgeahmtes Rollenverhalten" definiert.
 
@ 1of3 & Ioelet: Ihr sprecht durch das Genervtsein einen wichtigen Punkt in vielen Theoriediskussionen an.

Oftmals beziehen sich die Leute halt wahrnehmbar auf "klassisches Rollenspiel". Das ist natürlich kaum wasserdicht definierbar, aber alle wissen eigentlich, was gemeint ist: D&D, DSA, Midgard, Shadowrun usw. Falls gewünscht, kann man auch die Definition von Ace of Acer oder jede beliebige andere auf den Mond schießen. In solchen Diskussionen hilft es dann üblicher Weise nur wenig, wenn jemand mit Ausnahmen von irgendeinem Kram kommt, der klar außerhalb der Diskussion liegt. The Pool gehört da ebenso zu wie die meisten Forgeklamotten und/oder spielleiterlose Rollenspiele. Selbstredend hat 1of3 also streng genommen und auf die Spitze getrieben in der Sache vollkommen Recht. Und ich kann nachvollziehen, weshalb Ioelet genervt reagiert, denn an sowas wie The Pool wird er bei seiner Analyse kaum gedacht haben.

Dennoch: der Einwurf von 1of3 ist andererseits so falsch nicht, denn bereits bei Bennysystemen oder FATE-Punkten bricht selbstredend die physikalische Abbildbarkeit ziemlich deutlich. Andererseits sind diese Neuerungen erstens gar nicht mehr so neu und zweitens - je nach Gusto - mehr oder weniger brauchbar. Es bringt also wenig, so etwas zwangsläufig auszuschließen. Wenn man also hinsichtlich des Anspruchs der Regeln die physikalische Abbildbarkeit der Welt um das Transportieren von Flair erweitert, ist man mit der Nummer eigentlich durch. Oder? Mehr wollte ich übrigens oben schon nicht sagen, aber das war vermutlich zu verkürzt-verschwurbelt.

Schließlich: einen so richtig engen Bezug zu den Eigenschaften eines guten SL kann ich auf den ersten Blick ohnehin nicht erkennen.
 
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