AW: Warum sollte ich Warhammer spielen?
Ich kann Marduks Ausführungen voll und ganz beipflichten. Es folgt noch eine Einführung, die ich vormals für das nunmehr ruhende F&S-Forum verfaßte:
Zur Welt:
- Die Welt weist nicht nur die üblichen historischen Reminiszenzen bei den menschliche Kulturen sowie Einflüße von J.R.R. Tolkien (Elfen, Zwerge, Halblinge, Orks) auf, sondern greift u.a. auch Aspekte von Michael Moorcock (Chaos), H.P. Lovecraft (Kultisten, "Große Alte") auf.
- Die menschlichen Kulturen sind teilweise deutlich weiter entwickelt und untereinander heterogener als in anderen Fantasy-RPGs üblich.
Das Imperium (der gängige Abenteuerschauplatz) basiert beispielsweise lose auf dem Heiligen römischen Reich deutscher Nation und steht an der Wende vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit (~ 15./16. Jh.), d.h. dort sind u.a. schon Schwarzpulverwaffen und Buchdruck bekannt.
Das Nachbarreich Bretonia hingegen erinnert an das hochmittelalterliche (~ 12./13. Jh.) Frankreich mit einigen arthurischen Elementen, d.h. dort steht die höfische Kultur mit Rittern, Turnieren und Feudalismus noch in voller Blüte.
Solche Diskrepanzen werden über die Beziehungen zu den Fantasyrassen verständlich. Das Imperium hat ein jahrhundertealtes Bündnis mit den technisch versierten Zwergen, wohingegen die bretonische Kultur stark von den Waldelfen geprägt wurde. Die Entwicklung der menschlichen Kulturen läuft also nicht nur parallel zu den Kulturen der Fantasyrassen ab, sondern wurde von diesen beeinflußt und ist nur durch diesen Einfluß stimmig erklärbar. Bei den anderen Kulturen ist es ähnlich.
- Der Hintergrund ist sehr düster (Aberglaube, Seuchen, Armut, kirchliche Inquisition, arrogante Adlige, gierige Patrizier, der korrumpierende Einfluß des Chaos in tausenderlei Gestalt usw.), wobei die Düsternis nicht in Trostlosigkeit umschlägt, da sie immer wieder durch schwarzen Humor gebrochen wird. Die Atmosphäre ist gemeinhin der meistgelobte Aspekt dieses Spiels.
- Die Welt bietet sich v.a. für handlungsbasierende Abenteuer (Intrigen, Kriminalfälle etc.) mit gruseligem Unterton an ("Dungeoncrawls" sind natürlich auch denkbar). Einige der vorgefertigten Abenteuer der ersten Edition genießen einen ausgezeichneten Ruf (v.a. die "Enemy Within Campaign") und führten Aspekte der Call-of-Cthulhu-Abenteuer (Gruselthematik, Handouts, Nachforschungen, viel Hintergrund) ins Fantasyrollenspiel ein.
Zu den Regeln:
- Es gibt keine Stufen oder Klassen, stattdessen folgen die Abenteuer "Careers". Man beginnt in einer von dutzenden "Basic-Careers" (Adliger, Bauer, Kopfgeldjäger, Marketender, Rattenfänger, Student, Seemann, Zauberlehrling etc.), die es ermöglichen, verschiedene Fertigkeiten zu erwerben und Attribute zu erhöhen. Sobald man in seiner "Career" nichts mehr lernen kann, ist es möglich, in bestimmte andere "Careers" zu wechseln (z.b. ein Knappe, der zum Ritter geschlagen wird). "Advanced-Careers" (Assassine, Bürger, Diplomant, Händler, Kapitän, Spion etc.) sind dabei besonders verlockend, da sie sozialen Aufstieg ermöglichen oder zumindest bessere Lernmöglichkeiten bieten. Dieses System sorgt dafür, daß die Charaktere einerseits recht gut in die Welt eingebunden sind (keine Erste-Stufe-Kämpfer ohne Bezug zum Hintergrund) und andererseits nur in für sie angemessenen Bahnen Fertigkeiten lernen und Attribute erhöhen können (Bildung ist ein hohes Gut, daß bei WFRP nicht jedem beliebig offen steht). "Powergaming" wird damit erschwert.
- Die Abenteurer haben anfangs recht niedrige Attribute und Fertigkeitswerte (unmodifizierte Erfolgschance ~ 30-40%), allerdings können für einfache Aktionen Boni gewährt werden (z.B. "very easy" +30%). Kreative Spieler, die ihren Spielleiter davon überzeugen können, daß ihre angestrebte Aktion eigentlich "ganz einfach" ist (sprich gute Ideen bzw. Pläne haben), sind also klar im Vorteil (für alle anderen gibt es "Fortune Points", die es u.a. erlauben, mißlungene Würfe zu wiederholen).
- Das Kampfsystem ist recht tödlich, sowohl für Gegner als auch für Charaktere. Zudem werden schwere Verwundungen nicht einfach durch Lebenspunktverlust repräsentiert, sondern haben als Knochenbrüche, stark blutende Wunden usw. recht drastische Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Betroffenen. Da magische Heilung desweiteren rar ist, sollten sich die Charaktere gut überlegen, ob und wann sie kämpfen wollen (für alle anderen gibt es "Fate Points", die es erlauben, dem Tod nocheinmal zu entgehen).
- Neben körperlichen Wunden, besteht auch die Gefahr, sich seelische Wunden in Form von "Insanity Points" und "Disorders" zuzuziehen, die die Charaktere langsam dem Wahnsinn verfallen lassen.
- Das Magiesystem ist ebenfalls recht gefährlich, da arkane Magie vom Chaos durchsetzt ist und Priester für Wundertaten auf recht launische Götter angewiesen sind, d.h. es muß gewürfelt werden, ob die Zauber wie gewünscht wirken. Der Magier kann sich, sofern er entsprechend ehrgeizig ist, unter günstigen Bedingungen auch an Sprüche heranwagen kann, die eigentlich noch zu schwierig für ihn sind. Unter ungünstigen Rahmenbedingungen können sich allerdings auch einfachere Sprüche als problematisch erweisen. Es gibt keine Zauberpunkte oder sonstigen Beschränkungen, um die Zauberhäufigkeit zu limitieren, was Magie sehr verführerisch macht. Aber wer leichtfertig mit Sprüchen um sich wirft, wird schnell merken: "Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los!".
- Die Regeln sind auf Einfachheit ausgelegt und eignen sich nicht unbedingt als getreuliche und detaillierte Weltensimulation, sondern laden eher zu flexibler Handhabung ein ("Fatepoints", "Fortunepoints" etc.). Anders als in vielen Systemen werden selbst die Befähigungen erfahrener Charaktere einigermaßen bodenständig bleiben, d.h. auch Helden haben noch gewisse Schwächen und sind keineswegs unangreifbar.