Ich denke gar nicht einmal, dass wir aneinander vorbei reden; Du machst lediglich bei Deiner Argumentation recht wilde Sprünge, bei denen ich Dir folgen muss, um darauf einzugehen...
Das Beispiel, das Du hier bringst, illustriert meiner Ansicht nach übrigens, wie fehlende Bereitschaft, über das Gesamtkonzept eines Settings nachzusinnen (man könnte es auch Denkfaulheit nennen) die innere Logik des Settings beeinträchtigt: Eine überbevölkerte junge Bevölkerung besitzt eine GANZ andere gesellschaftliche Dynamik als eine schrumpfende alte! Ob andere Planeten bzw. die Asteroiden erschlossen werden, sagt sehr viel über die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gesellschaft aus, und wenn es vergleichsweise einfach möglich ist, in den Weltraum auszuweichen, hat das auch weitreichende soziale Implikationen - wem's nicht passt, der kann halt WEG. Wenn hingegen nur eine Elite den Zugang zum Weltraum kontrolliert, dann ist das vermutlich DER entscheidende Aspekt in allen Machtkämpfen (und die Idee einer direkten Demokratie könntest Du in die Tonne treten, es sei denn, sie ist nur eine Marionettenveranstaltung (also nicht viel anders als heute auch schon)).
Auch Dinge wie die "Erdöllage" sind essenziell dafür, wie das tägliche Leben in dieser Welt aussieht. Ist alles voller Plastik? Wie wichtig ist es, Wertstoffe zu recyclen (das beeinflusst unmittelbar die Kriminalität - wenn selbst alltägliche Gegenstände allein auf Grund ihrer Materialien wertvoll sind, dann wird es viel mehr Überfälle geben).
Oh, und diese Bioware-Geschichte - wie kannst Du nur davon ausgehen, dass das NICHT maßgeblich all jene Aspekte mitbestimmt, die Du für "unwichtig" erklärst?
Ein interessantes Setting muss in sich stimmig sein, und es ist tatsächlich sogar einfacher, Stimmigkeit zu erzeugen, wenn man sich von der realen Welt entfernt, als wenn man versucht, deren Komplexität in der Erzählwelt abzubilden; denn in einem Fall ist man als weltenerschaffender SL selbst die letzte Autorität; im anderen ist man nur ein halbgebildeter Möchtegern-Wissenschaftsjournalist.
Und weiterhin gibt es einen Grund, dass Rollenspiel seine Wurzeln in der Fantasy hat, nämlich die größere Stimmigkeit erzählter Geschichten in unrealistischen Settings! Die Banalität der realen Welt verhindert schlicht überzeugende Abenteuergeschichten - je näher Du Dich an der Realität bewegst, desto unwahrscheinlicher und unglaubwürdiger werden interessante Handlungsabläufe. (Magische Heiltränke und Scotties medizinisches Allzweckdingsda sind einfach PRAKTISCH!)
Ein komplett ausgearbeiteter Hintergund wie in Shadowrun oder bei Cyberpunk 2020 wird immer überzeugendere Erzählungen ermöglichen als eine lieblos und denkfaul nach dem Prinzip "ich ändere nur so viel wie absolut nötig" dahin geklatschte und dementsprechend nicht in sich stimmige Welt. Die überlebt dann auch tatsächlich keine Rollenspielergeneration...
Angeblich ein Tom-Clancy-Zitat: “The difference between fiction and reality? Fiction has to make sense.”
DAS ist der Punkt. Denk einmal darüber nach!