AW: Spieler- und Charaktermotivation
Was brauche ich, damit die SPIELER sich konstruktiv gerieren und dabei halbwegs Human bleiben?
Da fallen mir gleich eine ganze Reihe von Sachen ein.
1) Lasse sie in der Verteidigungsposition starten, statt in der Angriffsposition. Die Spielercharaktere haben aus irgend einem Grund den Zugang zur besseren Location. Sie wissen wo sie die Konservendosen für das nächste halbe Jahr stapeln können und den Zugang zu einem Fluss in der Nähe haben. Um so schlechter es ihnen am Anfang geht, desto eher sind sie zu sinnlosen Gewaltorgien bereit, schließlich haben sie weniger zu verlieren.
2) Bringe eine Lovestory mit rein. Sobald 95% der Menschen verschwunden sind, hängt man wahrscheinlich sehr an den übrigen Menschen die man kennt oder kennenlernt. Nachdem man von allen verlassen wurde, wird man eventuell sehr empfindlich, was das betrifft. Oder bring die Verantwortung für einen Teil der Familie mit hinein. Der Papa der zur Schrotflinte greift, um die Nachbarn zu überfallen, lässt das wohlmöglich wieder, wenn er in die Augen seines Sohnes schaut, der bald zum Waisen werden könnte.
3) Konzentriere den Fokus vom Spiel auf den Wiederaufbau, nicht auf die machtpolitischen Aspekte. Verpasse jedem Charakter eine Reihe von möglichen Projekten, wie er positiv auf die Gemeinschaft Einflus ausüben kann. Beispielsweise (Stufe einer der Fähigkeiten - Projekte, mindestens 3, kurzfristiges, mittelfristiges und langfristiges Projekt) und verankere diese im Hintergrund des Charakters. Was meine ich damit?
Kurzfristiges Projekt: Der Automechaniker, der den Generator der alten Feuerwache wieder zum laufen bekommen kann, nachdem irgendwer mit einer Feuerwehraxt etwas davon zerhauen hat. Vielleicht hat er die Schlüssel zur Feuerwache einem niedergeschossenen Feuerwehrmann abgenommen => sein Projekt.
Mittelfristiges Projekt: Die NSC-Tankstellendame die den Break-down überlebt hat und sich seitdem an den Automechaniker klammert (siehe Punkt 2), macht den Vorschlag den Generator zur Tankstelle zu bringen und sich dort erst einmal niederzulassen. Als der Mechaniker das schräge Tankstellendach sieht, kommt er auf die Idee, wie man Regen sammeln kann, wie man den Generator anschließen kann, eine Zweckgemeinschaft um den Fokuspunk Tankstelle bilden.
Langfristiges Projekt: Der Automechaniker, dessen Frau gestorben ist, weiß aber genau wo diese (eine interessierte Hochspannungstechnikerin) ihre Bücher aufgehoben hat. Und das Kraftwerk ist nur eine Stunde mit dem Auto entfernt. Sprit und ne Karte der Stadt dank der Tankstelle haben sie. Wenn sie den Strom wieder zum fließen bringen, können sie der ganzen Gemeinschaft einen Rückhalt bringen (und damit die interne Gewalt reduzieren)...
4) Stell klar wie gefährlich das Leben ohne eine gesicherte medizinische Versorgung ist. Lass die Gruppe auf nen verletzten Raider treffen, der sie am Anfang noch ausrauben will oder als Geisel nehmen oder sich von ihnen durchfüttern lassen will... aber schon bald zu nichts mehr in der Lage ist, weil die Infektion der Wunde ihn in ein fiebriges Delirium versetzt und alsbald zur Strecke bringt. Der Messerstich im Bein hat gereicht... und könnte auch bei den Charakteren reichen. Falls gewünscht, mache Regeln für Krankheiten, Verbluten, Wundinfektionen, usw., wenn sich die Spieler durch nen crunchigen Rückhalt eher daran gebunden fühlen.
5) Stelle mindestens ein anderes Beispiel für eine konstruktive Gemeinschaft vor, der sich die Charaktere aber nicht anschließen können/wollen, die aber ansonsten als Beispiel dient. Beispielsweise die fundamentalen Christen, die zwar dabei sind eine Kleinstadt (um einen ehemaligen Fernsehprediger herum) wieder aufzubauen, aber die Charaktere nicht dabei haben wollen, aufgrund von falscher Herkunft, fehlender Bibelfestigkeit oder unliebsamer Begleitung der Charaktere (negativ verlaufenes Run-in mit der NSC-Tankstellendame). Alternativ dazu wollen die Charaktere nicht zu der Gruppe gehören, obwohl Teilaspekte des Lebens einfacher wären. Vielleicht schrecken sie die benutzten Galgen auf der Zufahrtsstraße ab, das die unamerikanische Hälfte der Einwohner als Sklaven gehalten wird, oder der Fernsehprediger direkt mit Gehirnwäsche anfängt, ehe sie sich die Hände gegeben haben.
Trotzdem können die Charaktere durch das Zusammentreffen bereichern:
- Neue Projekte für alle.
- Positivbeispiele für ein angenehmes Leben in einer stabilen Gesellschaft (generell bessere Lebensumstände).
- Ein mögliches Feindbild.
- Gestohlene Gegenstände.
- Zugelaufene Aussätzige (der Arzt der nach einer durchgeführten Abtreibungsprozedur aus der Gemeinschaft geflohen ist. Hilfreich für die Charaktere!)
- usw.
Noch eine kleine Anmerkung:
Ich hatte sowas ähnliches auch schon einmal probiert und versucht positives Verhalten durch positivbeispiele von NSCs zu provozieren. Der heroische Ex-Soldat, der sich entweder für die Gemeinschaft opfert oder Frauen und Kinder beschützt, usw...
Das war extrem kontraproduktiv. In so einem Setting brauchen die Spieler tatsächlich die Möglichkeit selbst zu den strahlenden Helden zu werden, falls sie das wünschen sollten, ohne ablenkende NSCs, die sich schon so verhalten. Nachdem der Ex-Soldat im Schlaf von einer Frau niedergestochen wurde, die er zuvor vergewaltigt hat, wurde das Bild dann nachträglich ins non-heroische Licht gerückt (und hat gleichzeitig die Frage nach einer funktionierenden Rechtsordnung aufgeworfen - Was machen mit der Mörderin?).