Löwenclub Spiele verbinden - oder nicht?

Dies Thema ist aus dem ehemalien Löwnclub veröffentlicht worden.

Skar

Dr. Spiele
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Meine Herren, die gängige Meinung ist ja folgende:
Spiele verbinden. Sie sind auf Gesellschaft (Geselligkeit) ausgerichtet, man lässt sich aufeinander ein und die Spielregeln setzen alle Teilnehmer für den spielrelevanten Teil auf einen gleichen sozialen Stand.

Doch was ist, wenn Spiele entzweien? Was ist, wenn aus Spiel und Spaß bitterer Ernst wird? Sicher nicht die Intention eines Spielentwicklers, trotzdem hat man zumindest davon gehört, dass Spielbretter vom Tisch gefegt werden, oder sogar alte Freundschaften zerbrechen.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Diese Erfahrung kann ich durchaus bestätigen, wobei es spannenderweise die Spiele sind, die keine direkten Konflikte zulassen, die am meisten entzweien. Während bei Konfliktspielen der Konkurrenzkampf bereitwillig angenommen wird, kommt es bei Spielen ohne direkten Konflikt oft zum Gefühl der Ohnmacht oder des Im-Stich-gelassen-Werdens.

Grundsätzlich ist häufigste Ursache für Streit beim Spiel aber die fehlende Reife, verlieren zu können.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Diese Erfahrung kann ich durchaus bestätigen, wobei es spannenderweise die Spiele sind, die keine direkten Konflikte zulassen, die am meisten entzweien
Interessant. Ich hätte jetzt als erste Assoziation "Poker" im Kopf gehabt.

Aus psychologischer Sicht würde ich schätzen, dass Spiele, wo der Flow (als individuelle Trennlinie zwischen Herausforderung und Können) ungünstig überschritten wird, wo also das Können nicht für die Herausforderung ausreicht, besonderes Potenzial für dieses Entzweien haben. Hier wird der Spieler also aus dem Flow (als fesselndes Spielgefühl) herauskatapultiert.

Grundsätzlich ist häufigste Ursache für Streit beim Spiel aber die fehlende Reife, verlieren zu können.
Stimmt wohl. Die soziale Kompetenz des Betreffenden dürfte hier eine ungesunde Färbung haben.

Aber dies scheint ja eher bei den Personen im Verborgenen zu liegen, sonst hätte man gar nicht erst mit ihr ein Spiel begonnen. Hier scheint es mir eher Wirkung als Ursache zu sein.

Also ist es eher die Person, die nicht verlieren kann, oder ist es eher dass das Spielerlebnis mancher Spiele sehr tief geht und dadurch eine Überforderungssituation beim Spieler zur Explosion führen kann?
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Also ist es eher die Person, die nicht verlieren kann, oder ist es eher dass das Spielerlebnis mancher Spiele sehr tief geht und dadurch eine Überforderungssituation beim Spieler zur Explosion führen kann?

Beides.

Eine Person die verlieren kann betrachtet ungünstige Situationen als Herausforderung und Lernfeld. Sie findet "Gewinn" darin, zu verlieren und ist gewillt, es erneut zu versuchen um ihre Spielfähigkeit zu verbessern.

Manche Spieler gehen aber mit der Erwartungshaltung in ein Spiel, dieses zu gewinnen. Wenn diese Erwartung enttäuscht wird, sind Spieler nicht immer gewillt, dies zu akzeptieren. Unbewusst haben sie nicht Spaß am Spiel an sich, sondern spielen nur unter der Annahme, dass sie gewinnen werden.

Hier kommt das Problem mit Spielen ohen direkten Konflikt zum Tragen: Konfliktlastige Spiele haben entweder eine schnelle Abwärtsspirale, sprich das Ausscheiden eines Spielers ist absehbar, wenn er sich als Verlierender herauskristallisiert hat oder es bietet Möglichkeiten, den Konflikt nochmal zu drehen.

Beispiel für ein bekanntes Spiel, die in dieser Hinsicht problematisch ist: Siedler
Ist man bei Siedler einmal eingebaut und kommt nicht an wichtige Rohstoffe, so ist ein Verlust des Speils bereits frühzeitig abzusehen. Da aber kein Spieler "rausgeworfen" wird und es auch keine Möglichkeit gibt, hier nochmal was zu drehen ist man gezwungen, ein Spiel zu spielen, das man schon verloren hat. Das Ergebnis ist ein starkes Gefühl der Ohnmacht und Frustration.

Ein ähnliches Problem tritt bei kooperativen oder Teamspielen auf, bei denen ein Spieler ausgegrenzt wird oder der Teampartner das Spiel herunterreisst.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Meine Herren, die gängige Meinung ist ja folgende:
Spiele verbinden. Sie sind auf Gesellschaft (Geselligkeit) ausgerichtet, man lässt sich aufeinander ein und die Spielregeln setzen alle Teilnehmer für den spielrelevanten Teil auf einen gleichen sozialen Stand.

Doch was ist, wenn Spiele entzweien? Was ist, wenn aus Spiel und Spaß bitterer Ernst wird? Sicher nicht die Intention eines Spielentwicklers, trotzdem hat man zumindest davon gehört, dass Spielbretter vom Tisch gefegt werden, oder sogar alte Freundschaften zerbrechen.

Den fehlerhaften Teil hab ich mal markiert.
Nunja, ich denke, dass ein Spiel nichts erzeugen kann, was nicht schon vorher vorhanden war...
Aber ein Spiel kann als "Verwerfungslinie" dienen, und ein "Erdbeben" auslösen, das auf jeden Fall.

DSA bietet da zum Beispiel EINIGES an Konfliktpotenzial.

edit: Poker geeignet, zu entzweihen? Ich denke nicht. Dafür ist Poker zu ehrlich, direkt und fair.

edit2: Siedler ist die Brut des Teufels, dieses "Spiel" ist einfach nur ein abgef.... intergalaktischer Witz eines Typen, der es geschafft hat, die ganze Welt damit zu veräppeln.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Ich sage nur "7 Tage Skillandheim", "Zuviel Alkohol, Zigaretten und Rap-Tapes", "weiblicher Sixpackbauch"("Hey, wie kommts, dass du so krasse Bauchmuskeln hast?" "Krankengymnastik, wegen Scoliose!" "WOW."), plus Nicht-Skifahrer.
Ich wache manchmal nachts schweissgebadet auf, weil der Räuber mich ab Zug 1 kaputtmacht, und ähnliche Dinge, die ich an diesem Spiel extrem bescheiden fand, wer in der ersten Phase sich nicht entsprechend durchmobbt, der hat keine Chance, die zweite Phase zu überleben.
Und ein Spiel, dass geschlagene/handlungsunfähige Spieler NICHT aussteigen lässt, ist ja mal eine der dümmsten Erfindungen der Spielelandschaft, sorry. Wie kann man ein Brettspiel schreiben, bei dem das gewollte Frusten der Verlierer Teil des Spielprinzips ist?
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Tja, das ist aber auch genau der Grund, warum ich Siedler nicht mehr Spiele. Und ich spiele sehr viel und bin es gewohnt zu verlieren. Aber ich hab auch kein Bock ein bis zwei Stunden in ein Spiel zu versenken, dass ich ab Zug 2 schon verloren habe. Und das so ein Spiel dann auch noch seit über 10 jahren dermassen gehypt wird...
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Und das so ein Spiel dann auch noch seit über 10 jahren dermassen gehypt wird...
Aber woran liegt das?

Macht es vielleicht so viel Spaß einen anderen lang und ausdauernd fertigzumachen bzw seinen Sieg voll auszukosten? (Siehe auch Schach.)

Oder ist das Spiel so gut, dass es ohne dieses Manko, das ja nicht immer auftritt, alles wieder wett macht?
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Bei Schach hast Du die von mir beanannte schnelle Abwärtsspirale, das Spiel ist (meistens) schnell vorbei, wenn einer auf der Verliererstraße ist.

Ich denke, es liegt eher an Marketing und einer Nischenbestzung. Es gibt wenige unkomplizierte Aufbauspiele, diese Nische besetzt Siedler. Das es keinen direkten Konflikt zulässt gibt ihm Bonuspunkte bei den Spielekritikern aus dem pädagogischen Spektrum...
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Macht es vielleicht so viel Spaß einen anderen lang und ausdauernd fertigzumachen bzw seinen Sieg voll auszukosten? (Siehe auch Schach.)
Wer schmeißt denn seinen König nicht, wenn er verloren hat? Das angenehme an Zwei-Personenspielen ist doch, dass man, wenn man nicht mehr gewinnen kann, nicht raus ist und abwarten muss, wer von den Vorderen das Rennen macht, sondern neu aufbauen kann für eine schnelle Revanche.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Macht es vielleicht so viel Spaß einen anderen lang und ausdauernd fertigzumachen bzw seinen Sieg voll auszukosten? (Siehe auch Schach.)

Oder ist das Spiel so gut, dass es ohne dieses Manko, das ja nicht immer auftritt, alles wieder wett macht?

Erstens: Egal wieviel Spass es macht jemanden langsam fertig zu machen (und zumindest ich finde Spiele die ich schon gewonnen habe, die mich aber Trotzdem noch ne Stunde festhalten einfach nervig) - man muss jemand finden der es mit sich machen lässt.

Ich denke auch nicht dass das Spiel soooo gut ist. Viele Leute behelfen sich mit Hauslösungen - Siedler mit 5 und 6 Spieler erweiterung aufbauen aber nie mit mehr als 5 spielern spielen funktioniert zum Beispiel recht gut.

Oder sie spielen es eher nichtkompetetiv - Siedler ist ein Spiel, dass man wie Monopoly schön neben einem Bier und einer guten Unterhaltung spielen kann - und dann ist es auch wurscht ob man gewinnt oder verliert.

Ich denke einfach, dass das Spiel mehr Möglichkeiten bietet als Mensch-ärgere-dich-nicht aber im Großen und ganzen die gleiche Soziale Nische bedient.

Und wer bei Schach nicht aufgibt wenn es wirklich rum ist ist ein Idiot.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Ich geb beim Schach nicht auf. Ich bin zwar eigentlich auch nie in der Situation dazu *g* , aber so richtig cool ist es doch erst, wenn man aus einem Rückstand heraus den anderen "weg-ge-brain-t" hat. Du hast ja schließlich immer eine Chance durch dein Hirn. Bei Siedler (im worst case) ist das anders, da hast du einmal Pech und kannst es dann nicht mehr rausreißen.

Nogger schrieb:
Während bei Konfliktspielen der Konkurrenzkampf bereitwillig angenommen wird, kommt es bei Spielen ohne direkten Konflikt oft zum Gefühl der Ohnmacht oder des Im-Stich-gelassen-Werdens.
Vielleicht haben tatsächlich Spiele mit Zufalls-/Glücksfaktor das größte Potenzial zu entzweien, weil man einfach nichts tun kann. Und wenn man dann an einen Gegner gelangt, der seinen Sieg voll auskostet, dann ist es schnell vorbei mit dem Spielspaß.

Vielleicht haben derartige Spielerlebnisse auch die Nichtspieler gemacht?
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Vielleicht haben derartige Spielerlebnisse auch die Nichtspieler gemacht?

Gut vorstellbar. Wenn ich versuche spielrenitente Leute nach ihrer (De-)Motivation zu befragen kommen meistens Erfahrungsberichte mit den "Klassikern" wie Monopoly oder Risiko oder einfach bekanntermassen schlechten aber populären Spielen, wo eben genau dieses erlebt wurde: Sie haben regelmäßig verloren, hingen dann aber endlos als Marionette eines anderen Spielers oder "Dekoration" im Spiel.

Aber daraus lässt sich doch mal auch ein interessantes Spielspaßkriterium herauslesen:

Ein Verlierer muß aus dem Spiel aussteigen können oder eine sinnvolle neue Spielfunktion bekommen.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Aber daraus lässt sich doch mal auch ein interessantes Spielspaßkriterium herauslesen:

Ein Verlierer muß aus dem Spiel aussteigen können oder eine sinnvolle neue Spielfunktion bekommen.
Ich würde "Jain" sagen.

Aussteigen/Abbrechen bringt ja nur bei 2-Personen-Spielen was. Sonst sitzt man ja doof rum.

Und eine neue Spielfunktion könnte für Hardcore-Gamer etwas tuffig wirken.

Aber es gibt ja trotzdem schöne Mechanismen:

  • Von Knizia ist glaub ich das, dass der gewinnt, der am meisten Ressourcen von seiner am wenigsten erbeuteten Ressource besitzt. Das geht wider den Spezialisten.
  • Oder man nutzt einen Mechanismus, der denjenigen mit den wenigsten Punkte je Runde unterstützt.
  • Oder man machts wie im Rollenspiel, wo der Weg das Ziel ist. ;)
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Gutes Kriterium.
Aber kann man nicht auch bei Siedler oder so einfach sagen "Ich gebs auf..." und somit aussteigen?

Nein kannst Du nicht, weil Du dadurch auch für die anderen Spieler das Spiel massiv verändern würdest, wenn nicht sogar Kippen. Wenn Du nicht mehr mitspielst räumst Du entweder das Brett (wodurch plötzlich vorher geblockte Feldert wieder frei werden) oder Du bleibst, aber Du nimmst nicht mehr am Handeln oder Räubern teil. So oder so, das spiel wird massiv verfälscht.
 
AW: Spiele verbinden - oder nicht?

Ich würde "Jain" sagen.
Aussteigen/Abbrechen bringt ja nur bei 2-Personen-Spielen was. Sonst sitzt man ja doof rum.

Besser nebenher nen Comic lesen (oder bei größereren Treffen die Runde wechseln) als IM SPIEL doof rumzusitzen.

Und eine neue Spielfunktion könnte für Hardcore-Gamer etwas tuffig wirken.
Hardcore-Gamer sehen das Thema eh meist entspannter. Interessant muß so 'ne Funktion natürlich trotzdem sein.

Aber es gibt ja trotzdem schöne Mechanismen:

  • Von Knizia ist glaub ich das, dass der gewinnt, der am meisten Ressourcen von seiner am wenigsten erbeuteten Ressource besitzt. Das geht wider den Spezialisten.
Jupp, hat er glaube ich erstmals in "Einfach Genial" etabliert.

  • Oder man nutzt einen Mechanismus, der denjenigen mit den wenigsten Punkte je Runde unterstützt.

Das kann Friedemann Friese ganz gut, Funkenschlag ist dafür ein Paradebeispiel.


  • Oder man machts wie im Rollenspiel, wo der Weg das Ziel ist. ;)
If we don't play for winning, why do we keep score? Ist 'ne Idee, aber Spiele um des Spiels willen fallen mir ausserhalb des RPGs kein einziges ein...
 
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