AW: Rollenspieltheorie richtig verstehen und anwenden
Jestocost schrieb:
Und Wizards of the Coast haben sich auch etwas dabei gedacht, Leute wie Jonathan Tweet bei der Entwicklung von D&D3 dabeizuhaben
Richtig beobachtet.
Es sind die LEUTE, nicht die Theorie, die man dabeihaben will.
Es sind erfahrene, bewährte Autoren, die man - unabhängig von Theorie oder anderen Meta-Aspekten des Rollenspielautorenwesens - einfach deshalb im Entwicklungsteam haben will, weil sie schon eine Menge gutes Material verfaßt habe, eine Menge in der Industrie gesehen haben, eine Menge guter und noch mehr schlechter Erfahrungen nicht nur gemacht, sondern auch verarbeitet haben und daher mit den Beschränkungen, die der enge Rollenspielmarkt einem Autoren auferlegt (egal ob im Indie-Selbstverlag, oder bei WotC oder anderen) umgehen können.
Es sind die Menschen, die für die Qualität eines Rollenspiels verantwortlich sind.
Eine solide Basis in dem, was auf The Forge für Rollenspieltheorie gehalten wird, ist nämlich KEINE Garantie für ein von der Zielgruppe der Rollenspieler (nicht jener der verkappten Autoren, die ihre Buchstützen auslasten wollen) akzeptiertes und beliebtes Rollenspiel wie D&D zu erhalten.
Wenn man sich das ökonomische Wagnis eines Verlags vor Augen hält, der ein neues Rollenspiel herausbringen will (also keine Übersetzung, die ja bereits solide Aussagen über die Absetzbarkeit in dem Marktumfeld erlaubt, wo sie zuerst herausgekommen ist), dann wird die Frage "Wer soll bei diesem Projekt mitarbeiten? Der in Forge-ismus versierteste Autor einer kleinen Indie-Publikation, die 80 Exemplare als Kauf-PDF verkauft hat, oder den erfahrenen Autoren, der in unterschiedlichsten Genre, Spielsystemen, Verlagsumfeldern 80 verschiedene Produkte (nicht Exemplare!) allein oder im Team produziert hat, die sich weltweit verkaufen lassen?" ziemlich klar ausgehen.
Wie sieht es denn mit der Forge-ologie-Durchdringung bei den Rollenspielverlagen der Welt aus? - Ist ein irgendwie nennenswerte Anteil der Autoren überzeugter Anhänger, Anwender, Prediger von Forge-Jutsu?
Ich weiß es natürlich nicht. Ich vermute nur. Und ich vermute mal, daß in den vielen kleinen und sehr kleinen und außerordentlich kleinen Verlagen, die weltweit mit Rollenspielproduktion beschäftigt sind, die Theoriedurchdringung ziemlich gegen NULL geht.
Wer schreibt denn so alles?
Manche schreiben, um ihre Theorien mit einem Rollenspielprodukt untermauern zu wollen, auf daß sie besser sagen können "Sehet, o Ihr Ungläubigen, sehet, wie ich doch schon immer Recht hatte".
Manche schreiben, weil sie eine Spielwelt und/oder ein Regelsystem einfach nur GEIL finden und sich einen Scheiß um Theorie, Indies, Nomenklatur nichtexistenter Pseudowissenschaften interessieren, sondern weil sie einfach ihre kreative Ader pulsieren fühlen und es genießen den Spielen, die sie begeistern konnten, mit ihren Werken etwas zurückzugeben (denn reich und berühmt wird man im Rollenspielmarkt eh nicht).
Ist jetzt ein Autor, der nicht bekennender Zeuge Ron Edwards ist ein schlechter Mensch (tm)? Kann der nichts? Ist alles, was der verfaßt, Müll, weil er nicht vorher am Rollenspiele-CAD-System gesessen hat und alles durchkalkuliert hat, bevor er auch nur einen kreativen Gedanken zugelassen hat?
Nicht die Theorie über Rollenspiele an sich ist das Problem von The Forge.
Es sind die Menschen.
Es sind diese Menschen, die meinen durch einen absonderlichen Wortschatz eine Überlegenheit über andere Menschen empfinden und - schlimmer noch - nach außen kommunizieren zu müssen.
Die Theorie hat keinen Einfluß auf die Qualität eines Rollenspiels. Die Menschen. Die Autoren. Die haben einen Einfluß.
Und wenn diese nicht nur ein Rollenspiel für andere als Spielmaterial schreiben wollen, sondern noch eine zweite Absicht damit verbinden, dann stößt das - je nachdem, wie geschickt sie diese verbergen konnten - eben manch anderen auf.
Nur durch das NICHT-Herabsetzen all der Rollenspieler, die sich einen Dreck um Rollenspieltheorie scheren, werden die Forgeisten nicht mehr andere so anpissen, daß sich die Gemüter so hochschaukeln. Wer läßt sich schon gerne sagen: "Du bist dümmer als ich, weil Du Dich nicht mit Rollenspieltheorie befaßt oder Dich diese nicht interessiert, oder Du nicht dasselbe, wie ich darunter verstehe, zu verstehen meinst. - Wie kannst Du nur anderer Meinung als Ich, der Schlauere, sein?"