Begeistert?
Ich glaube "begeistert" in dem Sinn, in dem Du es verstehst, war ich nur von einem Rollenspiel: "Das schwarze Auge".
Allerdings lag der Grund dabei weniger in der Spielwelt oder dem Regelsystem, sondern vor allem darin, dass es das erste und das einzige Rollenspiel war, das ich für eine lange Zeit gespielt habe.
Internetversand gab es zu dieser Zeit noch keinen. Tatsächlich nicht Mal ein öffentlich zugängliches Internet.
Im Gegensatz zu anderen Rollenspielsystemen, die nur über Rollenspiel-Läden und in der Regel nur in englischer Sprache zu beziehen waren, gab es das Material für "Das Schwarze Auge", damals noch in der Hand der Firma Schmidt Spiele, auch im Spielwarenladen nebenan.
Alle Spieler unserer Runde gingen zur Schule, hatten zwar wenig Geld, dafür aber jede Menge Zeit sich mit dem Reglwerk und der Beschreibung der Welt zu beschäftigen.
Vom knappen Geld gekaufte Materialien wanderten nicht, auf Vorrat angelegt, im Bücherregal, sondern wurden, als Kostbarkeit betrachtet, eingehend studiert, analysiert und untereinander ausgetauscht.
Nicht nur an Spielabenden, sondern auch auf dem Weg zur Schule und bei Freizeitbeschäftigungen, drehten sich die Gespräche oft um das Thema Rollenspiel und die neusten Entdeckungen im Quellenmaterial.
Die Welt des schwarzen Auges war seinerzeit ein sehr viel unbeschriebeneres Blatt, als sie es heute ist.
Lediglich "
Thorwal Die Seefahrt des schwarzen Auges", "
Das Orkland", "
Das Fürstentum Albernia" und "
Die Wüste Khom und die Echensümpfe" waren zu jener Zeit als Regionalbox erschienen.
Darüber hinaus gab es die Spielhilfen "
Das Bornland" und "
Das Königreich am Yaquir"
Weitere Information waren nur in Abenteuern, wie etwa der Drachenhals-Tetralogie zu finden.
All diese Quellen wurden nicht nur fleißig studiert, es fand auch ein mehr oder minder regelmäßiger Austausch über neue in das große Puzzle Aventurien einzusetzende Mosaiksteinchen statt.
Alles davon aufzusaugen und bis ins letzte Detail zu kennen - Ja, als wahrer Quellen-Junkie war das seinerzeit mein Ziel.
"gutes" Spielen
Was Deine zweite Frage betrifft.
Ist das vielleicht sogar eine Voraussetzung zum guten Spielen?
Ich selbst sehe gute Informiertheit über Regelsystem und Spielwelt als zweischneidiges Schwert.
Je mehr man über die Spielwelt weiß, desto weniger kann man von ihr verzaubert und überrascht werden.
Viele Abenteuer, gerade aus der Anfangszeit, sind mir vor allem deshalb in so guter Erinnerung geblieben, weil ich zu diesem Zeitpunkt nur so wenig über die Spielwelt wusste.
Ein Abenteuer etwa, in dem ein Gestaltwandler zig Personen immitierte und uns an der Nase herumführte, werde ich nie vergessen.
Zumal die Freude umso größer wurde, als uns der SL bei der gemeinsamen Nachbesprechung seine Karten samt Kreaturenbuch offen legte um zu belegen, dass er mit lauteren Mitteln gespielt hatte.
Heute würde so ein Abenteuer nicht mehr funktionieren.
Denn natürlich gehören Gestaltwandler & Co. mittlerweile längst zu den üblichen Verdächtigen, die von einem unterbewussten Automatismus abgeklappert werden.
Aber nicht nur auf (magische) Kreaturen oder den Plot bezogen, kann geringere Informiertheit über die Spielwelt ein Segen sein.
Je mehr die Kenntnis über die Spielwelt vorhanden war, desto mehr verwandelte sich für mich das Gefühl Offen dafür zu sein von der Welt in Staunen und Verwunderung versetzt zu werden in akribische Kontrolle und zwanghaften Abgleich mit dem vorhandenen Quellenmaterial.
Es muss irgendwann im Zeitraum der Erscheinungstermine der Regionalmodule "Dunkle Städte, Lichte Wälder" und "Al'Anfa und der Tiefe Süden" gewesen sein, dass ich erkannte, dass mich zu genaues Studium der Quellen nicht dem versprochenen Pfad "ins Land der Phantasie" folgen ließ, sondern mich in umgekehrte Richtung in Bewegung setzte.
Ich denke einen genaueren Zeitpunkt kann ich nicht angeben, da es sich weniger um ein Aha-Erlebnis, sondern um einen andauernden Prozess handelte.
Auch heute noch informiere mich gern über Regeln und Spielwelt, in der das Rollenspiel, das ich gerade spiele angesiedelt ist.
Das allerdings in Maßen.
Fazit
Nein - "Begeistert", in dem beschriebenen Sinne, bin ich heute von keinem Rollenspiel mehr. Und hoffe ganz fest darauf, dass es auch in der Zukunft so bleiben wird.
Auch Unwissenheit kann ein Segen sein.