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Savage Aventuria 09 - Wenn der Abend naht
Und der nächste Spielbericht, diesmal mit einer etwas längeren Pause, die einem Kuraufenthalt in Baden Württemberg geschuldet ist (war sehr schön dort). Das macht aber ein wenig den Kopf frei, um auf andere Gedanken zu kommen. Oder, um ein wenig neues Material fürs Hobby zu erstellen. Mal sehen, was bei der ganzen Sachen herumkommt.
Wir erinnern uns daran, dass der Hilfszug beim letzten Mal die Mordserie in der Reichsabtei Sankt Praiodan aufklärte, um anschließend den Weg Richtung Wehrheim fortzusetzen. Bruder Ronivart und seine angeheuerten Wachen gingen davon aus, den Weg binnen eines Tages zu schaffen und noch vor Sonnenuntergang mittels der Kettenfähre überzusetzen. Doch wie es der Spielleiter (Meister, Spielmeister) so will, standen noch einige Probleme an.
Der Trekk hatte bereits wenige Meilen zurückgelegt, da stieß Gronk auf zwei junge Frauen, die am Wegesrand trotz der Kälte ihre Wäsche wuschen. Gronk traf zuerst auf das Weibervolk, denn er bildete - in Vertretung des in Puleth zurückgebliebenen Gänseritters - die Vorhut. Die Mädels zwinkerten dem stattlichen Ork ordentlich zu und dieser schlenderte zu ihnen hinüber.
Offensichtlich besaßen die beiden Frauen einen Teil orkischen Blutes, was Gronk herzlich egal war. Er bemerkte sofort die Attraktivität der Frauen und es entwickelte sich ein Gespräch, in dessen Verlauf Gronk angeboten wurde ihm die Wäsche zu waschen und vielleicht auch einige Vorteile der hiesigen Damenwelt zu genießen. Die Hütte der Frauen stand nur unweit des Weges und ihr Lächeln war ziemlich einladend. Doch Gronk ahnte die Gefahr und sein Misstrauen obsiegte in der Sache. Er ging als mit in die Hütte. Allerdings nur, um sich ein Bild über die vermutete Gefahr zu machen.
An dieser Stelle noch ein paar erklärende Worte zu den vielen Ereignissen unterwegs. Im Abenteuer "Von eigenen Gnaden" wird die Reise nach Wutzenwald auf nur wenigen Seiten abgehandelt. Dazu gibt es noch einen kleinen Zufallsgenerator, um Begegnungen zu ermitteln. Insgesamt hat das Abenteuer 92 Seiten (ohne Anhänge) und genau der Reiseabschnitt ist gerade einmal 4,5 Seiten groß. Das ist nicht viel, aber mehr als genug, um daraus etwas zu machen.
Der Autor (Uli Lindner) sieht auch vor, dass es zu Ereignissen kommt, überlässt die weitere Ausgestaltung aber weitgehend dem Spielleiter. In Anbetracht der aventurischen Dichte an Informationsmaterial ist das schon ein kleines Minenfeld. Und in Anbetracht der Größe Aventuriens, des Mittelreichs und der Wildermark, ist es ein kleines Fiasko in puncto Schlüssigkeit.
Es ist einfach zu wenig Platz im Wald, wenn im Grunde alle bekannten Orte unter Kontrolle des Mittelreichs oder eines Adeligen sind (die ja wiederum dem Mittelreich unterstehen). Hier die Kriegsfürsten zu platzieren ist ein ziemliches Unding. Dann müssen noch mehr Orte auf der Karte platziert werden. Aber zum Einen ist dafür gar kein Platz (schlussendlich ist jeder Fleck auf der Karte im Einzugsbereich von jemandem) und zum Anderen wären die Orte allesamt in Spuckreichweite. Auf dem Papier liest die Sache sich ja ziemlich spannend, aber in der Praxis mit einer Gruppe die auch Fragen stellt und selbstständig spielt, ist der Hintergrund eine ungesicherte Baustelle.
Meine Wildermark ist derzeit jedenfalls eine gefährliche Gegend. Die alten Machthaber sind tot oder verschollen, es gilt das Gesetz des Stärkeren und die Truppen der Kaiserin sind kaum in der Lage sich zu erholen, geschweige denn die Wildermark im Mittelreich zu halten. Überall ist Not am Mann und leidet der Landstrich unter den Nachwehen des Jahrs des Feuers. Das spiegle ich wieder. Weniger durch reine Erzählungen, sondern innerhalb des Spiels. Jede verfluchte Ecke der Gegend hat ihre Probleme, überall werden Helden gebraucht. Manchmal scheint die Anzahl an Problemen (Abenteueraufhänger) die Helden (Spieler) zu überfordern, werden Probleme auch mal übersehen oder können nicht gelöst werden. Vor allem kostet es Zeit und Ressourcen, überall Feuerwehr zu spielen. Das Kaiserreich ist überfordert und auch die Spieler sollen diese Atmosphäre am eigenen Leib erleben. Das ist der Grund, warum an jeder verdammten Ecke der Wildermark Gefahr und Probleme lauern. Meine Gruppe soll nicht nur den Klappentext lesen, sondern ein Teil davon werden. Punkt!
In der Hütte angekommen äußerte Gronk dann, dass er Teil eines Trekks sei und seine Leute jeden Augenblick erscheinen würden. Sofort war den beiden Frauen unbehaglich zumute. Der Halbork fühlte sich in seinem Verdacht bestätigt. Zudem er in einer nahen Truhe auch verdächtige Geräusche vernahm und im Nachbarzimmer jemand zu lauern schien. Den beiden Frauen, die sich als Marianna und Leandra vorstellten (offensichtlich Schwestern), wurde zunehmend mulmig und sie versuchten Gronk zu verabschieden. Doch der Halbork dachte nicht daran, sondern hakte nach.
Da kam auch schon der Trekk um die Ecke. Marianna und Leandra versuchten Gronk vor die Türe zu setzen, aber der blieb und schickte sich an, das Nachbarzimmer zu betreten. Da kamen auch schon Agador, Namon und Don Anselmo zur Türe herein, um sich ein Bild zu machen. Das war der Zeitpunkt, an dem die Situation eskalierte!
Die Frauen verloren die Nerven und gingen, mit Bratpfanne und Nudelholz bewaffnet, in den Angriff über. Darauf hatte Gronk nur gewartet, um den Wert seiner Muskelmasse zu beweisen. Doch Pustekuchen! Pfanne und Nudelholz erwiesen sich als verdammt gefährlich. Da sprang auch schon die Türe zum Nachbarzimmer auf und ein junges Mädchen stand dort, nur mit einer alten Armbrust bewaffnet. Hinter ihr versteckten sich weitere Mädchen im Zimmer. Da sprang auch schon die Truhe auf und offenbarte ein weiteres Mädel, vielleicht gerade mal elf Jahre alt, aber mit einem Küchenmesser bewaffnet.
Die Helden nahmen die Bedrohung natürlich erst einmal nicht ernst, erkannten aber ziemlich schnell, dass von dieser Frauenbande doch eine immense Bedrohung ausging. Jedenfalls sorgten Pfanne, Nudelholz und Bolzen für ordentlich blaue Flecken und Dellen. Schlussendlich gingen Don Anselmo und Gronk ziemlich rabiat vor, um Ordnung ins Haus zu bringen. Sie schlugen Marianna nieder und prompt ergaben sich die anderen Weibsbilder weinend. Leandra schob sich schützend vor ihre "Schwestern" und flehte die Pilger an, sie mögen die Kleinen verschonen und nur Leandra vergewaltigen.
Ein wunderbarer Kampf. Die sechs Mädels in der Hütte waren allesamt Extras, aber ich hatte ordentlich Würfelglück und prompt wurden sie für die gestandenen Abenteurer zu einer großen Gefahr, die sich auch nicht einschüchtern oder austricksen ließ. So früh in der Runde behielten die Helden Dank Bennies zwar die Oberhand, aber sie mussten schon einige ihrer Ressourcen bemühen.
Es stellte sich nun heraus, dass Marianna und Leandra echte Schwestern waren. Sie hatten im Jahr des Feuers ihre Männer verloren und waren seitdem auf sich alleine gestellt. Vor einiger Zeit stießen sie auf Kassandra, Jolanda, Fiona und Ravenna. Die beiden letzteres waren noch Kinder. Allesamt hatten sie gemein, dass jede ohne Familie dastand und den Unbillen der Wildermark ausgeliefert war. Mehr als einmal hatten garstige Schurken nach ihrer Unschuld oder gar dem Leben getrachtet. Also drehten die Frauen einfach den Spieß um. Sie lockten allein herumziehende Männer in ihre Hütte, raubten sie aus und brachten ihre Opfer nackt in den Wald, um sie dort laufen zu lassen.
Das hatten die Frauen in den letzten Wochen bereits ein halbes Dutzend Mal gemacht und nie war jemand zurückgekommen, um Vergeltung zu üben. Don Anselmo war entsetzt, denn wahrscheinlich hatten die Männer in der Wildnis den sicheren Tod gefunden. Namon rief allerdings zur Mäßigung auf, denn die Kriegswitwen und -waisen hatten nur um ihr Überleben gekämpft, mit den einzigen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen.
Der Condottiere dachte nach und bot den Frauen an, sie mögen den Trekk begleiten und als Pilger mit nach Wutzenwald reisen. Dort würde der Pfleger des Landes ihnen sicherlich ebenfalls Vergebung gewähren. Zudem gäbe es dort auch die Möglichkeit ein neues Leben anzufangen, in der Sicherheit einer wachsenden und von den Zwölfen gesegneten Gemeinde.
Die Frauen dachte kurz darüber nach, dann sagten sie zu. Don Anselmo wies ihnen einen Platz im Trekk zu. Kurz darauf bemerkte er, dass die Neuzugänge ihm überaus Dankbar waren, denn endlich bot sich eine echte Perspektive - Abseits der Angst eines neuen Tages in der Wildermark ...
Die Reise ging nun weiter und führte nach Perz, der Heimat von Hannes. Namon schlug vor kurz zu rasten, damit der Junge seine Sachen regeln konnte. Derweil unterhielt sich Don Anselmo mit Narita Tupfingen, der Wirtin vom glücklichen Bauern. Das Wirtshaus war allerdings eine abgebrannte Ruine, so wie alle Gebäude im Dorf. Ein trauriger Anblick. Selbst der Peraine-Tempel lag in Schutt und Asche. Auf Nachfrage erfuhren die Helden nun, dass jedes Gebäude, das aufgebaut wurde, noch vor dem nächsten Sonnenaufgang in Flammen aufging.
Sofort wurde die Vermutung laut, dass es einen Zusammenhang mit dem abgebrannten Tempel geben musste. Er war das erste Gebäude, dass einst Raub der Flammen wurde. Da lag der Verdacht auf der Hand. Don Anselmo bereute just in diesem Augenblick, den Gänseritter in Puleth zurückgelassen zu haben. Denn dieser hatte dem Condottiere, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, Details zum Grund seiner Pilgerfahrt anvertraut. Und genau diese Details waren nun von großer Wichtigkeit und vielleicht bedurfte es gar der Anwesenheit des Gänseritters. Doch ihn nach Perz zu holen, das würde ganze drei Tage dauern.
Don Anselmo dachte darüber nach und fand eine für ihn vertretbare Lösung. Er nahm seinen Mithelden Agador, Gronk und Namon das Versprechen ab, kein Wort über die folgende Unterhaltung zu verlieren. Erst als ihm das zugesichert war, erzählte er den anderen drei, was er vom Gänseritter erfahren hatte – und dieses Geheimnis wird in diesem Spielbericht gewahrt!
Nach dieser spannenden Offenbarung war es vielleicht an der Zeit, sich näher mit den Geister zu befassen und vielleicht einen Exorzismus durchzuführen. Bei Letzteren hatte Bruder Ronivart zwar keine Erfahrung, wohl aber das passende Buch zur Hand: "Exorzismus in sieben Schritten nach Kalmund von Gareth".
Agador besaß als Schamane wohl die größte Erfahrung im Umgang mit Geistern. Er übernahm es Kontakt zur Geisterwelt aufzunehmen und bereitete ein entsprechendes Ritual vor. In den Nebel der Kräuter gehüllt stimmte er dann nach Sonnenuntergang einen mystischen Singsang an und erbat die Führung seiner Ahnung auf dem Pfad in den Geisterwald, um dort nach einer Seele zu suchen, die vielleicht an den Tempel gebunden war.
Tatsächlich trat der Geist der damaligen Perainegeweihten aus den Nebeln. Sie war bei dem Brand ums Leben gekommen, als sie versuchte Reliquien zu retten. Nun stand sie vor Agador, bereit seine Fragen zu beantworten. Allerdings kam dem Geist kein Wort über die Lippen, stattdessen machte sie sich auf den Weg, um ein imaginäres Feuer zu löschen. Und das war auch ihre Antwort auf Agadors Frage, wie der Fluch zu lösen sei. Der Geist der Geweihten löschte das Feuer und erlosch dann selbst. Agador erwachte aus der Trance.
Offensichtlich war die arme Geweihte, Rosalinda mit Namen, zwar ein Geist und an den abgebrannten Tempel gebunden, aber keinesfalls die Brandstifterin. Doch die Feuer mussten mit einem übernatürlichem Phänomen in Verbindung stehen. Davon gingen die Helden aus. Also setzten sie kurzerhand einen anderen Plan um.
Mit Hilfe der Perzer errichteten die Helden eine kleine Hütte und stellten einen Zuber hinein. Somit war das Dorf um ein simples Badehaus reicher. Don Anselmo war zufrieden und nutzte die Annehmlichkeiten auch sofort aus. Der Condottiere glaubte nicht, dass der Brandstifter sofort zuschlagen würde. Und egal wer es sei, die Pilger würden ihm Herr. Zudem war das Bad mehr als angenehm, denn Marianna und Leandra halfen dem Söldnerführer nur zu gerne - allerdings in anständiger Art und Weise.
Tja, als ob ich die Gelegenheit ungenutzt lassen würde, einen Helden in der Badewanne zu erwischen. Also auf geht's!
Don Anselmo befand sich gerade im schönsten Badevergnügen, da bemerkte der auf Wache stehende Agador ein Glühwürmchen, das sich auf das neu erbaute Badehaus zubewegte. Ein Glühwürmchen? Nein, kein Glühwürmchen, sondern ein unfassbarer Schrecken! Ein Geist war es, gekleidet in die Montur eines Landsknechts. In seiner Hand hielt er eine hell lodernde Fackel, die vollkommen materiell schien. Das musste der Geist sein, der die Gebäude stets aufs Neue in Brand steckte. Ein Geist, der seine abscheuliche Fratze offenbarte und dessen pure Anwesenheit den Leuten in Mark und Bein fuhr. Agador bekam einen beinahe tödlichen Schrecken und auch der herbeigeeilte Namon wurde von der Angst gepackt; und rannte erst einmal hinfort. Es war ein grausiger Anblick.
Der im Zuber sitzende, wohl parfümierte und ein Stück Seife in der Hand haltende Condottiere Don Anselmo erkannte die Situation augenblicklich und stieg in ganzer Mannespracht aus dem warmen Wasser. Die anwesenden Weibsbilder wandten Sekunden später auch schon züchtig den Blick ab, während der Söldnerführer zur Wand schritt und diese einfach durchtrat. Den Frauen gab er die Anweisung zu fliehen, während er sich tsagefällig dem Geist stellen würde. Was er auch mutig tat.
Vor dem Badehaus entbrannte ein garstiger Kampf auf Leben und Tod. Der Geist entzündete mit seiner Fackel die Hütte, die augenblicklich in Flammen stand. Waffen die auf ihn einschlugen glitten durch den Körper der verfluchten Seele. Wie sollte diesem Schrecken bloß beizukommen sein? Wie bloß? Wie?
Da kam Namon auf die Idee und entriss dem Geist die Fackel. Der sah den Zwergen verdutzt an, dann riss er sich die Fackel zurück. Gronk war derweil herbeigeeilt und vom Grauen gepackt. Eine aufkommende Phobie war in den Augen des Halborks zu sehen. Da griff bereits Agador nach der Fackel, aber der Geist hielt sie fest und zog sie wieder zurück. Und schon schnappte sich Namon erneut die Fackel und lief ein Stück weg. Vielleicht war der Geist ohne die Fackel leichter zu verletzen. Aber nein, so war es nicht. Da war der Geist auch schon wieder heran und schnappte sich wieder die Fackel, die wiederum von Namon zurückgerissen wurde. Nun warf Agador ein nasses Tuch auf die Fackel und ... der Geist löste sich auf. Es war wie Rosalinda es angedeutet hatte: Lösch das Feuer!
Das war eine echt spannende Szene, die auch ihre komischen Einlagen hatte. Jedenfalls im Nachhinein betrachtet. Während dem Kampf war die Sache schon ziemlich dramatisch und "Entwaffnen" erwies sich als gutes Manöver, um an die Fackel zu kommen. Im Nachhinein fiel noch auf, dass mein Geist dabei noch Schaden gemacht hätte, aber geschenkt. Ich habe nämlich im Überschwang und Eifer den ein oder anderen Bennie vergessen, den ich wegen der tollen Szene vergeben wollte. Manchmal reißt mich das Spiel einfach mit. Aber das zeigt dann auch, dass es spannend war.
Der unselige Geist des Brandstifters war erlöst, seine Flamme erloschen. Und so wie der Geist verging, so verging auch die Fackel und der Fluch, der über Perz lag. Vielleicht konnte dieses kleine Dorf jetzt, da es befreit aufatmete, wieder zu neuen Kräften kommen und dabei helfen die Wildermark zu heilen. Die Perzer waren jedenfalls überglücklich und dankten den Helden überschwänglich. Und nach einer verspäteten Nachtruhe war es an der Zeit, um gen Wehrheim zu ziehen ...
Und der nächste Spielbericht, diesmal mit einer etwas längeren Pause, die einem Kuraufenthalt in Baden Württemberg geschuldet ist (war sehr schön dort). Das macht aber ein wenig den Kopf frei, um auf andere Gedanken zu kommen. Oder, um ein wenig neues Material fürs Hobby zu erstellen. Mal sehen, was bei der ganzen Sachen herumkommt.
Wir erinnern uns daran, dass der Hilfszug beim letzten Mal die Mordserie in der Reichsabtei Sankt Praiodan aufklärte, um anschließend den Weg Richtung Wehrheim fortzusetzen. Bruder Ronivart und seine angeheuerten Wachen gingen davon aus, den Weg binnen eines Tages zu schaffen und noch vor Sonnenuntergang mittels der Kettenfähre überzusetzen. Doch wie es der Spielleiter (Meister, Spielmeister) so will, standen noch einige Probleme an.
Der Trekk hatte bereits wenige Meilen zurückgelegt, da stieß Gronk auf zwei junge Frauen, die am Wegesrand trotz der Kälte ihre Wäsche wuschen. Gronk traf zuerst auf das Weibervolk, denn er bildete - in Vertretung des in Puleth zurückgebliebenen Gänseritters - die Vorhut. Die Mädels zwinkerten dem stattlichen Ork ordentlich zu und dieser schlenderte zu ihnen hinüber.
Offensichtlich besaßen die beiden Frauen einen Teil orkischen Blutes, was Gronk herzlich egal war. Er bemerkte sofort die Attraktivität der Frauen und es entwickelte sich ein Gespräch, in dessen Verlauf Gronk angeboten wurde ihm die Wäsche zu waschen und vielleicht auch einige Vorteile der hiesigen Damenwelt zu genießen. Die Hütte der Frauen stand nur unweit des Weges und ihr Lächeln war ziemlich einladend. Doch Gronk ahnte die Gefahr und sein Misstrauen obsiegte in der Sache. Er ging als mit in die Hütte. Allerdings nur, um sich ein Bild über die vermutete Gefahr zu machen.
An dieser Stelle noch ein paar erklärende Worte zu den vielen Ereignissen unterwegs. Im Abenteuer "Von eigenen Gnaden" wird die Reise nach Wutzenwald auf nur wenigen Seiten abgehandelt. Dazu gibt es noch einen kleinen Zufallsgenerator, um Begegnungen zu ermitteln. Insgesamt hat das Abenteuer 92 Seiten (ohne Anhänge) und genau der Reiseabschnitt ist gerade einmal 4,5 Seiten groß. Das ist nicht viel, aber mehr als genug, um daraus etwas zu machen.
Der Autor (Uli Lindner) sieht auch vor, dass es zu Ereignissen kommt, überlässt die weitere Ausgestaltung aber weitgehend dem Spielleiter. In Anbetracht der aventurischen Dichte an Informationsmaterial ist das schon ein kleines Minenfeld. Und in Anbetracht der Größe Aventuriens, des Mittelreichs und der Wildermark, ist es ein kleines Fiasko in puncto Schlüssigkeit.
Es ist einfach zu wenig Platz im Wald, wenn im Grunde alle bekannten Orte unter Kontrolle des Mittelreichs oder eines Adeligen sind (die ja wiederum dem Mittelreich unterstehen). Hier die Kriegsfürsten zu platzieren ist ein ziemliches Unding. Dann müssen noch mehr Orte auf der Karte platziert werden. Aber zum Einen ist dafür gar kein Platz (schlussendlich ist jeder Fleck auf der Karte im Einzugsbereich von jemandem) und zum Anderen wären die Orte allesamt in Spuckreichweite. Auf dem Papier liest die Sache sich ja ziemlich spannend, aber in der Praxis mit einer Gruppe die auch Fragen stellt und selbstständig spielt, ist der Hintergrund eine ungesicherte Baustelle.
Meine Wildermark ist derzeit jedenfalls eine gefährliche Gegend. Die alten Machthaber sind tot oder verschollen, es gilt das Gesetz des Stärkeren und die Truppen der Kaiserin sind kaum in der Lage sich zu erholen, geschweige denn die Wildermark im Mittelreich zu halten. Überall ist Not am Mann und leidet der Landstrich unter den Nachwehen des Jahrs des Feuers. Das spiegle ich wieder. Weniger durch reine Erzählungen, sondern innerhalb des Spiels. Jede verfluchte Ecke der Gegend hat ihre Probleme, überall werden Helden gebraucht. Manchmal scheint die Anzahl an Problemen (Abenteueraufhänger) die Helden (Spieler) zu überfordern, werden Probleme auch mal übersehen oder können nicht gelöst werden. Vor allem kostet es Zeit und Ressourcen, überall Feuerwehr zu spielen. Das Kaiserreich ist überfordert und auch die Spieler sollen diese Atmosphäre am eigenen Leib erleben. Das ist der Grund, warum an jeder verdammten Ecke der Wildermark Gefahr und Probleme lauern. Meine Gruppe soll nicht nur den Klappentext lesen, sondern ein Teil davon werden. Punkt!
In der Hütte angekommen äußerte Gronk dann, dass er Teil eines Trekks sei und seine Leute jeden Augenblick erscheinen würden. Sofort war den beiden Frauen unbehaglich zumute. Der Halbork fühlte sich in seinem Verdacht bestätigt. Zudem er in einer nahen Truhe auch verdächtige Geräusche vernahm und im Nachbarzimmer jemand zu lauern schien. Den beiden Frauen, die sich als Marianna und Leandra vorstellten (offensichtlich Schwestern), wurde zunehmend mulmig und sie versuchten Gronk zu verabschieden. Doch der Halbork dachte nicht daran, sondern hakte nach.
Da kam auch schon der Trekk um die Ecke. Marianna und Leandra versuchten Gronk vor die Türe zu setzen, aber der blieb und schickte sich an, das Nachbarzimmer zu betreten. Da kamen auch schon Agador, Namon und Don Anselmo zur Türe herein, um sich ein Bild zu machen. Das war der Zeitpunkt, an dem die Situation eskalierte!
Die Frauen verloren die Nerven und gingen, mit Bratpfanne und Nudelholz bewaffnet, in den Angriff über. Darauf hatte Gronk nur gewartet, um den Wert seiner Muskelmasse zu beweisen. Doch Pustekuchen! Pfanne und Nudelholz erwiesen sich als verdammt gefährlich. Da sprang auch schon die Türe zum Nachbarzimmer auf und ein junges Mädchen stand dort, nur mit einer alten Armbrust bewaffnet. Hinter ihr versteckten sich weitere Mädchen im Zimmer. Da sprang auch schon die Truhe auf und offenbarte ein weiteres Mädel, vielleicht gerade mal elf Jahre alt, aber mit einem Küchenmesser bewaffnet.
Die Helden nahmen die Bedrohung natürlich erst einmal nicht ernst, erkannten aber ziemlich schnell, dass von dieser Frauenbande doch eine immense Bedrohung ausging. Jedenfalls sorgten Pfanne, Nudelholz und Bolzen für ordentlich blaue Flecken und Dellen. Schlussendlich gingen Don Anselmo und Gronk ziemlich rabiat vor, um Ordnung ins Haus zu bringen. Sie schlugen Marianna nieder und prompt ergaben sich die anderen Weibsbilder weinend. Leandra schob sich schützend vor ihre "Schwestern" und flehte die Pilger an, sie mögen die Kleinen verschonen und nur Leandra vergewaltigen.
Ein wunderbarer Kampf. Die sechs Mädels in der Hütte waren allesamt Extras, aber ich hatte ordentlich Würfelglück und prompt wurden sie für die gestandenen Abenteurer zu einer großen Gefahr, die sich auch nicht einschüchtern oder austricksen ließ. So früh in der Runde behielten die Helden Dank Bennies zwar die Oberhand, aber sie mussten schon einige ihrer Ressourcen bemühen.
Es stellte sich nun heraus, dass Marianna und Leandra echte Schwestern waren. Sie hatten im Jahr des Feuers ihre Männer verloren und waren seitdem auf sich alleine gestellt. Vor einiger Zeit stießen sie auf Kassandra, Jolanda, Fiona und Ravenna. Die beiden letzteres waren noch Kinder. Allesamt hatten sie gemein, dass jede ohne Familie dastand und den Unbillen der Wildermark ausgeliefert war. Mehr als einmal hatten garstige Schurken nach ihrer Unschuld oder gar dem Leben getrachtet. Also drehten die Frauen einfach den Spieß um. Sie lockten allein herumziehende Männer in ihre Hütte, raubten sie aus und brachten ihre Opfer nackt in den Wald, um sie dort laufen zu lassen.
Das hatten die Frauen in den letzten Wochen bereits ein halbes Dutzend Mal gemacht und nie war jemand zurückgekommen, um Vergeltung zu üben. Don Anselmo war entsetzt, denn wahrscheinlich hatten die Männer in der Wildnis den sicheren Tod gefunden. Namon rief allerdings zur Mäßigung auf, denn die Kriegswitwen und -waisen hatten nur um ihr Überleben gekämpft, mit den einzigen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen.
Der Condottiere dachte nach und bot den Frauen an, sie mögen den Trekk begleiten und als Pilger mit nach Wutzenwald reisen. Dort würde der Pfleger des Landes ihnen sicherlich ebenfalls Vergebung gewähren. Zudem gäbe es dort auch die Möglichkeit ein neues Leben anzufangen, in der Sicherheit einer wachsenden und von den Zwölfen gesegneten Gemeinde.
Die Frauen dachte kurz darüber nach, dann sagten sie zu. Don Anselmo wies ihnen einen Platz im Trekk zu. Kurz darauf bemerkte er, dass die Neuzugänge ihm überaus Dankbar waren, denn endlich bot sich eine echte Perspektive - Abseits der Angst eines neuen Tages in der Wildermark ...
Die Reise ging nun weiter und führte nach Perz, der Heimat von Hannes. Namon schlug vor kurz zu rasten, damit der Junge seine Sachen regeln konnte. Derweil unterhielt sich Don Anselmo mit Narita Tupfingen, der Wirtin vom glücklichen Bauern. Das Wirtshaus war allerdings eine abgebrannte Ruine, so wie alle Gebäude im Dorf. Ein trauriger Anblick. Selbst der Peraine-Tempel lag in Schutt und Asche. Auf Nachfrage erfuhren die Helden nun, dass jedes Gebäude, das aufgebaut wurde, noch vor dem nächsten Sonnenaufgang in Flammen aufging.
Sofort wurde die Vermutung laut, dass es einen Zusammenhang mit dem abgebrannten Tempel geben musste. Er war das erste Gebäude, dass einst Raub der Flammen wurde. Da lag der Verdacht auf der Hand. Don Anselmo bereute just in diesem Augenblick, den Gänseritter in Puleth zurückgelassen zu haben. Denn dieser hatte dem Condottiere, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, Details zum Grund seiner Pilgerfahrt anvertraut. Und genau diese Details waren nun von großer Wichtigkeit und vielleicht bedurfte es gar der Anwesenheit des Gänseritters. Doch ihn nach Perz zu holen, das würde ganze drei Tage dauern.
Don Anselmo dachte darüber nach und fand eine für ihn vertretbare Lösung. Er nahm seinen Mithelden Agador, Gronk und Namon das Versprechen ab, kein Wort über die folgende Unterhaltung zu verlieren. Erst als ihm das zugesichert war, erzählte er den anderen drei, was er vom Gänseritter erfahren hatte – und dieses Geheimnis wird in diesem Spielbericht gewahrt!
Nach dieser spannenden Offenbarung war es vielleicht an der Zeit, sich näher mit den Geister zu befassen und vielleicht einen Exorzismus durchzuführen. Bei Letzteren hatte Bruder Ronivart zwar keine Erfahrung, wohl aber das passende Buch zur Hand: "Exorzismus in sieben Schritten nach Kalmund von Gareth".
Agador besaß als Schamane wohl die größte Erfahrung im Umgang mit Geistern. Er übernahm es Kontakt zur Geisterwelt aufzunehmen und bereitete ein entsprechendes Ritual vor. In den Nebel der Kräuter gehüllt stimmte er dann nach Sonnenuntergang einen mystischen Singsang an und erbat die Führung seiner Ahnung auf dem Pfad in den Geisterwald, um dort nach einer Seele zu suchen, die vielleicht an den Tempel gebunden war.
Tatsächlich trat der Geist der damaligen Perainegeweihten aus den Nebeln. Sie war bei dem Brand ums Leben gekommen, als sie versuchte Reliquien zu retten. Nun stand sie vor Agador, bereit seine Fragen zu beantworten. Allerdings kam dem Geist kein Wort über die Lippen, stattdessen machte sie sich auf den Weg, um ein imaginäres Feuer zu löschen. Und das war auch ihre Antwort auf Agadors Frage, wie der Fluch zu lösen sei. Der Geist der Geweihten löschte das Feuer und erlosch dann selbst. Agador erwachte aus der Trance.
Offensichtlich war die arme Geweihte, Rosalinda mit Namen, zwar ein Geist und an den abgebrannten Tempel gebunden, aber keinesfalls die Brandstifterin. Doch die Feuer mussten mit einem übernatürlichem Phänomen in Verbindung stehen. Davon gingen die Helden aus. Also setzten sie kurzerhand einen anderen Plan um.
Mit Hilfe der Perzer errichteten die Helden eine kleine Hütte und stellten einen Zuber hinein. Somit war das Dorf um ein simples Badehaus reicher. Don Anselmo war zufrieden und nutzte die Annehmlichkeiten auch sofort aus. Der Condottiere glaubte nicht, dass der Brandstifter sofort zuschlagen würde. Und egal wer es sei, die Pilger würden ihm Herr. Zudem war das Bad mehr als angenehm, denn Marianna und Leandra halfen dem Söldnerführer nur zu gerne - allerdings in anständiger Art und Weise.
Tja, als ob ich die Gelegenheit ungenutzt lassen würde, einen Helden in der Badewanne zu erwischen. Also auf geht's!
Don Anselmo befand sich gerade im schönsten Badevergnügen, da bemerkte der auf Wache stehende Agador ein Glühwürmchen, das sich auf das neu erbaute Badehaus zubewegte. Ein Glühwürmchen? Nein, kein Glühwürmchen, sondern ein unfassbarer Schrecken! Ein Geist war es, gekleidet in die Montur eines Landsknechts. In seiner Hand hielt er eine hell lodernde Fackel, die vollkommen materiell schien. Das musste der Geist sein, der die Gebäude stets aufs Neue in Brand steckte. Ein Geist, der seine abscheuliche Fratze offenbarte und dessen pure Anwesenheit den Leuten in Mark und Bein fuhr. Agador bekam einen beinahe tödlichen Schrecken und auch der herbeigeeilte Namon wurde von der Angst gepackt; und rannte erst einmal hinfort. Es war ein grausiger Anblick.
Der im Zuber sitzende, wohl parfümierte und ein Stück Seife in der Hand haltende Condottiere Don Anselmo erkannte die Situation augenblicklich und stieg in ganzer Mannespracht aus dem warmen Wasser. Die anwesenden Weibsbilder wandten Sekunden später auch schon züchtig den Blick ab, während der Söldnerführer zur Wand schritt und diese einfach durchtrat. Den Frauen gab er die Anweisung zu fliehen, während er sich tsagefällig dem Geist stellen würde. Was er auch mutig tat.
Vor dem Badehaus entbrannte ein garstiger Kampf auf Leben und Tod. Der Geist entzündete mit seiner Fackel die Hütte, die augenblicklich in Flammen stand. Waffen die auf ihn einschlugen glitten durch den Körper der verfluchten Seele. Wie sollte diesem Schrecken bloß beizukommen sein? Wie bloß? Wie?
Da kam Namon auf die Idee und entriss dem Geist die Fackel. Der sah den Zwergen verdutzt an, dann riss er sich die Fackel zurück. Gronk war derweil herbeigeeilt und vom Grauen gepackt. Eine aufkommende Phobie war in den Augen des Halborks zu sehen. Da griff bereits Agador nach der Fackel, aber der Geist hielt sie fest und zog sie wieder zurück. Und schon schnappte sich Namon erneut die Fackel und lief ein Stück weg. Vielleicht war der Geist ohne die Fackel leichter zu verletzen. Aber nein, so war es nicht. Da war der Geist auch schon wieder heran und schnappte sich wieder die Fackel, die wiederum von Namon zurückgerissen wurde. Nun warf Agador ein nasses Tuch auf die Fackel und ... der Geist löste sich auf. Es war wie Rosalinda es angedeutet hatte: Lösch das Feuer!
Das war eine echt spannende Szene, die auch ihre komischen Einlagen hatte. Jedenfalls im Nachhinein betrachtet. Während dem Kampf war die Sache schon ziemlich dramatisch und "Entwaffnen" erwies sich als gutes Manöver, um an die Fackel zu kommen. Im Nachhinein fiel noch auf, dass mein Geist dabei noch Schaden gemacht hätte, aber geschenkt. Ich habe nämlich im Überschwang und Eifer den ein oder anderen Bennie vergessen, den ich wegen der tollen Szene vergeben wollte. Manchmal reißt mich das Spiel einfach mit. Aber das zeigt dann auch, dass es spannend war.
Der unselige Geist des Brandstifters war erlöst, seine Flamme erloschen. Und so wie der Geist verging, so verging auch die Fackel und der Fluch, der über Perz lag. Vielleicht konnte dieses kleine Dorf jetzt, da es befreit aufatmete, wieder zu neuen Kräften kommen und dabei helfen die Wildermark zu heilen. Die Perzer waren jedenfalls überglücklich und dankten den Helden überschwänglich. Und nach einer verspäteten Nachtruhe war es an der Zeit, um gen Wehrheim zu ziehen ...