Es kann aber sein, daß wir eine unterschiedliche Definition von dem Begriff "Werte" haben.
Oder von Hintergrund.
Ich habe z.B. keine Ahnung, wie man in Fate Aspekte definieren kann, ohne gleichzeitig Aussagen über den Hintergrund zu treffen. Die Aspekte dienen doch gerade dazu, etwas über den Charakter zu erfahren. Beim Konzept, beim Dilemma, beim Aspekt der sich aus dem bisher erlebten Abenteuer ergibt... Wenn das für dich kein Hintergrund ist, reden wir aneinander in der Tat vorbei.
Oder nehmen wir DSA, wenn jemand sagt "ich spiele einen Thorwaler Pirat" hat der ja schon zwei riesige Aussagen über den Hintergrund des Charakters getroffen. Man kann DSA gar nicht hintergrundfrei spielen, weil es dort zum Spiel gehört, eine Aussage über Kultur und Profession zu tätigen. Das sind zwar AUCH Werte, aber eben welche die immer auch einen Bezug zum Fluff herstellen. Manche Werte wie etwa Profession: Rondrageweihter können einen riesigen Berg an Informationen lostreten, der vom Spieler dann aktiviert werden kann.
Wenn ich Hintergrund sage, meine ich
keine epischen Dramen die sich in der Vergangenheit abgespielt haben, nach dem Motto schon 400 Strophen und kein Ende in Sicht, sondern Verbindungen der Spielfigur mit dem Fluff des Settings (einschließlich im Spiel generierter Charaktere und Settings). 10 Seiten Hintergrundgeschichte ist eine
Quantität, mir geht es hier um eine
Qualität. Charakterhintergrund erfordert
keine Quantität. Und nicht missverstehen, mit Qualität meine ich hier keine besondere Güte oder Anspruch, sondern das Vorhandensein einer Eigenschaft die ich Hintergrund nenne.
Ich entdecke auch sehr gerne das konkrete Verhalten meines Charakters im Spiel und probiere dann im Spiel, wie es funktioniert. Aber auch bei solchen Charakteren existiert immer schon Hintergrund. Es sei denn, ich gehe mit einem weißen Papier und ohne Vorstellung ins Spiel, aber dann MUSS ich Hintergrund liefern in dem Moment, in dem ich den Mund auftue oder die Mitspieler fragen, was sie sehen, wenn mein Charakter in der ersten Szene auftaucht. Bis man dann genug Spielzeit mit dem Charakter hat, dass durch das Spiel neue "erspielte" Hintergründe, Ziele und Motivationen entstehen, können je nach Spielrunde etliche Spielsitzungen ins Land ziehen und ich habe auch schon Spielrunden erlebt, in denen das nie passiert ist, weil es keinen Raum dafür gab - das waren dann meistens die Runden, in denen ich auch am wenigsten Spaß an meinem Charakter hatte, weil er nur so viel Hintergrund hatte, wie ich im voraus festgelegt hatte.
Und hohen kreativen Anspruch kannst du in der Pfeife rauchen, kreativ ist jeder Satz den man spricht und kein Urteil über eine besondere Güte. Die "Rollenspiel ist Kunst"-Bewegung stand bei mir noch nie auf gutem Fuße. Einer der besten Sätze den ich mal gelesen habe ist, dass Rollenspiel zu 90% den Bodensatz der Kreativität darstellt. Das ist vielleicht ein wenig streng und überspitzt, aber die Tendenz gefällt mir. Und um Missverständnissen vorzubeugen, ich zähle mich mit Sicherheit nicht zu den oberen 10%.